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BERICHT ZUM SCHWERPUNKT
Psoriasistherapie durch IL-12/IL-23-Inhibition
Seit mehr als 5 Jahren erfolgreiche Alternative zu TNF-alpha-Blockern
Als erste Alternative zu TNF-alpha-Blockern konnte sich Ustekinumab (Stelara®) mit einem andern Wirkmechanismus zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaquepsoriasis etablieren. Inzwischen hat sich dieses Biologikum bereits seit mehr als 5 Jahren als effizient, sicher und gut verträglich erwiesen. Darüber sprachen Psoriasisexperten an einem Symposium der Firma Janssen-Cilag im Rahmen der 97. SGDV-Jahresversammlung.
Die Zytokine IL-12 beziehungsweise IL-23 werden von aktivierten antigenpräsentierenden Zellen (Makrophagen, dendritische Zellen) produziert und induzieren Th1-Zellen beziehungsweise Th17-Zellen. Diese Zellen produzieren weitere Zytokine und Chemokine, die bewirken, dass zusätzliche Entzündungszellen in die Haut kommen und dass die Keratinozyten proliferieren. Als Biologikum, das die Zytokine IL-12 und IL-23 hemmt, wurde Ustekinumab im Jahr 2010 zur Behandlung der Plaquepsoriasis und im Jahr 2014 auch zur Behandlung der Psoriasisarthritis zugelassen. Mit lediglich 4 Spritzen pro Jahr könne der Hautzustand schnell und nachhaltig verbessert werden, sagte Prof. Dr. Lars French, Direktor der Dermatologischen Klinik, Universitätsspital Zürich.
Wirkung bleibt und Patienten bleiben bei Ustekinumab
Die Behandlung mit Ustekinumab bleibe über lange Zeit effektiv, berichtete PD Dr. Curdin Conrad, Service de dermatologie et vénérologie, CHUV, Lausanne. Die 5-Jahres-Daten der Studie PHOENIX 2 zeigen, dass die Behandlungsergebnisse langfristig gehalten und sogar noch leicht gesteigert werden konnten (1): L PASI 75 nach 52 Wochen bei 71,4 Prozent der Pa-
tienten (Dosierung 45 mg) beziehungsweise bei 78,9 Prozent (Dosierung 90 mg) L PASI 75 nach 244 Wochen bei 76,5 Prozent der Patienten (Dosierung 45 mg) beziehungsweise bei 78,6 Prozent (Dosierung 90 mg) L PASI 90 nach 52 Wochen bei 45,9 beziehungsweise 55,1 Prozent L PASI 90 nach 244 Wochen bei 50,0 beziehungsweise 55,5 Prozent Ustekinumab wirke auch auf die Schmerzen und die Gelenkentzündung bei Psoriasisarthritis, so der Referent. Anti-TNF-Medikamente seien allerdings bei Gelenkbeteiligung effizienter.
Eine kürzlich publizierte Analyse des prospektiven dänischen Registers DERMBIO (1277 mit Biologika über einen Zeitraum von 10 Jahren behandelte Psoriasispatienten) zeigte, dass Patienten, die mit Ustekinumab behandelt wurden, signifikant länger auf ihrem Biologikum blieben als mit Anti-TNF-Medikamenten behandelte Patienten (2). Nach 3 Jahren war rund die Hälfte der Patienten nicht mehr auf dem Anti-TNF-Medikament (Adalimumab, Infliximab, Etanercept), während noch rund drei Viertel der Patienten auf Ustekinumab geblieben waren, fasste PD Dr. Conrad die Resultate der Analyse zusammen. Die Registeranalyse bestätige den in der Praxis gewonnenen Eindruck, dass Psoriasispatienten länger auf Ustekinumab als auf Anti-TNF-Medikamenten blieben, so der Referent. Eine Wirkungsabnahme, wie sie mit Etanercept am häufigsten und mit Ustekinumab am seltensten vorkam, war bei den dänischen Patienten der Hauptgrund für den Abbruch der Behandlung (2). In der Diskussion wies der Referent darauf hin, dass bei Verwendung von TNF-alpha-Inhibitoren bei 5 bis 30 Prozent Antikörper gegen das Medikament gebildet würden. Die Bildung von Antikörpern gegen Ustekinumab komme dagegen deutlich weniger häufig vor (1 bis 5%). Dass die Effektivität von Ustekinumab durch eine geeignete Patientenauswahl noch weiter gesteigert werden kann, wurde in einer Studie gezeigt, welche die Assoziation zwischen dem PASI-75-Ansprechen in Woche 12 und dem HLA-Cw6-Status untersuchte (3). HLA-Cw6 ist das wichtigste Risikogen bei Typ-1Psoriasis (Kasten) und kann als pharmakogenetischer Marker für das Ansprechen auf die Ustekinumabtherapie verwendet werden. PASI 75 wurde in Woche 12 bei HLA-Cw6-positiven Patienten bei 96,4 Prozent erreicht, verglichen mit 65,2 Prozent bei HLA-Cw6negativen Patienten. Bei HLA-Cw6-positiven Patienten trat die Wirkung von Ustekinumab auch schneller
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Psoriasistherapie durch IL-12/IL-23-Inhibition
Kasten:
Typ-1-Psoriasis und Typ-2-Psoriasis
Epidemiologisch können 2 Psoriasistypen unterschieden werden:
L Typ 1 mit Erkrankungsbeginn vor dem Alter von 40 Jahren. In der Regel schwererer Verlauf. Meist positive Familienanamnese. Häufig HLA-Cw6-positiv.
L Typ 2 mit Erkrankungsbeginn nach dem Alter von 40 Jahren. In der Regel leichterer Verlauf. Keine familiäre Häufung. Meist HLA-Cw6-negativ. (Quelle: Referenz [4])
ein, und das stärkere Ansprechen blieb während der gesamten Studiendauer von 40 Wochen bestehen (3).
Sicherheitsprofil der Blockade von IL-12/IL-23
Aufgrund des sehr guten Sicherheitsprofils könne Ustekinumab bei fast allen Psoriasispatienten, bei denen Biologika indiziert seien, verwendet werden, sagte PD Dr. Conrad. Beispielsweise kommen die unter TNF-alpha-Blockern gelegentlich beobachteten immunologischen Nebeneffekte wie Auslösung einer paradoxen Psoriasis, Induktion von Autoantikörpern (Lupus-ähnliches Syndrom) oder Reaktivierung und Verschlimmerung eines vorbestehenden Lupus erythematodes mit Ustekinumab nicht vor. Das Risiko von Nicht-Melanom-Hautkrebs (Basalzellkarzinom, spinozelluläres Karzinom) sei unter Ustekinumab nicht erhöht, so der Referent. Hinsichtlich schwerer Infekte sei das Sicherheitsprofil von Ustekinumab im Vergleich zu TNF-alpha-Inhibitoren besser. Das Risiko von Tuberkulosereaktivierungen sei bei der Blockade von IL-12/IL-23 deutlich geringer als bei einer TNF-alpha-Blockade. Nachdem mögliche kardiovaskuläre Risiken der Blockade von IL-12/IL-23 während einiger Zeit heftig diskutiert worden waren, habe sich nun herausgestellt, dass Ustekinumab keine negativen Auswirkungen auf Herz und Kreislauf habe (z.B. kein erhöhtes Herzinfarkt- oder Hirnschlagrisiko).
Daktylitis. Beim adipösen Patienten, bei dem die
Psoriasis auch an Problemlokalisationen (Nägel,
Hände, Kopfhaut) aktiv war, bestand grosser Lei-
densdruck. Weil der Patient mit Psoriasis und zusätz-
licher Psoriasisarthritis bereits auf zwei TNF-alpha-
Inhibitoren ungenügend angesprochen hatte, wurde
nun ein Biologikum mit anderem Wirkmechanismus
gewählt. Der Patient erhält die Injektionen jeweils ge-
nau im 3-Monats-Rhythmus. Das Resultat der Usteki-
numabtherapie ist hervorragend mit raschem, fast
vollständigem Verschwinden der Hautläsionen. Auch
die Problemherde an Nägeln und Händen sowie auf
der Kopfhaut haben auf die Ustekinumabtherapie
gut angesprochen. Die Psoriasisarthritis wurde eben-
falls gebessert. Das sehr gute Ansprechen hat inzwi-
schen seit über 4 Jahren ohne Wirkungsverlust ange-
halten. Bei einem Körpergewicht von mehr als 100 kg
können jeweils 90 mg Ustekinumab subkutan injiziert
werden. Damit kann im Vergleich mit der Standard-
dosis von 45 mg eine höhere Wirksamkeit erreicht
werden (5).
Die geringe Anzahl benötigter Injektionen (nur
4 Spritzen pro Jahr) stellt einen praktisch wichtigen
Vorteil der Ustekinumabtherapie dar. Das spielt zum
Beispiel bei Patienten mit Abneigung gegenüber
häufigen Spritzen eine Rolle oder bei Patienten, die
häufig längere Reisen ins Ausland unternehmen und
ihre Spritzen nicht mitnehmen wollen.
L
Alfred Lienhard
Referenzen:
1. Langley RG et al.: Long-term efficacy and safety of ustekinumab, with and without dosing adjustment, in patients with moderateto-severe psoriasis: results from the PHOENIX 2 study through 5 years of follow up. Br J Dermatol 2015; 172: 1371–1383.
2. Gniadecki R et al.: Comparison of long-term drug survival and safety of biologic agents in patients with psoriasis vulgaris. Br J Dermatol 2015; 172: 244–252.
3. Talamonti M et al.: Pharmacogenetics of psoriasis: HLA-Cw6 but not LCE3B/3C deletion nor TNFAIP3 polymorphism predisposes to clinical response to interleukin 12/23 blocker ustekinumab. Br J Dermatol 2013; 169: 458–463.
4. Boehncke WH et al.: Evidenz-basierte Therapie der Psoriasis – Induktions- und Erhaltungstherapie. 2011, Seite 10, 6. Auflage, UNI-MED Verlag, Bremen.
5. Arzneimittelinformation Stelara®, Stand der Information Mai 2015. swissmedicinfo.ch
Wirkung auch auf Problemlokalisationen
Prof. Dr. Nikhil Yawalkar, Universitätsklinik für Dermatologie, Inselspital, Bern, berichtete über praktische Aspekte beim Einsatz von Ustekinumab. Er stellte den Fall eines 44-jährigen Mannes vor, der seit seinem 35. Lebensjahr an Psoriasis leidet (möglicherweise Typ-1-Psoriatiker). Der Patient sprach ungenügend sowohl auf die topische Behandlung als auch auf zwei TNF-alpha-Inhibitoren an (Etanercept, Infliximab). Es bestand eine leichte Psoriasisarthritis mit
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