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Aktuelles aus Fachzeitschriften
Anti-Aging
Hormonelle und antioxidative Beeinflussung der Hautalterung
Ist Hormonersatz ein probates Mittel zur Abschwächung der Hautalterung? Nebenwirkungen dämpfen den Enthusiasmus für Hormonersatztherapien empfindlich. Jetzt ist gezielte Forschung dringend erforderlich. Stellen Antioxidanzien eine wirksame Alternative bei der Therapie der Hautalterung dar?
Die intrinsische Hautalterung entspricht der biologischen Uhr der Hautzellen und steht unter dem Einfluss der altersabhängigen Abnahme der Hormonproduktion in der Hypophyse, den Nebennieren und den Gonaden. Aktuell sei allerdings noch recht wenig bekannt über direkte und indirekte Zusammenhänge zwischen Hormonmangel und Hautalterung, schreibt Prof. Dr. Christos Zouboulis, Chefarzt der Klinik für Dermatologie, Städtisches Klinikum, Dessau, Deutschland, in einem Übersichtsartikel (1).
Wie wirkt sich Hormonmangel auf die Haut aus?
Der Einfluss der Geschlechtshormone auf die Hautmorphologie macht sich beispielsweise dadurch bemerkbar, dass Männer eine dickere Haut, Frauen dagegen ein dickeres Subkutangewebe besitzen. Nach der Menopause wird die weibliche Haut dünner. Bei Frauen kommt es nach der Menopause zum raschen Abfall der Östrogenspiegel. Überdies sinken bei Frauen mit zunehmendem Alter die Hormonspiegel von Dehydroepiandrosteron (DHEA), Progesteron, Wachstumshormon (GH) und des insulinähnlichen Wachstumsfaktors I (IGF-I) deutlich ab. Aufgrund des Progesteronmangels nimmt der Androgeneinfluss auf die Haut zu. Bei 20 Prozent der 60-jährigen und bei 35 Prozent der über 80-jährigen Männer fallen die Testosteronspiegel unter den Normalbereich, das heisst unter 12 nmol/l, ab. Mit zunehmendem Alter sinken bei Männern auch die Serumspiegel von GH und IGF-I signifikant ab. Die Hautalterung kann bei Frauen durch Östrogensubstitution und bei Männern durch Wachstumshormonsubstitution günstig beeinflusst werden. Hormonmangel ist auch verantwortlich für die trockene Haut (Xerosis) im Alter, die zu Pruritus und chronischen Ekzemen neigt. Mit zunehmendem Alter werden
die Talgdrüsenzellen kleiner, und ihre Sekretionsleistung nimmt ab. Die Aktivität der Talgdrüsen wird wesentlich durch Hormone beeinflusst. Durch topische oder systemische Östrogengabe kann die Xerosis der Haut deutlich gebessert werden.
Eignen sich Hormonersatztherapien zur Prävention der Hautalterung?
Eine gynäkologisch indizierte Hormonersatztherapie kann präventive Wirkungen auf die Hautalterung haben. Beispielsweise konnte eine in Wien durchgeführte prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie zeigen, dass die Hormonersatztherapie im Verlauf von 7 Monaten die Dicke, die Elastizität und die Hydratation der Haut verbesserte (2). In dieser Studie erhielten postmenopausale Frauen während 7 Zyklen von jeweils 28 Tagen das Zweiphasenpräparat Femoston® (während 14 Tagen jeweils 2 mg Östradiol und danach während 14 Tagen 2 mg Östradiol kombiniert mit 10 mg Dydrogesteron). Es ist noch nicht genau bekannt, wie sich Testosteronmangel auf die Hautalterung auswirkt. Von Sebozyten kann Testosteron, ausgehend von zirkulierendem DHEA, das in den Nebennieren gebildet wird, lokal synthetisiert werden. Um die Androgenhomöostase sicherzustellen, können Sebozyten Testosteron aber auch inaktivieren. Talgdrüsen spielen also in der Haut eine wichtige Rolle bei der Biosynthese und beim Metabolismus der Androgene. Keratinozyten sind hauptsächlich für den Androgenabbau zuständig. Auch die Auswirkungen von tiefen GH- und DHEASerumspiegeln auf den Alterungsprozess sind noch ungenügend bekannt. Wahrscheinlich beeinflussen GH und IGF-I die Testosteronfunktion älterer Männer. Die Abnahme des DHEA-Serumspiegels kann zur Verringerung der Androgene und Östrogene beitragen. In einer 4-monatigen Pilotstudie bewirkte die topische Behandlung von Gesicht und Händen mit DHEA 1 Prozent bei postmenopausalen Frauen eine positiv bewertete Steigerung der Sebumproduktion (3). Zudem verbesserte sich die Epidermisatrophie, die ein charakteristisches Zeichen der hormonabhängigen Hautalterung darstellt.
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Anti-Aging
Mit Antioxidanzien die Hautalterung abschwächen?
Mit zunehmendem Alter nimmt die Konzentration der durch endogene Einflüsse produzierten reaktiven Sauerstoffspezies (ROS, Sauerstoffradikale) zu, und die Aktivität des antioxidativen Schutzsystems der Haut nimmt ab. Zu starke Produktion von ROS begünstigt die Hautalterung, weil Zellschäden akkumulieren (z.B. DNA-Oxidation mit Mutationen, Proteinoxidation mit Reduktion der Proteinfunktion, Oxidation von Membranlipiden mit Reduktion der Transporteffizienz und Veränderung der transmembranösen Signalprozesse). Gewisse Vitamine und Pflanzenextrakte, die potente antioxidative Wirkungen entfalten, werden breit zur Hautpflege eingesetzt, sei es in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder von topisch auf die Haut applizierten Zubereitungen. Die Anti-Aging-Effekte des fettlöslichen Vitamins E, das freie Radikale einfängt und Zellmembranen stabilisiert, werden immer noch kontrovers diskutiert. Topisch verwendetes Vitamin E trägt zum UV-Schutz bei, indem es UV-bedingte DNASchäden verhindert. Tocopherolacetat ist üblicherweise in Konzentrationen zwischen 0,2 und 1,5 Prozent in Sonnenschutzprodukten enthalten. Das wasserlösliche Vitamin C stimuliert die Kollagensynthese. Die Verwendung von Vitamin C in Kosmetika ist allerdings nicht unproblematisch, denn der Abbau dieses Vitamins kann durch den Einfluss von Sauerstoff bereits vor der topischen Applikation auf der Haut einsetzen, wobei die Wirkung verloren geht. Nach peroraler Aufnahme von Carotinoiden wie Betacarotin oder Lycopin, die als hochwirksame Antioxidanzien gelten, wurden fotoprotektive Effekte doku-
mentiert. Weitere stark wirksame pflanzliche Antioxidanzien, die sich möglicherweise zur topischen Anwendung in Anti-Aging-Kosmetika eignen, sind Grüntee-Polyphenole, Curcumin, Silymarin, Apigenin, Resveratrol und Genistein. Das wasserlösliche Amid der Nicotinsäure (Nicotinamid oder Niacinamid) kommt in allen Hautzellen vor. Schwerer Nicotinamidmangel ist bekanntlich für die Pellagra (vom italienischen Ausdruck «pelle agra») verantwortlich, die zu fotosensitiver Dermatitis, Diarrhö, Demenz und Tod führen kann. Niacin (Nicotinsäure, Vitamin B3) und seine aktive Amidform kommen in manchen tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln vor. Niacin kann auch endogen in der Leber aus Tryptophan, das aus Nahrungsmitteln stammt, synthetisiert werden. Nicotinsäure und Nicotinamid erfüllen wichtige Funktionen als Bestandteil der Koenzyme NAD (Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid) und NADP (phosphorylierte Form). Zudem ist NAD ein Substrat von PARP (Poly-ADP-Ribose-Polymerasen), die für die Reparatur nach DNA-Schäden, für die Genomstabilität, für die Regulation der Transkription, für die Telomerfunktion,
für Signalwege der Apoptose und für weitere Zellfunktionen wesentlich sind. Obschon Nicotinamid nicht selbst als Antioxidans wirkt, findet man in Zellen, die in nicotinamidhaltigen Nährmedien kultiviert wurden, weniger reaktive Sauerstoffspezies und weniger Produkte, die im Rahmen der Zellalterung oxidativ geschädigt wurden. Nicotinamid verlängert in vitro die Lebensspanne humaner Fibroblasten. Anders als Nicotinsäure (Niacin) reizt Nicotinamid die Haut nicht und ist bei topischer Applikation gut verträglich (4). Nicotinamid verbessert die epidermale Barrierefunktion, reduziert den transepidermalen Wasserverlust und erhöht den Feuchtigkeitsgehalt der Hornschicht. Zudem stimuliert Nicotinamid die Keratinsynthese und die Ceramidproduktion. In den letzten Jahren wurde Nicotinamid in Konzentrationen bis 5 Prozent in Hautpflegeprodukten als aktiver AntiAging-Wirkstoff populär (4). Im Rahmen einer randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Split-face-Studie konnte mit einem Kosmetikum, das 4 Prozent Nicotinamid enthielt, eine Antifaltenwirkung nachgewiesen werden. 30 japanische Frauen mit Falten in der Augenregion (Alter 31 bis 49 Jahre) trugen das Produkt während 8 Wochen auf der einen Gesichtsseite auf die Faltenregion auf und wendeten auf der anderen Seite als Kontrolle ein Kosmetikum ohne Nicotinamid. Bei 64 Prozent der Probandinnen wurde eine signifikante, zumindest mässig ausgeprägte Besserung im Vergleich zur Kontrollseite festgestellt. Nur eine Probandin brach die Studie wegen leichter Hautreizung ab (5). ●
Alfred Lienhard
Referenzen:
1. Zouboulis CC et al. Hormonal therapy of intrinsic aging. Rejuvenation Research 2012; 15: 302–312.
2. Sator PG et al. A prospective, randomized, double-blind, placebo-controlled study on the influence of a hormone replacement therapy on skin aging in postmenopausal women. Climacteric 2007; 10: 320–334.
3. Nouveau S et al. Effects of topical DHEA on aging skin: a pilot study. Maturitas 2008; 59: 174–181.
4. Elsner P et al. Anti-aging data and support claims – Consensus statement. JDDG 2011; 9 (Suppl 3): S1–S32.
5. Kawada A et al. Evaluation of anti-wrinkle effects of a novel cosmetic containing niacinamide. J Dermatol 2008; 35: 637–642.
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