Transkript
FORTBILDUNG ZUM SCHWERPUNKT
Diagnostik und Therapie der Psoriasisarthritis
Gemeinsame Aufgabe für Dermatologen und Rheumatologen
Eine Expertengruppe, bestehend aus je acht bekannten Schweizer Dermatologen und Rheumatologen, hat in einem nationalen, interdisziplinären Konsensuspapier für die Praxis nützliche Empfehlungen zur Rolle der Dermatologen bei der Betreuung von Patienten mit Psoriasisarthritis erarbeitet (1).
Bei der Psoriasisarthritis handelt es sich um eine Spondarthropathie (Spondyloarthritis) mit Entzündung peripherer Gelenke und der Wirbelsäule sowie von Sehnenansätzen (Enthesiopathie, Enthesitis), Sehnenscheiden und Schleimbeuteln. Eine Psoriasisarthritis entwickelt sich meistens erst etliche Jahre nach Beginn der Dermatose. Die Diagnose einer Psoriasisarthritis beeinflusst die Behandlungsstrategie bei Patienten mit Psoriasis stark. In der Regel benötigen Patienten mit Gelenkbeteiligung eine systemische Therapie, auch wenn die Dermatose eher wenig ausgeprägt ist und topische Behandlungen für die Hautsymptome ausreichen könnten. Gestützt auf eine systematische Auswertung der neueren Literatur (zwischen Januar 2000 und März 2013 erschienene Artikel) waren sich die Experten über folgende die Psoriasisarthritis betreffende Aussagen einig (1): L In der Vergangenheit wurde die Prävalenz der
Psoriasisarthritis unterschätzt. Kommentar: Im Vergleich zu älteren Publikationen fanden neuere Untersuchungen eine wesentlich höhere Prävalenz und in dermatologischen Kliniken einen Trend zur Unterdiagnose.
L Die Psoriasisarthritis trägt signifikant zur Morbidität von Patienten mit Psoriasis bei. Kommentar: Patienten mit Psoriasisarthritis weisen eine signifikant geringere Lebensqualität und mehr Fatigue auf im Vergleich zu Psoriasispatienten ohne Gelenkbeteiligung.
L Eine Psoriasisarthritis muss möglichst frühzeitig diagnostiziert werden. Kommentar: Bei etwa der Hälfte der Patienten verläuft die Psoriasisarthritis chronisch progressiv. Neuere Daten sprechen dafür, dass die Resultate bei früher Behandlung besser sind.
L Dermatologen haben es in der Hand, die Psoriasisarthritis früh zu erkennen. Kommentar: In der Regel erscheint zuerst die Psoriasis auf der Haut und erst nach etlichen Jahren die Psoriasisarthritis.
L Ob eine Psoriasisarthritis vorhanden ist oder nicht, beeinflusst die Wahl der Therapie substanziell. Kommentar: Gemäss den vorhandenen Guidelines macht eine Psoriasisarthritis fast in allen Fällen eine systemische Therapie erforderlich, unabhängig vom Ausmass der Psoriasis. TNF-alpha-Blocker werden zur Behandlung von Enthesitis, Daktylitis und axialer Erkrankung recht früh benötigt.
Nagelbeteiligung deutet auf Psoriasisarthritis hin
Wahrscheinlich wirkt es sich auf die klinische und radiologische Progression bei
Psoriasisarthritis günstig aus, wenn die Gelenkbeteiligung frühzeitig entdeckt
und behandelt wird. Dass die Nagelbeteiligung bei Psoriasis einen starken Hin-
weis auf eine möglicherweise bestehende Psoriasisarthritis darstellt, wurde
kürzlich bei der retrospektiven Analyse von Studiendaten (fast 6000 Psoriasis-
patienten) bestätigt. Hamburger Dermatologen konnten die Beteiligung der Nägel
als signifikanten Prädiktor für eine gleichzeitige Psoriasisarthritis etablieren.
Eine Nagelpsoriasis wiesen 72,5 Prozent der Patienten mit Psoriasisarthritis auf,
während dies nur bei 41,5 Prozent der Patienten ohne Psoriasisarthritis der Fall
war. In der Regressionsanalyse (4146 Patienten) betrug die Odds Ratio für gleich-
zeitige Psoriasisarthritis bei Nagelbefall 2,93. Dagegen erwies sich die Kopfhaut-
psoriasis, entgegen bisherigen Vermutungen, nicht als signifikanter Prädiktor
von Psoriasisarthritis.
(nach Referenz [2])
Abbildung: Distale Onycholyse und Ölfleck: Nagelbeteiligung
bei Psoriasis.
(Foto: Archiv)
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Diagnostik und Therapie der Psoriasisarthritis
L Nicht-Rheumatologen sollten Psoriasispatienten nach Gelenk- und Rückenschmerzen fragen. Kommentar: Klinische Zeichen entzündlicher Gelenkserkrankungen sind geschwollene oder druckschmerzhafte Gelenke. Das relativ unspezifische Symptom «Rückenschmerzen» kann Ausdruck einer axialen Beteiligung bei Psoriasisarthritis sein.
L Nicht-Rheumatologen müssen die klinischen Manifestationsformen der Psoriasisarthritis kennen. Kommentar: Die Psoriasisarthritis kann periphere Gelenke und das axiale Skelett betreffen und sich in Form von Enthesitis, Daktylitis und Uveitis äussern.
L Nicht-Rheumatologen sollten keine bildgebende Diagnostik vornehmen (z.B. Röntgenbilder, Magnetresonanzuntersuchungen, Ultraschalluntersuchungen).
L Wenn von Nicht-Rheumatologen eine Psoriasisarthritis vermutet wird, sollte ein Rheumatologe die Diagnose bestätigen. Kommentar: Die Diagnose muss fundiert sein, denn bei der Psoriasisarthritis handelt es sich um eine nicht heilbare, oft schwere Erkrankung, die in der Hälfte der Fälle chronisch progressiv verläuft.
L Bevor Dermatologen eine Behandlung mit DMARD (disease-modifying antirheumatic drugs) einleiten, sollte die Therapie mit Rheumatologen diskutiert werden. Kommentar: Bei DMARD ist die Effektivität gegenüber Haut- beziehungsweise Gelenkssymptomen unterschiedlich. Der Behandlungsalgorithmus der Rheumatologen ist komplex. Die Therapie wird unter Berücksichtigung der Hauptsymptome individuell ausgewählt. Bei einigen klinischen Manifestationsformen der Psoriasisarthritis (z.B. axiale Beteiligung, Daktylitis, Enthesitis) sind DMARD ungenügend wirksam.
L Dermatologen und Rheumatologen sollten Patienten mit Psoriasisarthritis – entsprechend dem klinischen Verlauf in flexibler Kooperation – gemeinsam betreuen. Kommentar: Dieses Konzept bildete die Grundlage der Konsensusinitiative.
L Für die Therapie sind Medikamente, deren Wirk-
samkeit sowohl bei Psoriasis als auch bei Psoria-
sisarthritis dokumentiert ist, vorteilhaft. Kommen-
tar: Durch Verwendung von Medikamenten, die
sich zur Behandlung mehrerer verschiedener
Krankheitsmanifestationen eignen, kann die An-
zahl benötigter Medikamente reduziert werden
(Vereinfachung des Behandlungsschemas, Ver-
besserung der Adhärenz, Reduktion möglicher
Arzneimittelinteraktionen).
L Minimale Krankheitsaktivität (minimal residual
disease activity) bildet das Behandlungsziel bei der
Psoriasisarthritis. Kommentar: Wenn die Behand-
lung auf dieses Ziel ausgerichtet ist, muss in der
Regel mit weniger strukturellen Gelenkschäden
gerechnet werden als bei Standardbehandlungen.
L Das Ansprechen auf die Behandlung sollte regel-
mässig (ca. alle 3 Monate) beurteilt werden, wobei
die Therapie entsprechend anzupassen ist. Kom-
mentar: Nicht nur bei Patienten mit Psoriasis-
arthritis, sondern auch bei Psoriasispatienten
sollte in strukturierter Weise regelmässig kontrol-
liert werden, wie gut die gesteckten Therapieziele
erreicht wurden.
L
Alfred Lienhard
Referenzen:
1. Boehncke WH et al. The dermatologists’ role in managing psoriatic arthritis: Results of a Swiss Delphi exercise intended to improve collaboration with rheumatologists. Dermatology 2015 (published online). (Initiative supported by an unrestricted educational grant from Merck & Co Inc. Switzerland.)
2. Langenbruch A et al.: Nail involvement as a predictor of concomitant psoriatic arthritis in patients with psoriasis. Br J Dermatol 2014; 171: 1123–1128. (Die Studie wurde von MSD Sharp & Dohme GmbH, Deutschland, unterstützt.)
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