Transkript
PsoriNet+ Kompetenznetz Psoriasis niedergelassener Dermatologen Schweiz
PsoInsight – Situation der Psoriasistherapie in der Schweiz: Stand 2016
von Tobias Plaza1, Frank Eicher II, Ruth C.Wicki III
In der Schweiz sind schätzungsweise 2 Prozent der Bevölkerung von Psoriasis betroffen (1). Der Leidensdruck der Patienten ist angesichts der stigmatisierenden und häufig sichtbaren Manifestationen gross (2). Trotz relevanter Fortschritte in den vergangenen Jahren bleibt die Therapie eine Herausforderung, bei der es häufig nicht gelingt, den Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden (3). Sowohl die subjektive Krankheitsbelastung wie auch die Patientenzufriedenheit mit der Therapie waren bereits mehrfach Gegenstand verschiedener Untersuchungen. In der Regel berücksichtigten diese Arbeiten jedoch entweder die Patienten- oder die Arztperspektive (3). Darüber hinaus bestehen erhebliche geografische Unterschiede im Hinblick auf die Häufigkeit der Erkrankung (2) und den Zugang zu modernen Therapien. Entsprechend ist die Aussagekraft dieser Publikationen für die Schweiz limitiert. Bisher waren keine entsprechenden Schweizer Daten verfügbar. Die vorliegende Arbeit schliesst nun diese Lücke. Ziel war dabei, die derzeitige Situation von Schweizer Patienten mittels eines populationsbasierten Projektes zu erfassen. Befragt wurden Patienten mit Psoriasis sowie deren behandelnde Dermatologen. Die Erhebung zielte darauf ab, den Leidensdruck sowie die Zufriedenheit mit der Therapie, unter Berücksichtigung der Einschätzung des behandelnden Arztes, zu formalisieren.
Material und Methoden
Die Umfrage Psolnsight wurde 2015/16 durch PsoriNet in Kooperation mit der impulze GmbH durchgeführt. Anhand einer nationalen Datenbank wurden Schweizer Dermatologen zufällig ausgewählt und zur Teilnahme eingeladen. 101 Zentren konnten für die Zusammenarbeit gewonnen werden und rekrutierten ihrerseits 521 Patientinnen und Patienten. Die Datenerhebung erfolgte schriftlich, wobei jeder Patient einen Fragebogen ausfüllte. Unabhängig davon dokumentierte der behandelnde Arzt seine Einschätzung auf einem Zusatzblatt. Die Daten wurden digitalisiert und anschliessend im Statistikprogramm SPSS ausgewertet. Unvollständige Datensätze wurden dort, wo Daten verfügbar waren, bei der Analyse berücksichtigt. Zur Verbesserung der Lesbarkeit wird das «n» im Fliesstext nur bei Auswertungen ausgewiesen, bei denen die Daten von weniger als 500 Patienten verfügbar waren.
Resultate und Diskussion
Demografie Bei einer Population dieser Grösse, rund 160 000 Patienten mit Psoriasis, wird eine Stichprobengrösse von mindestens 384 Teilnehmern empfohlen. Mit 521 befragten Patienten wurde diese Anforderung deutlich übertroffen, und die Daten bilden somit einen guten Querschnitt ab. Grundsätzlich ist Psoriasis bei Männern und Frauen praktisch gleich häufig (1). Im Kollektiv sind 63 Prozent der Befragten männlich, was entsprechend auf eine Überrepräsentation hinweist. Die Altersverteilung präsentiert sich gemäss den Erwartungen (1, 2).
I Dr. med. Tobias Plaza, FMH Dermatologie, Allergologe, 8610 Uster; II Dr. med. Frank Eicher, impulze GmbH, 8032 Zürich III Dr. Ruth Cecile Wicki, Celgene GmbH, 8048 Zürich
QUINTESSENZ
1. Das Ausschöpfen der therapeutischen Optionen ermöglicht die Optimierung der Lebensqualität von Patienten mit Psoriasis.
2. Trotz grundsätzlicher Zufriedenheit geben rund 80 Prozent der befragten Patienten an, zurzeit nicht abgedeckte Bedürfnisse zu haben.
3. Der Zeitaufwand in Zusammenhang mit der Therapie stellt für die Patienten eine unabhängige Belastung dar.
4. Bei der Wahl der Therapie sollte individuellen Patientenbedürfnissen genügend Gewicht beigemessen werden.
Diagnosen Bei der Mehrheit der Patienten (52%) lag der Zeitpunkt der Diagnose bei Befragung bereits mehr als 10 Jahre zurück. Diagnostiziert wurde die Krankheit mehrheitlich durch Dermatologen (68%) oder Hausärzte (28%). Bei 17 Prozent der Patienten ist die Diagnose histologisch bestätigt worden. 47 Prozent der Teilnehmer wiesen eine positive Familienanamnese auf. 90 Prozent des Kollektivs leidet an plaqueförmiger Psoriasis, und bei 9 Prozent der Befragten wurde zusätzlich eine Psoriasisarthritis diagnostiziert. Es wird davon ausgegangen, dass bei Patienten mit Psoriasis Komorbiditäten gehäuft auftreten (4, 5). Im untersuchten Kollektiv ist rund die Hälfte der Patienten zusätzlich von mindestens einer weiteren Erkrankung betroffen, wobei Übergewicht (24%) und Rauchen (18%) am häufigsten vertreten sind. Während «Übergewicht» als Diagnose stark von der angewendeten Definition abhängt und deshalb schwierig direkt zu vergleichen ist, ist der Rauchstatus einfacher zu erfassen. Rund 17,6 Prozent der Schweizer Bevölkerung rauchten 2015 täglich (6), was deckungs-
SZD 3/2017
25
PsoriNet+ Kompetenznetz Psoriasis niedergelassener Dermatologen Schweiz
** *
* (( (
Un!te"#rs$ch%ie&%d'e&i(n)d*+e*r,-Sc*h.w%e&'re/%gr,"a#d*e!"in#s$c%h&'(ät(z)u*n( g
Sekundärkrankheiten durch eine ungenügende Kontrolle der Psoriasis verschlechtern kann (8).
2.)(
0(1%23*4"#5363* -.)(
-.)( !"#$%&%'&()*
2.)( 1%8%&*%,2*
1.)( 0(1%23*4"#5363* -.)(
-.)( /.)(
!1"%#8%$&%*%&,%2'*&+(,))* (
1.)( +)(
0(1%23*4"#5363* !"#$%&%'&()* #7#%&*%,2* /+0!)"(#1( $%2%3&*%4'"(5)3*63* #7#%&*%0,2)*(
.)( /.)(
3/(
+3,+)( (
+)(
.(
/+)( +(
0/)( (
.)( 4&5%6%#7(8 :;<$7=#>("67$(?9@(ABC%#$(
3/( 3+( .( +( /(
Basis: n = 521 Patienten, Schweregrad Einschätzung Arzt n = 509,
DSelbste(in(sc(hät4zu&(5n%g6S%c#h7w(8e&r#e(9g:ra;d<$P7a=ti#e>n(t"n67=($5(?195@(ABC%#$( ( ( ( ( ( ( ((( (
(
Abbildung 1
gislte.DicAhucmhit(ddi(een(Pr1ä8vaP(lreonzzenv(ot nim4KP(orlolezketnivt ( stecrhrike(obne(nnte(e H(säoumfui(tngd(vieoneKi(nogm(aon(grbsidbit(eä--
Diabetes mellitus in den PsoInsight- ten nicht bestätigt werden. Dennoch
Daten deckt sich – berücksichtigt man kommt dem Umstand eine bedeu-
den höheren Männeranteil – relativ gut tende Rolle zu, da Komorbiditäten
mit den bekannten Zahlen von Bopp et einerseits die Wahl der Therapeutika
al. (3% Frauen und 4,5% Männer) (7). Im einschränken können und sich anderer-
Kontext der zwei verglichenen Parame- seits der Schweregrad bestehender
Schweregrad der Krankheit Bei rund zwei Dritteln des Kollektivs waren jeweils Arme, Rumpf und/oder die Kopfhaut von Effloreszenzen betroffen (67%, 67%, 66%); bei rund einem Drittel der Patienten Füsse, Hände und Nägel (34%, 34%, 27%). Der durchschnittliche PASI (Psoriasis Area and Severity Index) lag gemäss den behandelnden Ärzten bei 10,1. Die Psoriasis wurde bei 23 Prozent der Befragten (PASI Ø 4,9) als mild, bei 56 Prozent (PASI Ø 9,8) als mittel und bei weiteren 21 Prozent (PASI Ø 15,4) als schwer eingestuft. Die durchschnittlichen PASI-Werte der drei Kategorien widerspiegeln relativ gut die von Schmitt et al. propagierten Schwellenwerte für milde Psoriasis (PASI < 7), moderate Psoriasis (PASI: 7–12) und schwere Psoriasis (PASI > 12) (9). Da unbekannt ist, in welcher Situation der Fragebogen ausgefüllt wurde (z.B. Neudiagnose, Rückfall, Verlaufskontrolle), lassen die Resultate nur bedingt Rückschlüsse zu. Eine mögliche Schluss-
Juckreiz – Einschätzung durch Patient
,)")$% #,")$% #)")$% ',")$% ')")$% *,")$% *)")$% (,")$% ()")$%
,")$% )")$%
!"#$% )%
Kein Juckreiz
!)*#(7*+"-$8%
!"#$%&'(7*+"-$8%
&"'$%
()"#$%
()"!$%
()"*$%
(+"#$%
&"'$%
+,-.$%(7''"#$8%%
(("($% !")$%
'"($%
*"!$%
(% *% '% #% ,% -% &% +% !% ()%
./0123%4561/01/%
Maximaler Juckreiz
Basis: n = 521 Patienten; Juckreiz, Einschätzung n = 479
Abbildung 2
%
26 SZD 3/2017
PsoriNet+ Kompetenznetz Psoriasis niedergelassener Dermatologen Schweiz
!"#$%&%'&()*+,-*
,456%77%&*8,!9*+,-*
?%@(77*,AB(#7* C(A)DE"#%A*+8-* ,456%77%*F%()G H#%&(IJ%*
K&%L%M!(7N%A* OPQ8RS&(7%A* !TR5%LJR"#* ?JS7S'J46L*
!"#$%&'"(')*+%),#-%./#.#)
0.1*)
0-*+%/2)
./0* 120*
:*;<=* :*=<>*
:*/<>**
:*=<=** 20* 3/0* ..0* 1=0* 20* .;0* .>0*
;.0*
3456+%) .30* :*31<;* :*3;<>**
310* /20*
.>0* .30*
Basis: n = 521 Patienten, Schweregrad, Einschätzung Arzt n = 509; PASI n = 453; Handflächen n = 377; aktuelle LeadTherapie n = 488. Anmerkungen: A = durch Arzt rapportiert, P = durch Patient rapportierte Ausprägung der Psoriasis
Abbildung 3
ZB:u8f&r,%ie)d%2e#n%h,3e*-it,3m*(;it3:a%k//t%u&*eC%ll(e)rDEL#e%a&(dA-,T%h*!ee&rfa%'pIi%e6$%G(HMB'B(+N-*(
!%#&** 6:8&,%)%2**
-@.(
ILK* ,@.(
1@.(
0@.(
M,&;4(-;%,3*
!,"#%%,3*
/@.(
FG&)%*)%&*E#%&(A,%*
+@.(
H,"#3** 6:8&,%)%2**
.@.(
IJK*
[6%W%\HB'L%#(!#(F(+-/*( ]^_A9X6B'%#(!#(F(+O0*( e%$;X$6%lB$(!#(F(,+*( D&X'X>&M=W(!#(F(-+*(
"''>%W%%(a=b6&%J%#;%&$( g&6M9BWM%&$(B=b(J%6(RB=$(
g&6M9BWM%&$(h%'%#M%( H&:;%6%(U;%6BV&%(
i%%(j%L%#I&6M=#>%#( 8bB:;%("#I%#J=#>( a%&$'&:;%6("=bIB#J( Q#$%>6BCX#("''$B>( Q#$%>6BCX#(D%6=b( a%&$(bk6(iX#$6X''%#(
ABD"B#an9Wsm&9i%sEe(:6#Mrn(=kF#u(=,>n/%5g+#2(:EA1(LTBe%CPSf%al=#ut#$ine%Xo#nWGmt(&aeJ=iGnd(bH;6,=&%ZS'bJuuB%f9l#rfBai;'eBs%d7a&&$e#l(aB(n7zM=hi$n=(eM%'iz%t''u&%#a(%kUk(;ltceu%Bi6e'n'B7leVlBe&;%F'T(a(#!hld(lF(ze0(a1r*h(a2/pl ((ie< n= 3) 482 (Mittelwerte, Skala 1–6) Abbildung 4 SZD 3/2017 27 PsoriNet+ Kompetenznetz Psoriasis niedergelassener Dermatologen Schweiz Unterschied der Bewertung zwischen Patienten, die das jeweilige Regime «als letzte LeadTherapie» erhielten im Vergleich zu Patienten, die aktuell mit dem Regime behandelt werden >0.?.@*A-1.7&37&B&'()=&
U./,K/0.VA/&37&B&R'=&
MNO:PK0A-.7&37&B&'CQ=&
!"#$""
W50