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SCHWERPUNKT HAARE UND HORMONE
Plädoyer für mehr nicht anti-mikrobielle Behandlungen in der Aknetherapie
Vor allem Kombipräparate bieten gute Wirksamkeit
Früher wurden Antibiotika in der Aknetherapie recht häufig eingesetzt. Doch mit der generell hohen Antibiotikanutzung in der Medizin haben Resistenzen enorm zugenommen. Dr. Theresa Canavan und ihre Kollegen aus Birmingham (USA) plädieren deshalb für mehr nicht antimikrobielle Behandlungen. Was diese bringen, haben sie in einem Review zusammengefasst (1).
Die lange Nutzung von Antibiotika in der Aknethera-
pie hat auch die Resistenzhäufigkeit von Propionibac-
terium acnes verändert: Der Anteil resistenter P. ac-
nes stieg seit 1978 von 20 Prozent auf rund zwei
Drittel. Selbst bei den Angehörigen der so behandel-
ten Patienten nahmen die resistenten Bakterien zu.
Für ihre Bestandsaufnahme werteten Canavan et al.
57 randomisierte klinische Studien zu topischen, ora-
len und physikalischen Therapien aus. Besprochen
Nicht antimikrobielle Therapien können Akne hochwirksam kontrollieren – vor allem, wenn sie als Erhaltungstherapie eingesetzt werden (1).
wurden Behandlungen, die in den USA erhältlich sind. An den einzelnen Studien hatten zwischen 10 und 3010 Probanden teilgenommen. In der Regel ging es um eine milde bis moderate oder um eine
moderate bis schwere Akne.
Die Studien dauerten 6 Wochen bis 6 Monate. Be-
trachtet wurde die Änderung der Gesamtläsionszahl
(TLC) unter topischen und oralen Therapien und bei
Patienten mit physikalischen Therapien die Ände-
rung der Zahl entzündlicher Läsionen (ILC).
Patienten mit milder/moderater Akne
Die Retinoide Adapalen, Tretinoin und Tazaroten senkten TLC auch in Monotherapie wirksam – Tretinoin 0,1%-Creme zum Beispiel in einer Arbeit um 71 Prozent. Topische Retinoide werden zudem laut Canavan et al. gut toleriert. Für die topische Therapie mit dem antimikrobiellen BPO stehen Darreichungsformen von der Lotion bis zum Gel in Konzentrationen von 2,5 bis 10 Prozent zur Verfügung, wobei der TLC-Nutzen offenbar mit der Konzentration steigt (Gel 3% vs. 2,5%: –61,8% vs. –50,3%). Bakterielle Resistenzen sind nicht bekannt. Azelainsäure wiederum wirkt komedolytisch, antimikrobiell und antiinflammatorisch. Die 20%-Creme erzielte in einer Untersuchung eine TLC-Senkung um 53,9 Prozent. Als Zweitlinientherapie bewirkten Erythromycin 4% plus Zinkacetat 1,2% eine TLC-Verbesserung von 64,5 Prozent. Orales Zinksulfat (3 × täglich 220 mg) minderte das TLC um 45,5 Prozent; 40 Prozent der Probanden entwickelten aber Übelkeit und/oder Erbrechen. Niedrig dosiertes, intermittierend gegebenes Isotretinoin reduzierte das TLC um 80,5 Prozent (Woche 24) (cave: Verordnungsrestriktionen beachten!).
Hier werden für die Erstlinientherapie als topische
Monotherapien und Kombinationsprodukte zum
Beispiel Benzoylperoxid (BPO), Retinoide, Clindamy-
cin plus BPO und Adapalen plus BPO genannt sowie
als Alternativen Salicylsäure, Azelainsäure und Dap-
son. Systemische Alternativen seien niedrig dosiertes
Isotretinoin und orales Zink. In den Studien zeigten
Kombinationstherapien laut den Autoren oft die
eindrucksvollsten Ergebnisse: Eine 12-wöchige Be-
Die Zahl der Menschen, die jedes Jahr als direkte Folge antibiotikaresistenter Bakterien sterben, wird allein in den USA auf rund 23 000 geschätzt (1).
handlung mit Clindamycin 1% plus BPO-3%-Gel verringerte die TLCZahl um 68,9 Prozent. Das Kombinationsgel Adapalen 0,1% plus BPO 2,5% erreichte eine Abnahme um 65,4 Prozent.
Patienten mit moderater/schwerer Akne
Auch hier raten die Autoren wegen des Resistenzproblems von antibiotischen Monotherapien ab: Anstelle solcher Langzeiteinsätze nennen sie zum Beispiel orales Isotretinoin und subantimikrobielle orale Antibiotika als Erstlinienoptionen. Sie werden mit den topischen Therapien der milden bis moderaten Akne kombiniert. So verringerte die Gabe von niedrig dosiertem Isotretinoin (20 mg/Tag) plus 20%-Salicylsäure-Peeling alle zwei Wochen das TLC um 92,5 Prozent (Woche 16). Eine Studie zu subantimikrobiellem Doxycyclin zeigt, dass zweimal täglich 20 mg das TLC bei guter Verträglichkeit um 52,3 Prozent senkten.
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SCHWERPUNKT HAARE UND HORMONE
Abbildung 1: Narbige Abheilung einer Akne papulopustulosa
Abbildung 2:Acne nodulo-cystica
Frauen mit persistierender Akne können – auch ohne Hirsutismus – von kombinierten oralen Kontrazeptiva profitieren (TLC-Effekte: –31,1 bis –57,3%). Physikalische Therapien, wie eine Fototherapie, können bei einzelnen Patienten mit primär inflammatorischen Läsionen sinnvoll sein – etwa der Einsatz des Intense Pulsed Laser (Wellenlängen: 400–1200 nm), für den eine Abnahme der ILC bei milder bis schwerer Akne um bis zu 90 Prozent genannt wird. Mit Glykolsäure
und Aminofruchtsäurepeelings ist eine Abnahme der
nicht inflammatorischen TLC um jeweils mehr als
62 Prozent möglich.
L
Helga Brettschneider
Referenzen: 1. Canavan TN et al.: Optimizing Non-Antibiotic Treatments for Patients with Acne:
A Review. Dermatol Ther 2016; 6: 555–578.
© Fotos: Bettina Rümmelein
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