Transkript
BERICHT
Update zur Photodynamischen Therapie
Bericht vom Kongress EURO PDT 2013 Von Marguerite Krasovec Rahmann
Vom 31. Mai bis am 1. Juni 2013 fand in Madrid der 13. Jahreskongress der European Society for Photodynamic Therapy (EURO-PDT) statt. Die Gesellschaft hat sich zum Ziel gesetzt, für Forscher und Kliniker, die mit der Fluoreszenzdiagnostik und der Photodynamischen Therapie (PDT) arbeiten, eine Kommunikationsplattform bereitzustellen.
Zudem treibt die Gesellschaft mit ihrem Präsidenten Prof. Dr. Lasse R. Braathen, ehemaliger Chefarzt der Dermatologischen Klinik, Inselspital Bern, die internationale Kooperation auf diesem Gebiet in Europa voran. Letztlich soll dadurch der Weg von den Forschungsresultaten bis zur klinischen Anwendung verkürzt werden. Der jährlich stattfindende Kongress EURO PDT stellt weltweit das grösste Meeting dar, das sich speziell mit PDT befasst. Dieses Jahr kamen etwa 350 Teilnehmer nach Madrid, vorwiegend aus Europa, aber auch aus anderen Kontinenten, z.B. aus Australien oder Südamerika (Brasilien). Hauptsponsor des Kongresses war die Firma Galderma.
Neue Indikationen und vereinfachte Prozedur der PDT
Lasse R. Braathen, Bern, und Colin A. Morton, Stirling, UK, stellten die neuen Richtlinien für die PDT vor, die im Mai und Juni dieses Jahres publiziert wurden (1). PDT ist eine etablierte Methode zur Behandlung von NMSC (Non-Melanoma Skin Cancer). Neue Indikationen für die PDT sind Tumoren bei Organtransplantierten, Mycosis fungoides im Patch-/Plaque-Stadium oder der extramammäre Morbus Paget. Noch nicht evidenzbasierte, aber sehr interessante Behandlungsansätze mit PDT betreffen Acne vulgaris, kutane Leishmaniose, Beinulzera sowie die photodynamische Rejuvenation. Zur Vereinfachung der PDT-Prozedur wurde ein Pflaster mit 5-Aminolävulinsäure (Alacare®) entwickelt, das eine genaue Dosierung pro Quadratzentimeter ermöglicht.
Vorgängige Kürettage und Okklusivverbände sind bei Verwendung des Pflasters nicht nötig. Alacare® ist von Swissmedic zugelassen zur einmaligen Behandlung von leichten aktinischen Keratosen im Gesicht und auf der Kopfhaut (unbehaarte Bereiche) mit einem Durchmesser von maximal 1,8 cm.
Schmerzarme PDT mit Tageslicht
Am Kongress wurde viel über Methoden der «low irradiance PDT», zu denen die Tageslicht-PDT (DaylightPDT) gehört, gesprochen. Definitionsgemäss ist die «irradiance» (Bestrahlungsstärke) die Leistung der auf eine Oberfläche treffenden elektromagnetischen Strahlung pro Flächeneinheit (Strahlungsfluss). Mehrere Referenten aus verschiedenen Regionen wie Schottland, Dänemark, Frankreich (Marseille), Australien berichteten
Kasten:
Daylight-PDT nach Prof. Lasse R. Braathen
In der Schweiz anwendbar von Ende April bis Ende September. Voraussetzungen: heller Tag ohne Regen, Temperatur über 12 ºC. Vorgehen: • Präkanzerosen kürettieren. • Sonnenschutzmittel (Louis Widmer Gel Solaire SPF 15)
auf alle lichtexponierten Areale auftragen, auch auf die Läsionen. • 20 Minuten warten. • Applikation von Metvix® Creme auf die Präkanzerosen. • Keine Okklusion, keine Kappe. • Während 30 Minuten drinnen bleiben. • Anschliessend ins Freie gehen für 90 bis 120 Minuten (90 Minuten an einem sonnigen Tag, 120 Minuten an einem teilweise sonnigen oder bewölkten Tag). • Die Tageslichtexposition im Freien soll zwischen 11 und 16 Uhr erfolgen. • Metvix® Creme abwaschen. • Erneut Sonnenschutzmittel überall auftragen.
Quelle: (3)
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über vorwiegend positive Erfahrungen mit der DaylightPDT. Der Hauptvorteil der «low irradiance PDT» besteht darin, dass Schmerzen fehlen oder nur geringe Schmerzen auftreten. Für die Schweiz hat Lasse R. Braathen ein Protokoll der Daylight-PDT publiziert (Kasten).
Behandlungsmöglichkeiten bei superfiziellem Basalzellkarzinom im Direktvergleich
Nicole Kelleners-Smeets, Department of Dermatology, Maastricht University Medical Centre, Maastricht, Niederlande, berichtete über eine sehr interessante, randomisierte kontrollierte Studie, die bei insgesamt 601 Patienten mit superfiziellem Basalzellkarzinom die Wirksamkeit von PDT, Imiquimod und 5-Fluorouracil verglich (4). An der Studie beteiligten sich Patienten mit histologisch bestätigtem Basalzellkarzinom von 7 niederländischen Spitälern. Randomisiert wurden 202 Patienten mit MAL-PDT behandelt (Methyl-Aminolevulinat, 2 Behandlungssitzungen im Abstand einer Woche), 198 Patienten mit Imiquimod-Creme (einmal täglich, 5-mal pro Woche während 6 Wochen) und 201 Patienten mit Fluorouracil-Creme (zweimal täglich für 4 Wochen). Der Anteil tumorfreier Patienten nach 1 Jahr betrug für Imiquimod 92,7 Prozent, für Fluorouracil 91,1 Prozent und für die MAL-PDT 86,5 Prozent. Als primäres Studienresultat wurde der «Gesamttherapieerfolg» (Anteil tumorfreier Patienten sowohl nach 3 als auch nach 12 Monaten) verglichen. In der Imiquimod-Gruppe betrug der Gesamttherapieerfolg 83,4 Prozent, in der Fluorouracil-Gruppe 80,1 Prozent und in der MAL-PDTGruppe 72,8 Prozent. In dieser Studie war topisches Imiquimod der MAL-PDT überlegen, und topisches Fluorouracil war der MAL-PDT nicht unterlegen bei einer vordefinierten Noninferiority-Grenze von 10 Prozent. Allerdings war der Patientenkomfort in der PDTGruppe grösser. Zudem berichteten Patienten in den beiden Creme-Behandlungsgruppen häufiger über mässige bis starke lokale Schwellungen, Erosionen, Krustenbildung und Pruritus im Vergleich zur MAL-PDTGruppe (4).
Schmerzprobleme bei der PDT
Die Schmerzen bei der PDT reflektieren möglicherweise die Stimulation kutaner Nerven oder den Gewebeschaden durch ROS (Reaktive Sauerstoffspezies), verstärkt durch die Hyperthermie, erläuterte Ann-Marie Wennberg, Department of Dermatology, Sahlgrenska University Hospital, University of Gothenburg, Schweden. Schmerzen sind insbesondere bei grösseren Behandlungsflächen (über 130 Quadratmillimeter), bei aktinischen Keratosen, bei Läsionen auf dem Skalp und bei männlichen Patienten ein Thema. Je ausgeprägter das Erythem am Ende der Behandlung, desto besser ist das Resultat, desto stärker sind jedoch auch die Schmerzen. Zur Verminderung der Schmerzen eignen sich kühle Luft, Wasserbesprühung, Reduktion der Strahlungsintensität und Fraktionierung der Lichtabgabe. Es ist aber darauf zu achten, dass zu starke Kühlung der Haut die Wirksamkeit der PDT reduziert, weil die photodynamische Reaktion verlangsamt wird. Ein für die Dermatologie aktuelles Thema ist die Distickstoff-Inhalation (Lachgas, N2O) zur kurzfristigen Analgesie. Dieses Verfahren wird beispielsweise in der Zahnheilkunde, bei Eingriffen in der Pädiatrie und bei Koloskopien eingesetzt. Neu ist diese Option in der ästhetischen Dermatologie. Kürzlich wurde eine deutsche Studie publiziert, die über den Nutzen von N2O/ O2-Inhalationen bei 24 Patienten berichtete, die sich grossflächigen ästhetisch-dermatologischen Eingriffen unterzogen (5). Am Kongress EURO PDT 2013 berichtete Isabel Polimón-Olabarrieta, Madrid, über eine Studie, in der 18 Patienten, die bei der PDT Lachgas inhalieren konnten, mit Patienten ohne Lachgas bei der PDT verglichen wurden. Die Schmerzen konnten bei Bedarf durch Selbstanwendung mittels Maske und sogenannten Demand-Ventils sicher und effektiv reduziert werden. Der durchschnittliche Schmerzscore betrug 3,7 mit Lachgas und 6,8 ohne Lachgas. Nebenwirkungen traten nicht auf. Beim verwendeten Gas handelt es sich um eine äquimolare Mischung von Sauerstoff und Lachgas, die unter dem Markennamen Entonox® vertrieben wird. Distickstoffoxid wirkt in der Konzentration von 50 Prozent analgetisch. Die Wahrnehmungsschwelle für Schmerzstimuli wird gesteigert. Die Patienten werden sediert, entspannt und fühlen sich von ihrer Umgebung wie losgelöst, bleiben aber bei Bewusstsein (6). An der Universitätsklinik für Dermatologie, Inselspital Bern, läuft derzeit eine Studie mit Entonox® zur Analgesie während der PDT bei Feldkanzerisierung. Beeindruckend war am Kongress, wie viele Gruppen sich mit verschiedenen Aspekten der PDT beschäftigen. Dazu gehören mögliche Optimierungen, Kombinationen (z.B. PDT + Imiquimod, PDT + fraktionierte Laser),
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neue Geräte (z.B. portables LED-PDT-Gerät). Für die Praxis empfehle ich, dass wir uns an die etablierten Schemata halten, aber dennoch offen bleiben für Neuigkeiten. Dazu bietet der Besuch des nächsten Kongresses EURO PDT 2014 eine gute Gelegenheit. G
Korrespondenzadresse: Dr. Marguerite Krasovec Rahmann FMH Dermatologie und Venerologie Uitikonerstrasse 9, 8952 Schlieren Tel. 044-730 40 00 E-Mail: dr-krasovec@bluewin.ch
Interessenkonflikt: Ein Teil der Kongressspesen der Autorin wurde von der Firma Galderma übernommen.
Referenzen:
1. Morton CA et al. European guidelines for topical photodynamic therapy part 1: treatment delivery and current indications – actinic keratoses, Bowen’s disease, basal cell carcinoma. J Eur Acad Dermatol Venereol 2013; 27: 536–544.
2. Morton CA et al. European guidelines for topical photodynamic therapy part 2: emerging indications – field cancerization, photorejuvenation and inflammatory/infective dermatoses. J Eur Acad Dermatol Venereol 2013; 27: 672–679.
3. Braathen LR. Daylight Photodynamic Therapy in private practice in Switzerland: gain without pain. Acta Derm Venereol 2012; 92: 585–663.
4. Arits AH et al. Photodynamic therapy versus topical imiquimod versus topical fluorouracil for treatment of superficial basal-cell carcinoma: a single blind, non-inferiority, randomized controlled trial. Lancet Oncol 2013; 14: 647–654.
5. Prof. Dr. M. Drosner Diploma Aesthetic Laser Medicine (D.A.L.M.). LachgasSauerstoff-Inhalation zur Analgesie in der ästhetischen Dermatologie. Der Hautarzt 2013; 64: 435–442.
6. Arzneimittel-Kompendium der Schweiz. Fachinformation zu Entonox® (PanGas AG).
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