Transkript
KURZE ÜBERSICHT ZUM SCHWERPUNKT
Aktuelle Behandlung der Rosazea
Therapie mit topischen und systemischen Medikamenten – Pflege mit passenden Dermokosmetika
Wenn sich von Rosazea betroffene Personen nicht an eine Dermatologiepraxis wenden, wird diese häufige, chronisch-entzündliche Hauterkrankung mit schubhaftem Verlauf oft nicht erkannt und gar nicht oder nicht adäquat behandelt. Um eine Rosazea zu diagnostizieren, braucht es immer eine ärztliche Untersuchung, in der Regel durch eine Dermatologin oder einen Dermatologen. Dank verstärkter Forschungstätigkeit stehen nun neben den herkömmlichen Behandlungen immer mehr moderne Rosazeamedikamente zur Verfügung. In einem von fünf bekannten deutschen Dermatologen und fünf Apothekern gemeinsam erarbeiteten Positionspapier der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) werden aktuelle Behandlungsmöglichkeiten, kosmetische Begleitmassnahmen und Hautschutzstrategien besprochen (1).
Das beratende Personal in Apotheken hat die wichtige Aufgabe, den Kunden mit möglichen Rosazeasymptomen die Anmeldung in der Hautarztpraxis zu empfehlen, damit die richtige Diagnose möglichst frühzeitig gestellt und die korrekte Therapie eingeleitet werden kann. Von einer Selbstbehandlung – insbesondere mit glukokortikoidhaltigen Topika – soll abgeraten werden. Bei der Beratung in Kosmetikfragen gilt es, passende kosmetische Produkte zu wählen, die den Bedürfnissen der empfindlichen, zu Irritationen neigenden Haut von Rosazeapatienten entsprechen und dabei die dermatologische Therapie unterstützen und nicht beeinträchtigen.
Topische Rosazeatherapie in der ärztlichen Praxis
Zwar ist die Ätiologie der Rosazea letztlich noch nicht geklärt, aber es wurden in den letzten Jahren zahlreiche Mechanismen identifiziert, die an der Pathogenese beteiligt sind. Zu den pathophysiologischen Störungen, aus denen neue Ansätze für erfolgreiche Therapien ableitbar sind, gehören beispielsweise: L vaskuläre Dysregulation L Störung der angeborenen Immunabwehr L lokale Entzündungsreaktionen auf kutane
Mikroorganismen L proinflammatorisches kutanes Chemokin- und
Zytokinmikromilieu L aktivierte Neuroinflammation. Beim Subtyp I (Rosacea erythematosa-teleangiectatica) besteht eine persistierende Rötung zentraler Gesichtsanteile (Stirn, Nase, Kinn, Wangen) ohne oder mit zusätzlichen Teleangiektasien. Meistens berichten betroffene Patienten auch über Missempfin-
dungen der Haut (Brennen, Stechen, Juckreiz) oder über Trockenheit und Schuppung. Zur symptomatischen, topischen Behandlung des vaskulär bedingten Gesichtserythems steht neu Brimonidin (Mirvaso®) zur Verfügung, nicht nur bei Rosacea erythematosa, sondern auch beim Hintergrunderythem anderer Rosazeasubtypen. Der hochselektive alpha-2-adrenerge Rezeptoragonist Brimonidin bewirkt eine lang anhaltende kutane Vasokonstriktion. Auf die fünf Gesichtsbereiche (Stirn, Nase, Kinn, beide Wangen) wird einmal pro 24 Stunden je eine kleine Gelportion in Erbsengrösse (total 1 Gramm Gel mit 3,3 mg Brimonidin) aufgetragen und in dünner Schicht gleichmässig verteilt (2). Das Erythem wird in der Regel rasch (bereits nach 30 Minuten) für 9 bis 12 Stunden deutlich reduziert. Auch beim Subtyp II (Rosacea papulopustulosa mit persistierendem, zentrofazialem Erythem und einzeln oder gruppiert stehenden, meist symmetrisch angeordneten, manchmal während Wochen vorhandenen, entzündlich geröteten Papeln und Pusteln) sind topische Therapien in vielen Fällen ausreichend. Metronidazol ist das am häufigsten verwendete topische Rosazeamedikament. Die Wirksamkeit (Reduktion von Papeln und Pusteln) wurde in mehreren plazebokontrollierten Studien nachgewiesen. Als chronisch-entzündliche Gesichtsdermatose neigt die Rosazea zu Rezidiven, wenn die Behandlung gestoppt wird. Topische Metronidazolpräparate sind auch zur Erhaltungstherapie geeignet (1). Beispiele von Metronidazolzubereitungen zur topischen Rosazeatherapie sind: Nidazea® (Gel 0,75%), Perilox® (Creme 20 mg in 1 g), Rosalox® (Creme 10 mg in 1 g), Rosex® (Gel 0,75%). In Deutschland ist Azelainsäure (Skinoren® Gel 15%) zur Therapie der papulopustulö-
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sen Rosazea zugelassen (in der Schweiz Zulassung für Akne). Ob Papeln und Pusteln auf Azelainsäure gleich gut oder besser ansprechen als auf Metronidazol, lässt sich aufgrund der Studienlage nicht abschliessend beurteilen (1). Das antiparasitär wirksame Makrolid Ivermectin hat sich in klinischen Studien als weitere wirksame topische Behandlungsmöglichkeit bei papulopustulöser Rosazea erwiesen (Kasten). Topische Glukokortikoide sind bei Rosazea nicht indiziert. Anfänglich kann zwar der Hautzustand damit gebessert werden, im weiteren Verlauf kommt es jedoch zur Steroidrosazea mit Teleangiektasien, follikulären Papulopusteln und flächigen Erythemen.
Systemische Rosazeatherapie
Eine systemische Therapie wird bei schweren Rosazeaformen und bei leichteren, aber therapieresistenten Formen empfohlen (1). Standard der systemischen Therapie der ersten Wahl zur Behandlung papulopustulöser Rosazealäsionen ist aktuell das Präparat Oracea®, das pro Kapsel insgesamt 40 mg Doxycyclin enthält, wovon aufgrund der besonderen Galenik 30 mg sofort und 10 mg verzögert freigesetzt werden. Die bei Rosazea zur antientzündlichen Therapie eingesetzte Doxycyclindosierung (1 Kapsel täglich) ist nicht antimikrobiell wirksam. Diese subantimikrobielle Dosierung ist bei Rosazea gleich wirksam wie die herkömmliche Dosierung von 100 mg Doxycyclin, ist aber besser verträglich. Systemisches Isotretinoin ist als wirksames Medikament zur Behandlung schwerer Rosazeaformen bekannt (off label use). Auch Isotretinoindosierungen von 10 bis 20 mg täglich erwiesen sich in Studien als sehr effektive Behandlung der papulopustulösen Rosazea und auch bei extrafazial lokalisierter Rosazea. Bei der systemischen Isotretinointherapie gilt es zu beachten, dass gleichzeitige Tetrazyklinbehandlung strikt kontraindiziert ist. Eine kombinierte topisch-systemische Therapie (Metronidazol oder Azelainsäure topisch kombiniert mit Oracea® peroral) kommt bei mittelschwerer bis schwerer Rosazea in Betracht (1).
Kosmetische Produkte zur Hautreinigung und Hautpflege
Zu den Anforderungen an kosmetische Präparate, die begleitend zur Rosazeatherapie oder in erscheinungsfreien Intervallen verwendet werden, gehören: L Sie müssen auf den aktuellen Hautzustand und
auf die Bedürfnisse der empfindlichen, zu Irritationen neigenden Haut abgestimmt sein. L Sie sollen mild und lipidarm sein. L Sie sollen einen schwach sauren pH-Wert aufweisen.
Kasten:
Aktuelle Studienresultate zu neuartiger topischer
Therapie mit Ivermectin bei papulopustulöser Rosazea
L In zwei randomisierten, vehikelkontrollierten Doppelblindstudien mit identischem Design erwies sich eine 1%-ige Ivermectincreme als wirksame und gut verträgliche topische Behandlung für entzündliche Effloreszenzen bei papulopustulöser Rosazea (3). Während 12 Wochen erhielten Patienten mit mittelschwerer bis schwerer papulopustulöser Rosazea einmal täglich entweder Ivermectincreme 1% oder nur die Cremegrundlage. In beiden Studien erzielte die Behandlung mit Ivermectin im Vergleich zum Vehikel bei einem signifikant grösseren Anteil der Patienten einen Therapieerfolg (Investigator’s Global Assessment «clear» bei 38,4 vs. 11,6% oder «almost clear» bei 40,1 vs. 18,8%). Gegenüber dem Ausgangsbefund bei Studienbeginn reduzierte Ivermectin die Zahl entzündlicher Läsionen im Vergleich zum Vehikel stärker (Reduktion von 76 bzw. 75% in den beiden Ivermectingruppen vs. 50% in den beiden Vehikelgruppen). Ab Woche 4 und danach bis zum Ende der 3-monatigen Studien war die Überlegenheit von Ivermectin bezüglich aller Endpunkte statistisch signifikant. Dermatologische Nebenwirkungen kamen mit der Ivermectincreme seltener vor als mit der Cremegrundlage. (Studien gesponsert von Galderma R&D.)
L In einer randomisierten, untersucherverblindeten Phase-III-Studie war Ivermectincreme 1% (1-mal täglich) im Parallelgruppenvergleich gegenüber Metronidazolcreme 0,75% (2-mal täglich) überlegen (4). Insgesamt 962 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer papulopustulöser Rosazea wurden randomisiert entweder der Ivermectingruppe (n=478) oder der Metronidazolgruppe (n=484) zugeteilt. Nach 16 Wochen war die prozentuale Reduktion der entzündlichen Läsionen (bezogen auf den Ausgangsbefund bei Studienbeginn) in der Ivermectingruppe statistisch signifikant stärker ausgeprägt als in der Vergleichsgruppe (83,0 vs. 73,7%; p < 0,001). Bereits nach 3 Wochen war die Überlegenheit von Ivermectin nachweisbar. Die Ivermectincreme war lokal besser verträglich als die Metronidazolcreme. (Studie gesponsert von Galderma R&D.)
L Sie sollen möglichst keine Duft- und Konservierungsstoffe enthalten.
Zur Hautreinigung eignen sich herkömmliche Seifen nicht. Empfohlen werden schwach saure Waschlotionen oder Reinigungsemulsionen mit hautfreundlichen waschaktiven Substanzen, die mit lauwarmem Wasser abgespült werden. Die Rötung wird zusätzlich verstärkt durch physikalische Reize bei der Gesichtsreinigung (zu hohe oder zu niedrige Wassertemperatur, Abtrocknen des Gesichts durch Reiben statt durch vorsichtiges Abtupfen mit dem Handtuch). Um die gestörte Hautbarriere nicht zusätzlich zu schädigen, ist von zu häufiger Gesichtsreinigung abzuraten. Gesichtswässer müssen frei von Alkohol und von adstringierenden und durchblutungsfördernden Substanzen sein. Peelingpräparate sollen nicht auf Hautarealen angewendet werden, die von Rosazea betroffen sind. Für die Hautpflege sollten Patienten mit Rosazea nicht lipidbetonte Formulierungen – insbesondere keine Präparate auf Mineralölbasis – verwenden, da diese das Hautbild aufgrund eines Wärmestaus verschlechtern können. Wirkstofffreie Zubereitungen mit nicht zu hohem Lipidanteil können in der akuten Phase nützlich sein. Wenn Wirkstoffe gewünscht werden, sollten diese hautberuhigend, entzündungshemmend oder gefässstabilisierend wirken. Von Präparaten mit Wirkstoffen gegen «unreine», zur Akne neigende Haut ist abzuraten. Ungeeignet sind auch durchblutungsfördernde oder «zellstimulierende» Wirkstoffe, die häufig in Anti-Aging-Produkten anzutreffen sind, sowie ätherische Öle und darin
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enthaltene Stoffe wie Menthol. Rote Hautstellen können mit grün getönten Hautpflegecremes oder mit Make-up kaschiert werden. Die gewählten Produkte sollen frei von mineralischen Ölen, Duftstoffen und Konservierungsmitteln sein. Nach dem Auftragen eines topischen Arzneimittels sollen 10 Minuten verstreichen, bevor das getönte Pflegeprodukt oder das Make-up aufgetragen wird. Weil stark deckende Camouflage-Produkte oft nur durch intensive, potenziell irritativ wirkende Hautreinigung wieder entfernbar sind, eignen sie sich bei Rosazea weniger gut. Trockenrasur statt Nassrasur ist bei Männern mit Rosazea ratsam. Nach der Rasur sollen nicht desinfizierende Rasierwässer, sondern hautberuhigende Balsame verwendet werden.
Abbildung 1: Erythematös-teleangiektatische Rosazea
Hautschutzstrategien bei Rosazea
Adäquater UV-Schutz ist wichtig, weil Patienten mit
Rosazea speziell empfindlich auf UV-Strahlung rea-
gieren und zudem manchmal systemisch mit photo-
toxischen Antibiotika (z.B. Doxycyclin) behandelt wer-
den. Die verwendeten Sonnenschutzmittel sollen eine
ausreichend hohe Schutzwirkung gegen UV-B- und
UV-A-Strahlung vermitteln und eine für die Rosazea-
haut geeignete Grundlage aufweisen. Mineralische
Mikropigmente (Titanoxid, Zinkoxid) scheinen als UV-
Schutzstoffe besser verträglich zu sein als chemische
UV-Filter. Kälteschutzcremes (z.B. im Wintersport oder
bei Kühlraumberufen) sollen nach dem Wechsel in
warme Räume mit einem Zellstofftuch wieder entfernt
werden, um einen Wärmestau zu vermeiden. Tempe-
raturwechsel von kalt nach warm stellen einen rele-
vanten Triggerfaktor der Rosazea dar.
AL L
Abbildung 2: Papulopustulöse Rosazea (Fotos: Archiv)
Referenzen: 1. Stellungnahme der GD Gesellschaft für Dermopharmazie: Inter-
disziplinäres Management der Rosazea, 2014. www.gd-online.de 2. Fachinformation Mirvaso®, Stand November 2014. www.swiss
medicinfo.ch 3. Stein L et al. Efficacy and safety of ivermectin 1% cream in treat-
ment of papulopustular rosacea: results of two randomized, double-blind, vehicle-controlled pivotal studies. J Drugs Dermatol 2014; 13: 316–323. 4. Taieb A et al. Superiority of ivermectin 1% cream over metronidazole 0,75% cream in treating inflammatory lesions of rosacea: a randomized, investigator-blinded trial. Br J Dermatol 2014 (Epub ahead of print).
LASERMEDIZIN
Der kleine Lasertrick
Fraktionierter CO2-Laser ist ein invasives Verfahren
Abbildung: Fraktionierter CO2-Laser
Auch wenn mit dem CO2 Fractional Laser nur Mikrotraumata gesetzt werden, stellen diese doch während 1 bis 2 Tagen Öffnungen dar, durch die potenzielle Kontaktallergene direkten Zutritt zur Dermis erhalten. Überlassen Sie deshalb nach einem solchen Eingriff die Nachpflege nicht dem Zufall. Geben Sie Ihren Patienten auch die Möglichkeit, Sie bei ungewöhnlichen Reaktionen zu kontaktieren. Allergische Reaktionen können ungeahnt heftig ausfallen. Ein unkundiger
Notfallarzt kann dabei überfordert sein. Idealerweise werden an den Tagen 1 bis 3 nur zwei verschiedene Produkte verwendet: L Nachpflegecreme mit antiseptischen und wundheilungsfördernden Eigenschaften L Thermalwasserspray, das sowohl zum Kühlen als auch zur antiseptischen Reinigung Verwendung finden kann. L
Dr. med. Bettina Rümmelein
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