Transkript
BERICHT
Aktuelle Epidemiologie der Kontaktallergien
Neues zur Hitliste der häufigsten Kontaktallergene
Der Informationsverbund Dermatologischer Kli-
niken (IVDK) verfügt in Sachen Kontaktallergie
über die grösste Faktendatenbank der Welt. Die
Auswertung umfasst pro Jahr Daten von mehr
als 12 000 Patienten, die in Deutschland, in der
Schweiz und in Österreich an den beteiligten
Hautkliniken epikutan getestet werden. Wie sich
die Häufigkeit der registrierten Sensibilisie-
rungen aktuell verändert, berichtete Prof. Dr.
Johannes Geier, IVDK, Universität Göttingen,
an der Tagung DDG KOMPAKT 2012 in Berlin.
In der Hitliste der häufigsten Kontaktallergene steht Nickel nach wie vor mit Abstand an erster Stelle. Der Anteil der Sensibilisierungen gegen Nickelsulfat betrug im Jahr 2008 17,1 Prozent der getesteten Ekzempatientinnen und im Jahr 2011 noch 15,8 Prozent. Modeschmuck bildet die Hauptallergenquelle für Nickelallergien. Die Exposition besteht in ständigem Hautkontakt mit nickelfreisetzenden Oberflächen. Die IVDK-Daten zeigen bei jungen Frauen (unter 30 Jahren) in den letzten Jahren einen Rückgang der Nickelallergien. Weil die Neusensibilisierungsrate rückläufig ist, Altsensibilisierungen aber noch persistieren, wird sich die Nickelallergie in Zukunft wahrscheinlich mehr zur Allergie der älteren als der jungen Frauen wandeln, sagte Johannes Geier.
Enttäuschende Nachrichten aus der Achselhöhle
Nicht zum erhofften Erfolg führten die Bemühungen auf dem Gebiet der Duftstoffe, die zum Beispiel bei Verwendung von Deodorants allergische Kontaktekzeme auslösen können. Die wichtigsten Duftstoffallergene sind Eichenmoos absolue und Isoeugenol (im «alten» deutschen Duftstoffmix, seit 1970) sowie HICC (im «neuen» deutschen Duftstoffmix II, seit 2005). Der «alte» Duftstoffmix stand im Jahr 2010 in der Hitliste der häufigsten Allergene an zweiter Stelle (7,5%), der «neue» Duftstoffmix II an vierter Stelle (5%) hinter Perubalsam (6%). Obwohl die Duftstoffindustrie auf das Sensibilisierungsrisiko reagiert hat und die eingesetzten Konzentrationen mehrmals gesenkt hat, sei der Erfolg nicht durchschlagend, stellte der Referent enttäuscht fest. Durch zusätzliche Testung mit dem ätherischen Öl Ylang-Ylang, mit Sandelholzöl und mit Jasmin absolut gelingt es, bisher verpasste Duftstoffallergien zu erkennen.
Das nichtsteroidale Antiphlogistikum Bufexamac wurde seit vielen Jahren als antiekzematöses Lokaltherapeutikum breit verwendet, so der Referent. Schon lange ist bekannt, dass Bufexamac (z.B. in Perfenac® Creme 5% und Salbe 5%) häufig Sensibilisierungen hervorruft. Das allergische Kontaktekzem durch Bufexamac wurde oft erst spät erkannt, weil es fälschlicherweise als Ausdruck des ursprünglichen Ekzems interpretiert wurde, das mit Bufexamac behandelt wurde. In den Jahren 2009 und 2010 war Bufexamac gemäss IVDK für 1 Prozent der Sensibilisierungen verantwortlich. Im Jahr 2011 hat jetzt die EMEA Bufexamac die Zulassung entzogen.
Auf dem Bau mehr Epoxidharzallergien
Bei der Exposition im Baugewerbe spielten sich in den
letzten Jahren grosse Veränderungen ab. Jahrzehnte-
lang stand Chromat (in Zement) an der Spitze der Bau-
gewerbeallergene. Seit dem Jahr 2000 ist der von Hand
verarbeitete Zement in Deutschland chromatarm. Seither
war bei Maurern ein deutlicher Rückgang der Neusen-
sibilisierungen gegen Chromat feststellbar. Hingegen
kam es im gleichen Zeitraum bei Maurern, Fliesen-
legern und so weiter zu einer deutlichen Zunahme
von Sensibilisierungen gegen Epoxidharz. Epoxidharz-
allergien haben zugenommen, weil Epoxidharzsysteme
im Baugewerbe vermehrt eingesetzt werden und weil
der Arbeitsschutz oft viel zu wünschen übrig lässt.
Bei den beruflich bedingten Allergien gegen Gummi-
handschuhe sind Thiurame mit Abstand die häufigsten
Allergene. Grosse europäische Hersteller setzen neuer-
dings als Akzeleratoren überwiegend die weniger all-
ergenen Dithiocarbamate ein. Seit Kurzem sind auch
völlig akzeleratorfreie Gummihandschuhe erhältlich.
Bei den Sensibilisierungshäufigkeiten sind aber im Zeit-
raum von 2002 bis 2010 keine klaren Veränderungen
erkennbar. Weiterhin sind die Thiurame die häufigsten
Allergene in Gummischutzhandschuhen, auch im medi-
zinischen Bereich. «Wer Schutzhandschuhe möglichst
billig einkaufen will, wird immer wieder an thiuram-
haltige Handschuhe geraten», sagte Johannes Geier.
Wenigstens sollte auf den Verpackungen ersichtlich
sein, welche Akzeleratoren bei der Herstellung ein-
gesetzt wurden. Nur so wird es möglich, für Allergiker
geeignete Handschuhe auszuwählen.
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Alfred Lienhard
Redaktioneller Bericht ohne Sponsoring
20 [medicos] Nr. 4•2012