Transkript
BERICHT
Neues über aktinische Keratosen
Aus zahlreichen Behandlungsalternativen die individuell passende Therapie auswählen
Aktinische Keratosen stellen in der Praxis das
häufigste dermatoonkologische Problem dar.
Viele unterschiedliche Behandlungsmöglichkei-
ten stehen bei aktinischen Keratosen zur Ver-
fügung, sodass ein individuell angepasstes The-
rapiekonzept ausgewählt werden kann. Eine
Behandlung ist umso nötiger, je zahlreicher die
aktinischen Keratosen sind. Oft weisen aktini-
sche Keratosen auf eine Feldkanzerisierung hin,
bei der eine Feldbehandlung zu bevorzugen ist.
Über aktinische Keratosen und ihre Behandlung
sprach Prof. Dr. Günther Hofbauer, Dermatolo-
gische Klinik, Universitätsspital Zürich, an den
Zürcher Dermatologischen Fortbildungstagen
2013.
Weshalb ist es überhaupt angezeigt, aktinische Keratosen – also initialen hellen Hautkrebs – zu behandeln? Die Feldkanzerisierung liefert ein gewichtiges onkologisches Argument für die Frühbehandlung. «Wir kämpfen nicht nur gegen eine einzige, sondern gegen viele aktinische Keratosen», sagte der Referent. Zur flächigen Feldkanzerisierung tragen Schäden sowohl in der Epidermis als auch in der Dermis bei. Schädliche Sonneneinwirkung auf die Epidermis löst epitheliale Mutationen aus, die zur Hyperproliferation präkanzeröser Keratinozyten führen. Dazu kommen noch Differenzierungsstörungen in der Dermis, die auf eine Aktivierung dermaler Fibroblasten hinauslaufen. Insbesondere Risikogruppen (Patienten mit Organtransplantation, mit hoher Tumorlast, mit chronischer lymphatischer Leukämie oder mit Immunsuppression) benötigen eine Behandlung. Ein weiteres onkologisches Argument besteht darin, dass aktinische Keratosen biologisch gesehen spinozelluläre Karzinome in situ sind, auch wenn nicht jedes dieser frühen In-situ-Karzinome progredient ist. Was den Kosten-Nutzen-Aspekt betrifft, ist Primärprävention mit Sonnencreme nachweislich kosteneffizient. Möglicherweise ist auch die Sekundärprävention (Früh-
behandlung der aktinischen Keratosen) kosteneffizient verglichen mit der Behandlung invasiver spinozellulärer Karzinome. Auch kosmetische Argumente sprechen für die Frühbehandlung. Topische Therapien erreichen bei aktinischen Keratosen hohe Heilungsraten und ermöglichen die spurlose Abheilung. Bei Feldkanzerisierung kann möglicherweise ein Langzeitnutzen erzielt werden.
Kasten 1:
Viele Wege führen zum Ziel – Therapiemöglichkeiten bei aktinischen Keratosen
• Sonnenschutz • 5-Fluorouracil (Efudix®) • 5-Fluorouracil/Salizylsäure (Actikerall®) • Imiquimod (Aldara®) • Resiquimod (in Entwicklung) • Diclofenac (Solaraze®) • Ingenolmebutat (Picato®) • Kryotherapie • Photodynamische Therapie (PDT) mit Metvix® • Pflaster-PDT (Alacare®) • Radiotherapie • Chirurgie
Neue Behandlungsmöglichkeit bei aktinischen Keratosen
Die Frage, wie denn nun initialer heller Hautkrebs behandelt werden soll, ist nicht einfach zu beantworten. Sicher spielt die Anzahl der vorhandenen aktinischen Keratosen bei der Therapiewahl eine wichtige Rolle (1, 2–4, 5 und mehr Läsionen). Man muss sich überlegen, ob eine Behandlung zur Selbstanwendung oder eine vom Arzt angewendete Therapie bevorzugt werden soll. Es spielt eine Rolle, wo die Läsionen lokalisiert sind und ob sie vom Patienten beobachtet werden können. Weitere Kriterien für die Therapiewahl sind im Kasten 2 zusammengestellt. Wenn bei einem Patienten mit einer einzigen aktinischen Keratose kein besonderer Risikofaktor vorhanden ist (persönliche Anamnese, Immun-
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suppression, chronische lymphatische Leukämie), kann mit dem Patienten diskutiert werden, ob er sich mit Sonnenschutz begnügen will oder ob er zusätzlich eine spezifische Behandlung der Läsion wünscht.
Kasten 2:
Orientierende Kriterien für die Therapiewahl
• Ausprägung der Nebenwirkungen: gering (z.B. Diclofenac), mittel (z.B. Kryotherapie) oder stark (z.B. Imiquimod, Ingenolmebutat, PDT)
• Behandlungsaufwand: gering (z.B. Kryotherapie, Ingenolmebutat, Diclofenac) oder gross (z.B. PDT)
• Behandlungsdauer: kurz (z.B. Kryotherapie, Ingenolmebutat) oder lang (z.B. Diclofenac, Imiquimod)
• Remissionsdauer: eher kurz (z.B. Kryotherapie, Diclofenac) oder lang (z.B. PDT) oder sehr lang (Radiotherapie)
Ingenolmebutat (Picato® Gel) ist ein neu von Swissmedic am 12. Juni 2013 zugelassenes Präparat für die feldgerichtete Kurzzeittherapie multipler aktinischer Keratosen. Abhängig von der Wirkstoffkonzentration wird das Gel im Gesichts- und Kopfhautbereich (0,015 Pro-
zent) nur 3-mal (einmal täglich an 3 aufeinanderfol-
genden Tagen) und im Stamm- und Extremitätenbe-
reich (0,05 Prozent) sogar nur 2-mal aufgetragen. Weil
die Behandlung eine Entzündungsreaktion in Gang
setzt, können intensive lokale Hautreaktionen auftre-
ten. Vorteilhaft wirkt sich dabei aus, dass «der Sturm den
Patienten erst dann erreicht, wenn er die Behandlung
bereits hinter sich hat», wie sich der Referent aus-
drückte.
In 4 multizentrischen, randomisierten, plazebokontrol-
lierten Doppelblindstudien wurde die neue topische
Feldtherapie getestet (1). Die gepoolte Analyse der Re-
sultate von 2 Studien zur Behandlung von Gesicht oder
Kopfhaut ergab nach 57 Tagen bei 42,2 Prozent der Pa-
tienten eine vollständige Abheilung (mit Plazebo bei
3,7 Prozent). Die Zahl der Läsionen nahm median um
83 Prozent ab. In den beiden andern Studien resultierte
bei der Behandlung des Rumpfes oder der Extremitäten
bei 34,1 Prozent der Patienten eine komplette Abhei-
lung (mit Plazebo bei 4,7 Prozent). Die Zahl der Läsio-
nen konnte an diesen Lokalisationen um 75 Prozent ver-
ringert werden (1).
G
Alfred Lienhard
Referenz:
1. Lebwohl M et al. Ingenol mebutate gel for actinic keratosis. N Engl J Med 2012; 366: 1010–1019.
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