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Nachrichten der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML)
Anästhesieverfahren bei nicht operativen ästhetischen Eingriffen
Das Aussehen verbessern führt über den Weg des Schmerzes – dieses Problem kennt jeder Anwender invasiver ästhetischer Verfahren (Laser und IPL, Injektionen von Botulinumtoxin oder Filler, Entfernung von Anomalien etc.). Nicht nur das Endergebnis bringt den Patienten zu uns zurück, sondern auch der Komfort, den wir offerieren. Einen grossen Anteil daran hat die Analgesie.
MARKUS WÜST
Lokale Methoden
Kühlung (z.B. Cold- oder Ice-Pads, kalte feuchte Umschläge, Kältespray) Als wohl einfachste aller Methoden, die grosszügig vor, während und nach der Behandlung angewendet werden sollte, eignet sich die lokale Kühlung grundsätzlich für jede Form von Eingriff, auch in Kombination mit anderen schmerzlindernden Verfahren. Verschiedene Firmen stellen auch vorgeformte Cold-Pads für unterschiedliche Gesichtsregionen her. Als Einwirkzeit werden bis zu 5 Minuten (in Abhängigkeit von der Temperatur des Aggregates) vor der Anwendung empfohlen, um eine schmerzlindernde Wirkung zu erzielen. Danach spenden die meisten Produkte für etwa 30 Minuten angenehme Kühlung. Vorteilhaft ist auch die unmittelbar abschwellende Wirkung auf das Gewebe (1, 2).
Lokalanästhetika in Salbenform/ Okklusivtechniken Verwendet werden vor allem Gels, Cremes und Patches mit Lidocain, Prilocain und Tetracain in unterschiedlich hoher Dosierung (z.B. Emla Creme®, Lidocain-Tetracain Gel von der Apotheke zur Rose, Pliaglis®). Auch diese Methoden sind breit anwendbar und mit anderen Methoden kombinierbar. Einige dieser lokalen Cremeverfahren können unter Okklusion verwendet werden. Bei Laseranwendungen kann etwa eine entsprechende Salbe aufgetragen und mit niedriger Energie vorgearbeitet werden, damit der Wirkstoff durch die entstandenen Perforationen in der Haut tiefer eindringen kann, bevor mit therapeutischer Energie gearbeitet wird. Gleiches gilt für die präinterventionelle Anwendung des Dermarollers®. Bei grossflächigem Gebrauch lidocainhaltiger Cremes ist Vorsicht geboten
(z.B. dauerhafte Haarentfernung mit IPL oder Laser am Rücken oder an den Beinen), da es nach der Resorption durch die Haut zu schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen kommen kann. Besonders bei Kunden, die mit Antiarrhythmika wie Amiodaron behandelt werden, sind additive arrhythmogene Wirkungen möglich (3, 4). Auch sollte die Augenpartie grosszügig ausgespart bleiben, da es zu Irritationen mit Verlust des Schutzreflexes der Hornhaut kommen kann (3, 4).
Injektionsverfahren mit Lokalanästhetika Sie sind anwendbar zur lokalen Vorbehandlung kleiner Bereiche (Lippen, Nasolabialfalten, einzelne Narbenbehandlungen). In der Handhabung sind sie relativ einfach und deshalb zu empfehlen. Hingegen erfordert die Betäubung ganzer Nervenzweige des N. Trigeminus viel Erfahrung. Zudem sind neben Rhythmusstörungen schon bei kleinsten intravasal applizierten Lidocainmengen zentralnervöse Symptome vorstellbar (Nervosität, Angst, Verwirrtheit, Tinnitus, Sehstörungen, Konvulsionen, Atemdepression bis Atemstillstand) (4). Deshalb sollten bei Regionalanästhesieverfahren grundsätzlich ein kardiales Monitoring sowie die Anlage eines venösen Zugangs
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möglich sein (5). Zur Diskussion stelle ich gerne Filler, die bereits mit Lidocain vermischt sind. Es existieren einige veröffentlichte Artikel, die beweisen, dass hier eine unmittelbare Analgesie während der Injektionen eintritt (6). Meine Erfahrung entspricht nicht ausnahmslos den Ergebnissen der Kollegen.
Systemische Analgesie
Orale Schmerzmittel (z.B. Paracetamol, Metamizol, NSAR, Opioide, Opiate) Paracetamol, Novalgin und NSAR sind Schmerzmittel, die genügend analgetische Potenz haben, um für die erwähnten Verfahren eine Rolle zu spielen. Sowohl vor als auch nach der Anwendung kann ein analgetischer Effekt propagiert werden (7). In Bezug auf das periinterventionelle Blutungsrisko sind NSAR sicherlich weniger problematisch als bisher angenommen (8, 9). Opioide und Opiate eignen sich aufgrund ihrer schmerzdistanzierenden Wirkung gut, haben aber in der Regel lange Halbwertszeiten. Dem Kunden sollte nahegelegt werden, sich von einer andern Person nach Hause bringen zu lassen, was bei den Behandelten häufig wenig Anklang findet.
Intravenöse Anästhesieverfahren (Disoprivan, Alfentanil, Remifentanil) Bei sehr schmerzhaften Eingriffen (z.B. fraktionierte Laserbehandlungen tiefer Falten und Narben, Liquid Lifting) verbessern diese Verfahren das periinterventionelle Empfinden und reduzieren den neuroendokrinen Stress (10). Aufgrund der kurzen Halbwertszeit der genannten Stoffe sind die Patienten wieder rasch fit und können beispielsweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach
Hause fahren. Während der Anwen-
dung sollte ein Monitoring des SpO2 und des RR stattfinden und eine Sauer-
stoffflasche in der Nähe sein. Cave!
Sauerstoff nicht dauerhaft, sondern nur
dann, wenn der Laser ausgeschaltet ist.
Voraussetzung ist, dass sich der Thera-
peut mit den Beatmungstechniken bei
Atemdepression auskennt. Für Gastro-
enterologen werden regelmässig Kurse
zur Anwendung von Disoprivan an-
geboten, die nach Anfrage meinerseits
allerdings nur für Ärzte aus diesem
Fachbereich zur Verfügung stehen. Ich
wäre gespannt, wie die Interessenlage
bei Anwendern in der ästhetischen
Medizin ist. Gemeinsam wäre es sicher-
lich möglich, etwas zu organisieren. L
Referenzen : 1. Berros et al. Plast Reconstr Surg 2013; 132(6):
924e–931e. 2. Goel et al. Indian J Dermatol Venereol Leprol
2011; 77(3): 369–379. 3. Royo della Torre et al. J Drugs Dermatol 2013;
12(3): e46–52. 4. www.compendium.ch: Lidocain – Nebenwir-
kungen, Wechselwirkungen. 5. De Aquino et al. Aesthetic Plast Surg 2013;
37(3): 497–503. 6. Ballin et al. Clin Cosmet Investig Dermatol
2013; 6: 183–189. 7. Saray et al. Acta Chir Plast 2001; 43(3): 71–76.
8. Landwehr et al. Curr Med Res Opin 2005; 21(10): 1569–1575.
9. Stephens et al. Aesthet Surg J 2015; 35(4): 462–466.
10. Ferraro et al. Aesth Plast Surg 2005; 29(3): 181–183.
Kontaktadresse: Dr. med. Markus Wüst Praxis für Allgemeine Medizin Luzernerstrasse 11 6010 Kriens E-Mail : info@praxisdrwuest.ch
Sekretariat SGML Grütstrasse 55 8802 Kilchberg E-Mail: info@sgml.ch Mobil: 079 269 61 57 Internet: www.sgml.ch
Präsidentin der SGML Dr. med. Bettina Rümmelein Grütstrasse 55 8802 Kilchberg E-Mail: praxis@dr-ruemmelein.ch Tel. 043 343 93 01
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