Transkript
KONGRESSBERICHT
SGDV
Jubiläumsrede an der 100. Jahresversammlung der SGDV
Erstbeschreibungen dermatologischer Krankheitsbilder
An der 100. Jahresversammlung der SGDV in Lausanne war die Jubiläumsrede der Geschichte der Schweizer Dermatologie gewidmet. Dr. Michael Geiges, Kloten, sprach über Erstbeschreibungen dermatologischer Krankheitsbilder in der Schweiz. Er stellte eine Auswahl wichtiger wissenschaftlicher Arbeiten vor, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf Jahrestagungen der SGDV präsentiert worden waren.
Josef Jadassohn
In Genf fand vor 105 Jahren die Gründungsversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Dermatologie und Syphilidologie statt; in Lausanne führte dieses Jahr die SGDV, wie die Gesellschaft seit 1917 heisst, ihre 100. Jahresversammlung durch. 1913 bestand die Gesellschaft aus 15 Gründungsmitgliedern, heute zählt sie über 650 Mitglieder.
Wer war der Entdecker?
Während heute Entdeckungen und Entwicklungen in der Regel aus international vernetzten Teams stammen, war es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich, dass eine Einzelperson oder eine kleine, an demselben Ort tätige Gruppe Entdeckungen und Entwicklungen zustande brachte. Oft wurde der Name des Erstbeschreibers oder der publizierenden Person in den Namen der Krankheit aufgenommen. Diese Eigennamen (Eponyme) verschwinden in neuerer Zeit aus der Nomenklatur, sind allerdings mnemotechnisch recht beliebt. Obschon Eponyme nicht immer gerecht vergeben wurden, sind sie als historische Hinweise interessant.
Myxoedema tuberosum Jadassohn-Dössekker
Mindestens 14 Diagnosen und Verfahren tragen als Eponym den Namen von Josef Jadassohn (1863– 1936). Er gilt als einer der weltweit wichtigsten Dermatologen des 20. Jahrhunderts und leitete bis 1917 die Dermatologische Klinik in Bern. An der 2. Jahresversammlung präsentierte Jadassohn in Bern den tumorbildenden Myxödemfall, den er zuvor zusammen mit seinem Sekundärarzt W. Dössekker als Myxoedema tuberosum publiziert hatte.
Kein Fest ohne Musik: Vor der Jubiläumsrede traten an
der 100. Jahresversammlung der SGDV zwei bekannte
Dermatologen als virtuose Pianisten auf: Prof. Dr. Michel
Gilliet, Lausanne (links), und Dr. Thomas Kupper, Boston
(rechts).
(Foto: Alfred Lienhard)
Epidermodysplasia verruciformis Lewandowsky-Lutz
An der 4. Jahresversammlung, die 1920 in Zürich stattfand, präsentierte Felix Lewandowsky (1879–1921), Leiter der Dermatologischen Klinik Basel, den Fall einer 29-jährigen Patientin mit verruziformen Papeln, eigentümlichem Hautausschlag und Hautkarzinomen. 1921 starb Lewandowsky 42-jährig. Im darauffolgenden Jahr veröffentlichte sein Nachfolger Wilhelm Lutz (1888–1958) den Fall. Seither ist die Krankheit als Epidermodysplasia verruciformis Lewandowsky-Lutz bekannt.
Chondrodermatitis nodularis helicis Winkler
Der in Luzern praktizierende Dermatologe Max Winkler (1875–1952), der später nebenamtlicher Chefarzt der 1936 neu geschaffenen Dermatologischen Abteilung am Kantonsspital Luzern wurde, präsentierte an der 2. Jahresversammlung acht Fälle einer knötchenförmigen Erkrankung am äusseren Ohr, die er Chondrodermatitis nodularis helicis nannte und zwei Jahre später publizierte.
Incontinentia pigmenti Bloch-Sulzberger
Bruno Bloch (1878–1933), der seit 1913 Direktor der Dermatologischen Klinik Basel und ab 1916 Leiter der Dermatologischen Klinik Zürich war, präsentierte an der 9. Jahrestagung 1925 in Zürich die Moulage eines 2-jährigen Mädchens mit auffälligen Pigmentveränderungen, die seit Geburt bestanden. Zwei Jahre danach publizierte Marion Sulzberger (1895–1983) die bisher nicht beschriebene kongeni-
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tale Pigmentanomalie, die als Incontinentia pigmenti Bloch-Sulzberger bekannt wurde.
Cheilitis granulomatosa Miescher
Guido Miescher, der nach dem Tod von Bruno Bloch 1933 Direktor der Dermatologischen Klinik Zürich wurde, stellte 1940 an der 23. Jahrestagung in Basel den Fall eines 27-jährigen Patienten vor, dessen Lippen sich im Lauf von vier Jahren wulstförmig vergrössert hatten. Zusammen mit weiteren Fällen entstand 1945 die Publikation «Über essentielle granulo-
matöse Makrocheilie». Die Cheilitis granulomatosa Miescher, deren Ursache unklar blieb, gilt heute als Teilsymptom des Melkersson-Rosenthal-Syndroms (1).
L
Alfred Lienhard
Referenz: 1. Geiges M: Geschichte und Erstbeschreibungen dermatologischer Krankheitsbilder
in der Schweiz. Zweisprachige, deutsch-französische Broschüre zur 100. Jahresversammlung der SGDV, 2018.
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