Transkript
PSORIASIS
Psoriasis-Update
Interview mit Dr. med. Marguerite Krasovec Rahmann
Medicos: Welches sind die verschiedenen Aspekte,
welche die Lebensqualität von Psoriatikern ein-
Dr. med. Marguerite
schränken? Hat sich die Lebensqualität mit der Ein-
Krasovec Rahmann
führung der Biologika verbessert?
Dr. med. Marguerite Krasovec: Im Gegen-
satz zu dem, was wir im Medizinstudium gelernt
haben, kann der durch die Psoriasis verursachte Die topischen Therapien sind mit einem zeitlichen
Juckreiz das Leben eines Patienten erheblich beein- Aufwand verbunden, insbesondere wenn die Präpa-
trächtigen. Gewisse Betroffene stören sich an ihrer rate zweimal pro Tag aufgetragen werden müssen
physischen Erscheinung, welche die zwischen- oder wenn der Patient diese vor dem Abwaschen
menschlichen Kontakte und Aktivitäten wie zum zuerst einwirken lassen muss. Zum Teil ist die Gale-
Beispiel das Ausüben von Sport verhindern kann. nik unpraktisch, unter anderem wenn es sich um
Nicht zuletzt ärgern die Schuppen, die in den Klei- eine fettige Medikation mit Salbengrundlage han-
dern hängen bleiben und im Hause auf dem Boden delt. Es kann zu Kleiderverschmutzungen kommen.
liegen.
Schliesslich ist auch bei konsequenter Anwendung
Die Lebensqualität hat sich bei den 20 Prozent die Erfolgsquote von topischen Therapien nicht
der Psoriasispatienten, welche an einem schweren immer zufriedenstellend, sodass der Patient der
Krankheitsverlauf leiden und deshalb Zugang zu Behandlung überdrüssig wird.
Biologika haben, wesentlich verbessert.
Welche Biologika werden heute eingesetzt und
Wann werden welche therapeutischen Massnah- welche Therapieerfolge können damit erzielt werden?
men ergriffen?
Krasovec: Heute stehen drei TNF-alpha-Ant-
Krasovec: Die therapeutischen Massnahmen agonisten zur Verfügung: Adalimumab, Etanercept
richten sich nach der «Therapie-Pyramide» (siehe und Infliximab. In der Schweiz erwarten wir die
Abbildung). Bei leichtem Befall werden Topika ver- Zulassung von Ustekinumab, einem Antikörper
schrieben, bei ausgedehntem Befall mit eventueller gegen die p40-Untereinheit von Interleukin-12 und
Arthritis greift man zu systemischen peroralen oder Interleukin-23. Bei allen Biologika wird eine Verbes-
parenteralen Behandlungen. Als schwere Formen serung um 75 Prozent oder mehr auf der PASI-Skala
der Psoriasis werden heute auch die psoriatische (Psoriasis Area and Severity Index) erreicht.
Erythrodermie, die palmoplantare Psoriasis, ein
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beeinträchtigender Nagelbefall, die Psoriasisarthritis
Psoriasis vulgaris ist häufig mit weiteren Erkran-
und eine ausgedehnte Psoriasis bei Kindern betrach- kungen assoziiert. Welche Komorbiditäten müssen im
tet. Therapiemanagement mitberücksichtigt werden?
Krasovec: Die Krankheiten, die häufig mit Pso-
Warum ist die Compliance bei der Lokalbehand- riasis assoziiert sind, sind die Arthritis, welche bei 20
lung so gering?
bis 40 Prozent der Patienten vorkommt, die Uveitis,
Krasovec: Schätzungsweise bis zu 40 Prozent das metabolische Syndrom und die kardiovas-
20 der Patienten vernachlässigen ihre Behandlungen. kulären Erkrankungen. Bei jungen Patienten mit
Name:
PSORIASIS
Vorname:
Geburtsdatum: Psoriasis seit: PASI/Ausdehnung:
Datum
Gewicht
Blutdruck
Blut (TG, Chol, Glukose, CRP)
Tabelle: Patientenblatt für die Verlaufskontrolle der metabolischen Komorbiditäten
schwerer Psoriasis ist das Risiko für einen Myokardinfarkt dreimal höher. In dieser Patientengruppe findet sich ebenfalls ein Anstieg des kardiovaskulären Mortalitätsrisikos. Insgesamt lässt sich die höhere Sterblichkeit bei den Psoriatikern aber nicht durch die Assoziation mit dem metabolischen Syndrom erklären.
Das Erfassen und die Kontrolle der metabolischen Komorbiditäten, insbesondere bei ausgedehnter Psoriasis, verlangt ein Umdenken der Ärzteschaft. Als Kontrollinstrument ist die Verwendung von Follow-up-Tabellen angezeigt, wie mit unserem Beispiel illustriert wird (siehe Tabelle).
Systemisch Retinoide Methotrexat Ciclosporin Fumarate Biologics
Phototherapie UVB oder UVB in Kombination PUVA Klimatherapie
Topisch Hautpflege, Keratolytika Kortikosteroide Vitamin-D-Analoga Teer, Anthralin
Abbildung: Therapiepyramide bei Psoriasis
Schwere Form (ca. 20% der Fälle)
Moderate Form
Milde Form
Welche Bedeutung haben adjuvante Massnahmen wie eine gesunde Lebensweise, das heisst Gewichtskontrolle und Bewegung sowie eine konsequente Hautpflege?
Krasovec: Übergewicht und Alkohol verschlechtern die Psoriasis. Wissenschaftliche Studien haben bewiesen, dass Nikotin die palmoplantare Psoriasis negativ beeinflusst. Auf jeden Fall sollten die Therapeutika zur Hydrierung und Rückfettung der Haut nicht vernachlässigt werden. Ihre regelmässige Verwendung normalisiert die Hautbarriere, was die Psoriasis bereits etwas beruhigt.
Welche Vorteile bringt eine Klimatherapie am Meer den Patienten?
Krasovec: Die Klimatherapie hat eine lange Tradition in der Dermatologie. Eine Kur am Meer entspricht einer Thalasso- und Heliotherapie. Der positive Einfluss der Meerwasserbäder und der Sonneneinwirkung beruht auf den ultravioletten Strahlen, den Mineralien des Meeres, auf der Modulierung des vegetativen Tonus und auf der körperlichen und geistigen Entspannung. Allerdings sind diese für den Organismus «sanften» Einflussgrössen erst nach vier Wochen in stabiler Form klinisch fest-
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stellbar. Gewisse Kurorte bieten zusätzlich Anwendungen mit therapeutischen Eigenschaften.
Die Klimatherapie ist für gewisse Patienten eine echte Alternative zu den gängigen Behandlungen. Geschätzt wird sie sowohl von Patienten, die natürliche Behandlungen vorziehen, als auch von Betroffenen mit einer Kontraindikation gegenüber Methotrexat oder Cyclosporin und solchen, die keine Behandlung mit Biologika möchten. Schliesslich ist sie auch im Rahmen einer Rotationstherapie
geeignet. Vorteilhaft ist die Kombination von medi-
zinischer Kur und Ferien, da die Familienmitglieder
als Begleitpersonen mitreisen können. Die Klima-
therapie wird von gewissen Krankenkassen partiell
übernommen.
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Die Redaktion bedankt sich bei Frau Dr. med. Marguerite Krasovec Rahmann für das interessante Gespräch.
Internationales Psoriasis-Symposium
Von Biologika zur Klimatherapie
unter der Leitung von Prof. Dr. med. habil. Peter Elsner 16.11.09–17.11.09 Hurghada, Rotes Meer Ägypten www.psoriasis-hurghada.com
Programm
Risk factors for psoriasis, what we have learned and what we need to consider (Prof. P. Elsner, Jena)
Immunology of psoriasis: from bench to bedside (Prof. N. Yawalkar, Bern)
Psoriasis updates and atypical presentations (Prof. M. Soliman, Cairo)
Topical therapy of psoriasis: pharmaceutical and clinical aspects (Prof. Ch. Surber, Basel)
Hepatitis C and G in psoriasis (Prof. N. Elwan, Tanta)
PUVA-therapy of hand psoriasis and other hand dermatoses (Dr. S. Schliemann, Jena)
Psoriasis of the scalp (Dr. M. Krasovec Rahmann, Schlieren, ZH)
Psoriasis: patients point of a view (Frau A. Witzeling, SPVG)
Pharmaceutical and clinical aspects of sun protection (Prof. Ch. Surber, Basel)
Climatherapy (Dr. M. Krasovec Rahmann, Schlieren, ZH)
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