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Systemische Sklerose
Digitale Ulzera und neue Optionen in der Basistherapie
Digitale Ulzera bei einer systemischen Sklerose können zu schwerwiegenden Konsequenzen, wie etwa Amputationen, und einem erhöhten Mortalitätsrisiko führen. Neben einer Förderung der Heilung zielt die Therapie daher auch auf das Verhindern von Rezidiven. In der Basistherapie der systemischen Sklerose sind einige neue Optionen in Sicht.
Mehr Infos zur European Scleroderma Trials and Research Group (EUSTAR) auf eustar.org
Die Sitzung zur systemischen Sklerose (SSc) umfasste mehrere Themen. Prof. Yannick Allanore aus Paris (F) sprach über digitale Ulzera, unter denen viele SScPatienten als Ausdruck einer Vaskulopathie leiden. Wie er einleitend erklärte, treten solche Veränderungen oft bereits früh im Krankheitsverlauf auf. So ergab eine retrospektive, longitudinale Studie, dass sich digitale Ulzera bei der Mehrheit der SSc-Patienten typischerweise innerhalb der ersten 5 Jahre nach Auftreten der ersten klinischen Nicht-Raynaud-Symptome entwickelten (1). Im Weiteren fügte er an: «Von über 14 000 Patienten, die 2017 in der Datenbank der European Scleroderma Trials and Research Group, der EUSTAR, erfasst waren, wiesen 40 Prozent digitale Ulzera auf. Damit handelt es sich hier um ein häufiges und auch wichtiges Problem.»
Digitale Ulzera haben schwerwiegende Folgen
Digitale Ulzera bei SSc sind insbesondere deshalb von Bedeutung, weil die Folgen für die Betroffenen beträchtlich sind. So zeigte eine prospektive Untersuchung bei 189 SSc-Patienten, dass das Vorliegen digitaler Ulzera signifikante Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens und die Arbeitsfähigkeit hatte (2). Patienten mit digitalen Ulzera wiesen zudem einen grösseren Bedarf an externen Haushaltshilfen und ausgeprägtere Behinderungen auf. «Die Ulzera können daneben auch zu schwerwiegenden Komplikationen wie Infektionen, Amputationen und Gangrän führen», beschrieb Allanore. Anhand der Daten von mehr als 3000 SSc-Patienten, die nach Einschluss in die Untersuchung über mindestens 3 Jahre nachverfolgt wurden, stellten Mihai et al. fest, dass digitale Ulzera in der Vorgeschichte prädiktiv für das Auftreten von digitalen Ulzera beim Follow-up waren (3). Zudem zeigte sich ein Zusammenhang zwischen digitalen Ulzera und einer kardiovaskulären Verschlechterung sowie einem kürzeren Überleben. «Patienten mit Ulzera weisen also vermutlich generell ein erhöhtes Risiko für eine schwerere Erkrankung auf», kommentierte Allanore.
Heilung fördern, Rezidive verhindern
Im Zusammenhang mit der Therapie erklärte er anschliessend: «Den Grundpfeiler der Behandlung
der Raynaud-Attacken stellen Kalziumantagonisten dar, konnte doch gezeigt werden, dass diese Substanzen die Häufigkeit der Attacken und ihren Schweregrad reduzieren.» Für die Behandlung mit dem Prostazyklin-Analogon Iloprost hat eine bereits vor längerer Zeit durchgeführte Studie ergeben, dass es die Heilung der Läsionen fördert (4). Auch Allanore fand: «Iloprost stellt die Hauptoption zur Förderung der Heilung der Ulzera dar.» Die Wirkung des dualen Endothelinrezeptor-Agonisten Bosentan auf digitale Ulzera bei SSc wurde in den beiden Studien RAPIDS-1 und -2 untersucht (5, 6). Eingeschlossen wurden sowohl Patienten mit bestehenden Ulzerationen als auch solche mit Ulzera in der Vorgeschichte (im Jahr vor Studienbeginn). In beiden Studien zusammen hatten 85 Prozent der Patienten bei Einschluss mindestens eine digitale Ulzeration. Die Behandlung mit Bosentan führte schliesslich zu weniger neuen digitalen Ulzera im Vergleich zu Plazebo. So entwickelten in der RAPIDS-1-Studie mit Bosentan behandelte Patienten während der 16-wöchigen Doppelblindphase im Durchschnitt 1,4 neue digitale Ulzerationen, verglichen mit 2,7 in der Plazebogruppe (p = 0,0042). In der RAPIDS-2-Studie wurde während 24 Wochen behandelt. Dabei entwickelten die Patienten der Bosentangruppe im Durchschnitt 1,9, die Patienten der Plazebogruppe dagegen 2,7 neue Ulzerationen (p = 0,0351). Die Wirkung von Bosentan war generell ausgeprägter bei Patienten mit multiplen digitalen Ulzera. Hinsichtlich der Heilung der Ulzera konnte dagegen kein Effekt beobachtet werden. In der SEDUCE-Studie wurde der Effekt des Phosphodiesterase-Typ-5-Hemmers Sildenafil auf die Heilung von digitalen Ulzera bei SSc-Patienten untersucht (7). In Woche 8 und 12 konnte eine signifikante Abnahme der Anzahl digitaler Ulzera zugunsten von Sildenafil festgestellt werden. Die Zeit bis zur Heilung beeinflusste Sildenafil nicht. «Das Management digitaler Ulzera hat neben der Heilung bestehender auch die Prävention neuer Ulzera zum Ziel», erläuterte Allanore. «Aus diesem Grund wird häufig eine Kombination der verfügbaren Optionen eingesetzt.» Die 2017 publizierten EULARGuidelines zur SSc empfehlen denn auch bei Patien-
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ten, die trotz einer Behandlung mit einem Kalziumantagonisten, Phosphodiesterase-5-Hemmer oder Iloprost multiple Ulzera aufweisen, Bosentan in Betracht zu ziehen (8). Allanore wies zum Schluss darauf hin, es gebe mittlerweile auch Hinweise darauf, dass sich ein gutes Management der peripheren Vaskulopathie mithilfe von Bosentan positiv auf die Entwicklung einer pulmonalen arteriellen Hypertonie auswirke.
Neue Therapieoptionen bei systemischer Sklerose
Prof. Oliver Distler aus Zürich konzentrierte sich in seinem anschliessenden Referat auf die Basistherapie der Sklerodermie. «Wenn wir dazu ebenfalls die aktuellen EULAR-Guidelines konsultieren, erweist sich das als etwas frustrierend», meinte er. Denn zu Methotrexat als Therapie der Hautfibrose bei früher diffuser SSc stehe da lediglich, es «könne in Betracht gezogen werden» (8). Grund dafür sei, dass die Datenlage dazu dürftig sei. Etwas besser sehe es mit Cyclophosphamid bei SScPatienten mit interstitieller Lungenerkrankung (ILD) aus. Diese Substanz solle gemäss EULAR in Betracht gezogen werden. Tashkin et al. zeigten, dass eine 1-jährige orale Cyclophosphamid-Behandlung von Patienten mit symptomatischer SSc-ILD einen signifikanten, aber moderaten Effekt auf Parameter wie Lungenfunktion, Dyspnoe, Hautbild und Lebensqualität aufwies (9). In den ersten Monaten nach Absetzen der Therapie persistierten oder verbesserten sich diese Effekte (10). 1 Jahr nach Absetzen der Behandlung erreichten jedoch alle Parameter, mit Ausnahme der Dyspnoe, wieder den Ausgangwert. Der Vergleich einer Behandlung mit Mycophenolatmofetil (MMF) für 24 Monate und Cyclophosphamid für 12 Monate ergab eine signifikante Verbesserung bei mehreren vordefinierten Lungenfunktionsparametern; jedoch bestätigte sich die Hypothese einer besseren Wirksamkeit von MMF über 24 Monate im Vergleich zu Cyclophosphamid nicht (11). MMF war allerdings besser verträglich und mit weniger Toxizitäten assoziiert. «Auch wir verwenden MMF bei Lungenfibrose, aus dem einfachen Grund, weil wir über keine bessere Option verfügen und es weniger toxisch ist als die Alternativen», erklärte Distler.
Stammzelltherapie verlängert Überleben
Eine der Neuerungen der letzten Jahre in der Basistherapie der SSc stellt die autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) dar. «Dazu gibt es mittlerweile drei grosse, gute, randomisierte Studien, die uns zeigen, dass die HSCT tatsächlich einen positiven Effekt hat», so der Redner. Die Resultate dieser Studien wurden in einem kürzlich publizierten Übersichtsartikel zusammengefasst und miteinander verglichen (12). «Wir haben hier eine
Therapie, mit der wir das Überleben der Patienten positiv beeinflussen können», betonte er. Der Nachteil der HSCT sei die transplantationsbedingte Mortalität, die in den ersten 12 Monaten, je nach Studie, bis zu 10 Prozent betragen habe. Die Aufgabe der klinischen Forschung werde es nun sein, ein Regime mit einer möglichst geringen Toxizität zu entwickeln. Die EULAR empfiehlt, die HSCT bei sorgfältig selektionierten Patienten mit einer rasch voranschreitenden SSc und einem Risiko für Organversagen in Betracht zu ziehen (8).
Neue Substanzen in klinischer Prüfung
Verschiedene neue Substanzen zur Therapie der SSc
werden derzeit in Studien der Phasen II und III unter-
sucht. Mehrere der hier geprüften Substanzen, wie
zum Beispiel Tocilizumab, Abatacept oder auch Tofa-
citinib, sind bereits von ihrem Einsatz bei anderen
Indikationen her bekannt. Einige wurden aber auch
spezifisch für Fibroseerkrankungen entwickelt, so
zum Beispiel Nintedanib, das zur Behandlung der
idiopathischen Lungenfibrose zugelassen ist. Zu dem
Multityrosinkinasehemmer präsentierte Distler im An-
schluss denn auch einige spezifische Daten. «In präkli-
nischen Studien konnten mit Nintedanib gute Effekte
erreicht werden», erläuterte er dabei. So führte die
Substanz im Fra2-Mausmodell der SSc zu einer Ver-
besserung der histologischen Merkmale einer pulmo-
nalen arteriellen Hypertonie sowie der pulmonalen
und dermalen Fibrose (13). In der grossen Phase-III-
Studie SENSCIS wurde Nintedanib bei rund 520 Pa-
tienten mit SSc-ILD in 32 Ländern getestet (14). Der
letzte Patient wurde im Oktober 2017 eingeschlos-
sen, Resultate werden Ende dieses Jahres erwartet.
Zum Schluss seines Referats ging Distler kurz auf ei-
nige Studiendaten zu Tocilizumab bei SSc-ILD-Pa-
tienten ein. In der Phase-II-Studie faSScinate führte
Tocilizumab (wöchentlich 162 mg, subkutan) zu einer
stärkeren Verbesserung der Hautfibrose als Plazebo
(15). Die Differenz war jedoch knapp nicht signifikant.
«Man muss allerdings bedenken, dass in der Studie
lediglich 87 Patienten untersucht wurden», schränkte
Distler ein. Im Weiteren lieferte die Studie Hinweise
darauf, dass es unter Tocilizumab zu einer geringeren
Abnahme der forcierten Vitalkapazität kommt. In der
Phase-III-Studie focuSSced wurde Tocilizumab nun bei
210 Patienten mit diffuser kutaner SSc eingesetzt (16).
Die Resultate dieser Studie sollen demnächst publiziert
werden.
L
Therese Schwender
Quelle: Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie, 30. bis 31. August 2018 in Interlaken.
Referenzen unter https://www.rosenfluh.ch/ dermatologie-aesthetischemedizin
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Referenzen: 1. Hachulla E et al.: Natural history of ischemic digital ulcers in systemic sclerosis:
single-center retrospective longitudinal study. J Rheumatol 2007; 34: 2423– 2430. 2. Bérezné A et al.: Impact of systemic sclerosis on occupational and professional
activity with attention to patients with digital ulcers. Arthritis Care Res (Hoboken) 2011; 63: 277–285. 3. Mihai C et al.: Digital ulcers predict a worse disease course in patients with systemic sclerosis. Ann Rheum Dis 2016; 75: 681–686. 4. Wigley FM et al.: Intravenous iloprost infusion in patients with Raynaud phenomenon secondary to systemic sclerosis.A multicenter, placebo-controlled, doubleblind study. Ann Intern Med 1994; 120: 199–206. 5. Korn JH et al.: Digital ulcers in systemic sclerosis: prevention by treatment with bosentan, an oral endothelin receptor antagonist. Arthritis Rheum 2004; 50: 3985–3993. 6. Matucci-Cerinic M et al.: Bosentan treatment of digital ulcers related to systemic sclerosis: results from the RAPIDS-2 randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Ann Rheum Dis 2011; 70: 32–38. 7. Hachulla E et al.: Efficacy of sildenafil on ischaemic digital ulcer healing in systemic sclerosis: the placebo-controlled SEDUCE study. Ann Rheum Dis 2016; 75: 1009–1015. 8. Kowal-Bielecka O et al.: Update of EULAR recommendations for the treatment of systemic sclerosis. Ann Rheum Dis 2017; 76(8): 1327–1339. 9. Tashkin DP et al.: Cyclophosphamide versus placebo in scleroderma lung disease. N Engl J Med 2006; 354(25): 2655–2666. 10. Tashkin DP et al.: Effects of 1-year treatment with cyclophosphamide on outcomes at 2 years in scleroderma lung disease. Am J Respir Crit Care Med 2007; 176: 1026–1034. 11. Tashkin DP et al.: Mycophenolate mofetil versus oral cyclophosphamide in scleroderma-related interstitial lung disease (SLS II): a randomised controlled, doubleblind, parallel group trial. Lancet Respir Med 2016; 4: 708–719. 12. Walker UA et al.: Haematopoietic stem cell transplantation in systemic sclerosis. RMD Open 2018; 4(1): e000533. 13. Huang J et al.: Nintedanib inhibits macrophage activation and ameliorates vascular and fibrotic manifestations in the Fra2 mouse model of systemic sclerosis. Ann Rheum Dis 2017; 76: 1941–1948. 14. Distler O et al.: Design of a randomised, placebo-controlled clinical trial of nintedanib in patients with systemic sclerosis-associated interstitial lung disease (SENSCIS™). Clin Exp Rheumatol 2017; 35 Suppl 106(4): 75–81. 15. Khanna D et al.: Safety and efficacy of subcutaneous tocilizumab in adults with systemic sclerosis (faSScinate): a phase 2, randomised, controlled trial. Lancet 2016; 387: 2630–2640. 16. A phase III, multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled, parallelgroup study to assess the efficacy and safety of tocilizumab versus placebo in patients with systemic sclerosis. www.clinicaltrials.gov, NCT02453256.
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