Transkript
EADV
Komorbidität bei Psoriasis:
Auch die Zähne sind in Gefahr
Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis haben nicht nur ein erhöhtes Herz-KreislaufRisiko, auch ihr Zahnhalteapparat ist in Gefahr. Zudem weisen schon Kinder mit Psoriasis ein höheres Risiko für Begleiterkrankungen auf und sollten frühzeitig einem Screening unterzogen werden.
Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis haben ein signifikant erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (1). Systemische Entzündungsvorgänge, dabei vor allem vaskuläre Entzündungen, gelten als Bindeglied zwischen Psoriasis, Fettleibigkeit und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mit zunehmendem Score im «Psoriasis Area and Severity Index» (PASI) nimmt auch die Gefässentzündung zu, wodurch das Risiko für atherosklerotische Plaques steigt. Das Risiko für Komorbidität beschränkt sich jedoch nicht auf den kardiovaskulären Bereich, sondern auch die Zähne sind in Gefahr: Einer zurzeit beim EADV vorgestellten Studie zufolge haben Patienten mit Psoriasis ein erschreckend hohes Risiko für eine Parodontitis und sollten daher dazu aufgefordert werden, regelmässige Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt vornehmen zu lassen (2). Die Parodontitis ist gekennzeichnet durch die Bildung von Zahnfleischtaschen, eine Rückbildung des Zahnfleisches mit Entzündungsvorgängen sowie letztlich den Verlust von Knochensubstanz. Als chronische Parodontitis wurde in der Studie definiert, wenn bei einem Patienten an mehr als zwei Stellen eine Sondierungstiefe von mehr als 5 mm in den Zahnfleischtaschen bestand oder an mindestens zwei Stellen Taschentiefen von mindestens 4 mm und zusätzlich im Röntgenbild ein Knochenverlust dokumentiert werden konnte. 40 Erwachsene mit Plaque-Psoriasis wurden mit der gleichen Anzahl von gesunden Kontrollen im selben Alter und Geschlecht verglichen. Bei 82,5 Prozent der Psoriasispatienten bestand gleichzeitig eine schwere chronische Parodontitis, signifikant häufiger als in der Kontrollgruppe (37,5%, p = 0,001). Selbst wenn alle bekannten Risikofaktoren berücksichtigt wurden, blieb der Zusammenhang bestehen: Eine multivariate Analyse, in der verschiedene Faktoren wie Diabetes, Alter, Rauchen und Adipositas einbezogen wurden, zeigte, dass Psoriasispatienten im Vergleich zu Kontrollen immer noch ein fast 22-fach höheres relatives Risiko für eine chronische Parodontitis aufwiesen (2).
Komorbidität: Auch bei manchen Kindern ein Thema
Bei älteren Patienten wird mehr oder weniger automatisch eine Komorbidität in das therapeutische Kalkül einbezogen. Doch für Kinder mit schwerer Psoriasis gilt genauso wie für Erwachsene: Die entzündlichen Prozesse beschränken sich nicht auf die Haut, sondern die mittelschwere bis schwere Psoriasis ist eine inflammatorische Systemerkrankung.
Bei etwa jedem dritten Psoriasispatienten beginnen die Hautveränderungen bereits in der Kindheit. Je früher künftige Risiken erkannt werden, umso besser können Langzeitfolgen von Begleiterkrankungen durch frühzeitige Intervention im Zaum gehalten werden. Dass sich die Suche nach Begleiterkrankungen auch bei Kindern mit Psoriasis oder atopischem Ekzem (AD) lohnt, zeigte eine Auswertung von deutschen Krankenkassendaten von fast 300 000 Kindern und Jugendlichen. Darunter befanden sich auch 1313 Psoriasispatienten (3). Hier offenbarte sich, dass die jeweiligen Erkrankungen mit einer spezifischen Komorbidität Hand in Hand gehen. Kinder und Jugendliche mit Psoriasis litten signifikant häufiger an Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Hypertonie und Diabetes. Die Prävalenz für Übergewicht betrug 7,08 Prozent (im Vergleich zu 3,61% bei gesunden Kindern), diejenige für Dyslipidämien 1,14 Prozent (versus 0,64% bei Gesunden); 0, 91 Prozent der Psoriasiskinder waren hyperton (versus 0,44% der Gesunden) und 0,61 Prozent litten an Diabetes (versus 0,31%). Nach Ansicht der Autoren sollte bei Kindern mit Psoriasis gezielt nach den genannten Komorbiditäten gefahndet werden, um die Notwendigkeit einer frühzeitigen Komedikation zu erkennen und so langfristig Begleiterkrankungen und/oder Folgeschäden zu vermeiden.
Kinder mit Psoriasis überwachen
Die aktuellen Daten bestätigen die im letzten Jahr publizier-
ten Empfehlungen für ein Komorbiditätsscreening bei pädia-
trischen Patienten mit Psoriasis [4].
Hier wird empfohlen, bereits Kinder ab einem Alter von
zwei Jahren jährlich mithilfe von BMI-Perzentilen auf Über-
gewicht und Adipositas zu screenen. Ab einem Alter von
zehn Jahren sollte auch nach Diabetes gesucht werden und
ab dem siebten Lebensjahr ein Lipidscreening (Gesamt-
cholesterin, LDL, HDL, Triglyzeride) erfolgen. Allerdings be-
tonen die Autoren dieser Empfehlungen, dass es zu Kindern
nur wenige Studien gibt; aus diesem Grund könnten derzeit
nur Empfehlungen des Evidenzgrades C gegeben werden.
Weitere Studien wären erforderlich, um Empfehlungen mit
höherer Evidenz abgeben zu können.
L
Susanne Kammerer
Quelle: Präsentationen beim 27. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), 12. bis 16. September 2018 in Paris.
Referenzen unter www.rosenfluh.ch
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EADV
Referenzen: 1. Churton S et al.: Does treatment of psoriasis reduce the risk of
cardiovascular disease? Drugs 2014; 74: 169–182. 2. Lopez Castillo V et al.: Periodontal disease in patients with chro-
nic plaque psoriasis. EADV 2018; Abstract P1834. 3. Radtke M et al.: Epidemiology and Comorbidity in Children with
Psoriasis and Atopic Eczema. EADV 2018; Abstract OP05.05. 4. Osler E et al.: Pediatric Psoriasis Comorbidity Screening Guide-
lines. JAMA Dermatol 2017: online 17th of May 2017; doi: 10.1001/ jamadermatol.2017.0499.
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