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KURZE ÜBERSICHT
Topisches Hämoglobin bei chronischen Wunden
In allen Phasen der Wundheilung ist eine ausreichende Versorgung der Wunde mit Sauerstoff essenziell. Ein innovatives Hämoglobinspray erleichtert den Zutritt des Luftsauerstoffs zum Wundgewebe und begünstigt die Wundheilung.
Die Grundkrankheit bewirkt bei vielen chronischen Wunden durch Minderperfusion eine anhaltende Unterversorgung der Gewebe mit Sauerstoff (chronische Hypoxie bei chronisch-venöser Insuffizienz und bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit). Die chronische lokale Hypoxie beeinträchtigt die Wundheilung, für die aufgrund des gesteigerten Energiestoffwechsels erheblich mehr Sauerstoff benötigt würde. Ausreichend Sauerstoff ist zur Keimabwehr durch Sauerstoffradikale (reaktive Sauerstoffspezies) unabdingbar (1). Ausreichend Sauerstoff ist zudem für die Chemotaxis von neutrophilen Granulozyten und Makrophagen wichtig und spielt eine zentrale Rolle für den Aufbau von neuem Gewebe durch Fibroblasten, Endothelzellen und Keratinozyten (Granulation, Angiogenese, Epithelisierung). Auch für die Synthese und Reifung von funktionstüchtigem Kollagen ist es entscheidend, dass ausreichend Sauerstoff zur Verfügung steht (1).
Aufgespraytes Hämoglobin transportiert Sauerstoff in die Wunde Zusätzlich zur ursächlichen Behandlung der Grunderkrankung (Kompressionstherapie bei venösem Ulcus cruris zur Reduktion der schädlichen Auswirkungen der venösen Druckerhöhung, Rekanalisation verschlossener Gefässe bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit zur Behebung der arteriellen Minderperfusion) und zur phasengerechten lokalen Wundbehandlung kann das innovative Hämoglobinspray Granulox® bei chronischen und verzögert heilenden Wunden die Heilung beschleunigen. Weil das Wundexsudat den Zutritt von Luftsauerstoff aufgrund der geringen
Löslichkeit von Sauerstoff in Flüssigkeiten praktisch verhindert, wurde nach Möglichkeiten gesucht, die Sauerstoffdiffusion zu erleichtern. Im Jahr 2005 publizierten Barnikol, Teslenko und Pötzschke in der Zeitschrift für Wundheilung ein neuartiges topisches Behandlungsverfahren chronischer Wunden, das Hämoglobin in wässriger Lösung als Sauerstofftransportsystem einsetzt. Das Hämoglobinspray Granulox® enthält den roten Blutfarbstoff in wässriger Lösung (10% carbonyliertes Hämoglobin). Topisch aufgesprayt verteilt sich das Hämoglobin gleichmässig im Flüssigkeitsfilm über der Wunde und steigert die Löslichkeit des Sauerstoffs aus der Umgebungsluft. Der vom Hämoglobin gebundene Sauerstoff wird zum Wundgrund transportiert und kann dort leichter ins Gewebe diffundieren. Ohne dass Hämoglobin «verbraucht» wird, wiederholt sich der Transport mit erleichterter Sauerstoffdiffusion während mindestens 48 Stunden. Granulox® wirkt rein physikalisch, nicht pharmakologisch. Die Luftzufuhr muss durch atmungsaktive Wundauflagen und Verbandsmaterialien sichergestellt werden. Das Aufsprayen der roten Lösung kann im üblichen Verbandswechselrhythmus (alle 1 bis 3 Tage) erfolgen.
Klinische Studie weist Verbesserung der Wundheilungstendenz nach In einer an der dermatologischen Klinik der Karls-Universität, Prag, durchgeführten prospektiven, randomisierten, einfach verblindeten, klinischen Studie wurde nachgewiesen, dass die Heilungstendenz chronischer Wunden (seit 3 Monaten bis 6 Jahren bestehende venöse Ulcera cruris) durch Granulox®
ohne unerwünschte Wirkungen begün-
stigt wird (2). Im Behandlungszeitraum
von 13 Wochen nahm die Wundfläche in
der Granulox®-Gruppe (36 Patienten) um
durchschnittlich 53 Prozent von 18,6 cm2
auf 10,2 cm2 ab. Bei 32 Patienten wurde
eine positive Heilungstendenz und zu-
sätzlich in einem Fall sogar der vollstän-
dige Wundverschluss nach 12 Wochen
erreicht. In der Vergleichsgruppe ohne
Hämoglobinspray (36 Patienten) resul-
tierte eine leichte Zunahme der durch-
schnittlichen Wundfläche (von 17,5 cm2
auf 20,2 cm2). Nicht nur die Wundgrösse
nahm bei Verwendung des Hämoglobin-
sprays deutlich ab, sondern auch nekro-
tisches Gewebe beziehungsweise Fibrin-
beläge wurden reduziert (um 48 bzw.
42%), und Granulationsgewebe bezie-
hungsweise Epithelisierung nahmen um
75 Prozent beziehungsweise 78 Prozent
zu. Der Wundschmerz verringerte sich
um 68 Prozent (auf der visuellen Ana-
logskala von durchschnittlich 5,8 auf 2,1).
In der Vergleichsgruppe nahm die
Schmerzintensität lediglich um 7 Prozent
(von VAS 5,1 auf 4,8) ab. Eine Beeinflus-
sung der Studienresultate durch die
Kompressionstherapie wurde dadurch
minimiert, dass die Kompressionsthera-
pie (tagsüber) bei allen Patienten beider
Gruppen bereits 2 Wochen vor Studien-
beginn einsetzte und während der ge-
samten Behandlungsdauer beibehalten
und kontrolliert wurde (2).
L
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Kröger K et al. Chronische Wunden: Die Hypo-
xie verhindert die Heilung! Wund Management 2012; 5: 212–217. 2. Arenbergerova M et al. Einfluss von topischem Hämoglobin auf die Heilung von Patienten mit Ulcus cruris venosum. Hautarzt 2013; 64: 180–186.
8 SZD 2/2014