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INFEKTIONEN
Tropische Hautkrankheiten als Reisesouvenirs
Von Peter Schmid-Grendelmeier, Alex Navarini und Gisela Stauber
Tropische Hauterkrankungen, welche Patienten als mnese bezüglich Reiseziel, -dauer, Jahreszeit, Reise-
Reisesouvenir mit nach Hause bringen, können Ärzte
stil und Exposition gegenüber Tieren, Wasser, Sand und so weiter wichtig. Viele Tropenkrankheiten sind
immer wieder vor diagnostische Probleme stellen.
länderspezifisch. Fragen nach den bereisten Ländern hilft den Katalog möglicher Dermatosen einzugren-
Mit der zunehmenden Mobilität werden sie in der
zen (Tabelle 1). Die Dauer des Tropenaufenthalts und der Zeitpunkt des Ausbruchs der Erkrankung
Schweiz immer häufiger diagnostiziert. Mithilfe einer
geben weitere differenzialdiagnostische Hinweise. Während die Inkubationszeit von Malaria, Dengue-
gezielten Reiseanamnese lassen sie sich eingrenzen.
Fieber, Rickettsien, Typhus, Anthrax und Gelbfieber relativ kurz ist (Tage bis Wochen), treten Symptome
Einige klingen von selbst wieder ab, andere können
von Borelliose, Filariasis, Leishmaniasis, HIV oder Syphilis erst Monate nach der Reise auf. Ausserdem
kann der Reisestil des Patienten (Geschäftsaufent-
aber Spätschäden hervorrufen.
halt, Verwandtenbesuch, Abenteuerreise, Kreuzfahrt,
Absteige oder Fünfsternhotel) zusätzliche Hinweise
geben über hygienische Verhältnisse und Kontakt-
möglichkeiten mit ungewohnten Parasiten, Insekten
Auswirkungen der Globalisierung sind auch in ärzt- oder Mikroorganismen (Tabelle 2). Ferner sind Infor-
lichen Praxen spürbar. Aufgrund der erhöhten Mobi- mationen über den Immunstatus des Patienten
lität bringen sowohl Immigranten als auch Reise- sowie die Einnahme von Medikamenten wichtig, da
rückkehrer aus tropischen Ländern zunehmend diese Hauterkrankungen zum Beispiel eine (Photo-)
tropische Infektionskrankheiten in unsere Breiten. dermatitis auslösen können.
Ökologische und sozioökonomische Faktoren haben
in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass sich gewisse Die wichtigsten Krankheitsbilder von Dermatosen
Krankheitserreger über tierische Vektoren in tropi- nach Tropenaufentalten sind:
schen Gebieten wieder vermehrt ausbreiten. Auch l Infektionen der Haut mit Bakterien und Pilzen
wird in diesem Zusammenhang der Einfluss der l Exantheme als Begleiterscheinungen von
globalen Erwärmung diskutiert. In Zukunft wird
tropischen Infektionserkrankungen
befürchtet, dass gewisse Tropenkrankheiten auch in l Epizoonosen, Infestation mit eigentlichen
unsere Breitengrade vorrücken könnten.
tropischen Erregern
Die Haut ist sehr häufig von tropischen Infektions- l Hauterscheinungen infolge Kontakt mit
erkrankungen betroffen. Für eine rasche Diagnose
Gifttieren
2 und Therapieeinleitung ist eine gezielte Reiseana- l hitze- und sonnenlichtbedingte Dermatosen.
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Tabelle 1:
Auswahl von Infektionskrankheiten, die bei Reiserückkehrern Fieber und Exanthem verursachen können
(Flückiger U., Bassetti S.: Fieber und Hautausschlag, Schweiz Med Forum 2005; 5: 575–582)
Krankheit Malaria
Typhus
Rattenbiss
Erreger
Plasmodium falciparum
Salmonella abdominalis typhi
Streptobacillus moniliformis, Spirillum minus
Vorkommen
Übertragung
tropische Länder in Afrika, Asien, Ozeanien, Amerika (vgl. www.safetravel.ch)
weltweit, v.a. aber Asien (indischer Subkontinent), Südamerika, Afrika
Nordamerika, Europa, Asien
Stechmücken (Anopheles sp.) Thrombozytopenie) fäko-oral
Ratten, Mäuse
Exanthem
Petechien/Purpura (sekundär bei Thrombozytopenie)
Ausgewählte klinische Merkmale
Inkubationszeit
12–14 Tage (bis > 12 Monate)
Roseolen (blasses, lachsfarbiges makulopapulöses Exanthem), v.a. am Stamm
Innerhalb 2–4 Wochen nach Fieberbeginn: makulopapulöses, morbilliformes, petechiales oder pustulöses Exanthem an Handflächen, Fusssohlen, Extremitäten
Fieber, Bauchschmerzen, initial oft Obstipation, im Verlauf Durchfall
Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen, starke Arthralgien und Myalgien
5–21 Tage < 10 Tage (1–22) Leptospirose Leptospira spp. Flavivireninfektionen Dengue-Fieber Dengue-Virus Dengue-/ hämorrhagisches Fieber+ West-NilVirusinfektion West-Nil-Virus Rickettsiosen° Mittelmeerfleckfieber Rickettsia conorii RickettsienFieber Rickettsia akari Murines Fleckfieber Epidemisches Fleckfieber Rickettsia typhi Rickettsia prowazekii weltweit Kontakt mit Urin von infizierten Tieren (oder Kontakt mit durch Urin verseuchtem Boden/Wasser) Suffusionen der Konjunktiven makulopapulöses Exanthem (in < 10% der Fälle) tropische und subtropische Länder Asiens, des Pazifiks, Zentral- und Südamerika, Afrika, Antillen tagaktive Stechmücken (v.a. Aedes aegypti) makulöses, makulopapulöses Exanthem mit Aussparung der Handflächen und Fusssohlen, oft erst 2–5 Tage nach nach Beginn des Fiebers Petechien, Suffusionen Nordamerika, Afrika, Asien, Europa, Australien Mücken (Culex sp.) makulopapulöses Exanthem, v.a. an Stamm und Armen hohes Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien, prätibial Bauchschmerzen 10 Tage (2 bis > 30 Tage)
hohes Fieber, Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen, retroorbitale Schmerzen
Hämorrhagien, hypovolämischer Schock
Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien
4–7 Tage (min. 3, max. 14 Tage)
2–14 Tage
Mittelmeerraum, Afrika, Indien, Schwarzmeerraum
USA, ehem. UdSSR, Korea, Afrika
Zecken Milben
weltweit
Mittel-, Südamerika, Afrika, Asien
Rattenfloh Kleiderlaus
makulopapulöses Exanthem
Papulovesikuläres Exanthem mit 2–10 mm grossen erythematösen Papeln, welche sich in Vesikel umwandeln. Auftreten des Exanthems: Stunden bis Tage nach Beginn des Fiebers
makulöses oder makulopapulöses Exanthem (evtl. auch petechial), meistens erst im Verlauf auftretend
Exanthem tritt oft am 5. Krankheitstag auf: zuerst Maculae, dann konfluierendes makulopapulöses/petechiales Exanthem, beginnend am oberen Thorax mit Ausbreitung am ganzen Körper ausser Gesicht, Handflächen und Fusssohlen
Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien, Arthralgien. Tache noire* in etwa 70% der Fälle
7 Tage (1–16)
Tache noire* mit regionaler Lymphadenopathie, Fieber mit Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Myalgien, Photophobie
7–14 Tage
Fieber, starke Kopfschmerzen, Myalgien
7–14 Tage
starke Kopfschmerzen, Fieber, Myalgien
7 Tage
+ Hämorrhagisches Fieber: manifestiert sich u.a. mit Fieber und Petechien/Blutungen. Z.B. Hantavirusinfektionen, Rift Valley Fever, Krim-Kongo-hämorrhagisches Fieber, Ebola- und Marburg-Virus-Infektionen.
° Andere Rickettsiosen: z.B. «African tick-bite fever» (Rickettsia africae in Afrika südlich der Sahara, Guadeloupe); «Rocky Mountain spotted fever» (Rickettsia rickettsii in Nord-, Mittel- und Südamerika) «Israeli spotted fever» (Israel, Portugal); «Queensland tick typhus» (Nordostaustralien); «Japanisches Fleckfieber» (Orientia tsutsugamushi im Südpazifik, Asien, Australien).
* Tache noire (oder «Eschar», Schorf) = Hautläsion mit zentraler Nekrose am Ort des Zeckenbisses.
Hautinfektionen: Pyodermien und Mykosen häufig
Zu den häufigsten Hauterkrankungen von Tropenurlaubern gehören Pyodermien. Aufgrund winziger Hautverletzungen oder Insektenstichen, die durch Kratzen superinfiziert werden, verursachen Strepto-
und/oder Staphylokokken teils schwerwiegende Hautmanifestationen wie Ecthyma (Abbildung 1) oder Impetigo. Bei jeder Ulzeration nach Tropenaufenthalt ist an einen bakteriellen (Misch-)infekt als Auslöser zu denken. Daher sind bakteriologische Abstriche zwingend und eine entsprechende antibiotische Abschirmung möglichst frühzeitig indiziert.
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© Martina Marten/PIXELIO
Abbildung 1: Ecthymata infolge superinfizierter Insekten stiche in den Tropen
Damit können ausgedehnte Ulzerationen und lokale
Gew ebsdestruktion mit teils fulminantem Verlauf
verhindert werden. Um eine Impetiginisation von
vorbestehenden Dermatosen abzuwenden, ist eine
konsequente desinfizierende Behandlung wesentlich.
Des Weiteren begünstigt das tropische Klima die
Entwicklung von oberflächlichen Mykosen wie
Tinea, Candidiasis oder Pityriasis versicolor sowie in
tieferen Hautschichten gelegene Pilzerkrankungen wie Sporotrichosen oder Myzetone. Letztere spielen
Abbildung 2: Rickettsiose mit «Tache noir» und disseminiertem diskretem Exanthem
aufgrund der doch deutlich besseren hygienischen
Verhältnisse und bei kurzen Reiseaufenthalten eher welche sich oft erst im Verlauf der Erkrankungen
eine untergeordnete Rolle.
zeigen. Bei unklarem Fieber nach Tropenaufenthal-
Im feuchtwarmen Klima werden Mykosen mehr- ten sollten diagnostische Tests (Blutkulturen, Sero-
heitlich von Hefe- und Schimmelpilzen verursacht, logien usw.) sofort durchgeführt und wenn nötig
wie Pityriasis versicolor durch Malassezia furfur. ein Tropenspezialist beigezogen werden.
Aber auch Dermatophyten wie Trichophyton oder Malaria bleibt eine der wichtigsten Ursachen für Fie-
Microsporum können Tinea oder Onychomykosen ber nach einem Tropenaufenthalt. Sehr häufig ist
auslösen. Oft bringen Kinder, die mit herumstreu- auch das Dengue-Fieber, das vor allem Asienrei-
nenden Katzen oder Hunden Kontakt hatten, eine sende und Rückkehrer aus Südamerika mit nach
Tinea capitis vom Urlaub nach Hause. Um eine Hause bringen (Tabelle 1). Diesen Frühling 2008
gezielte erregerspezifische antimykotische Therapie waren Reisende aus Rio stark betroffen. Fast die
einleiten zu können, sollte stets eine mykologische Hälfte der Patienten mit Fieber und Exanthemen
Kultur durchgeführt werden. Unklare und teils exo- nach Tropenaufenthalt leiden an dieser von Mos-
phytische Hauttumoren können eine mykologische kitos übertragenen Arbovirose. Diese wird von
Ursache haben und eine entsprechende Diagnostik Kopfschmerzen und starken Glieder-, Gelenk- und
mit Gewebebiopsien erforderlich machen.
Muskelschmerzen sowie einem makulopapulösen
Selten tritt bei Patienten, die längere Zeit in den Tro- Exanthem begleitet, das nach ein bis zwei Tagen auf-
pen verbracht haben, und bei Immigranten Lepra tritt, sich danach intensiviert, um nach ein paar
(pauzibakterielle Form) auf, mit typischerweise Tagen abzuschuppen.
hypo- und hyperpigmentierten Hautarealen und Etwas weniger häufig sind bakterielle Infektionen
Parästhesien. Die Diagnose erfolgt mittels Histolo- mit Mikroorganismen der Gattung Rickettsien, die
gie (inkl. Ziehl-Neelsen- oder Fite-Faraco-Färbung) durch Parasiten von Zecken, Läusen, Milben oder
und PCR. Die entsprechende Behandlung sollte mit Flöhen übertragen werden (Abbildung 2). Charakte-
dem Tropenspezialisten abgesprochen werden.
ristisch ist der Juckreiz mit einer Blauschwarz
färbung der Einstichstelle und das Auftreten von
Exantheme als Begleiterscheinungen von Infektionserkrankungen
Fieber, weiteren grippeähnlichen Symptomen so- wie einem makulo(-papu)-lösen Exanthem. Auch Typhus wird von dissemin ierten Maculae begleitet.
Viele tropische Viruserkrankungen sind von mehr Vom Chikungunya-Fieber sind Reisende aus Indien, 4 oder weniger ausgeprägten Exanthemen begleitet, Afrika und den Inseln im indischen Ozean betrof-
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Tabelle 2:
Hinweise aus der Anamnese
Tierkontakt Barfusslaufen Wanderung im hohen Gras/ dichte Vegetation
Anthrax, Brucellose, Q-Fieber, Tularämie, Zeckenstich kutane Larva migrans, Hakenwurm, Strongyloidiasis, Tungiasis Milben, Zeckenstich, Schlangenbiss, Wiesengräserdermatitis
Wasser und Sonne Sonnenbestrahlung grosse Hitze Süsswasser Salzwasser Kleider auf Boden oder unter Büschen zum Trocknen aufgehängt Hautverletzung
Sonnenbrand, Photodermatosen Miliaria rubra Zerkariendermatitis, Mycobacterium marinum Seeigel, Feuerkorallendermatitis, Quallen, Schwimmerausschlag, Seegrasdermatitis, Zerkariendermatitis, Mycobacterium marinum Myiasis
Chromomykose, Ecthyma, Maduramykose, Mycobacterium marinum, Pyoderma gangraenosum, Sporotrichose
Kontakt mit Insekten Sandfliege Kribbelmücke Tsetsefliege Bremse Spanische Fliege, Käfer (z.B. Päderus)
Leishmaniasis Onchocerciasis Trypanosomiasis Loa Loa «Beetle»-Dermatitis
Nahrungsmittel ungekochte Meeresfrüchte/Fisch
Gnathostomiasis, Anisakis, Hepatitis A
Verschiedenes enger körperlicher/sexueller Kontakt längerer Aufenthalt in den Tropen/ Einsätze in Gesundheitszentren Antibiotika, Parfum Pflanzen
Diphtherie, Gonorrhö, HIV/AIDS, Skabies, Lymphogranuloma venereum, weicher Schanker, Granuloma inguinale, Syphilis Buruli-Ulkus, Lepra, Tuberkulose, Yaws
Photodermatitis, Kontaktekzeme Phytophotodermatitis
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fen. Übertragen wird diese meldepflichtige Erkrankung wie auch das Dengue-Fieber von der Tiger mücke, die bereits nach Südeuropa eingeschleppt und mittlerweile auch in der Schweiz nachgewiesen wurde. Asymmetrisch verteilte Petechien und Purpura können auf rasch letal verlaufende Erkrankungen wie Meningitis oder virale hämorrhagische Fieber hinweisen. Sexuell übertragene Infektionen aufgrund von Sextourismus ohne entsprechende Schutzmassnahmen sind ebenso ein häufiges Reiseandenken. Neben den
klassischen Symptomen wie genitalem Ulkus bei der Lues oder dem eitrigen Ausfluss etwa bei der Gonorrhö können vor allem in fortgeschrittenen Stadien auch andere Hautverändungen auftreten. Daher sollten bei Hautexanthemen nach Tropenreisen diese Infektionen stets bei differenzialdiagnos tischen Überlegungen mit berücksichtigt werden. Papulopusteln über den Gelenken zum Beispiel können auf eine disseminierte Gonorrhö hinweisen. Auch eine HIV-Erstinfektion ist häufig von einem Exanthem begleitet.
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Parasitäre Zoonosen
Parasitenbedingte Erkrankungen können durch
Barfussgehen (Larva migrans), Kleidertrocknen auf
Boden oder Büschen (Myasis) oder bei Reisen unter
einfachen Bedingungen durch engen Körperkontakt
(Skabies, Läuse) erworben werden (Tabelle 2).
Larven von Hakenwürmern, die aus dem Kot streu-
nender Hunde oder Katzen stammen, können in die
Haut eindringen und durch diese wandern. Dadurch
entsteht die typische geschlängelte erythematöse
Hauterhabenheit (Hautmaulwurf) der Larva mi
grans (Abbildung 3). Dieser Parasit ist vor allem in
der Karibik, Mittelamerika und Malaysia anzutref-
fen. Da der Mensch als Fehlwirt anzusehen ist, heilt
die Larva migrans nach einigen Tagen bis Wochen
meist von selbst ab. Um diese Abheilung zu beschleu-
nigen, kann jedoch topisch Thiobendazolcrème
oder bei Nichtansprechen systemisch Albendazol
eingesetzt werden.
Tumbufliegen (Afrika) oder Dasselfliegen (Mittel-
und Südamerika) nutzen unterschiedliche Varian-
ten, um ihre Eier in der Haut abzulegen. Die schlüp-
fenden Larven lösen danach eine furunkuloide
Myasis aus. Oftmals ist die Bewegung der Larven in den furunkelartigen Läsionen spürbar. Entweder kann das «Auswandern» der Eindringlinge provo-
Abbildung 4: Skabiesfüsse: Skabiesbefall bei Kleinkind mit typisch papulo-pustulöser Erkrankung
ziert werden, oder sie müssen im Fall der Dasselflie-
gen chirurgisch entfernt werden. Von der furunko-
loiden Myasis abzugrenzen ist die Wundmyasis.
Diese wird durch Maden etwa von Lucilia serratia
verursacht, die sich von nekrotischem Gewebe
ernähren. Das hochselektive Abtragen von nur nek-
rotischem Material wird im Rahmen der sogenann-
ten «Biosurgery» mittels in Teebeuteln verpackter
Maden zur Reinigung von Ulzera genutzt.
Loiasis (Loa Loa) ist eine Wurmerkrankung, die
durch Bremsen in weiten Teilen von West- und Zen-
tralafrika übertragen wird und von juckenden
Schwellungen im Gesicht und an den Unterarmen
begleitet ist. Da es sich um eine allergische Reaktion
auf Wurmantigene handelt, besteht eine erhebliche
Eosinophilie. Der adulte Wurm, der durch die Haut
und manchmal Konjuktiva wandert, kann exzidiert
werden. Die medikamentöse Therapie wird mit
Diethylcarbamazin durchgeführt.
Sandflöhe wie der Tungu penetrans können durch
Eiablage unter der Haut vor allem in Zehenzwi-
schenräumen und an Fusssohlen warzenähnliche
Hautveränderungen mit zentraler Öffnung verursa-
chen. Die sogenannte Tungiasis, auch «Jiggers»
genannt, kann durch Superinfektion respektive
sekundäre Ekzematisierung zu Komplikationen
6 Abbildung 3: Larva migrans
führen. Die Therapie erfolgt durch steriles Ausschälen der Eier oder Exzision der Läsion.
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Abbildung 5: Toxische Hautreaktion nach Quallenkontakt
gebildeten Arzt erfolgen, da die zu Verwendung kommenden Medikamente (Antimonpräparate) aufgrund ihres Nebenwirkungspotenzials und der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten einige Erfahrung voraussetzen.
In vielen Reiseländern, insbesondere bei der ländlichen Bevölkerung, ist der Befall mit Skabies (Krätzmilbe) nahezu endemisch (Abbildung 4). Die Übertragung erfolgt durch engen Körperkontakt etwa durch Schlafenim gemeinsamen Bett oder Geschlechtsverkehr. Hinweise darauf sind papulöse, stark juckende Veränderungen, insbesondere im Bereich der Genitalien und der Interdigitalräume. Bei Kleinkindern kommt es oft zu einem palmoplantaren Befall. Die Behandlung mit Hexachlorcyclohexan, Permethrin oder Crotamiton ist sowohl bei Betroffenen als auch bei Personen, mit denen sie engen körperlichen Kontakt haben, angezeigt. Bei sehr ausgedehnter Skabies kann die Behandlung auch mittels Ivermectin erfolgen. Zusätzlich liegt gelegentlich eine In-festation mit Filzläusen (Pediculosis pubis) vor, welche ebenfalls auf die gleiche Behandlung an-spricht. Insbesondere bei Kindern kann auf Reisen, aber auch zu Hause eine Pediculi capitis (Kopfläuse) aquiriert werden, die mit geeigneten Shampoos behandelt wird. Als klassische, dermatologische Reiseerkrankung gilt die kutane Leishmaniose, welche im mittleren Osten (Orientbeule), Afrika, aber auch im Mittelmeerraum erworben werden kann. Durch den Stich der nachtaktiven Sandmücke wird der Einzeller Leishmania übertragen, und es entstehen einzelne, teils aber auch multiple Ulzerationen oder papulöse Veränderungen, insbesondere an Extremitäten oder Gesicht. Die Diagnosestellung erfolgt mittels Biopsie und durch PCR-Diagnostik, um die jeweilige Erregerart der richtigen Therapie zuzuführen. Kutane Leishmanioseherde können zwar selbst abheilen, sollten wegen der möglichen Narbenbildung jedoch behandelt werden. Die Therapie sollte in Absprache mit einem tropenmedizinisch aus-
Kontakte mit Gifttieren
Gifttiere finden sich in den Tropen sehr viel häufiger als in unseren Breitengraden. Dabei sind solche Kontakte sowohl im Wasser als auch auf dem Festland möglich. Wasserbewohner wie Seeigel, Giftfische, Rochen, Anemonen, Würmer und Kegelschnecken können je nach Art und Gift auf der Haut oder auch systemisch meist toxische Reaktionen auslösen. Ein zunehmendes Problem stellen Kontakte mit Quallen dar, die stark schmerzhafte Hautveränderungen auslösen können (Abbildung 5). Je nach Art der Qualle kommt es zu urtikariellen, blasigen oder auch nekrotisch-toxischen Hautveränderungen. Hier helfen Essig- oder Kältekompressen. Einzelne Quallenarten, insbesondere etwa die in Australien/ Ozenanien vorkommenden Würfelquallen, können durch ihre Toxine auch lebensgefährliche Reak tionen auslösen. Wesentlich harmloser, aber recht unangenehm sind Kontakte mit Zerkarien, die beim Schwimmen im Süsswasser an exponierten Stellen zu stark juckenden papulösen Hautveränderungen führen – dem sogenannten «swimmer’s itch». Am Festland sind hauptsächlich Stiche und Bisse von Skorpionen, Spinnen und den verschiedensten Insekten ein Problem. Dabei können insbesondere Hymenopteren (Biene, Wespen) teils lebensgefährliche allergische Reaktionen auslösen, während sonst vor allem toxische Reaktionen auftreten. Ins Reisegepäck von Insektengiftallergikern gehört unbedingt ein Notfallset (Steroidetabletten und Antihistaminika, bei schweren Reaktionen auch Adrenalin-Autoinjektor EpiPen® oder Anapen®). Raupen und gewisse Käfer lösen durch den blossen Hautkontakt toxische Reaktionen mit Rötung und Blasen aus. Das in ihren Haaren oder im Chitin-
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panzer enthaltene Gift wird direkt abgegeben. Es empfiehlt sich, die Haut nach solchen Kontakten unverzüglich mit Wasser abzuwaschen. Kontakte mit anderen Tieren wie Giftschlangen, Molchen und Salamandern sowie selten auch Säugetieren (Schnabeltier, gewisse Vampire) können auch mit systemischen, teils lebensgefährlichen Symptomen einhergehen.
Tropische Hitze und zu viel Sonne
Durch das vermehrte Schwitzen in tropischer Hitze kann es zu einer Miliaria rubra kommen, welcher mit geeigneter luftiger Kleidung und allenfalls juckreizstillenden Medikamenten begegnet werden kann. Photodermatosen wie der Sonnenbrand oder Lichtdermatose und photoallergische/toxische Reaktionen, durch spezifische Medikamente (Tetrazykline, Sulfonamide usw.), Pflanzen oder Kosmetika hervorgerufen, klingen meist ohne Komplikationen wieder ab. Sonnenbrand (Dermatitis solaris) lässt sich durch Einhalten von Sonnenschutzmassnahmen (Aufenthalt im Schatten, UV-dichte Textilien, Sonnenblocker usw.) vermeiden. Die sogenannte polymorphe Lichtdermatose – kurz PLD – kann bei ungewohnter Exposition gegenüber grossen UV-Strahlendosen auftreten. Leichte Formen können mit topischen Steroiden und systemischen Antihistaminika behandelt werden. Bei schweren Formen sind kurzfristig systemische Steroide notwendig. Eine Prävention der PLD ist unter Umständen durch vorangehendes Hardening in der UV-A-/UV-B-Phototherapie möglich, welches von Dermatologen angeboten wird. l
Korrespondenzadresse: PD Dr. med. Peter Schmid-Grendelmeier Leiter der Allergiestation Dermatologische Klinik UniversitätsSpital Zürich 8091 Zürich
Interessenkonflikte: keine
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