Transkript
AKNE
Neues zur Aknetherapie
Acne vulgaris ist eine der häufigsten dermatologi-
schen Erkrankungen, die hauptsächlich Jugendliche
betrifft, jedoch in jedem Alter auftreten kann. Zur
Verhinderung von Narben sind frühzeitiger Thera-
piebeginn und gute Schulung des Patienten zur adä-
quaten Produktanwendung wichtig. Insbesondere
die Pathogeneseforschung hat den Weg zu neuen
Therapieansätzen geöffnet, die nachfolgend präsen-
tiert werden.
Laut Berichten sind 70 bis 95 Prozent der Bevölkerung irgendeinmal im Leben von Acne vulgaris betroffen. Über 30 Prozent dieser Patienten werden zur Behandlung entzündlicher Akne mit Talgdrüsenbeteiligung beim Dermatologen vorstellig. Die vier pathogenetischen Faktoren der Erkrankung sind Talgdrüsenhyperplasie mit Talgüberproduktion, abnormale Follikeldifferenzierung, Hyperkolonisation der Follikel mit dem Propionibacterium acnes, Entzündung und Immunreaktion. Die Suche nach therapeutischen Massnahmen setzt bei jedem einzelnen dieser Faktoren an, doch die genaue Abfolge der Ereignisse bei der Akneentstehung ist noch nicht geklärt.
Topische Retinoide, Benzoylperoxid, Azelainsäure sowie topische und systemische Antibiotika sind nach wie vor Standard in der Behandlung milder bis moderater Acne vulgaris. Orales Isotretinoin ist indiziert bei schwerer nodulärer wie auch therapieresistenter Akne und bei Akneformen, die physische oder psychische Narben hinterlassen. Hormontherapien werden bei Frauen mit resistenter Akne oder Spätakne eingesetzt. Neue Optionen sind niedrig dosiertes orales Isotretinoin zur Langzeitanwendung, Zinksalze und Insulinsensibilisatoren. Als Antwort auf die Zunahme der Antibiotikaresistenzen wurden neue Antibiotikawirkstoffe und -formulierungen entwickelt und vermehrt neue kombinierte Wirkstoffe eingesetzt. Weitere Therapieansätze aus der Pathogeneseforschung wie Steroidenzym- und Lipoxygenase-Inhibitoren sind in Entwicklung. Als nichtmedikamentöse Therapien kommen vermehrt auch Lichttherapien sowie die Photodynamische Therapie zum Einsatz, und weiterhin wird das Potenzial diätetischer Massnahmen und von Kräutertherapien untersucht.
Systemische Therapien
Antibiotika Diese sind seit über 30 Jahren ein Grundpfeiler in der Behandlung moderater, schwerer und therapieresistenter entzündlicher Akne. Trotzdem gibt es über den Einsatz der Antibiotika nur spärliche Daten, die auf Einzelberichten, klinischer Erfahrung und klein angelegten klinischen Studien beruhen. Tetrazykline (Oxatetracyclin, Tetracyclinchlorid, Doxycyclin, Minocyclin) und ihre Abkömmlinge haben
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zur antibiotischen auch antientzündliche Wirkung Läsionen, ohne dass dabei resistente P.-acnes-Stämme
durch Verminderung der Chemotaxis der Neutro- festgestellt wurden.
philen sowie durch Hemmung der proinflammato- Bei moderater bis schwerer entzündlicher Akne war
rischen Zytokine und des Enzyms MMP-9 (matrix bei Patienten ab 12 Jahren auch die Gabe von Mino-
metalloproteinase-9). Ebenfalls etabliert sind Ma- cyclin mit langsamerer Wirkstofffreisetzung effi-
krolide (Erythromycin) und Trimethoprim.
zient (1 mg/kg/Tag während 12 Wochen). Die neue
Die Resistenz der P. acnes gegenüber Antibiotika ist Formulierung verringert mögliche akute Neben-
ein zunehmendes Problem, insbesondere bei Ery- wirkungen im Gleichgewichtsorgan und eine Lang-
thromycin, weniger bei Tetracyclinen und selten bei zeitbelastung.
Minocyclin. Obwohl Akne selbst nicht ansteckend
ist, müssen antibiotikaresistente P. acnes bei emp- Orales Isotretinoin
findlichen Individuen als übertragbar betrachtet Es ist das einzige Medikament, das bei allen vier
werden. Mit neuen Antibiotikaformulierungen und pathogenetischen Faktoren ansetzt. Gleichzeitig ist
Schemata mit niedrigen Dosierungen versucht man, es auch das wirksamste zur Hemmung der Sebum-
das Resistenzrisiko zu vermindern.
produktion, indem bei den SEB-1-Sebozyten der
Zellzyklus durch einen Retinoinsäurerezeptor-unab-
Folgende neue systemische Antibiotika stehen zur hängigen Mechanismus angehalten und zur Apo-
Verfügung:
ptose geführt wird.
Um die dosisabhängigen Nebenwirkungen zu ver-
Lymecyclin
mindern, tendieren künftige Entwicklungen zu nie-
Das halbsynthetische Tetracyclin der zweiten Gene- der dosierten Langzeitbehandlungen und neuen For-
ration mit besserer oraler Absorption und Gewebs- mulierungen (mikronisiertes Isotretinoin). Moderat
durchdringung und langsamerer Elimination als der dosierte intermittierende Behandlungen halfen ge-
ursprüngliche Wirkstoff weist eine mit Minocyclin gen therapieresistente milde Akne oder schnell rezi-
vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit auf, ist je- divierende Akne nach Absetzen systemischer Anti-
doch viermal so teuer. Höhere Wirksamkeit und biotika. Als sicher und effektiv erwies sich die Be-
kürzere Behandlungsdauer zeigt die Kombination handlung von milder bis moderater Akne während
von Limecyclin mit Adapalengel (0,1%) im Vergleich 1 Woche (0,5–0,75 mg/kg/Tag) alle 4 Wochen wäh-
zur Monotherapie mit nur einem der beiden Wirk- rend 6 Monaten (kumulative Dosis 35 mg/kg). Auch
stoffe.
eine Kombination von Tretinoincreme (0,05%) mit
Isotretinoin (0,5 mg/kg/Tag) während 5 Monaten
Azithromycin
war bei papulopustulärer Akne erfolgreich.
Das Methylderivat von Erythromycin bewirkt eine
signifikante Hemmung intrazellulärer Erreger sowie Insulinsensibilisatoren
grampositiver und -negativer aerober und anaerober Das polyzystische ovariale Syndrom (PCOS) kann
Bakterien einschliesslich P. acnes. Der Wirkstoff ist zusammen mit Akne als Hyperandrogenismus-Mar-
geeignet bei nichtentzündlichen und entzündlichen ker auftreten, wobei die Akne auch allein als Haut-
Akneläsionen und ist mindestens so wirksam wie manifestation dieser Erkrankung vorkommen kann.
Tetracyclin, Minocyclin und Doxycyclin. Ob der In vielen Fällen scheint Hyperinsulinämie im Zu-
Wirkmechanismus antimikrobieller oder antiinflam- sammenhang mit Hyperandrogenismus zu stehen,
matorischer Natur ist, ist noch unklar. Die Substanz als Reaktion auf eine Insulinresistenz im Glukose-
ist sicher und auch für Schwangere geeignet. Als Ne- metabolismus, und auch Hauptfaktor der ovarialen
benwirkungen wurden gastrointestinale Störungen Störung beim PCOS zu sein. Insulin ist in der Lage,
wie Durchfall und Übelkeit beobachtet. Resistenz die auf Androgen reagierenden Talgdrüsenfollikel
gegenüber P. acnes ist nicht bekannt, hingegen ist zu stimulieren. Antidiabetische Wirkstoffe wie Met-
Resistenz gegenüber Azithromycin bei 20 bis formin und Thiazolidindion zur Behandlung von
27,4 Prozent der Bevölkerung erwiesen, sodass der Diabetes mellitus Typ 2 senken den Insulin- sowie
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Wirkstoff nicht erste Wahl sein sollte, sondern als den Androgenspiegel und verbessern infolgedessen
Alternative zur konventionellen Aknetherapie zu die Eierstockfunktion. Insulinsensibilisatoren wer-
betrachten ist.
den auch erfolgreich gegen Hirsutismus und Akne
eingesetzt. Der Wirkmechanismus bei der Aknebes-
Neue Tetracyclinformulierungen
serung bedarf noch weiterer Erforschung.
Bei Patienten mit moderater Akne wirkt Doxycyclin Metformin, ein Biguanid, wird am häufigsten zur
bei subantimikrobieller Dosierung von 20 mg zweimal Behandlung des PCOS eingesetzt. Es inhibiert die
26 täglich bei entzündlichen und nichtentzündlichen Glukoseneubildung in der Leber und steigert die
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periphere Insulinsensitivität, ohne Hypoglykämie zu verursachen. 1500 mg Metformin täglich während 14 Monaten vermochte bei Frauen mit PCOS Hirsutismus und milde Akne ohne Veränderungen bei der Sebumabsonderung zu verbessern.
Thiazolidindione (Glitazone): Pioglitazon, Rosiglitazon Diese neuere Wirkstoffklasse zur Senkung der Insulinresistenz und Behandlung des PCOS interagiert mit den PRAR-␥-Rezeptoren (peroxisome proliferator-activated receptors), die wie die PRAR-␣- und --Typen in den Keratinozyten vorkommen. PRAR-␥ heterodimerisiert mit Retinoid-X-Rezeptoren und stimuliert die Gentranskription. Paradoxerweise kann eine PRAR-␥-Aktivierung zu einer Stimulierung der Sebumproduktion führen. Thiazolidindione sind potente, hochselektive Agonisten für PRAR-␥-Rezeptoren und brauchen die Anwesenheit von Insulin für die Einstellung des Normalblutzuckerspiegels. Sie sind nicht sekretionsfördernd, weshalb es nicht zu einer Hypoglykämie kommt. Als Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme, Dyslipidämie, Anämie und Lebertoxizität bekannt. Der Nutzen für die Aknebehandlung wurde noch nicht untersucht.
Zink Zinksulfat und -glukonat wurden mit unterschiedlichen Resultaten und unter anderem mit gastrointestinalen Nebenwirkungen gegen entzündliche Akne eingesetzt. Der Wirkmechanismus der Zinksalze ist nur teilweise bekannt. Bekannt ist die Hemmung der polymorphonuklearen Chemotaxis und des Wachstums der P. acnes. Mögliche Erklärungen für die antientzündliche Wirkung sind die Reduktion der TNF-␣Produktion, die Modulation der Integrinexpression sowie die Hemmung der Expression von Toll-likeRezeptor-2 durch die Keratinozyten. Zinkglukonat ist für Schwangere sicher und kann, da es nicht photosensitiv ist, auch im Sommer verwendet werden. Es verursacht keine Antibiotikaresistenz und hat sich bei entzündlicher Akne in Kombination mit Erythromycin als wirkungsvoller erwiesen als die Gabe von Erythromycin allein.
Topische Therapien
Um der durch Antibiotikatherapien wachsenden Resistenzbildung gegenüber P. acnes und anderen Bakterien wie Staphylococcus aureus zu begegnen, verwendet man in der Aknetherapie Wirkstoffe, die sich ergänzen, aber sich in ihren Wirkmechanismen unterscheiden.
Kombinationstherapien Diese setzen gleichzeitig in mehreren Bereichen der Aknepathophysiologie an. Topische Retinoide, kombiniert mit topischen antimikrobiellen Substanzen, reduzieren entzündliche und nichtentzündliche Akneläsionen schneller und wirkungsvoller als eine mikrobielle Therapie allein. Die Retinoide erhöhen die Hautpermeabilität und erleichtern somit das Eindringen des Antibiotikums. Ein Gel aus Clindamycin und Zink, welcher Zinkacetatdihydrat enthält und ein- bis zweimal täglich in einer Formulierung aufgetragen wird, welche die Absorptionsausdehnung von Clindamycin in der Haut einschränkt, ist ebenso wirksam und sicher wie eine Clindamycinlotion. Kombinationen aus Zink und Erythromycin verringern, wie erwähnt, das Risiko einer Entwicklung mikrobieller Resistenz. Clindamycin zusammen mit Benzoylperoxid einmal täglich und Erythromycin mit Zinkacetat zweimal täglich angewendet, sind beide gegen Akne wirksam, doch die erstgenannte Kombination wirkt schneller. Eine Clindamycinphosphat/Tretinoin-Formulierung als Gel täglich aufgetragen, wirkte besser und schneller als zweimal täglich applizierte Clindamycinlotion.
Picolinsäure-Gel Picolinsäure ist ein Zwischenmetabolit der Aminosäure Tryptophan. Sie hat antivirale, antibakterielle und immunmodulatorische Eigenschaften und spielt eine Schlüsselrolle beim Zinktransport. Picolinsäure-Gel (10%) zweimal täglich während 12 Wochen angewendet, zeigte Wirksamkeit und Sicherheit bei entzündlicher und nichtentzündlicher Akne.
Dapson-Gel Dapson ist ein Sulfon mit antientzündlichen und antimikrobiellen Eigenschaften. Als neue Gelformulierung (5%) erwies es sich bei zweimaliger Anwendung pro Tag während 12 Wochen als wirksam und sicher. Patienten mit Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Defizit wiesen normale Laborwerte auf. Die Wirkung des Gels erklärt man mit einer direkten Hemmung der Produktion von Leukozyten und den von diesen generierten Entzündungsmediatoren. Eine andere, indirekte Wirkung auf die Akne erklärt man durch eine Veränderung der Konzentration und Aktivität der Propionibakterien.
Laser- und Lichttherapien
Zur Aknebehandlung gibt es zwei verschiedene Klassen von Laser- und Lichtsystemen, welche entweder die Talgdrüsenfollikel oder die P. acnes mittels einer
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Tabelle:
Übersicht Aknetherapien
Etablierte Therapien Tetracycline Makrolide Trimethoprim Clindamycin
Topische Wirkstoffe Retinoide Azelainsäure Benzoylperoxid Antibiotika
orales Isotretinoin
Hormontherapien Antiandrogene kombinierte orale Kontrazeptiva niedrig dosierte orale Glukokortikoide Gonadotropin-releasing-Hormon-Agonisten
Neue Therapien Lymecyclin Azithromycin neue Tetracyclinformulierungen
Topische Kombinationstherapien
orales Isotretinoin tiefere Dosierung intermittierende Behandlung neue Formulierungen
Insulinsensibilisatoren Metformin Thiazolidinedione Pioglitazon, Rosiglitazon
Zink Laser- und Lichttherapien/Photodynamische Therapie diätetische Massnahmen Kräutertherapien Aktivierungshemmung von Toll-like Rezeptoren (TLR) PPAR-Antagonisten
photodynamischen Reaktion zerstören. Zu den Sys- und der partiellen Destruktion der Talgdrüse sowie
temen, welche die Bakterien zerstören, gehören der Anwendung der Photodynamischen Therapie
Blau- und Rotlichtquellen, Lasergeräte mit grünem bei entzündlichen Acne-vulgaris-Läsionen.
und gelbem Licht, IPL- (intense pulsed light sources)
und Radiofrequenz-Lichtquellen. Eine vielverspre- Photodynamische Therapie (PDT)
chende, für Acne papulopustulosa geeignete The- Die PDT macht sich die Möglichkeit der selektiven
rapieoption ist Blaulicht (Wellenlänge von 407 bis Zerstörung der Propionibakterien zur Behandlung
420 nm). Die Besserung des Hautbefundes beruht entzündlicher Akne zunutze. Durch Hinzufügen
auf einer Anregung bakterieller Porphyrine und der eines topischen Photosensibilisators wie Methylami-
daraus folgenden Zerstörung der Propionibakterien. nolevulinsäure entsteht ein synergetischer Effekt.
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Als Wirkmechanismus wird die Bildung von freien Der lipophile Wirkstoff wird durch die Talgdrüsen-
Sauerstoffradikalen diskutiert. Die Patienten schät- follikel besonders gut aufgenommen und wandelt
zen diese an Wellness erinnernde Therapieform. sich via Häm-Zyklus in Protoporphyrin IX um. Die
Nach zwei Behandlungen pro Woche während eines durch Licht aktivierten P. acnes werden zerstört.
Monats muss die Blaulichtbestrahlung alle zwei bis Ebenso verkleinern sich die Talgdrüsen, und die
drei Wochen wiederholt werden.
Follikelverhornung nimmt ab.
Besonderes Interesse galt in jüngster Zeit der Erfor- Zu den unerwünschten Nebenwirkungen der PDT 28 schung des Mechanismus der Bakterienzerstörung zählen ödematöses Erythem im behandelten Areal
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und Verkrustung nach einigen Tagen sowie das Auf- Nebenwirkungen sind im Vergleich zu den etablier-
flammen von Pusteln, milde bis moderate Schmer- ten medikamentösen Aknetherapien gering. Bei
zen und Superinfektionen. Die Schmerzen werden Produkten wie zum Beispiel Teebaumöl können
durch kleinere Behandlungsareale und die Benut- Kontaktallergien auftreten.
zung von Eiswasser gemindert und sind milder in
der zweiten Behandlung. Die PDT bietet eine Alternative für Patienten, die auf
Forschungsgebiete
medikamentöse Therapien nicht ansprechen oder Steroidenzym-Inhibitoren
deren Nebenwirkungen nicht ertragen. Um ihren Die Haut besitzt alle wichtigen Enzyme zur Andro-
Nutzen zu optimieren, bedarf die PDT noch einer gensynthese aus Cholesterol und zur Umwandlung
Behandlungsstandardisierung.
zirkulierender schwächerer in potentere Androgene.
Die in den kutanen Androgenmetabolismus invol-
Diätmassnahmen
vierten Enzyme sind unter anderem Steroid-5-␣-Reduktase, Steroidsulfatase und 3--Hydroxysteroid-
Es liegen noch ungenügend evidenzbasierte Daten Dehydrogenase. Derzeit wird die Rolle dieser En-
vor, um den kontrovers diskutierten Zusammen- zyme in der Pathophysiologie androgenabhängiger
hang zwischen Ernährung und Akne schlüssig zu Erkrankungen wie Akne untersucht. Ein For-
beurteilen.
schungsziel ist die Entwicklung selektiver Isoenzym-
Die Prävalenz von Akne ist kleiner in ländlichen Ge- Inhibitoren zur Aknebehandlung.
genden, wobei unter anderem auch genetische Fak-
toren in Betracht gezogen werden müssen. Dass Steroid-5-␣-Reduktase
Akne in nichtwestlichen Zivilisationen fehlt, wurde Dieses Enzym bewirkt die Umwandlung von Testos-
auf die westliche Ernährung mit höherem glykämi- teron in das potentere 5-␣-Dihydrotestosteron. Die
schem Index zurückgeführt. Wahrscheinlich besteht beiden Isoenzyme Typ 1 und Typ 2 wurden identifi-
bei den westlichen Jugendlichen dadurch eine Hy- ziert. Das Erstere kommt vor allem in der Gesichts-
perinsulinämie. Bei Nichtwestlichen, die westliche und Kopfhaut vor und ist in den Talgdrüsen aktiv. Es
Ernährungsgewohnheiten annahmen, trat ebenfalls beeinflusst die Talgproduktion durch Modulation
Akne auf. Ein weiterer Faktor ist das Fehlen von des lokalen Androgenmetabolismus.
Milch, welche trotz niedrigem glykämischem Index Die Inhibitoren dieses Enzyms sind steroidal oder
hoch insulinotroph und mit Akne assoziiert ist. Bis- nichtsteroidal beziehungsweise lassen sich isoen-
herige Studien konnten den untersuchten Zusam- zymspezifisch nach Typ 1, Typ 2 und dualem Typ 1/2
menhang zwischen der Aufnahme von Fett, insbe- unterscheiden.
sondere gesättigten Fettsäuren, oder kohlenhydratrei- Zu den Typ-1-Inhibitoren zählen Pflanzenextrakte
cher Ernährung und Insulinresistenz nicht belegen. wie der Grünteeextrakt Katechin, Zink und Azelain-
In einer neueren Untersuchung führte eine 12-wö- säure. Duale Inhibitoren sind zum Beispiel der ste-
chige Diät, die zu 25 Prozent aus Proteinen und roidale Antagonist Dutasterid und nichtsteroidale
45 Prozent aus Kohlenhydraten mit niedrigem glyk- Antagonisten wie Benzoquinolinon sowie Permi-
ämischem Index bestand, zu einer signifikanten xonextrakt aus der Pflanze Serenoa repens, Brot-
Reduktion sowohl der Akneläsionen als auch des fruchtextrakt (Artocarpus incisus), Isoflavonoide,
bioverfügbaren Testosterons und Dehydroepian- Kurkuma und ␥-Linolensäure aus der Nachtkerze.
drosteronsulfates sowie zu einem signifikanten An-
stieg des IGFBP-1 (insulin-like growth factor binding Steroidsulfatase
protein-1).
Dieses mikrosomale Enzym katalysiert die Um-
wandlung von (im Blut zirkulierendem) Dehydro-
Kräutertherapien
epiandrosteronsulfat zu Dehydroepiandrosteron. Dieser Vorgang kann bei androgensensitiven Er-
Eine Vielfalt pflanzlicher Wirkstoffe aus der westli- krankungen nützlich sein und verdient nähere Er-
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chen, chinesischen und ayurvedischen Medizin mit forschung.
antibakterieller, antiinflammatorischer und antioxi-
dativer Wirkung hat sich in der Aknebehandlung als 3--Hydroxysteroid-Dehydrogenase (3--HSD)
Monotherapie oder in Kombination bis heute als Dieses Enzym katalysiert einen notwendigen Schritt
sicher und wirkungsvoll bewährt. Die pflanzlichen in der Biosynthese aller hormonalen Steroide, insbe-
Präparate in Form von Extrakten, Ölen, Cremes und sondere die Oxidation und Isomerisation von 3--
Tabletten können bei moderaten und entzündlichen Hydroxy-5-en-Steroiden zu 3-keto-4-en-Steroiden in
30 Akneformen hilfreich unterstützen. Die möglichen steroidbildenden Geweben.
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Die Antiandrogene Cyproteronacetat, Norgestrel und Norethisteron inhibieren 3--HSD ebenfalls. Diese Wirkung haben auch Isoflavonoide wie Genistein und Daidzein sowie die oben erwähnten Thiazolidinedione.
Aktivierungshemmung der Toll-like-Rezeptoren (TLR) Wie bereits erwähnt, induzieren die P. acnes eine Keratinozytenproliferation und eine vermehrte Expression von TLR-2, TLR-4 und MMP-9 durch die Keratinozyten. Dieser Mechanismus am Anfang der Entzündungskaskade könnte zu einem wichtigen Therapieansatz werden.
Lipoxygenase-Inhibitoren Squalen ist ein charakteristisches humanes Talgdrüsenfett. Veränderungen der Talgsekretionsrate gehen mit der Verhornung des Talgdrüsengangs während der Komedogenese und zu Beginn des Entzündungsvorgangs einher. Laut neusten Studien spielt in Peroxid umgewandeltes Squalen bei diesen Prozessen eine Rolle. Zileuton, ein oraler 5-Lipoxygenase-Inhibitor, reduziert enzündliche Akneläsionen und hemmt Talgdrüsenfette, insbesondere proinflammatorische Talgperoxide, durch seine Wirkung auf die PRAR-␣. ●
Regula Patscheider
PRAR-Antagonisten Die PRAR spielen eine wichtige Rolle in der Sebumproduktion und der Akneentwicklung. Sie regulieren die Expression wichtiger Gene, die an vielen zellulären Funktionen wie Zellproliferation und -differenzierung sowie Entzündung und Immunantwort beteiligt sind. Die Entwicklung von PRAR-Antagonisten gegen die erhöhte Sebumproduktion könnte für die Aknebehandlung wichtig sein.
Literatur:
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