Transkript
BERICHT
Electus-Expertenkurs Psoriasis
Interdisziplinäres Management bei Patienten mit Psoriasis
Am 13. und 14. Juni fand in Hamburg das 6. Electus-Seminar zum Thema «Interdisziplinäres Management der Psoriasis» statt. Der Electus-Expertenkurs Psoriasis richtet sich als besondere Fortbildung an alle Ärzte, die sich für Psoriasis interessieren. Die von der Ärztekammer Hamburg und der Deutschen Dermatologischen Akademie (DDA) zertifizierte Veranstaltung stand unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Ulrich Mrowietz, Klinik für Dermatologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, und von Prof. Dr. Kristian Reich, Dermatologikum Hamburg. Am Seminar, das von der Firma AbbVie veranstaltet wurde, nahmen rund 120 deutschsprachige Dermatologen teil.
MARGUERITE KRASOVEC A. RAHMANN
Marguerite Krasovec A. Rahmann
Bereits der erste Vormittag wartete mit zwei besonderen Highlights auf. Prof. Dr. Knut Schäkel, Hautklinik Universitätsklinikum Heidelberg, sprach in seinem Vortrag über «TNF, IL-12, IL-23, IL-17: Neues aus der Immunologie». Brillant stellte er das Immunsystem der Haut in Analogie zu einem Fussballspiel dar, wobei jeder Teilnehmer eine bestimmte Funktion hat und nur das Zusammenspiel aller Einzelakteure zu einem sichtbaren Ergebnis führt. Prof. Dr. Kristian Reich sprach über «Small molecules – old and new». Zu diesen zählen Fumarsäure, Apremilast und die JAK-1- und JAK-3-Inhibitoren. Dimethylfumarat erlebt eine Renaissance dank neuem Zulassungsverfahren für die Behandlung der Multiplen Sklerose, während es in der Dermatologie altbekannt ist. Die Wirkung beruht unter anderem auf einer Verschiebung von der proinflammatorischen Th1- zur wenig inflammatorischen Th2-Antwort. Apremilast wirkt via Inhibition von Phosphodiesterase 4 (PDE-4) antiinflammatorisch, hilft relativ gut bei der Psoriasisarthritis und moderat bei der Hautpsoriasis. Der Janus-Kinase-Inhibitor (JAK-Inhibitor) Tofacitinib bremst die Psoriasis, hat aber hämatologische Nebenwirkungen. Am Nachmittag fanden Workshops zur aktuellen Therapie von Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Hypertonie statt. Hausärzte und Internisten erläuterten summarisch die heutigen Kenntnisse zu diesen Krankheiten mit Betonung der Therapie. Ziel der Workshops war es, die Teilnehmer auf den neusten Stand zu bringen, damit auch Dermatologen in der Lage sind, die Situation der Patienten zu analysieren, die Therapie zu beurteilen oder sie sogar selbst einzuleiten. Als langjährige Dermatologin in der Praxis schätzte ich besonders den Workshop
Hypertonie, in dem die fünf wichtigsten Antihypertonika besprochen wurden.
Aktuelles zur Psoriasisarthritis
Im Mittelpunkt der Abendveranstaltung stand das rote Sofa. Dort hatten drei Experten aus der Rheumatologie, der Gastroenterologie und der Dermatologie Platz genommen, um über ihre Erfahrungen und Vorstellungen zur fachübergreifenden Entzündungsmedizin zu diskutieren. Alle drei Experten arbeiten in sogenannten interdisziplinären Entzündungszentren, wo Psoriasispatienten mit komplexen Problemen rasch, kompetent und unbürokratisch übernommen werden. Zwei Vorträge von Rheumatologen befassten sich mit dem interdisziplinären Management. Das Ziel besteht darin, dass Dermatologen mit relativ einfachen Methoden und Routinescreenings Risikopatienten bezüglich Psoriasisarthritis identifizieren, indem besonders auf Nageldystrophien, Daktylitis, Enthesitis und axiale Manifestationen geachtet wird. Neben dem Befall der Nägel gehört auch der Befall von Skalp, Interglutäalregion und Perianalgegend zu den Prädiktoren der Psoriasisarthritis. Die Psoriasisarthritis kann Erosionen und Destruktionen hervorrufen. Es ist wichtig, die Gelenkerkrankung früh zu erkennen und zu behandeln. Optimal sind Therapeutika, welche sowohl die Haut als auch die Gelenke kontrollieren. Zu diesen zählen Methotrexat und Biologika wie Etanercept (Enbrel®), Infliximab (Remicade®) und Adalimumab (Humira®). Neue Behandlungen haben ermutigende klinische Ergebnisse gezeigt (z.B. Phosphodiesterase-4-Inhibitoren wie Apremilast und neue gegen Interleukin 17
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gerichtete Biologika wie Secukinumab, Brodalumab und Ixekizumab). Die Enthesis ist die Befestigungsstelle der Bänder, Sehnen und Gelenkkapseln am Knochen. Neu wissen wir, dass die Entzündung der Psoriasisarthritis bei der Enthesis entsteht, wobei Th17, IL-23 und TNF im Rahmen der Enthesitis involviert sind. Die Enthesitis ist somit eine Schlüsselläsion der Psoriasisarthritis und gilt als prädiktiver Faktor dafür. Eine Enthesiopathie ohne Psoriasisarthritis der unteren Extremität ist meistens asymptomatisch und findet sich bei rund 50 Prozent der Patienten. Die pathophysiologischen Erkenntnisse erlauben zielgerichtete Therapien. Methotrexat hilft nicht bei Enthesitis, axialem Befall oder Daktylitis. Die beiden letzteren Pathologien sprechen jedoch gut auf nichtsteroidale Antirheumatika an. Die TNF-␣-Blocker bleiben die biologische First-Line-Therapie der Psoriasisarthritis, insbesondere bei peripherer Arthritis. Ustekinumab (Stelara®) und Certolizumab (Cimzia®)
wurden kürzlich zur Behandlung der Psoriasisarthritis
zugelassen. Falls eine anti-IL-17-Therapie eingesetzt
werden soll, ist von Brodalumab die beste Wirkung
zu erwarten. Brodalumab ist ein humaner Antikörper,
welcher an den IL-17-Rezeptor bindet. Die Therapie
mit IL-17-/IL-23-Inhibitoren wirkt gut auf die Haut, die
Enthesitis und moderat auf die Psoriasisarthritis.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es sich
bezüglich Lerneffekt gelohnt hat, sich anlässlich
des Electus-Seminars während zweier Tagen intensiv
mit allen Facetten der Psoriasis auseinanderzusetzen,
um die Betreuung unserer Patienten in der Praxis zu
optimieren.
L
Kontaktadresse: Dr. med. Marguerite Krasovec A. Rahmann FMH Dermatologie und Venerologie
Uitikonerstrasse 9
8952 Schlieren
Interessenkonflikt: Ein Teil der Seminarkosten der Autorin wurde von der Firma AbbVie übernommen.
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