Transkript
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Psoriasis in der Praxis
Dr. Marguerite Krasovec Rahmann berichtet vom EADV-Kongress 2016
Marguerite Krasovec Rahmann
In Wien referierten Prof. Peter van De Kerkhof (Nijmegen, Niederlande), Prof. Elisabeth Riedl (Wien) und Dr. Andreas Pinter (Frankfurt) an einem von der Firma Celgene unterstützten Symposium mit dem Titel «Psoriasis in practice: Understanding meaningful clinical improvement». Es wurde unter anderem über die Diskrepanzen gesprochen, die bei der Wahrnehmung der Psoriasiskrankheit zwischen dem Arzt und dem Patienten bestehen. In der Regel wird der Leidensdruck der Patienten von Ärzten unterschätzt. 94 Prozent der Patienten geben an, dass Psoriasis ein tägliches Problem in ihrem Leben darstellt. Aus der Sicht von 88 Prozent der Patienten ist das emotionale Wohlbefinden durch die Krankheit beeinträchtigt. 82 Prozent denken, dass die Krankheit ihre Lebensfreude trübt. Die Patienten beurteilen die Auswirkungen der Krankheit auf ihr Leben als gravierender als den Schweregrad der Hautkrankheit. Wir müssen uns bewusst sein, dass die aktuellen Hautkrankheitsscores (PASI, PGA) diese subjektiven Auswirkungen nicht erfassen und dass neue Scores entwickelt werden sollten. Die Scores erfassen auch nicht den Pruritus, an dem nach neueren Erkenntnissen 64 bis 97 Prozent der an Psoriasis erkrankten Patienten leiden. Die Zufriedenheit mit den Therapien ist bei den Patienten niedrig. Entsprechend haben 40 Prozent der Patienten mit leichter oder mittelschwerer Psoriasis in den
letzten 12 Monaten keinen Arzt konsultiert. Ein Drittel der Patienten meint, dass die Ärzte sowieso nicht helfen können. In diesem Sinne sind wir Dermatologen gefordert! Am Symposium wurde dargelegt, dass Patienten mit niedrigem PASI markant von systemischen Therapien profitieren. Der Phosphodiesterase-4-Hemmer Apremilast spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung inflammatorischer Mediatoren und wirkt bei Haut- und Gelenkpsoriasis. Apremilast hilft auch bei Kopfhaut- und Nagelpsoriasis ab der Woche 16 und kontinuierlich bis Woche 52. Es wurden einige Fallbeispiele von Psoriasisindikationen vorgestellt, die derzeit als off-label gelten. Es wurden Daten aus klinischen Studien (PSOR-005 und ESTEEM) präsentiert, die zeigen, dass Patienten mit palmoplantarem Befall im Rahmen einer Plaquepsoriasis von der Therapie mit Apremilast profitieren.
Ist Psoriasis eine autoinflammatorische Krankheit?
In der Fortbildungsreihe «Autoinflammatory and neutrophilic diseases» sprach E. Prens (Rotterdam, Niederlande) über die Rolle der Autoinflammation bei Psoriasis. Historisch gesehen wurden autoimmun-entzündliche Erkrankungen in autoinflammatorische Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen unterteilt. Vor etwa 10 Jahren wurde das Konzept eines immunologischen Kontinuums vorgeschlagen: auf der einen Seite des Spektrums die «klassischen» autoinflammatorischen Krankheiten (charakterisiert durch systemische Entzündung in Abwesenheit von hohen Autoantikörpertitern oder autoreaktiven T-Lymphozyten) und auf der andern Seite die Autoimmunerkrankungen. Es
bestehen auch Verbindungen zwischen
dem angeborenen und dem erworbe-
nen Immunsystem, welche auf beiden
Seiten des Spektrums eine Rolle spie-
len. Die Psoriasis stellt in diesem Kon-
zept eine Krankheit mit gemischtem
Muster dar. Einerseits werden Auto-
antigene vermutet, die bei der Auslö-
sung der Erkrankung eine Rolle spielen
(z.B. das antimikrobielle Peptid LL37),
andererseits sind T-Lymphozyten wich-
tige Akteure der Krankheit.
Neutrophile Dermatosen sind definiert
durch das Vorhandensein von neutro-
philen Granulozyten ohne Infektion
und Vaskulitis. Histologisch sind bei der
Psoriasis neutrophile Granulozyten zu
finden. Bei gewissen Psoriasisformen
sind Pusteln auch makroskopisch sicht-
bar, wie bei der Psoriasis pustulosa gene-
ralisata (Typ Zumbusch), bei der palmo-
plantaren Psoriasis pustulosa oder bei
der Acrodermatitis continua suppura-
tiva (Hallopeau). Die fünf diagnostischen
Kriterien der Psoriasis pustulosa gene-
ralisata sind: a) systemische Symptome
(Fieber, Abgeschlagenheit, Krankheits-
gefühl), b) Pusteln nicht infektiöser Ur-
sache, c) histologisch die unilokuläre
spongiforme Kogoj-Pustel, d) Laboran-
omalien (Leukozytose, erhöhte BSR),
e) Rezidive. Spannend ist die Tatsache,
dass gewisse pustulöse Formen von
generalisierter Psoriasis einen gene-
tischen Hintergrund haben, wie die
DITRA, bei der eine «Loss-of-Function-
Mutation» im IL36RN/IL1-F5-Gen be-
steht, wobei IL36RN zur Interleukin-1-
Familie gehört.
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24 SZD 5/2016