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DAS AKTUELLE BUCH
In dieser Rubrik veröffentlichen wir Beiträge der pharmazeutischen und der Kosmetikindustrie. Auf den Inhalt nimmt die Redaktion keinen Einfluss. Die Verantwortung trägt der Autor respektive die Firma.
Der neue «Ring»
«Neurodermitis – Atopisches Ekzem»
Wer ein persönlich gefärbtes, vollumfänglich von einer einzigen Koryphäe geschriebenes Dermatologiebuch schätzt, kommt beim neuen, reichhaltig illustrierten Werk von Prof. Dr. Dr. Johannes Ring, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Technische Universität München, ganz auf seine Rechnung.
Im Vorwort zu seinem neuen Buch schreibt Johannes Ring, dass er selbst Bücher liebe, die von einer einzigen Person verfasst sind. Deshalb vermittelt er nun seinen Lesern ein Gesamtbild der Neurodermitis, wie es sich in seiner persönlichen Erfahrung als Forscher und Arzt über Jahrzehnte entwickelt hat. Schon 35 Jahre lang hat sich der Autor wissenschaftlich mit dieser Krankheit beschäftigt. 1977 gehörte die Neurodermitis noch zu den Mauerblümchen, mit denen sich kaum ein ambitionierter Forscher befasste. Unter mehr als 1000 Beiträgen stand am dermatologischen Weltkongress 1977 in Mexico Stadt zum Thema der atopischen Dermatitis lediglich ein kleiner Workshop mit 12 Teilnehmern (darunter Johannes Ring) auf dem Programm. Seinem klinisch-dermatologischen Lehrer Prof. Otto Braun-Falco erschien die Neurodermitis «unscharf und verwaschen», erinnert sich Johannes Ring. Dermatologen vermissen bei dieser Krankheit die «typischen schönen Hautblüten» (Effloreszenzen). Die Morphologie ist unscharf und hauptsächlich geprägt durch sekundäre Veränderungen, die bei starkem Juckreiz durch anfallsartiges Kratzen hervorgerufen werden. Über die Primäreffloreszenz des atopischen Ekzems herrscht Uneinigkeit. Ist es ein flächiges Erythem, eine Papel, eine Seropapel? Für Johannes Ring stellt der Juckreiz die unsichtbare Primäreffloreszenz dar. Die direkte Beobachtung der akuten Entstehung atopisch-ekzematöser Hautveränderungen gelingt nur ausnahmsweise, beispielsweise bei eigenen Kindern oder nahen Verwandten unter Provokations-
bedingungen. Provokationsfaktoren wie Allergene oder psychischer Stress lösen an Körperarealen, deren Haut zuvor noch nie neurodermitisch verändert war, plötzlich Juckreiz aus, der zu immer stärkerem Kratzen auf objektiv unveränderter Haut Anlass gibt. «Erst Stunden später sieht man dann das typische Bild eines atopischen Ekzems», schreibt Johannes Ring. Ein atopisches Ekzem ohne Juckreiz sei ausserordentlich selten. In den letzten Jahrzehnten stieg die Häufigkeit des atopischen Ekzems dramatisch an, und auch das Interesse der Forscher hat stark zugenommen. Derzeit sind schätzungsweise 12 Prozent der Vorschulkinder und 3 Prozent der Erwachsenen betroffen. Bis zur Pubertät verschwindet die atopische Dermatitis nur bei einem Drittel der Kinder, während bei zwei Dritteln der Betroffenen mit Persistenz oder mit Wiederauftreten im Erwachsenenalter zu rechnen ist. Die bei respiratorischer Atopie gültige Hygiene- oder Urwaldhypothese, die einen protektiven Effekt der frühkindlichen Immunstimulation durch Infekte und Parasitenbefall postuliert, trifft auf das atopische Ekzem nicht zu. Erste klinische Studien, die versuchten, mit Parasiten eine Abschwächung der Th2-Reaktion zu erreichen, verliefen allerdings bei allergischer Rhinitis enttäuschend.
Diagnostische Kriterien für die Praxis
(nach Johannes Ring) Mindestens 4 der folgenden 6 Kriterien sind für die Diagnose «atopisches Ekzem» erforderlich: ● Altersspezifische Morphologie ● Juckreiz ● Altersspezifische Verteilung der Haut-
veränderungen ● Stigmata des atopischen Ekzems
(Typus neurodermiticus) ● Eigen- oder Familienanamnese
von Atopie ● Nachweis einer IgE-vermittelten
Sensibilisierung.
Johannes Ring: Neurodermitis – Atopisches Ekzem. Erschienen 2012. 213 Seiten mit 164 Abbildungen, 53 Tabellen und 22-seitigem Literaturverzeichnis, ca. Fr. 98.–. Verlag Georg Thieme, Stuttgart. ISBN 978-3-13-146661-7.
Zur umfassenden Darstellung aller wichtigen Aspekte der Neurodermitis gehört auch ein Kapitel über unkonventionelle Behandlungsmethoden. Auf kaum einem anderen Gebiet der Medizin kommen so viele alternative und komplementäre Therapieverfahren zum Einsatz, wie Johannes Ring feststellt. «Wer heilt, hat recht» – dieses von Befürwortern der Aussenseitermethoden stereotyp vorgebrachte Argument stellt er richtig, indem er formuliert: «Wer heilt, tut Gutes; ob er aber recht hat, ist eine andere Frage.» Johannes Ring fordert, dass im Interesse der Patienten alle Methoden vermieden werden sollten, die wissenschaftlich widerlegt oder absolut nicht plausibel sind. Nach derzeitigem Wissensstand können beispielsweise folgende Diagnose- und Therapieverfahren nicht empfohlen werden: autohomologe Immuntherapie, Bachblütentherapie, Bioresonanz, Elektroakupunktur nach Voll, Kinesiologie, Pendeln, Haarmineralstoffanalyse, Nahrungsmittel-IgG zur Diagnostik und Diätempfehlung. ●
Alfred Lienhard
[medicos ] Nr. 2•2012
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