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KONGRESSBERICHT
Nationaler Psoriasis-Tag 2016
Behandlung der Psoriasis mit IL-17A-Inhibitor
Zentraler Ansatz in der Pathogenese
Der Psoriasis liegt eine Entzündung zugrunde, die durch T-Zellen vermittelt und durch Zytokine angetrieben wird. In der Pathogenese der chronischen Plaquepsoriasis spielt das Zytokin IL-17 eine Hauptrolle. IL-17A-Inhibitoren wie Secukinumab ermöglichen eine spezifische Hemmung dieses Schlüsselzytokins. Darüber berichtete PD Dr. Curdin Conrad, Service de dermatologie et vénérologie, CHUV, Lausanne, an einem Fachsymposium anlässlich des Nationalen Psoriasis-Tages 2016 in Zürich.
SZD 1/2017
Die Biologikatherapie der Psoriasis beeinflusst den Signalweg, zu dem TNF-α, IL-23 und die Th17-Zytokine IL-17 und IL-22 gehören. IL-17 und IL-22 induzieren wichtige pathogenetische Faktoren der Psoriasis wie antimikrobielle Peptide, epidermale Hyperproliferation und Rekrutierung von Neutrophilen. Der Effekt einer TNF-alpha-Blockade ist wesentlich breiter als der viel spezifischere Effekt einer IL-17-Blockade.
Am spezifischsten ist jedoch die IL-17-Blockade, entweder durch einen IL-17A-Inhibitor (Secukinumab, demnächst auch Ixekizumab) oder durch einen Inhibitor von IL-17RA-Rezeptoren der Keratinozyten wie Brodalumab (in Entwicklung).
Secukinumab ist effizienter und schneller wirksam als Etanercept
Die zentrale Rolle des Zytokins IL-17 in der Pathogenese der Psoriasis
Die Expansion von Th17-Zellen und Tc17-Zellen – Untergruppen inflammatorischer T-Zellen mit Produktion von IL-17A, IL-17F, IL-22, IL-21 und IL-26 – ist von IL-23 abhängig. Aktivierte T17-Zellen gelangen in die Epidermis, wo sie ein durch Keratinozyten exprimiertes Autoantigen erkennen und mit der Produktion von IL-17 und IL-22 beginnen. Die physiologische Funktion der Th17-Zytokine besteht darin, vor extrazellulären Pathogenen (Pilzen und Bakterien) zu schützen. Bei Autoimmunkrankheiten wie Psoriasis, M. Crohn, rheumatoider Arthritis oder Multipler Sklerose sind diese Zytokine überexprimiert. Es konnte gezeigt werden, dass bei therapeutischer TNF-α-Blockade IL-17 als erstes Zytokin reduziert wird, während die Reduktion von IL-22 und die klinische Besserung später folgen. Eine Reduktion von IL-17 war bei allen Patienten, die auf TNF-α-Blocker ansprachen, feststellbar. Die Reduktion fehlte dagegen bei Patienten ohne Ansprechen auf TNF-α-Blocker. Offenbar sei also IL-17 dasjenige Zytokin, das bei der Plaquepsoriasis therapeutisch reduziert werden müsse, so der Referent. Dieses Ziel kann nicht nur ganz spezifisch mit einem IL-17-Blocker erreicht werden, sondern auch weniger spezifisch durch Blockade weiter oben im Signalweg: L mit Ustekinumab, das IL-12 und IL-23 blockiert L mit einem TNF-α-Blocker, der die dendritischen
Zellen blockiert, sodass sie die T-Zellen nicht mehr aktivieren können.
Secukinumab (Cosentyx®) ist das Gewinnermedikament des Innovationspreises Prix Galien Suisse 2016 – stellt es doch hinsichtlich therapeutischer Effizienz einen erheblichen Fortschritt dar. Dass eine praktisch komplette Abheilung der Psoriasisläsionen bereits nach 12-wöchiger Secukinumab-Therapie erreichbar ist, zeigte sich beispielsweise in der FIXTURE-Studie (Secukinumab im Vergleich zum TNF-α-Blocker Etanercept) eindrücklich. In dieser Studie betrug das PASI90-Ansprechen nach 12 Wochen mit Secukinumab 54,2 Prozent (mit Etanercept 20,7%), das PASI100Ansprechen 24,1 Prozent (vs. 4,3%) und das als Standardtherapieziel gültige PASI75-Ansprechen 77,1 Prozent (vs. 44%) (1). Danach nahmen die Ansprechraten mit Secukinumab noch weiter zu, bis sie nach 16 Wochen 90 Prozent (PASI75), 70 Prozent (PASI90) und 40 Prozent (PASI100) erreichten und anschliessend bis zur 52. Woche ziemlich stabil blieben (1). Dass es bei 4 von 10 Patienten zur kompletten Abheilung der Psoriasisläsionen kommen kann, sei ein therapeutischer Erfolg, der erst mit Secukinumab möglich wurde, so Conrad. Er machte die Erfahrung, dass Secukinumab bei den meisten Patienten schnell wirkt. In der FIXTURE-Studie wurde gezeigt, dass Secukinumab 300 mg im Median bereits nach 3 Wochen ein PASI50-Ansprechen erreichte, Etanercept dagegen erst nach 7 Wochen (1). Bezüglich des schnellen Ansprechens sei Secukinumab vergleichbar mit Infliximab, dem bisher schnellsten Biologikum, so der Referent.
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KONGRESSBERICHT
Nationaler Psoriasis-Tag 2016
Secukinumab effizienter als Ustekinumab
Secukinumab wurde auch mit Ustekinumab verglichen. In der direkten Vergleichsstudie CLEAR habe sich Secukinumab als etwas schneller wirksam und über ein Jahr als effizienter erwiesen, berichtete der Referent. Ein Unterschied beim PASI90-Ansprechen begann sich bereits nach 2 Wochen und beim PASI100Ansprechen nach 4 Wochen abzuzeichnen (2). Nach 16 Wochen erreichte die Secukinumab-Therapie (300 mg) in 79 Prozent ein PASI90-Ansprechen (Ustekinumab in 57,6 %) und in 44,3 Prozent ein PASI100Ansprechen (Ustekinumab in 28,2 %) (2). Nach 52 Wochen wiesen in der Secukinumab-Gruppe weiterhin 76 Prozent ein PASI90-Ansprechen auf, in der Ustekinumab-Gruppe 61 Prozent (3). Ein PASI100-Ansprechen wurde nach einem Jahr bei 46 versus 36 Prozent registriert (3). Dass die Effizienz der SecukinumabTherapie (300 mg) auch während 3 Jahren erhalten bleibt, konnte im Rahmen der SCULPTURE-Studie gezeigt werden. Die am EADV-Jahreskongress 2015 präsentierten Resultate dokumentieren, dass das PASI90-Ansprechen, das nach 1 Jahr bei 69 Prozent lag, nach 3 Jahren 64 Prozent betrug. Das PASI100Ansprechen betrug nach 1 Jahr 44 Prozent und nach 3 Jahren 43 Prozent. Aus Registern sei bekannt, dass etwa die Hälfte der Patienten nach 3 Jahren nicht mehr das ursprüngliche Anti-TNF-Biologikum verwenden, so Conrad. Relativ häufig komme es zur Bildung von Antikörpern gegen das Anti-TNF-Medikament und zum Verlust der Wirkung. Besser schneide Ustekinumab ab, denn etwa 75 Prozent der Patienten seien nach 3 Jahren noch auf dieser Therapie.
Wirksam bei Nagelbefall, Psoriasis-Arthritis und nicht pustulöser palmoplantarer Psoriasis
Bei befallenen Nägeln wirke Secukinumab sehr gut, sagte Conrad. Auch zur Behandlung der PsoriasisArthritis (PsA) ist Secukinumab zugelassen. Bisher bilden TNF-α-Blocker noch den Goldstandard der PsA-Therapie. Aufgrund der Resultate einer direkten Vergleichsstudie, die jetzt mit Secukinumab versus Adalimumab durchgeführt wird, sollte es in Zukunft möglich sein, den Stellenwert von Secukinumab bei
Take Home Messages
L In Studien wurde die klinische Überlegenheit des IL-17AInhibitors Secukinumab im Vergleich zu Etanercept und Ustekinumab nachgewiesen.
L Secukinumab ist auch bei Nagelbefall, bei Psoriasis-Arthritis und bei nicht pustulöser palmoplantarer Psoriasis wirksam.
L Bei pustulöser palmoplantarer Psoriasis ist Secukinumab meistens nicht wirksam.
dieser Indikation genauer zu bestimmen. Bei der nicht pustulösen Form der palmoplantaren Psoriasis sei Secukinumab gut wirksam, so der Referent. Dagegen sei der IL-17A-Inhibitor bei der pustulösen palmoplantaren Psoriasis meistens nicht wirksam. Während die chronische Plaquepsoriasis von TNF-α, IL-23 und IL-17 angetrieben wird, sind IL-36 und IL-1 für die rein pustulösen Psoriasisformen (palmoplantare pustulöse Psoriasis, generalisierte pustulöse Psoriasis) die antreibenden Zytokine (4).
Candida-Infektionen als Nebenwirkung
In Keratinozyten induziert IL-17 die Sekretion anti-
mikrobieller Peptide, die im direkten Kontakt mit ex-
trazellulären Pathogenen wirksam werden. Sie zer-
stören somit Bakterien und Pilze. Zudem sorgt IL-17
für die Rekrutierung von Granulozyten, die in der
Haut ebenfalls zur Eliminierung der Pathogene bei-
tragen. Bei der Anti-IL-17-Therapie treten deshalb als
Nebenwirkung vermehrt leichte bis moderate Can-
dida-Infektionen auf, die behandelt werden können,
ohne dass das Biologikum abgesetzt werden muss.
Diese Nebenwirkung von Secukinumab kam in allen
Studien vor. Candida-Infektionen traten beispiels-
weise in der FIXTURE-Studie bei höherer Dosierung
von Secukinumab (300 mg) häufiger auf (in 4,7%) als
mit der tieferen Dosierung von 150 mg (in 2,3%) (1). In
der Etanercept-Gruppe kam es nur in 1,2 Prozent
zu Candida-Infektionen (1). Conrad berichtete, dass
wiederholte Candida-Infektionen nur selten vor-
kommen, in der Regel am selben Ort (z.B. oral bzw.
vulvovaginal bzw. intertriginös) und fast immer nur
im ersten Jahr.
Die lange Halbwertszeit von Secukinumab (27 Tage)
ermöglicht monatliche Abstände für die subkutanen
Erhaltungsinjektionen, macht aber eine Wartezeit
von 4 bis 5 Monaten vor Operationen oder Impfun-
gen mit Lebendvakzinen erforderlich (empfohlene
Wartezeit nach dem Absetzen der Behandlung: 4 bis
5 Halbwertszeiten). Gemäss der Arzneimittelinforma-
tion für Cosentyx® beträgt die empfohlene Dosie-
rung bei Plaquepsoriasis 300 mg (Startdosen in den
Wochen 0, 1, 2 und 3, anschliessend monatliche
Erhaltungsdosen mit Beginn in Woche 4).
L
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Langley RG et al.: Secukinumab in plaque psoriasis – Results of two phase 3 trials.
N Engl J Med 2014; 371: 326–338. 2. Thaçi D et al.: Secukinumab is superior to ustekinumab in clearing skin of subjects
with moderate to severe plaque psoriasis: CLEAR, a randomized controlled trial. J Am Acad Dermatol 2015; 73: 400–409. 3. Blauvelt et al.: Secukinumab is superior to ustekinumab in clearing skin of subjects with moderate-to-severe plaque psoriasis up to 1 year: Results from the CLEAR study. J Am Acad Dermatol 2017; 76(1): 60–69. 4. Conrad C und Gilliet M: Psoriasis – Was gibt es Neues, und was bringt die Zukunft? Swiss Medical Forum 2016; 16: 462–468.
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