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KONGRESS-HANDOUT
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Prestigeobjekt oder Goldgrube?
Laser aus betriebswirtschaftlicher Sicht
Wie der akzentuierte, fast schon etwas zugespitzte Titel postuliert, besteht häufig ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen ästhetisch-medizinisch Wünschenswertem und Machbarem und wirtschaftlich Sinnvollem und Finanzierbarem. Da die Neuanschaffung von medizinischen Lasern im Regelfall mit hohen Investitionskosten verbunden ist, müssen normalerweise neben dem medizinisch-ästhetischen Nutzen sowie einem gewissen Prestigegewinn in einer privatwirtschaftlich geführten Praxis/Klinik auch von Anfang an zwingend betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden.
VON CHRISTOPH SCHÄNZLE
Christoph Schänzle
Der praktische Durchbruch für die dermatologische Lasertherapie kam 1983, als das «Prinzip der selektiven Photothermolyse» formuliert wurde, das heisst, möglichst nur das Zielchromophor sollte durch die Laserstrahlung getroffen werden, und kollaterale Schädigungen des umgebenden Gewebes somit weitgehend vermieden werden. Aus den biologisch wichtigen Zielchromophoren Hämoglobin, Wasser und Melanin leiteten sich dann automatisch die geeigneten Behandlungsindikationen ab: L vaskuläre Läsionen L pigmentierte, nicht melanozytäre Läsionen L Gewebeabtragung L Hypertrichose/Epilation. Für die jeweiligen Zielchromophore wurden verschiedenste Lasersysteme mit der jeweiligen Wellenlänge entwickelt, wie zum Beispiel CO2-Laser, Erbium-YAG-Laser, KTP-Laser, Alexandritlaser und so weiter. Nach einer gewisse Anfangseuphorie, in der man kurzzeitig meinte, die dermatologische Lasertherapie würde die Dermatologie «revolutionieren», stellte sich aber auch bald eine relative Ernüchterung beziehungsweise eine realistische Sicht auf die therapeutischen Möglichkeiten ein. Rasch zeigten sich auch begrenzende Faktoren für den wirtschaftlichen Betrieb von Lasern: L Indikationsstellung muss stimmen L mit einem Laser können meist nur eine oder we-
nige Indikationen behandelt werden (physikalische Limitation durch kohärentes Licht) L hohe Investitionskosten L praktisch immer keine Pflichtleistung der Krankenkassen und somit Selbstzahlerleistung. Laser ist eben gerade nicht die eierlegende Wollmilchsau, die man nicht füttern muss, wie es schon
einmal treffend 2015 in einem Artikel von Frau Dr. Rümmelein in der «Dermatologie Praxis» dargestellt wurde. Dennoch hat die dermatologische Lasertherapie seit Beginn der Neunzigerjahre eine rasante Entwicklung durchgemacht. Eine Vielzahl von medizinisch relevanten und ästhetisch störenden Hautveränderungen kann heute effektiv und schonend mit den verschiedensten Lasersystemen behandelt werden. In der modernen ästhetisch-medizinischen Dermatologie gehören Laserbehandlungen heute zum Standard und haben ihren festen Platz im Therapiespektrum. Aufgrund der zunehmenden Einschränkungen im kassenärztlichen Bereich (Tarmed 01.09.00_BR_KVG) ist es wirtschaftlich erforderlich, den selbstzahlenden Bereich mit den Nichtpflichtleistungen, wie zum Beispiel Laser, auszubauen, um den Unternehmenserfolg sicherzustellen.
Grundsätzliche Fragen, die sich beim Kauf eines Lasers stellen:
L Wo liegt mein Praxis- oder Klinikschwerpunkt? Allgemein-dermatologische Praxis mit Laser oder spezifische Laserpraxis?
L Mit welchem Laser kann ich ein Optimum an Behandlungserfolg und Patientenzufriedenheit erzielen?
L Welche Klientel will ich ansprechen, und wie komme ich an diese potenzielle Laserklientel?
L Wie hebe ich mich von meinen Mitbewerbern ab? L Rolle des Marketings: 4 P (Product, Price, Place,
Promotion), USP, Umfeldanalyse L Wie viele Behandlungen können pro Monat oder
Jahr realistisch generiert werden? L Wie hoch ist der Beitrag zum finanziellen und
prestigemässigen Praxiserfolg (Bsp.: Cashflow, Amortisation und Reputation)?
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Rechenbeispiel «Goldgrube»:
Kosten Laser Fr. 18'000.–
Anzahl Fälle Ertrag pro Fall Umsatz Arztaufwand Materialaufwand Wartung Gemeinkosten Zuschlag Variable Kosten Abschreibungen Total Fixkosten (= Gesamtkosten) Total Aufwand Ergebnis diskontiert mit
537 278 149'424 –14'543 –5'063 –1'440 –38'850 –65'645 –18'000 –18'000
–83'645 49'269
2017 10 278
2'780 –271 –94
– –723 –1'195 –600 –600
–1'795 985
Kapitalrentabilität = Ergebnis/Kapitaleinsatz +273,8% = 49'269/18'000
2018 90 278
25'020 –2'435
–848 –360 –6'505 –11'111 –3'600 –3'600
2019 99 278
27'522 –2'679
–933 –360 –7'156 –12'186 –3'600 –3'600
2020 109 278
30'274 –2'946 –1'026
–360 –7'871 –13'368 –3'600 –3'600
2021 120 278
33'302 –3'241 –1'128
–360 –8'658 –14'669 –3'600 –3'600
2022 110 278
30'526 –2'971 –1'034
–0 –7'937 –13'117 –3'000 –3'000
–14'711 9'372
–15'786 9'699
–16'968 9'997
–18'269 10'267
–16'117 8'947
Rechenbeispiel «Prestige»:
Kosten Laser Fr. 150'000.–
Anzahl Fälle Ertrag pro Fall Umsatz Arztaufwand Materialaufwand Wartung Gemeinkosten Zuschlag Variable Kosten Abschreibungen Total Fixkosten (= Gesamtkosten) Total Aufwand Ergebnis diskontiert mit
Total
537 278 149'424 –14'543 –5'063 –12'000 –38'850 –76'205 –150'000 –150'000
–226'205 –60'844
1 2017
10 278 2'780 –271 –94
– –723 –1'195 –5'000 –5'000
–6'195 –3'415
Kapitalrentabilität = Ergebnis/Kapitaleinsatz –40,5% = 60'844/150'000
2 2018
90 278 25'020 –2'435 –848 –3'000 –6'505 –13'751 –30'000 –30'000
3 2019
99 278 27'522 –2'679 –933 –3'000 –7'156 –14'826 –30'000 –30'000
4 2020
109 278 30'274 –2'946 –1'026 –3'000 –7'871 –16'008 –30'000 –30'000
5 2021
120 278 33'302 –3'241 –1'128 –3'000 –8'658 –17'309 –30'000 –30'000
– 2022
110 278 30'526 –2'971 –1'034
–0 –7'937 –13'117 –25'000 –25'000
–43'751 –17'028
–44'826 –14'301
–46'008 –11'821
–47'309 –9'567
–38'117 –4'713
L Wie sieht es mit der Delegierbarkeit von Laserbehandlungen an geschultes, ausgebildetes, nicht ärztliches Personal aus?
L Wie wird finanziert (Bsp.: Eigenkapital, Fremdkapital, Leasing, Laser-Sharing)?
Zusammenfassend kann man sagen, dass es keine allgemeingültige und pauschale Antwort gibt. Die richtige Entscheidung muss immer individuell und situationsbedingt getroffen werden. Prinzipiell ist aber eine realistische Wirtschaftlichkeitsrechnung bezüglich Einsatzhäufigkeit, Amortisation, Rentabilität, Liquidität und Erfolgsrechnung vor jedem Laserkauf notwendig.
Einige Begriffserklärungen
Amortisation: Darunter versteht man den Zeitraum, der erforderlich ist, bis sich die Investition mit den erzielten Einnahmenüberschüssen (Cashflow) oder li-
quiditätswirksamen Kostenersparnissen (z.B. Personaleinsparung) vollständig zurückbezahlt hat. Formel: Amortisation = Kapitaleinsatz/Cashflow oder Kapitaleinsatz/Kostenersparnis Amortisation erfolgt somit aus dem Gewinn und nicht aus dem Umsatz. Grundsätzlich ist eine Investition rentabel, wenn die Amortisationszeit kürzer als die Nutzungsdauer ist. Rentabilität: Rentabilität oder Rendite ist eine relative Grösse, die als Prozentzahl das Verhältnis zwischen einer Erfolgsgrösse und einer anderen erfolgsrelevanten Grösse ausdrückt. Formel: Kapitalrentabilität (ROI) = Ergebnis/Kapitaleinsatz Umsatzrentabilität (ROS) = Ergebnis/Umsatz
Die Erzielung einer optimalen Rendite ist in der Privatwirtschaft meist das Hauptziel der unternehmeri-
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schen Tätigkeit. In der Medizin sind selbstverständlich noch andere Betrachtungspunkte wie ethisch-moralische Grundsätze und Behandlungserfolg höher zu gewichten.
Die leider oft getätigte «Milchmädchenrechnung»
Beispiel: Ein Laser kostet zum Beispiel 18 000 Franken, die Kosten pro Behandlung betragen 278 Franken = nach 65 Behandlungen ist der Laser bezahlt. Diese Rechnung ist betriebswirtschaftlich falsch, da die Amortisation aus dem Gewinn und nicht aus dem Umsatz getätigt wird (s.o.).
Abschliessend möchte ich zur Verdeutlichung der betriebswirtschaftlichen Mechanismen und Hebelwirkungen noch zwei betont antipodische Beispiele mit einer hohen und niedrigen Laserinvestition darstellen (siehe Tabellen). Explizit möchte ich darauf hinweisen, das sich auch der teurere Laser rechnen könnte, wenn man die Fallkosten und/oder die Behandlungszahlen nach oben verändern würde.
Fazit
Es gibt drei wichtige Faktoren, die entscheiden, ob
ein Laser eine Goldgrube oder nur ein Prestigeobjekt
ist:
L Eine klare medizinische Indikation muss vorhan-
den sein, und ein Bedarf (Markt) muss bestehen.
L Eine sachgerechte und realistische Wirtschaftlich-
keitsrechnung wurde durchgeführt (Umsatz ist
nicht Gewinn).
L Die medizinische Indikation und der Behand-
lungserfolg stehen über der reinen Wirtschaftlich-
keitsrechnung.
L
Korrespondenzadresse: Dr. med. Christoph Schänzle Chefarzt Dermatologie Pallas Kliniken AG Klinik Olten Louis Giroud-Strasse 26 4600 Olten
Literatur : 1. Leimgruber J, Prochinig U: Das Rechnungswesen als Führungsinstrument. 6. Auf-
lage 2013. 2. Rümmelein B: Ist die Lasertherapie eine eierlegende Wollmilchsau? Dermatologie
Praxis 2015; 4: 32–35. 3. Žatecky A: Ein Laser für viele Indikationen. SZD 2016; 2: 15–16. 4. Graudenz K, Raulin C: Von Einsteins Quantentheorie zur modernen Lasertherapie.
Der Hautarzt 2003; 7: 575–582.
Tattooentfernung – eine Frage der Makrophagenfunktion?
Über viele Jahre wurde angenommen, dass permanente Tattoos durch eine Färbung der dermalen Fibroblasten ihre Langlebigkeit erhalten. Doch diese Sichtweise hat sich geändert, als deutlich wurde, dass die in die Haut injizierten Farbpigmente in erster Linie von Makrophagen aufgenommen werden, die nach der Verletzung durch die Tattoonadel in die Haut einwandern und die Pigmente aufnehmen – ebenso wie sie es, entsprechend ihrer biologischen Funktion, mit eindringenden Pathogenen oder Bestandteilen abgestorbener Zellen machen würden. Aber warum verbleiben die Pigmente dennoch an Ort und Stelle, wo doch die Lebenszeit der Makrophagen begrenzt ist? Dieser Frage widmete sich ein Forscher-
Abbildung: Grüne Tattootinte wird von einem dermalen Makrophagen aufgenommen (li.); nach Absterben der Makrophagen wird das Pigment in den extrazellulären Raum freigesetzt (Mitte) und anschliessend von neuen Makrophagen wieder aufgenommen (re.). Abbildung: © Baranska et al. 2018
team vom Centre d’Immunologie de Marseille-Lu-
miny. Sie entwickelten genetisch veränderte Mäuse,
bei denen sie die Makrophagen in der Dermis und in
anderen Geweben gezielt abtöten konnten. Diesen
Mäusen tätowierten sie den Schwanz – und fanden
heraus, dass die dermalen Makrophagen als einziger
Zelltyp das injizierte Pigment aufnahmen. Dennoch
veränderte sich das Aussehen der Tattoos nicht, wenn
diese Makrophagen abgetötet wurden. Die Forscher
konnten zeigen, dass die abgestorbenen Makropha-
gen das zuvor aufgenommene Pigment wieder an das
umliegende Gewebe abgaben. Dort wurde es, bevor
es sich auflösen konnte, von neuen, aus Monozyten
ausdifferenzierten Makrophagen aufgenommen und
verblieb in dieser neuen Makrophagengeneration am
gleichen Ort. Dieser Zyklus aus Pigmentaufnahme,
Freisetzung und Wiederaufnahme vollzieht sich offen-
bar kontinuierlich in tätowierter Haut, erklären die Au-
toren – und sie leiten daraus auch einen Ansatz ab, wie
man die lasergestützte Tattooentfernung möglicher-
weise verbessern könnte: Durch eine vorübergehende
Entfernung der Makrophagen könnte man die Neu-
aufnahme des freigesetzten Pigments verhindern und
so den Abtransport verbessern.
AZA
Referenz: Baranska A et al.: Unveiling skin macrophage dynamics explains both tattoo persistence and strenuous removal. J Exp Med 2018; doi: 10.1084/jem.20171608.
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