Transkript
ÄSTHETISCHE MEDIZIN
Antiaging-Effekt von Imiquimod
Photoaging (Lichtalterung) wird häufig nur als ein ästhetisches Problem betrachtet. Lichtgealterte Haut – ob durch künstliche oder natürliche UV-Strahlen ausgelöst – zeigt strukturelle epidermale und dermale Veränderungen. Charakteristische Hautveränderungen sind die aktinische Elastose, Lentigines solares, Hautatrophie, Teleangiektasien und aktinische Keratosen unterschiedlichen Ausprägungsgrades.
BETTINA RÜMMELEIN
Bettina Rümmelein
Die ästhetische Dermatologie bietet Hautärzten heute ein wahres Waffenarsenal zur Behandlung von Falten an: Botulinumtoxin, Mesotherapie und Filler, diverse Peelingverfahren, Microneedling, fraktionierte und ablative Laserverfahren, monopolare und bipolare Radiofrequenz, Radiofrequenz-Microneedling und andere Methoden stehen zur Verfügung und können auch in Kombination angewendet werden.
Zwar wird Photoaging mehrheitlich als kosmetisches Problem betrachtet, doch hat Photoaging – neben dem ästhetischen Aspekt – auch eine medizinische Bedeutung, denn es bildet die Grundlage für Präkanzerosen und Hauttumore. Auch zur Behandlung von Präkanzerosen und Hauttumoren stehen uns diverse Methoden und Medikamente zur Verfügung, die je nach Tumor und Patient sorgfältig ausgewählt
Abbildung 1: 80-jähriger Patient nach 1-wöchiger, täglicher, streng halbseitiger Anwendung (rechts) von Imiquimod 5 % in Salbengrundlage
Abbildung 3: Rezidivfreie Haut 3 Jahre später
Abbildung 2: Derselbe Patient nach 2-wöchiger Anwendung halbseitig rechts
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Abbildung 4: Deutliche Gesichtsasymmetrie in der Frontalansicht 3 Jahre später (linke Gesichtshälfte unbehandelt)
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werden müssen. Eines dieser Medikamente ist Imiquimod, ein topischer Immunmodulator, der zur Behandlung von Condylomata acuminata, superfiziellen Basalzellkarzinomen und aktinischen Keratosen zugelassen ist. Die Wirkung von Imiquimod bei Hauttumoren und ihren Vorstufen beruht vermutlich auf der Stimulation einer lokalen zellvermittelten Immunantwort. Die Heilungsrate liegt bei etwa 75 Prozent. Während der 6- bis 16-wöchigen Anwendung unter Aussparung von Augen, Lippen und Nasenschleimhaut kommt es obligat zu lokalen Entzündungsreaktionen, welche oft von grippeähnlichen Symptomen begleitet werden. Regelhaft wird nach Abheilung der Läsionen (2 bis 4 Wochen nach Absetzen der Therapie) eine Verbesserung des Hautbildes beobachtet. Mithilfe von präund posttherapeutischen Biopsien untersuchte die Arbeitsgruppe von Metcalf Imiquimod als AntiagingSubstanz (1). Die Behandlung mit Imiquimod 5 % Creme zeigte in dieser Studie einen signifikanten Anstieg der Dicke der papillären Dermis mit damit
verbundener Reduzierung der Elastose. Nennenswert ist die Wiederherstellung der normalen epidermalen Dicke. Bei den untersuchten Hautpartien der Patienten handelte es sich um Gesichtshaut, die an einer Lentigo maligna erkrankt war. Obwohl nicht bekannt ist, ob die Ergebnisse auch für nicht läsionale, lichtgealterte Haut gelten, handelt es sich doch um ein häufig beobachtetes klinisches Phänomen. Die Bilderserie (Abbildung 1–4) zeigt einen 80-jährigen Patienten. Abbildung 1 dokumentiert den Befund nach 1-wöchiger, täglicher Anwendung von Imiquimod 5 % in Salbengrundlage streng halbseitig rechts. Die Abbildung 2 zeigt denselben Patienten nach 2 Wochen Anwendung mit fleckiger Rötung der Haut und massiver Krustenbildung. Bei der Wiedervorstellung 3 Jahre später ist die Haut ohne Rezidiv (Abbildung 3). In der frontalen Ansicht (nur die rechte Gesichtshälfte wurde behandelt) ist eine deutliche Gesichtsasymmetrie erkennbar (Abbildung 4). Auf der unbehandelten, linken Seite ist die Tear trough (Tränenrinne vom inneren Augenwinkel nach unten
Abbildung 5: 74-jährige Patientin vor der Imiquimodtherapie im Bereich des Dekolletés: fleckige Haut, multiple aktinische Keratosen tastbar
Abbildung 7: Kontrollfoto der Wundheilung nach 3 1/2 Wochen
Abbildung 6: Unter der Behandlung: nässende Reaktion auf Imiquimod
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Abbildung 8: Kontrollfoto 1 Jahr nach Therapieende
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und aussen) signifikant tiefer, und es ist eine deutliche aktinische Hautschädigung zu sehen. Zu beachten ist auch der Volumenaufbau im Mittelgesicht rechts. Imiquimod ist auch eine Therapieoption für das Dekolleté, das auf Laserbehandlungen besonders empfindlich reagiert. Wie das Beispiel einer 74-jährigen Patientin zeigt, können die Reaktionen dramatisch ausfallen (Abbildung 5–8). Das kosmetische Ergebnis – unter Beseitigung aller aktinischen Keratosen – ist aber beeindruckend (Abbildung 8). Der Mechanismus des Reparatureffektes von Imiquimod auf lichtgealterte Haut ist unbekannt. Vor allem ist nicht klar, ob es sich dabei um einen spezifischen Effekt der Imiquimod-induzierten Entzündung handelt. Welchen Stellenwert Imiquimod möglicher-
weise in Zukunft in der ästhetischen Dermatologie
einnehmen wird, bleibt abzuwarten.
L
Kontaktadresse: Dr. med. Bettina Rümmelein Fachärztin Dermatologie FMH Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML) Privatpraxis im Medical Center See-Spital Grütstrasse 55, 8802 Kilchberg (ZH) Tel. 043 343 93 01, Fax 043 343 93 02 E-Mail: praxis@dr-ruemmelein.ch
Interessenkonflikte: keine
Referenz:
1. Metcalf S et al.: Imiquimod as an antiaging agent. J Am Acad Dermatol 2007; 56(3): 422–425.
BERICHT
Neues orales Psoriasismedikament
Mit Apremilast (Otezla®) steht ein innovatives, oral verabreichbares Medikament zur systemischen Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaquepsoriasis zur Verfügung. An den 5. Zürcher Dermatologischen Fortbildungstagen 2015 stellte Prof. Dr. Lars French, Direktor der Dermatologischen Klinik, Universitätsspital Zürich, in seinem Vortrag «What’s new – Entzündliche Hautkrankheiten» das neue Psoriasismedikament vor.
Apremilast ist ein selektiver PDE4-Hemmer. Phosphodiesterasen (PDE) kommen in elf Typen vor. Beispielsweise spielt PDE5 im Schwellkörper eine wichtige Rolle und PDE5-Inhibitoren wie Sildenafil machten bei der Behandlung der erektilen Dysfunktion Furore. In Leukozyten ist PDE4 für den Abbau von zyklischem AMP (cAMP) zu inaktivem AMP verantwortlich. Über einen intrazellulären Signalpfad reguliert cAMP als Botenstoff (second messenger) die Genexpression. Bei normaler PDE4-Funktion ist die Konzentration von AMP in Entzündungszellen hoch und proinflammatorische Zytokine (z.B. TNF-α, IL-17, IL-23) werden reichlich, antiinflammatorische Zytokine (z.B. IL-10) dagegen nur spärlich ausgeschüttet. Durch gezielte PDE4-Hemmung wird die intrazelluläre Konzentration von cAMP erhöht. Dadurch wird die
Bildung proinflammatorischer Zytokine in Entzündungszellen reduziert, während antiinflammatorische Zytokine vermehrt exprimiert werden. In der multizentrischen, randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie ESTEEM 1 erwies sich Apremilast bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaquepsoriasis als wirksam und sehr gut verträglich (1). Die festgestellte Wirksamkeit sei im Vergleich zu Biologika weniger stark, so der Referent. Wichtige Studienresultate waren: L Nach 16 Wochen (plazebokontrollier-
ter Teil): PASI75 bei 33,1% der mit Apremilast Behandelten (Plazebo: 5,3%). Durchschnittliche PASI-Verbesserung von 52,1% (Plazebo: 16,7%). L Nachhaltige PASI-Verbesserung während 52 Wochen bei kontinuierlicher Behandlung.
L Besserung von Nagel- und Kopfhautpsoriasis.
L Verbesserung der Lebensqualität (DLQI) und rasche Verminderung des Pruritus.
L Sicherheitsprofil und Verträglichkeit während eines Jahres sehr gut. Als häufigste Nebenwirkungen in den ersten zwei Behandlungswochen vorübergehend Durchfälle und Übelkeit möglich.
Otezla® wurde von Swissmedic zur systemischen Zweitlinientherapie bei Plaquepsoriasis und überdies zur Behandlung der Psoriasisarthritis zugelassen. Seit dem 1.9.2015 (Aufnahme in die Spezialitätenliste) wird das Medikament von den Krankenkassen vergütet. Es ist kein labormedizinisches Monitoring vor und während der Therapie erforderlich. ALL
Referenz: 1. Papp K et al.: Apremilast, an oral phospho-
diesterase 4 (PDE4) inhibitor, in patients with moderate to severe plaque psoriasis: Results of a phase III, randomized, controlled trial (Efficacy and Safety Trial Evaluating the Effects of Apremilast in Psoriasis [ESTEEM] 1). J Am Acad Dermatol 2015; 73: 37–49.
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