Transkript
KURZE ÜBERSICHT
Problematische Altershaut
Dermatoporose mit chronischer Hautinsuffizienz
Die Alterung der Haut verändert nicht nur ihr Erscheinungsbild, sondern beeinträchtigt auch ihre Funktion. Analog zur chronischen Herzinsuffizienz kann sich im hohen Alter auch eine chronische Hautinsuffizienz bemerkbar machen. Neben dem Alter spielen dabei die beträchtliche kumulative UV-Strahlenbelastung durch die Sonne und die langfristige Verwendung topischer und systemischer Kortikosteroide wichtige Rollen.
Dermatoporose: Chronische Insuffizienz und Fragilität der Haut im Alter (Foto: Dr. Marguerite Krasovec Rahmann)
Der im Alter immer stärker ausgeprägte Mangel an Hyaluronsäure, die als Hauptbestandteil der extrazellulären Matrix ein visko-elastisches Netz mit den elastischen und Kollagenfasern bildet, schwächt die mechanische Schutzfunktion der Haut und macht diese fragil und verletzlich. Hyaluronsäure ist überdies ein biologisch aktives Molekül, das durch Bindung an den Membranrezeptor CD44 einen intrazellulären Signalweg aktiviert, der an der Regulation der Keratinozytenproliferation beteiligt ist (1). Das aus dem zunehmenden Hyaluronsäuremangel und anderen Hautalterungsvorgängen resultierende Syndrom der chronischen Insuffizienz und Fragilität der Haut wird in Anlehnung an die Osteoporose als Dermatoporose bezeichnet.
Klinische Zeichen der Dermatoporose Im Alter zwischen 70 bis 80 Jahren machen sich morphologische Zeichen der Dermatoporose bemerkbar. Bei über 80-Jährigen kommen funktionelle Auswirkungen der Hautfragilität und Komplikationen dazu (2). Die Hautatro-
phie als Zeichen von Dermatoporose betrifft hauptsächlich sonnenexponierte Areale wie die Dorsalseite der Unterarme und die prätibiale Haut (1). Während normale Unterarmhaut sonografisch etwa 1,5 mm dick ist, weist atrophe Haut nur noch die halbe Dicke auf und histologisch weniger Kollagen, elastische Fasern und Muzin in der extrazellulären Matrix. Die Purpura senilis (kleinere und grössere flächenhafte Hämorrhagien in der Dermis) macht sich als Folge von Bagatelltraumen ohne Gerinnungsstörungen bemerkbar. Die Purpuraplaques hinterlassen bräunliche, durch Hämosiderin bedingte Pigmentflecken. Pseudonarben (pseudo-cicatrices stellaires) entstehen hauptsächlich auf dem Handrücken und auf der dorsalen Unterarmseite als Folge dermaler Lazerationen (1). Neben sternförmigen kommen auch lineare und plaqueförmige Pseudonarben vor. Nach Hautverletzungen ist die Wundheilung verzögert, weil die Proliferationsleistung von Keratinozyten und von Fibroblasten reduziert ist. Zudem ist die Produktion von Metalloproteinasen und verschiedenen Zytokinen verringert (1). Dissezierende kutane Hämatome stellen eine gravierende Komplikation der Dermatoporose dar und gehören zu den dermatologischen Notfällen (1). Meistens sind die unteren Extremitäten von über 70-jährigen Frauen und von antikoagulierten oder mit systemischen Kortikosteroiden behandelten Personen betroffen. In der mechanisch sehr fragilen dermatoporotischen Haut kann schon ein geringfügiger Stoss eine Blutung auslösen, die sich zwischen Dermis
und Subkutis oder zwischen Subkutis
und Muskelfaszie ausdehnt. Das Häma-
tom bewirkt eine Dissektion dieser
Schichten, wobei die Durchblutung
unterbrochen wird und eine Nekrose
resultiert. Um Nekrosen zu vermeiden,
muss das Hämatom unverzüglich notfall-
mässig ausgeräumt werden.
Dermatologen des Universitätsspitals
Genf berichten in einer Publikation über
29 Frauen und 5 Männer (Durchschnitts-
alter 81 Jahre), die mit tiefen disseziie-
renden Hämatomen an den Beinen
hospitalisiert wurden (3). Mittels Magnet-
Resonanz-Tomografie konnte nachge-
wiesen werden, dass sich das Hämatom
zwischen dem subkutanen Fett und der
Muskelfaszie ausgebreitet hatte. Die Ini-
tialsymptome nach dem Trauma waren:
Schmerz, Druckschmerzhaftigkeit, Schwel-
lung, Erythem, lokale Überwärmung,
aber kein Fieber. Vor dem Spitaleintritt
konnten die Ärzte in 20 Fällen keine klare
Diagnose stellen. In 14 Fällen diagnos-
tizierten sie ein Erysipel. Bis zur Spital-
einweisung vergingen durchschnittlich
16 Tage. Die Hospitalisationsdauer be-
trug durchschnittlich 24 Tage. Je früher
die korrekte Diagnose gestellt wird,
desto geringer ist das Risiko ausgedehn-
ter Hautschäden. Wenn das koagulierte
Blut unverzüglich durch eine tiefe Inzi-
sion ausgeräumt wird, kann die Wunde
direkt wieder mit einer Naht verschlos-
sen werden (3).
L
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Kaya G. Dermatoporose: un syndrome émer-
gent. Rev Med Suisse 2008; 4: 1078–1082. 2. Kaya G. New therapeutic targets in dermato-
porosis. J Nutr Health Aging 2012; 16: 285–288. 3. Kaya G et al. Deep dissecting hematoma. Arch
Dermatol 2008; 144: 1303–1308.
SZD 1/2015
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