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KONGRESSBERICHT
SGDV
Fototherapie – nach wie vor eine gute Option
Welche Therapieform bei welcher Dermatose?
Fototherapie braucht Geduld – die Patienten können nicht Ergebnisse von einem Tag auf den andern erwarten. Die klassische Fototherapie sei aber noch keineswegs passé, sagte Prof. Rolf-Markus Szeimies, Recklinghausen, Deutschland, an der 99. Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (SGDV) in Bern.
Die Liste der Dermatosen, die auf UV-Therapie ansprechen, ist sehr lang und umfasst neben vielen entzündlichen Hautkrankheiten zum Beispiel auch kutane T-Zell-Lymphome (Mycosis fungoides) (Tabelle 1). Die konventionelle Fototherapie wird in Kabinen oder Bestrahlungseinheiten für Hände und Füsse durchgeführt. Zu den gebräuchlichen Fototherapieformen gehören die Breitband-UV-B-Therapie, die UV-A-Therapie, die PUV-A-Therapie (Tabelle 2) mit oralen Psoralenen, die Schmalspektrum-UV-B-Therapie (311 nm) und die UV-A1-Therapie. An Bedeutung verloren habe die selektive UV-Therapie (SUP, 310– 318 nm), sagte der Referent. Die PUV-A-Badtherapie kann zur Behandlung der Psoriasis mit Ganzkörperbädern oder mit Teilkörperbädern (Hand- und Fussbädern zur Behandlung von Händen und Füssen) durchgeführt werden. Die Wassertemperatur spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie muss für eine optimale Fotosensibilisierung durch das im Wasser gelöste 8-MOP (8-Methoxypsoralen) konstant 37 °C betragen. Nach dem Ganzkörperbad
Tabelle 1:
Beispiele von Dermatosen, die auf UV-Therapie ansprechen
L Psoriasis vulgaris L Vitiligo L Mycosis fungoides L Ekzem L Fotodermatosen L Pityriasis rosea L Acne vulgaris L Lichen planus L Pruritus
L Pityriasis lichenoides chronica L Pityriasis rubra pilaris L Alopecia areata L Granuloma anulare L Lokalisierte Sklerodermie L Kutane Mastozytose L Parapsoriasis
(nach Rolf-Markus Szeimies)
Tabelle 2:
Indikationen für PUV-A-Therapie (first-line)
L Mycosis fungoides im Plaquestadium L Plantare/palmare pustulöse Psoriasis L Hand-/Fuss-Ekzem
L Pityriasis rubra pilaris
(nach Rolf-Markus Szeimies)
soll die UV-A-Bestrahlung sofort oder innerhalb von 10 Minuten erfolgen, denn die fotosensibilisierende Wirkung lässt rasch nach. Aufgrund der dickeren Hornschicht an Händen und Füssen wird empfohlen, nach dem Hand- oder Fussbad mit der UV-A-Bestrahlung mindestens 30 Minuten zuzuwarten, weil die Fotosensibilisierung in der palmaren und plantaren Haut erst dann maximal ist. Eine interessante Alternative sei die PUV-A-Cremetherapie, sagte der Referent. Dabei trage der Patient eine halbe Stunde vor der UV-A-Exposition eine Creme mit äthanolischer 8-MOP-Lösung auf die Hände oder Füsse auf und komme danach in die Praxis zum Beleuchten. Randomisierte, kontrollierte, klinische Studien und prospektive nicht randomisierte, kontrollierte Studien hätten gezeigt, dass die PUV-A-Badtherapie mindestens so effektiv sei wie die orale PUV-A-Therapie, sagte der Referent. Er setze zuerst die PUV-A-Badtherapie ein, wenn nichts dagegen spreche. Zweckmässig sei es, sowohl die PUV-A-Badtherapie als auch die orale PUV-A-Therapie für die Psoriasisbehandlung zur Verfügung zu haben.
Schmalspektrum-UV-B-Therapie
Die Frage, ob die PUV-A-Therapie bei der chronischen Plaquepsoriasis effektiver ist als die Schmalspektrum-UV-B-Therapie (Narrow-band-UV-B-Therapie = nb-UV-B-Therapie, 311 nm), wurde in 6 randomisierten, kontrollierten und 4 nicht randomisierten, kontrollierten Vergleichsstudien untersucht. In 2 Studien war die orale PUV-A-Therapie überlegen, und in 2 Studien war die nb-UV-B-Therapie signifikant effektiver als die PUV-A-Badtherapie. In 6 Studien war die Effektivität der beiden Fototherapieverfahren nicht unterschiedlich. Es wird empfohlen, bei chronischer Plaquepsoriasis zuerst die nb-UV-B-Therapie zu versuchen und erst in zweiter Linie die PUV-A-Therapie anzuwenden, wenn die nb-UV-B-Therapie nicht genügend wirksam war. Zum Wirkmechanismus der nb-UV-B-Therapie gehört die Herunterregulierung der Proliferation epidermaler Keratinozyten und die Hemmung von Langerhans-Zellen. In Europa wird empfohlen, bei Psoriasis
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bis 5-mal pro Woche zu behandeln, in den USA liegt die Empfehlung bei 3-mal pro Woche. Zur nb-UV-BTherapie liegen Langzeitdaten vor, die über mehrere Jahre gesammelt wurden. Das Risiko von Basalzellkarzinomen war bei Patienten, die auch mit PUV-ATherapie behandelt worden waren, leicht erhöht. Bei Patienten, die nur nb-UV-B-Therapien erhalten hatten, war kein erhöhtes Risiko für nicht melanozytäre Hautkrebsarten oder für Melanome feststellbar. Weil Besserungen mit der nb-UV-B-Therapie erst nach 20 bis 30 Behandlungen zu erwarten sind, werden oft Kombinationsbehandlungen empfohlen, zum Beispiel mit topischen Kortikosteroiden, Vitamin-D-Analoga oder Retinoiden. Die nb-UV-B-Therapie kann auch mit systemischen Medikamenten kombiniert werden (z.B. mit Methotrexat, Etanercept, Adalimumab, Ustekinumab, Apremilast). Daten zur Langzeitsicherheit von Kombinationstherapien lägen nicht vor, so der Referent.
Kombination von nb-UV-B mit Afamelanotid bei Vitiligo
Eine vor zwei Jahren publizierte Studie habe einen interessanten neuen Therapieansatz bei Vitiligo getestet, sagte Szeimies. Randomisiert wurden 28 Vitiligopatienten kombiniert mit nb-UV-B-Fototherapie und Afamelanotid (einem Analogon des α-Melanozytenstimulierenden Hormons) und 27 Patienten mit nbUV-B-Monotherapie behandelt (1). In der Kombinationstherapiegruppe wurden nach 1 Monat nb-UV-BTherapie während 4 Monaten jeden Monat 16 mg Afamelanotid subkutan implantiert (Injektion eines stäbchenförmigen Implantats unter die Haut), wobei die nb-UV-B-Therapie fortgesetzt wurde. Gemessen mit dem für Vitiligostudien entwickelten VASI-Score (Vitiligo Area Scoring Index), konnten in der Kombinationsbehandlungsgruppe nach 56, 84 und 168 Tagen signifikant bessere Ergebnisse erzielt werden im Vergleich zur nb-UV-B-Monotherapiegruppe. In der Kombinationstherapiegruppe kam es auch klinisch sichtbar zu einer signifikant stärker ausgeprägten und rascheren Repigmentierung (1).
Tabelle 3:
Formen der UV-A1-Fototherapie
L Hochdosis-UV-A1-Therapie L UV-A1-Therapie mit mittlerer Dosis L Niedrigdosis-UV-A1-Therapie
130 J/cm2 30–90 J/cm2 10–30 J/cm2
(nach Rolf-Markus Szeimies)
randomisierten, kontrollierten Cross-over-Studie wur-
den 28 Patienten während 6 Wochen sowohl mit UV-
A1 als auch mit nb-UV-B behandelt (2). Mit beiden
Fototherapieformen wurden signifikante Besserun-
gen erzielt. Die Autoren schlossen aus den Studien-
resultaten, dass beide Fototherapie-Modalitäten be-
züglich Effektivität und Verträglichkeit vergleichbar
gut seien (2). Bei der anderen Studie handelte es sich
um eine randomisierte Vergleichsstudie der beiden
Körperhälften, an der sich in den Niederlanden 13 er-
wachsene Patienten mit atopischer Dermatitis betei-
ligten (3). Die halbseitigen Bestrahlungen mit nb-UV-
B und UV-A1 mit mittlerer Dosis erfolgten 3-mal
pro Woche während 8 Wochen, danach folgte eine
4-wöchige Follow-up-Periode, in der topische Kor-
tikosteroide erlaubt waren. Beide Fototherapie-
Modalitätenbesserten das atopische Ekzem signifi-
kant und reduzierten das zelluläre Infiltrat in der
Dermis (3). Langwellige UV-A1-Strahlung dringt gut
in die Dermis ein und kann so direkt auf intradermale
T-Zellen einwirken. Es konnte gezeigt werden, dass
UV-A1 beim atopischen Ekzem die Apoptose von
T-Zellen im Hautinfiltrat induziert (4). Durch UV-A1-
Bestrahlung wird daher die Anzahl der T-Helferzellen
im Hautinfiltrat stark reduziert.
Auch bei Urticaria pigmentosa sei die UV-A1-Foto-
therapie sehr wirksam, berichtete Szeimies. Die Be-
strahlung bewirke eine Reduktion der Mastzellen.
Neben Hautsymptomen würden auch systemische
Symptome (z.B. Rush, Durchfälle) durch die Fotothe-
rapie der Haut gebessert. Beim extragenitalen Li-
chen sclerosus gelte die UV-A1-Fototherapie als eine
Erstlinienbehandlung. Bei Psoriasis sei die UV-A1-
Fototherapie dagegen nicht hilfreich.
L
Selektive UV-A1-Fototherapie
Die UV-A1-Therapie verwendet langwelliges UV-A (340–400 nm) und ist nicht mit sonnenbrandähnlichen Reaktionen verbunden. UV-A1 dringt aufgrund der höheren Wellenlänge deutlich tiefer in die Haut ein. Deshalb lassen sich damit auch sklerosierende Erkrankungen relativ gut behandeln (Tabelle 3). UV-A1-Fototherapie hat sich bei atopischer Dermatitis als wirksam erwiesen. Der Referent zitierte zwei Studien, in denen die UV-A1-Therapie mit mittlerer Dosis bei der Behandlung der atopischen Dermatitis ebenso wirksam war wie die nb-UV-B-Therapie. In einer
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Lim HW et al.: Afamelanotide and narrowband UV-b phototherapy for the treat-
ment of vitiligo. A randomized multicenter trial. JAMA Dermatol 2015; 151: 42–50. 2. Gambichler T et al.: Medium-dose ultraviolet (UV) A1 vs. narrowband UV-B phototherapy in atopic eczema: a randomized crossover study. Br J Dermatol 2009; 160: 652–658. 3. Majoie IML et al.: Narrowband ultraviolet B and medium-dose ultraviolet A1 are equally effective in the treatment of moderate to severe atopic dermatitis. J Am Acad Dermatol 2009; 60: 77–84. 4. Morita A et al.: Evidence that singlet oxygen-induced human T-helper cell apoptosis is the basic mechanism of ultraviolet-A radiation phototherapy. J Exp Med 1997; 186: 1763–1768.
Quelle: 99. Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (SGDV), 7.–9.9.2017 in Bern.
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