Transkript
KONGRESSBERICHT
AAD
Poster-Highlights vom AAD-Meeting in San Diego:
Genitalpsoriasis – Keloide einfrieren – auch Psoriasis juckt
An der Veranstaltung «Pearls of the Posters» wurden auf dem AAD-Kongress in San Diego Studien von besonderem Interesse vorgestellt. Nachfolgend eine kleine Auswahl der spannenden Themen.
Das Einverständnis der Betroffenen vorausgesetzt, werden hierzulande sämtliche Patienten mit moderater bis schwerer Psoriasis ins Psoriasisregister SDNTT (Swiss Dermatology Network for Targeted Therapies) aufgenommen, sobald sie eine systemische Therapie beginnen (1). Die weitere Beobachtung erfolgt im Rahmen der regulären Versorgungsroutine. Ziel der Aufnahme von Daten ambulanter Patienten in das nicht interventionelle Register ist es, belastbare Langzeitdaten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Systemtherapien in der Schweiz zu erhalten und insgesamt die schweizerische Versorgungssituation genauer zu betrachten. Der Fokus der am AAD-Kongress vorgestellten Analyse richtete sich auf den Unterschied zwischen biologischen und konventionellen Systemika im Hinblick auf Nebenwirkungen in ihren unterschiedlichen Ausprägungen. Bis zum Dezember 2016 konnten 473 Patienten eingeschlossen werden, was 264 Patientenjahren (PJ) unter biologischer und 272 PJ unter konventioneller Systemtherapie entsprach. Im Mittel hatten die Patienten ein Alter von 46,7 Jahren, fast zwei Drittel waren männlich, und 37 Prozent waren ausser an Psoriasis auch an Psoriasisarthritis erkrankt. Der Anteil an schweren Nebenwirkungen und leichten bis mittelschweren Infektionen war bei beiden systemischen Therapieformen nicht signifikant verschieden. Die häufigste nicht schwerwiegende Nebenwirkung war bei beiden Gruppen eine Ineffektivität der Behandlung (15,8% für Biologika vs. 16,6% bei den konventionellen Wirkstoffen). Eine signifikante Abweichung existierte bei den Gruppen allerdings nach der Auswertung der leichten bis mittelschweren gastrointestinalen Nebenwirkungen. In der Kohorte mit der Anwendung konventioneller Systemtherapeutika lagen sie bei 14,1/PJ im Vergleich zu 4,3/PJ bei den Patienten, die Biologika bekamen (p ≤ 0,05). Insgesamt traten schwerwiegende Nebenwirkungen selten auf. Bei der Verteilung gab es keine Unterschiede zwischen Biologika und Systemtherapeutika.
Schnelle Hilfe bei genitalem Befall
Viele Psoriasispatienten leiden besonders unter den Hautveränderungen, die im Intimbereich vorkommen. Die Genitalpsoriasis ist kein seltener Befund und wirkt sich negativ auf die Lebensqualität der
Betroffenen aus, wobei das Ausmass des Einflusses dabei oft unterschätzt wird (2, 3). Dass Psoriasis im Genitalbereich von vielen Patienten als besonders peinlich und belastend empfunden wird, liegt unter anderem an der Reaktion auf diese Läsionen, die von Nichtmedizinern nicht selten mit Geschlechtskrankheiten verwechselt werden (4). Symptome, die bei genitaler Psoriasis im Vordergrund stehen, sind Pruritus, Schmerzen und eine Verschlimmerung der Läsionen infolge von sexueller Aktivität. Innerhalb einer multizentrischen Beobachtungsstudie an Patienten mit genitaler Psoriasis trat bei 42 Prozent der 354 Patienten eine Dyspareunie auf. 32 Prozent empfanden eine Symptomverschlechterung nach dem Intimverkehr, 39 Prozent hatten Schmerzen, und 43 Prozent hatten insgesamt seltener Sex (2). Nun stellten Dr. Jennifer Clay Cather aus Dallas (USA) und ihre Kollegen eine Phase-IIIb-Studie vor, die der Frage nachging, ob eine Therapie der genitalen Psoriasis mit Ixekizumab (IXE) Einfluss auf die sexuelle Aktivität der Betroffenen nehmen kann (5). Die 149 eingeschlossenen Studienteilnehmer litten alle unter moderater bis schwerer Genitalpsoriasis. Die Patienten wurden randomisiert in zwei Gruppen unterteilt, von der eine mit Plazebo behandelt wurde. Die andere Gruppe erhielt initial einmalig 160 mg Ixekizumab, danach verabreichte man ihnen 80 mg des Wirkstoffs über 12 Wochen alle 14 Tage (IXEQ2WGruppe) subkutan. Es wurden patientenbezogene Endpunkte zur Evaluation der sexuellen Aktivität festgelegt. Dazu dienten ausgewählte Fragen aus verschiedenen Fragebögen wie dem «Genital Psoriasis Sexual Frequency Questionnaire», dem «Dermatology Life Quality Index» und der «Genital Psoriasis Sexual Impact Scale». Die Erfassung der «sexuellen Aktivität» beschränkte sich nicht nur auf Geschlechtsverkehr, sondern schloss unter anderem auch Masturbation ein. Unter Ixekizumab gab ein grösserer Anteil der Patienten an, nie oder selten wegen ihrer genitalen Psoriasis sexuelle Aktivität zu vermeiden (76,7% IXE vs. 25,7 Plazebo, p < 0,001). Dies begann in der 4. Woche und setzte sich bis zur 12. Woche fort (p < 0,001). Bei 92 Prozent der Behandelten in der IXEQ2W-Gruppe verursachte der Hautzustand im Intimbereich keine oder wenig sexuelle Probleme, wohingegen dies nur 18 SZD 3/2018 KONGRESSBERICHT % DLQI Item 9 (0,1) DLQI Item 9 100 80 ● ● ■ PBO (n = 74) ● IXE Q2W (n = 75) ●● 92,0 60 ■ ■ 40 ■■ 56,8 20 00 2 468 Woche 10 12 PBO = Plazebo; IXE= Ixekizumab; 0,1 = keine oder fast keine Probleme Abbildung: Anteil der Patienten, für die ihr Hautzustand keine oder nur geringfügige sexuelle Probleme verur- sachte. Quelle: Cather JC et al. (5) bei 56,8 Prozent in der Plazebogruppe der Fall war (p < 0,001) (Abbildung). An den Kontrolluntersuchungen in den Wochen 2, 4 und 8 gaben die Mitglieder der Ixekizumabgruppe an, viel weniger mit Verschlimmerungen der lokalen Psoriasissymptome zu kämpfen, die während oder nach sexueller Aktivität auftraten. Insgesamt kam es bei Patienten der Verumgruppe zu einer schnellen und signifikanten Besserung mit weniger Einschränkungen der Häufigkeit ihrer sexuellen Aktivität. Intraläsionale Kryochirurgie wirksam bei Keloiden Die Behandlung von hypertrophen Narben oder Keloiden (HNK) mit extremer Kälte ist der neuartige Therapieansatz von Prof. Yaron Har-Shai, plastischer Chirurg aus Haifa (Israel) (6). Seine Behandlung von Patienten mit überschiessender Narbenbildung erfolgte, indem er über eine Kryonadel flüssigen Stickstoff ins Zentrum der Narbe applizierte und die HNK somit von innen her einfror. Die Patienten kamen aus allen Altersklassen (3–67 Jahre). Insgesamt hatten die 380 Patienten, unter ihnen 204 Frauen, an verschiedenen Stellen des Körpers 448 HNK, die alle bereits seit über 6 Monaten bestanden. Die ursächlichen Verletzungen entstanden unter anderem durch Traumata, Operationen, Verbrennungen, Piercings und Akneerkrankungen. Nach dem Eingriff wurde die Veränderung der Narben von Har-Shai über 18 Monate beobachtet. Objektive Kriterien wie Volumen, Härte, Rötung und Pigmentierung der Narben wurden dabei ebenso dokumentiert wie klinische Symptome in Form von zum Beispiel Schmerz, Berührungsempfindlichkeit oder Jucken. Ausserdem wurden Biopsien entnommen, die auf Veränderungen in der Kollagenstruktur untersucht wurden, dazu Flüssigkeit aus postinterventionellen Bullae, die auf ihre Proteinzusammensetzung getestet wurden. Im Ergebnis verringerte sich das Volumen der HNK am Ohr nach einmaliger Kryotherapie um 67 Prozent. Läsionen an Thorax beziehungsweise oberem Rücken und Schultern verkleinerten sich um 50 beziehungsweise. 60 Prozent. Es kam zu einem signifikanten Rückgang der klinischen und auch der objektiven Symptome. Die Rate der Nonresponder lag lediglich bei 3 Prozent. In der histologischen Untersuchung fiel unter anderem eine Reorganisation der Kollagenfasern als Anzeichen einer Verjüngung des behandelten Gewebes auf. Das Proteom der untersuchten Flüssigkeit enthielt spezifische Proteine, die mit Zell- und Stammzelldifferenzierung und auch einer Antwort auf Stress und Verletzung in Verbindung gebracht werden. Juckreiz bei Psoriasis – von grosser Bedeutung für die Patienten Obwohl die Mehrheit der Psoriatiker unter Pruritus leidet, steht dieses Symptom bei der Überprüfung der Wirksamkeit einer Therapie innerhalb von Stu- dien selten im Mittelpunkt (7). Eine australische Quer- schnittsstudie konzentrierte sich nun speziell auf die- sen Aspekt. Bei den 179 eingeschlossenen Patienten wurde die Prävalenz von Pruritus untersucht, aber auch, welche Faktoren zu einer Verschlimmerung des Juckreizes führen können. Die Studienteilnehmer waren im Durchschnitt 52,3 Jahre alt, und 89 Prozent litten unter Plaquepsoriasis. Der PASI-Wert lag bei 65 Prozent unter 10. Der Anteil weiblicher Patienten betrug 45 Prozent. Mit einer Phototherapie wurden 47 Prozent der Teilnehmer behandelt, 24 Prozent er- hielten Biologika (8). Insgesamt berichtete fast die Hälfte (49%) immer oder fast immer unter Juckreiz zu leiden. Nur 11 Prozent hatten nie Pruritus (7). Nach Ausführungen von Dr. Philippa Dickison, Sydney (Aus- tralien), bestand ein klarer saisonaler Unterschied im Hinblick auf den Juckreiz, der im Winter am stärksten ausgeprägt war. Es gab noch weitere Einflussfakto- ren, die den Pruritus verschlimmerten. Dazu gehörten Psoriasisschübe, Stress und Duschen. Interessanterweise stellte sich heraus, dass der Juckreiz bei Patienten mit Nagelpsoriasis nicht so all- gegenwärtig war. Eine mögliche Erklärung dafür sah Dickison darin, dass in diesem Bereich nicht so ein- fach gekratzt werden kann und es dadurch auch selte- ner zum Teufelskreis aus Jucken und Kratzen kommt. Dass die Intensität des Pruritus bei Psoriasis nicht unbedingt etwas mit der Schwere der Erkrankung zu tun hat, wurde bereits früher festgestellt. Trotzdem hat der Juckreiz aber einen grossen Einfluss auf die Le- bensqualität der Betroffenen (9). In Bezug auf den PASI stellte sich heraus, dass Pruritus bei einem PASI > 10 mehr als doppelt so wahrscheinlich war.
Allerdings führte eine Verbesserung des PASI nicht
immer auch im gleichen Ausmass zu einer Reduktion
des Juckreizes (7). Insgesamt wird der Juckreiz nach
Ansicht der Autoren bis heute unterschätzt.
L
Susanne Kammerer
Das Literaturverzeichnis ist online einsehbar unter: https://www.rosenfluh.ch/dermatologie-aesthetische-medizin-2018-01
Quelle: Jahrestreffen der American Academy of Dermatology (AAD), 16. bis 20.Februar 2018 in San Diego (USA).
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Referenzen: 1. Maul JT et al.: Safety of Systemic Psoriasis Treatments evaluated in the Swiss
Dermatology Network for Targeted Therapies (SDNTT). Poster No. 5975 beim AAD Annual Meeting 2018, San Diego (USA). 2. Ryan C et al.: Genital psoriasis is associated with significant impairment in quality of life and sexual functioning. J Am Acad Dermatol 2015; 72: 978–983. 3. Meeuwis KA et al.: Genital psoriasis awareness program: physical and psychological care for patients with genital psoriasis. Acta Derm Venereol 2015; 95(2): 211–216. 4. Czuczwar P et al.: Genital psoriasis: a hidden multidisciplinary problem – a review of literature. Ginekol Pol. 2016; 87: 717–721. 5. Cather JC et al.: Ixekizumab provides greater improvement versus placebo on the impact of genital psoriasis on sexual activity for patients with moderate-to-severe genital psoriasis in a randomized, double-blind phase 3b clinical trial. Poster Nr. 5935 beim AAD Annual Meeting 2018, San Diego (USA). 6. Har-Shai Y: Intralesional cryosurgery for the treatment of hypertrophic scars and keloids – an evidence based new and novel technology. Poster No. 6222 beim AAD Annual Meeting 2018, San Diego (USA). 7. Dickison P et al.: Itching for Answers: Prevalence and severity of pruritus in psoriasis. Poster No.5879 beim AAD Annual Meeting 2018, San Diego (USA). 8. Dickison P et al.: Itching for answers: Prevalence and severity of pruritus in psoriasis. Australas J Dermatol 2017. doi: 10.1111/ajd.12747 [Epub ahead of print] 9. Reich A et al.: Pruritus is an important factor negatively influencing the well-being of psoriatic patients. Acta Derm Venereol 2010; 90: 257–263.
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