Transkript
LASERMEDIZIN
Lasergestützte Medikamentenapplikation
Multiple Mikrotunnel durchbrechen die Hautbarriere
Topische Medikamentenapplikationen sind durch die Hautbarriere limitiert. Doch mit der modernen Lasertechnik ist es möglich, die Hautbarriere in kontrollierter Form zu durchbrechen und so die Penetration zu verbessern. Diese neue Technik der lasergestützten Medikamentenapplikation erfreut sich einer immer breiteren Anwendung und eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten.
Wenn es darum geht, ein Medikament durch die Haut an den Wirkort zu bekommen, bildet das Stratum corneum das grösste Hindernis. Viele Substanzen sind deshalb nur schlecht oder gar nicht über die Haut resorbierbar. Die Bioverfügbarkeit liege für viele Medikamente unter 5 Prozent, und Moleküle, die grösser seien als 500 kD, könnten die intakte Hautbarriere überhaupt nicht penetrieren, erläuterte der Genfer Laserexperte Dr. Joachim Krischer, Präsident der Arbeitsgruppe Laser der SGDV, in Zürich auf dem Jahreskongress SGML 15 der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen. Überdies gibt es Medikamente, die zwar das Stratum corneum überwinden, aber die tiefer gelegene Zielstruktur dennoch nicht erreichen. Solche Substanzen werden zwar aufgenommen, doch der biologische Effekt bleibt trotzdem aus. Natürlich kann man solche schlecht absorbierbaren Substanzen auch systemisch oder über die Schleimhäute applizieren. Doch es gibt viele Situationen, in denen man das bessere Nutzen-Risiko-Verhältnis der topischen Applikation anstrebt. Hierzu wurden auch schon in der Vergangenheit verschiedene etablierte Methoden eingesetzt, wie Okklusion, fetthaltige Externa, Tape-Stripping, Mikronadelungen und Iontophorese. Inzwischen wird eine neue Strategie erprobt und bei einzelnen Indikationen auch schon klinisch eingesetzt, so Krischer weiter. Es hat sich gezeigt, dass der Laser die Möglichkeit bietet, die topische Resorption um ein Vielfaches zu steigern. Denn mithilfe eines Lasers kann die Permeabilität der Haut verändert werden, indem die Barrierefunktion der obersten Schicht gezielt herabgesetzt wird.
Kontrollierte Löcherung der Epidermis
Es gibt zwei Typen von Lasern, die bereits häufig zum Einsatz in der lasergestützten Medikamentenapplikation geprüft und klinisch eingesetzt wurden: der
Erbium-YAG-Laser und der CO2-Laser. Ursprünglich wurden beide im konventionellen Modus eingesetzt, wobei im behandelten Epidermisareal ein komplett ablativer Effekt erzielt wurde. Seit 2002 wurde dieses Verfahren weitgehend von der fraktionierten Anwendung abgelöst, bei der in festgelegten Abständen gezielt Kanäle in die Epidermis eingebrannt werden. Diese Kanäle erleichtern die Penetration von topisch applizierten Substanzen um ein Vielfaches. Ihre Tiefe und Breite kann durch entsprechende Modifikationen am Laser verändert werden. Durch die Laseranwendung werden also die Medikamente nicht nur in einer höheren Dosis, sondern auch viel tiefer in die Haut eingebracht. Die erhöhte Permeabilität hält bei den fraktionierten Laseranwendungen mindestens drei Tage an, dann wachsen die Kanäle wieder zu. Da die Haut zwischen diesen transepidermalen Kanälen unverändert bleibt, kommt es zu einer schnellen und narbenlosen Abheilung. Im kontinuierlichen Modus, bei dem die Epidermis grossflächiger entfernt wird, ist die Dauer der Permeabilitätssteigerung zwar länger, jedoch dauert auch der Heilungsprozess deutlich länger, und das Risiko einer Narbenbildung ist viel höher. Deshalb wird dieser Lasermodus zur lasergestützten Medikamentenapplikation nicht mehr empfohlen, wie Krischer betonte. Weil es zwischen den beiden eingesetzten Lasern Unterschiede gibt, können durch die Wahl des Lasers auch unterschiedliche Effekte erzielt werden. Der fraktionierte Erbium-YAG-Laser wirkt aufgrund der geringeren Hitze, die verabreicht wird, weniger koagulativ. Mit einer Wellenlänge von 2940 nm entwickelt er seinen ablativen Effekt bei minimaler Eindringtiefe und daher auch unter minimaler thermischer Schädigung. Dagegen sind die thermischen Schäden unter dem CO2-Laser mit einer Wellenlänge von 10 600 nm ausgeprägter, wobei auch die Permeabilität und die Eindringtiefe höher ausfallen (1).
18 SZD 2/2015
Lasergestützte Medikamentenapplikation
Zahl der Indikationen wächst stetig
Die Etablierung der lasergestützten Medikamentenapplikation erfolgte bisher vor allem im Bereich der Photodynamischen Therapie (PDT) von Präkanzerosen. Mehrere klinische Studien bestätigen mittlerweile die Effektivität dieses Verfahrens bei aktinischen Keratosen. Denn die bei der PDT eingesetzten photosensibilisierenden Substanzen 5-Aminolävulinsäure (ALA) und Methyl-Aminolävulinsäure (MAL) können insbesondere bei stärker verhornten Läsionen nur schwer und oft nicht tief genug in die Läsionen eindringen. Deshalb hat sich die Vorbehandlung mit fraktionierten Lasern zur Verbesserung der Penetration dieser Substanzen bereits bewährt. Neben Erfolgen bei aktinischen Keratosen berichtete Krischer auch über überzeugende eigene Erfahrungen bei Patienten mit aktinischer Cheilitis, inoperablen Basaliomen sowie bei Mycosis fungoides. Auch Analgetika, Kortikosteroide und Impfstoffe wurden bereits mithilfe des fraktionierten Lasers perkutan appliziert. Hier scheint insbesondere die Steroidapplikation zur Behandlung hypertropher Narben ein vielversprechendes Indikationsgebiet zu
sein, wie Krischer erläuterte. Die Narben werden mit
dem fraktionierten Laser vorbehandelt, dann wird
das Kortikoid über mehrere Tage appliziert. Bereits
nach wenigen Behandlungszyklen zeigen sich deutli-
che Effekte – viel schneller also als bei der konventio-
nellen Narbenbehandlung, die viele Monate oder
sogar Jahre dauern kann. Darüber hinaus wurde die
lasergestützte Applikation auch in der Kosmetologie
eingesetzt, nicht nur für Kosmetika, sondern zum Bei-
spiel auch für die Botulinumgabe. Krischer ist über-
zeugt, dass sich die laserunterstützte Applikation für
immer mehr Medikamente etablieren wird. Dennoch
ist es momentan noch ein experimentelles Verfahren,
das sich nicht für jedes Medikament eignet. Aber es
wird sicher vielen Substanzen, die bisher an der Haut-
barriere gescheitert sind, den Weg zur topischen
Anwendung öffnen.
L
Adela Žatecky
Referenz:
1. Sklar LR et al. Laser assisted drug delivery: A review of an evolving technology. J Clin Oncol 2011; 29: 3636–3642.
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