Transkript
KONGRESSBERICHT
FOBI 2018
Bakterielle und virale Hautinfektionen im Kindesalter
Impetigo contagiosa und Hand-Fuss-Mund-Krankheit im Fokus
Das breite Spektrum kutaner Infektionen im Kindesalter reicht von häufigen, harmlosen bis zu seltenen, schweren Erkrankungen. Über eine bakterielle und eine virale Hautinfektion sprach PD Dr. Hagen Ott aus Hannover, Deutschland, an der 26. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie in München.
Als häufigste kutane Infektionskrankheit bei Kindern kommt die hochansteckende Impetigo contagiosa in zwei klinischen Verlaufsformen vor. In 70 Prozent handelt es sich um die nicht bullöse Variante mit honiggelben Krusten, für die sowohl Staphylokokken als auch beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A für die Infektion verantwortlich sind (sehr geringes Risiko für Poststreptokokken-Glomerulonephritis, kein Risiko für rheumatisches Fieber). Bei der bullösen Variante (in 30%), die immer durch Staphylococcus-aureus-Stämme mit Produktion von exfoliativen Toxinen verursacht wird, bilden sich oberflächliche schlaffe Blasen, die leicht rupturieren.
Behandlung der Impetigo contagiosa
Obschon die Spontanheilungsrate hoch ist, soll behandelt werden, um Ansteckungen und Komplikationen zu vermeiden. Bei kleinflächiger, mono- oder oligolokulärer Hautinfektion reicht in der Regel eine topische Therapie aus (z.B. Fusidinsäure-Creme 2%). In der Pädiatrie würden oft topische Antiseptika (z.B. Octenidin, Polihexanid, Chlorhexidin) bevorzugt, so der Referent. Bei grossflächiger, multilokulärer oder häufig rezidivierender Impetigo contagiosa wird systemisch behandelt (Oralcephalosporin der Cefalexin-Gruppe). Die Eltern sollten überdies auf Allgemeinmassnahmen hingewiesen werden (z.B. gründliche Körperhygiene, Kürzen der Fingernägel, Waschen von Kleidern und Bettwäsche mit Waschmittel bei 60 °C, tägliches Wechseln des Handtuchs). Bei hämatogener Streuung des exfoliativen Toxins, das epidermale Adhäsionsmoleküle zerstört, kann eine Infektion mit S. aureus der Gruppe II, Phagentyp 71, ein Syndrom der verbrühten Haut hervorrufen (Staphylococcal Scalded Skin Syndrome). Wenn diese Erkrankung frühzeitig erkannt wird (cave Fehldiagnose einer durch die Eltern induzierten Verbrühung) und wenn sie adäquat behandelt wird (stationäre Aufnahme, gegen Staphylokokken wirksames Betalaktam, Minimal-handling-Pflege), muss heute kein Kind mehr daran sterben. Es bleiben nach der Abheilung keine Narben zurück.
Atypische Form von Enterovirusinfektion mit Hautausschlag
Seit zehn Jahren wird in der Literatur immer wieder über Ausbrüche von atypischer Hand-Fuss-MundKrankheit (HFMK) berichtet. Für die klassische HFMK, die in der Regel bei Kindern unter 7 Jahren vorkommt, ist in Europa das Coxsackievirus A16 (CVA16) verantwortlich, für die atypische HFMK bei Kindern und Erwachsenen dagegen CV-A6. Die atypische Form verläuft oft wesentlich schwerer (ausgedehntes papulovesikulöses Exanthem, Fieber) als die typische Form (grau-weisse, ovale Vesikel mit rotem Halo an Handflächen und Fusssohlen; Vesikel und Erosionen der Mundschleimhaut mit Schmerzen beim Essen; meist keine Allgemeinsymptome). Wenn das Immunsystem von Kindern, die eine Enterovirusinfektion durchmachen, lebhaft reagiert und ein Exanthem hervorruft, könne dies als positives Zeichen gewertet werden, so der Referent. Wenn es dagegen bei der Infektion nicht zum Exanthem komme, sei der Krankheitsverlauf wesentlich schwerer und mit mehr ZNS-Komplikationen verbunden.
Eczema coxsackium oder Eczema herpeticatum?
In einer retrospektiven Analyse von Erkrankungen an
atypischer HFMK bei Kindern wurde vor fünf Jahren
der Ausdruck «Eczema coxsackium» geprägt. Damit
wurden Vesikel und Erosionen bezeichnet, die sich
bei einer Enterovirusinfektion mit CV-A6 in Arealen
bildeten, die zuvor oder momentan von atopischer
Dermatitis betroffen waren. Die Ähnlichkeit mit
einem Eczema herpeticatum war oft frappant, aber
der Allgemeinzustand war bei keinem Kind schwer
gestört. Die Kinder tranken, assen, hatten beim
Wickeln keine Schmerzen und nur leichtes Fieber. Im
Unterschied zu einem durch Herpes-simplex-Viren
bedingten Eczema herpeticatum waren vom Eczema
coxsackium immer Arme und Beine betroffen. In der
Regel sei es möglich, die Diagnose klinisch zu stellen,
ohne PCR-Untersuchung, so der Referent.
L
Alfred Lienhard
4 SZD 5/2018