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KONGRESSBERICHT
SGDV
Pruritus bei Psoriasis
Juckreizlinderung durch systemische Psoriasismedikamente
Derzeit steht keine spezifische juckreizstillende Behandlung für Patienten mit Psoriasis zur Verfügung. Prof. Laurent Misery aus Brest, Frankreich, hat untersucht, in welchem Ausmass gebräuchliche Systemtherapien den Pruritus bei Psoriasis lindern. Darüber berichtete er an einem Firmensymposium von Celgene im Rahmen der 100. Jahresversammlung der SGDV in Lausanne.
Das Fehlen von Pruritus gehörte bis zur Jahrtausendwende zu den diagnostischen Kriterien für Psoriasis – ein typisches Beispiel von dogmatischer Wiederholung falscher medizinischer Lehrmeinungen. Erst ab dem Jahr 2000 wurde die Psoriasis als juckende Hautkrankheit anerkannt. In neueren grossen Studien klagten bis 90 Prozent der Patienten über Juckreiz mit einer Intensität von 5,2 bis 6,4 Punkte (VAS von 0 bis 10) (1). Die Pruritusintensität war nicht viel geringer als bei der atopischen Dermatitis (durchschnittlich 7 von 10). Es konnte keine Korrelation zwischen dem Schweregrad der Psoriasis (gemessen mittels PASI) und dem Vorhandensein oder der Intensität von Pruritus festgestellt werden. Wie gut verschiedene Medikamente den Pruritus lindern, hängt nicht direkt vom PASI-Ansprechen ab. Neben den Effekten auf Immunzellen und die Haut können die Medikamente auch spezifische Effekte auf Nervenendigungen haben (1). Seit 2005 ist bekannt, dass es ausser Thermorezeptoren, Mechanorezeptoren und Nozizeptoren noch eine vierte Kategorie von Rezeptoren an sensorischen Nervenendigungen in der Haut gibt: die Prurizeptoren. Der Pruritus ist bei der Psoriasis in den Plaques oder etwas daneben lokalisiert und führt im Vergleich zur atopischen Dermatitis weniger zu Kratzschäden der Haut. Er wird nicht durch warmes Wasser verstärkt, nimmt aber bei trockener Haut und bei Stress zu.
Systematischer Review und Metaanalyse
Die Arbeitsgruppe von Laurent Misery hat die zwischen 1990 und 2016 publizierte Literatur zusammengetragen und davon 35 klinische Studien in einen systematischen Review aufgenommen (1). In einer Metaanalyse wurden anschliessend 13 zwischen 2004 und 2016 publizierte randomisierte, plazebokontrollierte Studien analysiert. Diese Studien hatten bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer chronischer Psoriasis die Besserung der Pruritusintensität auf einer Skala von 0 (kein Pruritus) bis 10 (schlimmster vorstellbarer Pruritus) ab Studienbeginn bis Studienende (nach 12 oder 16 Wochen) dokumentiert. In den Studien, die in die Metaanalyse einbezogen wurden,
besserten alle verwendeten systemischen Therapien den Pruritus, allerdings in unterschiedlichem Ausmass. Verglichen mit Plazebo resultierte insgesamt eine durchschnittliche Reduktion des Pruritusscores um 3,41 Punkte (1). Weil der Plazeboeffekt bei der Pruritustherapie sehr beträchtlich sein kann, seien nur randomisierte, plazebokontrollierte Studien in der Lage, den Effekt aktiver Therapien zuverlässig zu erfassen, betonte Misery.
Pruritus wird durch Systemtherapien gelindert, aber nicht völlig beseitigt
Fünf Studien mit Ciclosporin wurden in dem systema-
tischen Review, aber nicht in der Metaanalyse
berücksichtigt. Ciclosporin, das nicht nur auf Immun-
zellen, sondern auch auf Neuronen wirkt, linderte
den Pruritus auch bei schwerer Psoriasis gut und
rasch (schon nach der 1. Behandlungswoche). Drei
Studien zur Behandlung mit dem oralen PDE4-Inhibi-
tor Apremilast wurden in der Metaanalyse analysiert.
Apremilast linderte den Juckreiz rasch und nachhal-
tig. Bereits nach 2 Wochen, bevor die Psoriasis-
plaques verschwanden, nahm der Pruritusscore um
70 Prozent ab. Die Metaanalyse ergab, dass Apremi-
last den Pruritus durchschnittlich um 2,18 Punkte stär-
ker linderte als Plazebo. Um den Effekt von TNF-
alpha-Blockern auf den Juckreiz im Vergleich zu
Plazebo zu quantifizieren, wurden zwei Studien mit
Adalimumab und eine Studie, die Etanercept im Ver-
gleich zu Secukinumab evaluierte, in die Metaanalyse
einbezogen. Die durchschnittliche Pruritusintensität
wurde um 3,34 Punkte mehr als mit Plazebo redu-
ziert (mit Adalimumab um 3,52, mit Etanercept um
3,26 Punkte). Am stärksten ausgeprägt war der
juckreizstillende Effekt in der Metaanalyse bei den
Anti-IL-17-Medikamenten Secukinumab und Ixekizu-
mab (Reduktion um 4,52 Punkte mehr als mit Pla-
zebo).
L
Alfred Lienhard
Referenz: 1. Théréné C et al.: Efficacy of systemic treatments of psoriasis on pruritus: A syste-
matic literature review and meta-analysis. J Invest Dermatol 2018; 138: 38–45.
24 SZD 5/2018