Transkript
Der interessante Fall
Differenzialdiagnose Melanom in der Laserambulanz
Denn sie wissen nicht, was sie tun …
Wir alle sind überzeugt von der Qualität unserer Lasergeräte und glücklich, mit ihnen arbeiten zu dürfen. Trotzdem müssen wir uns in jedem Einzelfall genau überlegen, ob die Indikation zur Lasertherapie wirklich gegeben ist, auch und gerade wenn uns die Patienten von Kollegen explizit zum Lasern zugewiesen werden oder wenn die Patienten dies ausdrücklich verlangen. Im Folgenden zeige ich Ihnen an drei Beispielen aus unserem Patientengut, wie wichtig eine gründliche Untersuchung vor jeder Therapie ist.
SUSANNE GLEISSNER
Susanne Gleissner
Fall 1: Blutende Hautveränderung an Grosszehe
Eine 60-jährige Patientin stellte sich kurz vor einer Fernreise bei uns vor, weil sie sich immer wieder an der Grosszehe stosse und diese dann blute. Wir sollten die Stelle lasern, damit sie die Reise ohne Probleme geniessen könne. Sie habe sich dort vor Jahren einmal gestossen, danach habe sich ein Fleck gebildet, der immer grösser geworden sei. Bisher weder Diagnostik noch Therapie (Abbildung 1 und 2).
In der Histologie bestätigte sich unsere Verdachtsdiagnose: Es handelte sich um ein primär kutanes Melanom St. IB (pT2aN0Mx) vom ALM-Typ, Breslow 1,9 mm, ohne Ulzeration, teilweise amelanotisch, in Assoziation mit melanozytärem Nävus vom Compound-Typ. Wir überwiesen die Patientin ans Unispital Zürich, wo eine Endgliedamputation durchgeführt wurde. Der Sentinel-Lymphknoten war negativ. Die bisherigen Nachsorgeuntersuchungen zeigten einen rezidivfreien Verlauf.
Fall 2: Brauner Fleck am Jochbogen
Eine 63-jährige Patientin wurde von einer dermatologischen Kollegin zu uns geschickt, damit wir einen braunen Fleck am rechten Jochbogen mit Laser entfernen. Sie selbst hatte schon mehrfach raue Stellen im Gesicht mit Stickstoff behandelt (Abbildung 3 und 4).
Abbildung 1: Klinischer Befund bei der zweiten Konsultation; bei der Erstvorstellung war die Läsion von Blutkrusten bedeckt.
Abbildung 3. Linsengrosse hellbraune Macula am Jochbogen auf aktinisch belasteter Haut
Abbildung 2: Dermatoskopisches Bild: Es zeigen sich grau-blaue Schleier mit milchglasartig weisslichen Arealen. Im Randbereich auch braune Pigmentierung.
Wir haben die Veränderung exzidiert; histologisch zeigte sich ein oberflächlich invasives, kutanes Melanom vom Typ des Lentigo-maligna-Melanoms in aktinisch geschädigter Haut, Tumordicke nach Breslow 0,1 mm, ohne Ulzeration, ohne Regression, Tumorstadium pT1a.
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Der interessante Fall
Wir führten mehrere Biopsien durch. Am inneren Augenwinkel (Nr. 3) fand sich ein Lentigo-malignaMelanom mit Regressionszeichen, unterhalb des Wimpernkranzes und am Jochbogen (Nr. 1 und 2) eine lichenoide Dermatitis mit grenzwertiger Vermehrung melanozytärer Zellen, sodass eine Lentigo maligna nicht ausgeschlossen werden kann. Das weitere therapeutische Prozedere werden wir mit dem USZ abstimmen. Infrage kommen eine Radiotherapie oder eine Behandlung mit Imiquimod (Aldara®), hier allerdings off-label.
Abbildung 4: Dermatoskopisches Bild zeigt feinste schwarze Punkte, dunkelbraune, asymmetrisch pigmentierte Follikelöffnungen als typisches Merkmal zur Unterscheidung der Lentigo maligna von der Lentigo senilis.
Danach erfolgte die Nachexzision mit lokalisationsadaptiertem Sicherheitsabstand von 5 mm. Es fand sich an mehreren Stellen am neuen seitlichen Resektatrand eine grenzwertige Vermehrung leicht vergrösserter melanozytärer Zellen. Hier können histologisch randbildende In-situ-Reste des Melanoms nicht sicher ausgeschlossen werden. Wir entschlossen uns dann zu einer adjuvanten Radiotherapie mit 10 Sitzungen zu je 4 Gy, 30 KV, 10 mA. Diese wurde vor 6 Wochen abgeschlossen. Zurzeit besteht noch ein leichtes Resterythem im Bestrahlungsfeld. Die ebenfalls geplante photodynamische Therapie des gesamten Gesichtes, die in unserem Hause stets laserassistiert durchgeführt wird, musste die Patientin aus familiären Gründen auf den Herbst verschieben.
Fall 3: Multiple Flecken auf strahlenbelasteter Haut
Ein 77-jähriger Patient wurde uns vom Hausarzt zugewiesen. Er war Gärtner und hat sich nie vor der UVStrahlung geschützt. Keine Einnahme von photosensibilisierenden Medikamenten (Abbildung 5 und 6).
Abbildung 6: Teils helle symmetrische, teils dunklere asymmetrische Follikelöffungen. Der Befund ist sehr diskret.
Fazit
In allen drei dargestellten Fällen handelte es sich je-
weils um ein Melanom, dessen Entdeckung durch
eine Lasertherapie verzögert oder sogar verhindert
worden wäre. Versäumen Sie also nie eine gründliche
Diagnostik vor jeder Art von Therapie, und nutzen Sie
hierzu die Möglichkeiten der Dermatoskopie und der
Biopsie.
L
Kontaktadressen: Dr. med. Susanne Gleissner Dermatologin, Mitglied der FMH E-Mail: gleissner@dr-ruemmelein.ch
Dr. med. Bettina Rümmelein Dermatologie, Mitglied der FMH Fähigkeitsausweis für Laserbehandlungen der Haut E-Mail: b.ruemmelein@dr-ruemmelein.ch
Dr. Rümmelein AG House of Skin & Laser Medicine Bürglistrasse 11, 8002 Zürich Grütstrasse 55, 8802 Kilchberg (ZH) Tel. 043 343 93 01 / Fax 043 343 93 02 www.dr-ruemmelein.ch
Abbildung 5: Auf stark strahlenbelasteter Haut mit aktinischer Elastose mehrere hellbraune unregelmässige Maculae periorbital.
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