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KONGRESSBERICHT
Alternde Haut ist nicht nur ein ästhetisches Problem
Medizinische Aspekte der Hautalterung im Fokus
Verzögerte Hautalterung bedeutet bessere Hautgesundheit, nicht nur im Hinblick auf das Hautkrebsrisiko, sondern auch bezüglich weiterer medizinischer Aspekte der alternden Haut. Über medizinische Probleme der Hautalterung und über Präventionsmöglichkeiten sprach Prof. Reinhard Dummer, Zürich, an der Fortbildung «Ästhetische Dermatologie und Lasermedizin» der Dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich.
Die spontane intrinsische Hautalterung beruht darauf, dass bei jeder Zelle nur eine beschränkte Anzahl von Zellteilungen möglich ist. Diese chronologische, unvermeidliche Form der Hautalterung führt zu Atrophie, Xerosis und Faltenbildung. Ästhetisch stärker ins Gewicht fällt die extrinsische Hautalterung, die vorzeitig erfolgt, bedingt durch äussere Umweltfaktoren (z.B. UV-Strahlung mit DNA-Schäden, Rauchen mit Aufnahme von Schadstoffen, chemische Einflüsse, Kälte, Wärme), aber auch durch körpereigene Faktoren (z.B. Östrogenmangel nach der Menopause mit beschleunigter Hautalterung). Die extrinsische Hautalterung macht die Haut rau und verursacht Teleangiektasien und Dyspigmentierung. Das uneinheitliche Pigmentierungsmuster bei Hypomelanosis guttata entstehe wahrscheinlich durch ungleichmässige Übertragung der Melanosomen von Melanozyten auf Keratinozyten, so der Referent. Benigne Proliferationen der extrinsisch gealterten Haut (z.B. seborrhoische Keratosen, Lentigo solaris) beruhen auf genetischen Veränderungen, die durch UV-Strahlung verursacht werden.
Probleme mit der alternden Haut
Zu den medizinischen Hautproblemen im Alter gehören Xerosis, erhöhte Verletzlichkeit, reduziertes Wundheilungspotenzial und stark erhöhtes Haut-
Vorschläge zur Prävention der Hautalterung
L Rauchstopp L UV-Schutz L Hormonsubstitution
(nach Risikoabschätzung bezüglich Mamma- und Prostatakarzinom) L Ernährung mit frischen Lebensmitteln, mediterrane Diät, Vitamine, Nahrungs-
ergänzungsmittel L Kalorienrestriktion ohne Mangelernährung L Körperliche und geistige Aktivität L Laserbehandlungen
(nach Reinhard Dummer)
krebsrisiko. In der jungen Haut ist die Epidermis durch Noppen (Reteleisten) zapfenartig in der Dermis verankert, mit grosser Stabilität auch gegenüber Scherkräften. In der Altershaut sind dagegen histologisch nur noch wenige, kleine Noppen zu finden. Weil die Verankerung nicht mehr stabil ist, können bereits geringe Traumen grosse Ablederungen bewirken. Es ist bekannt, dass UV-Schäden der Haut grösstenteils bereits in der Kindheit und Jugend entstehen und im Alter von 20 Jahren schon 80 Prozent der Schäden eingetreten sind. Hautkrebs kommt aber erst ab 60 Jahren häufig vor. Diese Diskrepanz hat offenbar mit der Hautalterung zu tun. Im dermalen Bindegewebe sind neben kollagenen und elastischen Fasern zahlreiche Fibroblasten vorhanden, die altersbedingt in einen Ruhezustand mit veränderter Sekretion von Wachstumsfaktoren übergehen, den «senescence-associated secretory phenotype» (SASP). Der Zustand der Seneszenz kann durch die Telomerverkürzung erklärt werden. Bei jeder Zellteilung wird das Telomer – das Chromosomenende, das wie mit einer Kappe geschützt ist – wieder teilweise aufgebaut. Weil kein vollständiger Wiederaufbau erfolgt, wird die Kappe mit jeder Zellteilung dünner, bis schliesslich keine Zellteilung mehr möglich ist und die Zelle in den Ruhezustand der Seneszenz übergeht. In diesem Zustand sezernieren die betroffenen dermalen Fibroblasten verschiedene Faktoren wie Proteasen, Zytokine (z.B. IL-6, IL-8), Chemokine und Wachstumsfaktoren. Solche Faktoren können das Wachstum vorgebildeter Tumorzellen in der Epidermis anregen und In-situ-Karzinome so beeinflussen, dass sie invasiv einzudringen beginnen.
Prävention der Hautalterung mit Fotoprotektion und Laserbehandlung
Was die vorbeugende Wirkung auf Neubildung und Rückbildung aktinischer Keratosen betrifft, bestehe ein klarer Zusammenhang mit der Menge der verwendeten Sonnenschutzcreme, so der Referent. Weil aber Patienten den Sonnenschutz oft nur spärlich auf-
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tragen, seien nur Produkte mit hohem oder sehr hohem Lichtschutzfaktor zu empfehlen. Den Liebhabern von Grüntee konnte er eine interessante Studie präsentieren, in der gezeigt wurde, dass sich der Grüntee-Extrakt OM24 bei Menschen als fotochemopräventives Mittel eignen kann (1). Nach topischer Anwendung einer Lotion, die den GrünteeExtrakt OM24 enthielt, führte UV-B-Bestrahlung zu weniger Stressantworten, und die DNA-Reparatur erfolgte besser als ohne den Extrakt (Plazebolotion). Mit OM24-Vorbehandlung war die UV-induzierte p53-Expression in Keratinozyten geringer, und es waren weniger apoptotische Keratinozyten (sunburn cells) in der Biopsie zu finden (1). Die in GrünteeExtrakt vorhandenen Polyphenole, die als Radikalfänger wirksam sind, könnten also einen positiven Einfluss auf die Hautalterung haben, so der Referent. Laserbehandlungen sind möglicherweise präventiv wirksam gegen die Fotokarzinogenese, weil die durch Laser produzierten Verletzungen Wachstums-
faktoren stimulieren und eine Neugestaltung der
Dermis (remodeling) bewirken können. Wenn der-
male Fibroblasten in den Zustand der Seneszenz
kommen, reduzieren sie ihre Produktion von IGF-1
(insuline-like growth factor 1). Der Verlust der IGF-1-
Expression in der alternden Haut hat gravierende
Auswirkungen auf die Reaktion der Keratinozyten ge-
genüber UV-B-Bestrahlung (2). Nach fraktioniertem
Laserresurfacing steigt die IGF-1-Produktion wieder
an, und die Hautreaktion auf UV-B-Bestrahlung kann
sich wieder normalisieren (2).
L
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Mnich CD et al.: Green tea extract reduces induction of p53 and apoptosis in UVB-
irradiated human skin independent of transcriptional controls. Exp Dermatol 2009; 18: 69–77. 2. Krbanjevic A et al.: How wounding via laser has potential photocarcinogenic preventative effects via dermal remodeling. Curr Dermatol Rep 2016; 5: 222–227.
Quelle: Fortbildung «Ästhetische Dermatologie und Lasermedizin» der Dermatologischen Klinik des USZ, 26. Oktober 2017 in Zürich.
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