Transkript
KURZE ÜBERSICHT
Update zur Windeldermatitis
In der Windelregion ist die Säuglingshaut recht aggressiven Einflüssen ausgesetzt. Die Windel kann reiben und einen Wärme- und Nässestau bewirken, das Urin- und Stuhlgemisch kann den Haut-pH-Wert erhöhen, Stuhlenzyme können die Hautbarriere beeinträchtigen. Das Resultat ist eine irritative Windeldermatitis.
Das okklusive Klima unter der Windel und in den Hautfalten begünstigt Mazeration und mikrobielles Wachstum (1). Urin und Stuhl können den pH-Wert der Haut verändern. Urin reagiert von sauer bis basisch (pH-Wert 4,6 bis 8), Stuhl weist typischerweise einen pH-Wert zwischen 6,5 und 7,5 auf. Am Gesäss beträgt der Haut-pH-Wert normalerweise etwa 5,5. Das Urin-Stuhl-Gemisch kann den Haut-pH-Wert in basischer Richtung verschieben (über 6,0). Weil Stuhlproteasen und -lipasen bei höherem pH-Wert aktiver sind als bei tieferem pH-Wert, kann es zur Degradation von Proteinen und Fetten in der Haut und dadurch zu Irritationen und zur Windeldermatitis kommen. Eine gute Kontrolle der Hautfeuchtigkeit und des Haut-pH-Werts ist für die Prophylaxe der Windeldermatitis zentral.
Wegwerfwindeln und Reinigungsfeuchttücher Von der früher üblichen waschbaren Windel aus Baumwollstoff, bedeckt von einem wasserundurchlässigen Gummihöschen, hat sich die Windel zu einem raffinierten System zum Einmalgebrauch entwickelt. Superabsorbierendes Material in modernen Wegwerfwindeln nimmt Urin und Stuhl rasch und effizient auf. In trockenem Zustand sehen superabsorbierende Polymere wie kleine, transparente Kristalle aus (2). Sie schwellen bei Befeuchtung an und verwandeln sich in eine gelartige Substanz, die Flüssigkeiten von mehr als dem 30-Fachen ihres Trockengewichts absorbieren kann. Zu starke Hydrierung der Haut in der Windelregion wird nicht nur durch die Flüssigkeitsabsorption im Innern der Windel, sondern auch durch eine mikroporöse äussere Windelhülle verhindert. Durch das mikroporöse Material kann Wasserdampf, aber kein flüssiges Wasser austreten. Es konnte gezeigt werden, dass atmungsaktive Wegwerfwindeln mit mikroporöser
äusserer Hülle erheblich zur Prävention der Windeldermatitis, auch der schwerer ausgeprägten Formen mit opportunistischer Candida-albicans-Infektion, beitragen (2). Statt der herkömmlichen Reinigungsmethode der Windelregion mit Wasser und Watte oder weichem Waschlappen bevorzugen heute viele Eltern Reinigungsfeuchttücher zum Einmalgebrauch (1). Diese enthalten milde Reinigungslotionen, oft zusammen mit Pflegemittelzusätzen (z.B. Glyzerin, Dexpanthenol), und sind oft frei von Alkohol und Duftstoffen. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Reinigungstüchern wurden in zahlreichen Studien geprüft. Dabei zeigte sich, dass Reinigungsfeuchttücher gut verträglich und zur effektiven Reinigung der Windelregion geeignet sind, auch bei Kindern mit gestörter Hautbarrierefunktion (z.B. atopische Dermatitis) (1).
Behandlungstipps bei Windeldermatitis Die Windeldermatitis ist eine Form von irritativer toxischer Dermatitis. Einige Differenzialdiagnosen bei Hautveränderungen in der Windelregion sind in der Tabelle zu finden. Zur Behandlung der irritativen Windeldermatis werden empfohlen (3): L häufiger Windelwechsel L windelfreie Phasen (z.B. stundenweise
1- bis 2-mal täglich) L Verwendung von Pflegepräparaten
zur Wiederherstellung der Hautbarriere bei jedem Windelwechsel (z.B. weiche Zinkpaste, duftstofffreie Dexpanthenolsalbe). Eine Barrierecreme, -paste oder -salbe auf der Basis von Zinkoxid und Vaseline (Petrolatum) bildet auf der Hautoberfläche einen Lipidfilm, der vor dem Kontakt mit Urin, Stuhl und Irritanzien schützt. Unter dem Schutzfilm kann die Haut besser heilen.
Tabelle:
Wichtige Differenzialdiagnosen bei Hautveränderungen in der Windelregion
1. Durch Windeln verursachte Hautveränderungen L Irritative Windeldermatitis L Allergische Windelkontaktdermatitis L Miliaria rubra
2. Durch Windeln verstärkte, aber nicht direkt verursachte Hautveränderungen L Infektiöse Ursachen
— Candida-albicans-Infektion (primäre Infektion oder Superinfektion bei chronischer Windeldermatitis)
— Streptokokkeninfektion — Staphylokokkeninfektion L Nicht infektiöse Ursachen — Seborrhoische Dermatitis — Psoriasis
3. Unabhängig von Windeln in der Windelregion vorkommende Hautveränderungen L Infantile Hämangiome L Langerhans-Zellen-Histiozytose L Zinkmangel L Kawasaki-Syndrom (mukokutanes
Lymphknotensyndrom) L Coxsackievirus-Infektion (speziell
Stamm A6, meist auch Hand-FussMund-Syndrom)
(nach Referenz [4])
L In hartnäckigen Fällen können topi-
sche Antimykotika (Nystatin, Clotri-
moxazol, Miconazol, Ketoconazol) zur
Behandlung einer vermuteten Can-
dida-Infektion und topische Kortiko-
ide mit geringer Potenz (z.B. Hydro-
cortison-Creme) zur Behandlung
ausgeprägter Entzündungen einge-
setzt werden.
AL L
Referenzen: 1. Coughlin CC et al.: Clinical approaches to skin
cleansing of the diaper area: Practice and challenges. Pediatric Dermatology 2014 ; 31 (Suppl. 1): 1–4. 2. Odio M et al.: Diapering, diaper technology, and diaper area skin health. Pediatric Dermatology 2014; 31 (Suppl. 1): 9–14. 3. Stamatas GN et al.: Diaper dermatitis: Etiology, manifestations, prevention, and management. Pediatric Dermatology 2014; 31: 1–7. 4. Coughlin CC et al.: Diaper dermatitis: Clinical characteristics and differential diagnosis. Pediatric Dermatology 2014; 31 (Suppl. 1): 19–24.
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