Transkript
KONGRESSBERICHT
FOBI 2018
Fortgeschrittener und metastasierter heller Hautkrebs
Immuntherapie verdrängt Chemotherapie
Mit UV-Exposition assoziierte epitheliale Hauttumoren enthalten viele Mutationen und sprechen gut auf Immuntherapien an. Über Therapiefortschritte bei lokal fortgeschrittenem und metastasiertem hellem Hautkrebs sprach Prof. Axel Hauschild aus Kiel, Deutschland, an der 26. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie in München.
Tumoren mit sehr vielen Mutationen sind empfindlich gegenüber Immuntherapien. Am besten sprechen Tumoren mit Mutationen an, die durch UV-Licht induziert wurden. Bei hoher Mutationslast werden zahlreiche immunogene Tumorneoantigene exprimiert und von T-Zellen erkannt. Noch höher als beim malignen Melanom ist die Mutationslast bei epithelialen Hauttumoren. Entsprechend ist zu erwarten, dass MerkelZell-Karzinome, kutane Plattenepithelkarzinome und Basalzellkarzinome besonders gut auf eine Immuncheckpoint-Blockade ansprechen. T-Zellen werden dadurch scharf gemacht, damit sie mit antigenpräsentierenden dendritischen Zellen und mit Tumorzellen interagieren können.
Neuer Therapiestandard des metastasierten Merkel-Zell-Karzinoms
Beim metastasierten Merkel-Zell-Karzinom waren Chemotherapien lange der Therapiestandard, obschon sie weitgehend wirkungslos blieben (Remissionsdauer nur 2 bis 3 Monate). Doch ihre Zeit sei vorbei, so der Referent. Avelumab (Bavencio®, alle 2 Wochen intravenös), ein monoklonaler Antikörper gegen PD-L1 (programmierter Zelltod-Ligand 1), gelte jetzt als neuer Therapiestandard. Avelumab werde in Deutschland nicht nur als Zweitlinienbehandlung bei Chemotherapieversagen, sondern auch als Erstlinienbehandlung eingesetzt. In einer Studie wurde mit Avelumab als First-Line-Therapie eine Remissionsrate von 62,6 Prozent erreicht. Die Remissionen waren dauerhaft, bei zwei Patienten sogar nach nebenwirkungsbedingtem Absetzen der Therapie. In einer Studie hat sich auch der monoklonale, gegen den Immuncheckpoint-Rezeptor PD-1 gerichtete Antikörper Pembrolizumab als First-LineTherapie beim metastasierten Merkel-Zell-Karzinom als wirksam erwiesen (Remissionsrate 56%).
Immuntherapie des fortgeschrittenen Plattenepithel- und Basalzellkarzinoms
Bei der Behandlung des fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinoms der Haut sind Immuntherapien daran, die platinbasierte Chemotherapie als Behandlungsstandard zu verdrängen. Immuntherapien bieten sich auch zu neoadjuvanten Behandlungen an,
um inoperable Patienten operabel zu machen. Bezüglich Nebenwirkungen seien PD1- oder PD-L1-Antikörper verglichen mit Chemotherapien relativ unproblematisch, so der Referent. Zu schweren Nebenwirkungen komme es bei etwa 15 Prozent der Patienten, zum Therapieabbruch bei weniger als 10 Prozent. Vor zwei Jahren berichtete Luca Borradori als einer der Ersten über Erfolge mit den PD1-Antikörpern Pembrolizumab und Nivolumab als Rescuetherapie beim lokal fortgeschrittenen oder metastasierten kutanen Plattenepithelkarzinom. Derzeit wird mit dem PD1-Antikörper Cemiplimab eine Zulassungsstudie durchgeführt. Teilergebnisse der Studie wurden bereits publiziert (1). Bei Patienten mit metastasiertem kutanem Plattenepithelkarzinom (regionale Lymphknoten- oder Fernmetastasen) erreichte die Cemiplimabtherapie (3 mg pro kg intravenös alle 14 Tage) in 47 Prozent eine anhaltende Remission (partiell in 41%, komplett in 6%). Nebenwirkungen wie Diarrhö, Fatigue, Nausea, Obstipation, Exanthem traten in 15 Prozent auf und führten bei 7 Prozent zum Behandlungsabbruch. In der am ASCO-Kongress 2018 vorgestellten französischen CARSKIN-Studie (Maubec et al.) erreichte Pembrolizumab (200 mg intravenös alle 3 Wochen) als First-Line-Therapie bei Patienten mit inoperablem oder metastasiertem kutanem Plattenepithelkarzinom in 42 Prozent eine partielle oder komplette Remission. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Basalzellkarzinom erzielen Inhibitoren des Sonic-Hedgehog-Signalwegs (Vismodegib, Sonidegib) gute Erfolge. Es gibt jedoch auch Patienten, die nicht ansprechen oder gegen den Hedgehog-Inhibitor resistent werden. Derzeit wird Cemiplimab (350 mg intravenös alle 3 Wochen) in einer Zulassungsstudie getestet bei Patienten mit metastasiertem oder inoperablem, lokal fortgeschrittenem Basalzellkarzinom, das auf eine Hedgehog-Inhibitor-Therapie refraktär war (kein Ansprechen, Krankheitsprogression, Unverträglichkeit).
L
Alfred Lienhard
Referenz: 1. Migden Mr et al.: PD-1 blockade with cemiplimab in advanced cutaneous squa-
mous-cell carcinoma. N Engl J Med 2018; 379: 341–351.
32 SZD 5/2018