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ALLERGIE
Vom Asthmagen zum chronischobstruktiven Atemwegsleiden
OPTIONEN UND ILLUSIONEN DER ASTHMAPRÄVENTION BEIM ATOPISCHEN KIND
Von Hans-Joachim Mansfeld
Durch die starke Prävalenzzunahme der atopischen und Jugendlichen mit einer Prävalenz von 10 bis
15 Prozent für Asthma bronchiale sowie bis zu
Erkrankungen in den industrialisierten Ländern 20 Prozent für allergische Rhinokonjunktivitis und
atopisches Ekzem besonders eindrücklich ist. Damit
während der letzten Jahrzehnte haben die Allergien haben atopische Erkrankungen der Atemwege und
Haut gerade in der Kinder- und Jugendmedizin
der Atemwege und der Haut in der Kinder- und einen hohen Stellenwert gewonnen und sind zu
einem dominierenden Thema nicht nur betroffener
Jugendmedizin einen besonderen Stellenwert er- Familien, sondern auch einer interessierten Öffent-
lichkeit geworden.
langt. Bereits in frühkindlichen Lebensphasen eines Zahlreiche Hypothesen werden als mögliche Erklä-
rungen für diesen konsistenten Anstieg diskutiert:
atopischen Kindes werden Entstehung und Verlauf Veränderungen der Lebens- und Ernährungsge-
wohnheiten, erhöhte Exposition gegenüber Um-
asthmatischer Atemwegserkrankungen wesentlich weltfaktoren wie Luftschadstoffen sowie Tabak-
rauch und häuslichen Allergenen. Eine eindeutige
geprägt. Geeignete Präventionsmassnahmen in Ursache für die Zunahme allergischer Erkrankun-
gen ist zurzeit noch nicht mit Sicherheit zu benen-
den ersten Lebensjahren können sich als äusserst nen. Eine wichtige Rolle spielt jedoch die genetische
Veranlagung, und Umweltfaktoren scheinen vor
wirkungsvoll erweisen, und eine geeignete thera- allem in frühkindlichen Lebensphasen eines ato-
pischen Kindes eine entscheidende Bedeutung zu
peutische Frühintervention kann für die Prognose haben, sodass im Sinne einer Gen-Umwelt-Inter-
aktion erst das Zusammenwirken von Umweltfak-
weichenstellend sein.
toren mit der erblichen Veranlagung zur Krankheit
führt.
Aufgrund ihrer genetischen Determination treten
Allergische Erkrankungen der Atemwege und der atopische Erkrankungen nicht nur in familiärer
Haut wie allergisches Asthma, allergische Rhino- Häufung auf, sondern können den persönlichen
konjunktivitis sowie atopisches Ekzem haben in Lebensweg eines Betroffenen vom Kleinkindes- über
vielen industrialisierten Ländern seit Anfang des das Jugend- bis zum Erwachsenenalter entscheidend
20. Jahrhunderts eine zunächst allmähliche, in den prägen. Persönlichkeitsentwicklung, körperliche Leis-
letzten Jahrzehnten jedoch dramatische Häufigkeits- tungsfähigkeit, physische und psychische Belastbar-
4 zunahme erfahren, welche vor allem bei Kindern keit, schulische und berufliche Qualifikationsmög-
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lichkeiten und schliesslich die Lebensqualität im weitesten Sinne können in unterschiedlicher Intensität temporär oder dauerhaft nachteilig beeinflusst werden. Bereits während der ersten Lebensjahre eines atopischen Kindes werden offenbar Entstehung und Verlauf asthmatischer Atemwegserkrankungen wesentlich geprägt. Erste Symptome betroffener Jugendlicher und Erwachsener können in der Regel bis ins Kleinkindesalter zurückverfolgt werden. Geeignete Massnahmen zu Prävention und Prophylaxe vor allem während der ersten Lebensjahre können sich deshalb als höchst effizient erweisen. Rechtzeitiges Erkennen der Notwendigkeit einer medikamentösen therapeutischen Frühintervention kann für die Prognose weichenstellend sein. Der Begriff Allergy March – «Allergiekarriere» – wird seit Jahren zur Beschreibung der Allergieentwicklung vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter verwendet. Die Richtung ist vorgegeben, sobald die atopische Immunantwort mit der Bildung von IgEAntikörpern einsetzt und die allergische Erkrankung damit eingeleitet wird. Beim Grossteil der kindlichen Patienten beginnt die Allergiekarriere mit gastrointestinaler Symptomatik im Rahmen einer Nahrungsmittelallergie. Diese tritt häufig gleichzeitig oder nach einem kurzen Intervall assoziiert mit einer in der Regel bereits im ersten bis zweiten Lebensjahr sich manifestierenden Hautsymptomatik (Säuglingsekzem, atopisches Ekzem) auf. Sensibilisierungen gegen Nahrungsmittel im Kleinstkindesalter gelten als prädiktiv für das Auftreten von Inhalationsallergien im Schul- und Adoleszentenalter. 50 bis 60 Prozent aller Kinder mit atopischer Dermatitis erleiden im Alter von drei bis sechs Jahren einen Wechsel des betroffenen Organsystems in Richtung Atemwege. Bei Kindern mit Atemwegsymptomatik muss in 40 bis 50 Prozent der Fälle die allergische Rhinitis als der Vorläufer eines Asthma bronchiale (Etagenwechsel) angesehen werden, während in den anderen Fällen die oberen und unteren Atemwege bereits gleichzeitig eine klinische oder latente Symptomatik einer zu chronischem Verlauf neigenden Schleimhautinflammation aufweisen.
Primäre Prävention
Atopiemarker und Prädiktoren In «Atopikerfamilien» geborene Kinder mit einem oder zwei allergischen Verwandten ersten Grades (Eltern, Geschwister) bilden somit die Gruppe der «Hochrisikokinder» (Abbildung 1). Die Bedeutung des Nabelschnur-IgE wird als deutlich geringer eingeschätzt als die genetische Determination.
Die Verfügbarkeit von Prädiktoren für die Entwicklung einer klinisch manifesten atopischen Erkrankung ist zur Indikationsstellung jeder Primärprävention notwendig. Genetische Marker sind zurzeit noch nicht eindeutig definiert, entsprechende Genloci – zum Beispiel auf den Chromosomen 3, 5, 12, 13 – sind jedoch bekannt. Die Bildung spezifischer IgE-Antikörper setzt bereits mit der elften Fetalwoche ein, klinische Krankheitsmanifestationen müssen bei Geburt noch nicht erkennbar sein. Bei entsprechender Exposition werden spezifische IgE-Antikörper postnatal und während der ersten Lebensmonate vor allem gegen Nahrungsmittelproteine wie Kuhmilch und Hühnereiweiss entwickelt. Da die erwähnte Serum-IgEErhöhung, zum Beispiel gegen Hühnereiweissproteine, jedoch auch bei ausschliesslich gestillten Säuglingen nachgewiesen wird, ist von einer Sensibilisierungsmöglichkeit über die Muttermilch auszugehen. Bereits im Säuglingsalter gegen Nahrungsmittelproteine entwickelte IgE-Antikörper gelten unbestritten als früheste Atopiemarker und Prädiktoren für ein hohes Risiko einer nachfolgenden Sensibilisierung auf Aeroallergene. Die erwähnten IgE-Messungen, zum Beispiel im Nabelschnurblut, sind als Screeningtest weder hinsichtlich Sensitivität und Spezifität noch ihres prädiktiven Werts ausreichend. Vor allem kann nicht vorausgesagt werden, ob eine drohende Organmanifestation an den Atemwegen oder am Hautorgan auftreten wird. Die Bedeutung hoher Bluteosinophilie sowie einer erhöhten Konzentration eosinophiler Mediatoren als Hinweise auf schwere und zur Chronifizierung neigende Krankheitsverläufe wird diskutiert.
Diätmassnahmen und Allergenkarenz Da am Anfang der Allergieentwicklung häufig Nahrungsmittelallergien stehen, wird Prävention durch Diätmassnahmen gerade in den ersten Lebensmonaten als besonders wichtige, Erfolg versprechende Massnahme angesehen. Die Prävalenz von Nahrungsmittelallergien liegt bei Kindern aus nicht atopischen Familien bei zirka 2 Prozent, bei denjenigen mit familiärer atopischer Diathese bei 20 bis 30 Prozent. Risikofaktoren für die Entstehung und vor allem den Verlauf allergischer Krankheiten sind auch unter intensiver Forschung und Diskussion der letzten Jahre weiterhin nur partiell definiert. So werden vor allem auch die Effekte frühzeitiger präventiver Intervention durch konsequente Allergenvermeidung in weiten Bereichen immer noch kontrovers interpretiert (1).
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Einflussfaktor erblicher Veranlagung
Beide Elternteile allergisch mit gleichen Symptomen
Beide Elternteile allergisch
Ein Elternteil allergisch
Eines der Geschwister allergisch
Kein allergisches Familienmitglied
5–15 20%
20–40 25–35
30%
40–60
40%
50%
60%
60–80
70%
80%
Abbildung 1: Allergierisiko eines Neugeborenen in Abhängigkeit von der Atopiebelastung der Familie
Externe Einflussfaktoren Als gesicherte Faktoren, die auf Entstehung und Ver-
Konzepte primärer Prävention
lauf kindlicher Sensibilisierungen beziehungsweise Da Asthma in einem sehr frühen Stadium des
klinischer Organmanifestationen Einfluss nehmen, Lebens beginnt und entsprechende Fehlentwicklun-
gelten die frühkindliche Allergenexposition gegen gen des Immunsystems wahrscheinlich bereits im
Innenraumallergene (z.B. Hausstaubmilbe) sowie pränatalen beziehungsweise im Säuglingsalter erfol-
sehr eindeutig die prä- und postnatale Tabakrauch- gen, sollten Primärpräventions- und Behandlungs-
exposition. Im Übrigen werden kausale Beziehungen interventionen idealerweise bald nach der Geburt
hinsichtlich Exposition gegenüber unspezifischen oder sogar noch während der Schwangerschaft
Schadstoffimmissionen gasförmiger oder partikulä- erfolgen (Abbildung 2).
rer Art seit Jahren intensiv diskutiert und inzwi- Die Empfehlungen zur primären Allergieprävention
schen für in hohem Masse wahrscheinlich gehalten. beruhen bei Hochrisikokindern vor allem auf Stillen
Für die seit Jahren ansteigende Pollinosisprävalenz während der ersten vier bis sechs Monate bezie-
sind nicht nur die weltweit zu beobachtende Men- hungsweise hypoallergener Ernährung sowie Ver-
genzunahme der Pollenallergene durch eine verlän- meidung von Passivrauchen und Innenraumaller-
gerte Pollensaison sowie das Auftreten neuer Pol- genexposition.
lenallergene in Europa (ragweed) verantwortlich zu Während eine präventive Wirkung der Allergen-
machen, sondern auch das in wissenschaftlichen karenz gegen Hausstaubmilben für die klinische
Arbeiten belegte, durch die Einwirkung atmosphäri- Symptomatik gesichert ist, bestehen hinsichtlich
scher Partikel bedingte Auftreten veränderter Pollen. Haustierhaltung durchaus kontroverse Ansichten.
Vor allem Dieselemissionspartikel mit einer Parti- Im Rahmen der alimentären Atopieprävention wird
kelgrösse von < 10 µm (PM10-Fraktion) interagieren auf der Basis zahlreicher klinischer Präventions- mit Pollenallergenen, indem sie sich an Pollenober- studien bei nicht beziehungsweise nur partiell flächen binden und offensichtlich eine erhöhte Bio- gestillten Säuglingen eine Ernährung mit Hydro- verfügbarkeit der Allergene auslösen. So setzen zum lysatnahrungen empfohlen, welche unabhängig Beispiel Pollen von stark umweltschadstoffexpo- von der Stärke genetischer Atopiebelastung in der nierten Birken deutlich mehr proinflammatorische Regel zu einer 50-prozentigen Abnahme erster kli- Mediatoren frei als Pollen von ländlichen Birken. nischer allergischer Manifestationen in den ersten Durch die für das Kleinkindesalter regelhaft emp- drei Lebensjahren führt. Diese Präventivmassnahme fohlenen Impfungen wird das kindliche Atopie- und wird hinsichtlich Nahrungsmittelallergien und Haut- Asthmarisiko nicht erhöht. Entsprechende Fehl- manifestationen als effektivste angesehen. Bessere bewertungen erfolgen vor allem durch Eltern an- präventive Effekte durch extensiv hydrolisierte Nah- gesichts zeitlicher Häufung erstmals auftretender rung (EHF) gegenüber partiell hydrolisierter Nah- atopischer Ekzeme im Alter der üblichen Grund- rung (PHF) werden diskutiert. 6 immunisierung. medicos 2/2008 ALLERGIE Atopiedisposition (Genotyp) Sensibilisierung Allergische Entzündung Allergische Erkrankung Primäre Prävention (Risikokinder) Schwangerschaft: Rauchverzicht Stillzeit: 4–6 Monate (od. hypoallergene Milchpräparate), ausgewogene Ernährung (Mutter) Beikost: nach 6. Monat, Vermeidung von allergenen Nahrungsmitteln bis nach 12. Monat Rauchfreie Umgebung Hausstaubmilbensanierung Verzicht auf behaarte/gefiederte Haustiere Sekundäre Prävention Tabakrauchfreie Umgebung, Verzicht auf behaarte/gefiederte Haustiere, Hausstaubmilbensanierung/Encasings Berufswahl: Vermeidung von Berufen mit grossem Risiko für Atopiker Schulung, spezifische Immuntherapie Tertiäre Prävention Antiasthmatika: Reliever ➞ Kurz wirksame β-2-Sympathikomimetika und rasch wirksame Langzeit-β-2-Sympathikomimetika (Formoterol), inhalative Anticholinergika, wasserlösliches Theophyllin, systemische Glukokortikoide Controller ➞ Cromone (DNCG, Nedocromil), vorzugsweise inhalative Glukokortikoide (ICS), Leukotrienantagonisten, lang wirksame β-2-Sympathikomimetika, Retard-Theophyllin Neurodermitis Asthma Heuschnupfen Abbildung 2: Empfehlungen zur Prävention bei atopischer Disposition Langfristig günstige Effekte des Einsatzes von Probiotika (z.B. Lactobazillus) auf das allergische Geschehen vor allem in den ersten Lebensjahren werden zurzeit noch nicht einheitlich beurteilt. Probiotika fördern das Entstehen einer bifidusdominierten Darmflora ähnlich jener bei gestillten Säuglingen. Nachgewiesen ist eine temporär auf die ersten zwei Jahre begrenzte protektive Wirkung für das atopische Ekzem, während nachweisbare Effekte für allergisches Asthma und allergische Rhinitis nicht bestehen. Die Ergebnisse erlauben die Interpretation, allergiegefährdete Kinder seien – zumindest in den ersten beiden Lebensjahren – durch gegenüber dem alleinigen Stillen zusätzliche Effekte immunmodulatorischer Wirkung besser vor der Entwicklung eines atopischen Ekzems geschützt. Günstige Effekte von Diätmassnahmen bei Müttern, welche selbst keine Nahrungsmittelallergie aufweisen, sind weder für die Schwangerschaft noch für die Stillzeit nachgewiesen. Als mögliche neue Strategien zur primären Allergenprävention werden neben einer weiteren Optimierung bekannter Massnahmen zur Allergenkarenz vor allem die Induktion natürlicher Toleranzmechanismen durch Immunmodulation beziehungsweise die mukosale Toleranzinduktion diskutiert. Eine der Ursachen für die Entwicklung von Atopien scheint das Fehlen immunsuppressiver Mechanis- men zu sein, die die Toleranzentwicklung gegen Allergene fördern können. T-Zellen mit regulatorischem Potenzial (Tregs) spielen eine wesentliche Rolle für die Induktion und Aufrechterhaltung natürlicher Schutzmechanismen und sind offenbar wesentlich beteiligt an der Ausbildung der Toleranz gegenüber Allergenen im Rahmen einer spezifischen Immuntherapie oder auch im natürlichen Verlauf, das heisst beim bekannten «Herauswachsen» aus einer frühkindlichen Nahrungsmittelallergie. Darauf aufbauend gehen aktuelle Überlegungen zur Entwicklung neuer Strategien zur Prävention von Atopie und Asthma vor allem in Richtung Induktion dieser natürlichen Toleranzmechanismen. Sekundäre Allergieprävention Massnahmen zur sekundären Allergieprävention sollen bei bereits sensibilisierten beziehungsweise an allergischen Symptomen leidenden Kindern das Risiko einer weiteren Ausdehnung des Allergenspektrums beziehungsweise weiterer allergischer Organmanifestationen vermindern. In diesem Rahmen ist die indizierte und rechtzeitig durchgeführte spezifische Immuntherapie durchaus als eine höchst effiziente präventive Massnahme zu definieren. Gesichert und evidenzbasiert sind für allergisches Asthma bronchiale sowie allergische medicos 2/2008 7 ALLERGIE Rhinitis eine Verhinderung oder zumindest Abnahme der Neusensibilisierungen, ein verringertes Risiko des «Etagenwechsels» bei Pollenallergikern, während der Pollensaison eine verminderte Zu- Differenzialdiagnose: rezidivierende obstruktive Bronchitis – frühkindliches Asthma bronchiale nahme bronchialer Hyperreagibilität sowie schliess- Offenbar bestehen unterschiedliche Phänotypen früh- lich eine Abnahme klinischer Symptome und in der kindlicher und späterer bronchialer Obstruktion. Diese Folge Kostenersparnis und Zunahme allgemeiner sind bereits in früher Kindheit weitgehend deter- Lebensqualität. miniert hinsichtlich Dauer und Schwere von sich entwickelndem Asthma bronchiale sowie bezüglich Tertiäre Allergieprävention Veränderungen der Lungenfunktionsparameter. Bei rezidivierender obstruktiver Bronchitis kann die Als tertiäre Allergieprävention werden die heute bedarfsorientierte Applikation von ICS infektindu- möglichen und gesicherten medikamentösen The- zierte Episoden in Intensität, Dauer und Obstruk- rapien zusammengefasst. Sie haben das Ziel, in an- tion günstig beeinflussen. Da zwischen den infekt- nehmbarer Frist eine zuverlässige Asthmakontrolle indizierten Episoden jedoch in der Regel keine zu erreichen und diese dann langfristig zu sichern. eosinophile Schleimhautinflammation besteht, ist Ziel der Behandlung asthmatischer Kinder und eine regelmässig langfristige ICS-Therapie bei aus- Jugendlicher ist die Vermeidung krankheitsbeding- schliesslich viral induzierter Obstruktion nicht effi- ter Spätfolgen, die durch irreversible Lungenfunk- zient. Der Effekt einer intermittierenden Gabe von tionsverluste auftreten und zu dauerhafter Ein- Montelukast ist unsicher. schränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Bei leichtem bis mässigem Asthma bronchiale ato- schulischen und beruflichen Qualifikationsmöglich- pischer Kleinkinder kann die frühe therapeutische keiten sowie der Lebensqualität führen. Gleichzeitig Intervention mit ICS die Entwicklung von Lungen- soll eine individuell auf Asthmaauslöser und -schwere- funktionsverlusten verhindern, die bronchiale Hy- grad abgestimmte langfristige Therapie unerwünschte perreagibilität reduzieren, eine bessere Asthma- Nebenwirkungen ausschliessen beziehungsweise mi- kontrolle mit längeren symptomfreien Phasen und nimieren. Die sich aus der Respektierung erwähnter einen reduzierten Gebrauch von Beta-2-Sympathi- Therapieziele sowie der Berücksichtigung individu- komimetika und somit eine höhere Lebensqualität eller Krankheitsmuster ergebenden Stufenschemata erlauben. Dies ist bis anhin jedoch nur während der der Langzeitbehandlung orientieren sich an entspre- Behandlungsdauer eindeutig evaluiert. Die konti- chenden Leitlinien (2). nuierliche Auswertung von Langzeitstudien ergibt Die Definition der individuellen Therapieintensität keine Hinweise auf Änderungen der asthmatischen ist das Ergebnis einer subtilen Krankheitsanamnese, Symptomatik sowie Entwicklung pathologischer der Berücksichtigung bestehender Krankheitssym- Lungenfunktionsverhältnisse während behandlungs- ptome mit entsprechenden klinischen Befunden so- freier Phasen. So erscheint die erhoffte und erwar- wie der pathologischen Lungenfunktionsparameter tete langfristig anhaltende, günstige Beeinflussung in Ruhe, bei Belastung und im Rahmen unspezi- eines sich entwickelnden frühkindlichen Asthma fischer Provokationen und schliesslich der Beurtei- bronchiale nach Beendigung einer zeitlich begrenz- lung klinisch aktueller Sensibilisierungen sowie des ten Therapie mit ICS diskussionswürdig. ● Ausmasses noch allergeninduzierter beziehungsweise bereits allergenunabhängiger chronischer Schleim- Korrespondenzadresse: hautinflammation. Alle Behandlungsschemata stüt- Dr. med. Hans-Joachim Mansfeld zen sich auf die zwei grossen Gruppen der «Reliever» Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie (Bronchodilatatoren, vor allem Beta-2-Sympathikomi- Chefarzt Allergieklinik – Zentrum für Kinder und Jugendliche metika) sowie der «Controller» (antiinflammatorisch an der Hochgebirgsklinik Davos, 7265 Davos-Wolfgang wirkende Medikamente, vor allem inhalative Kortiko- E-Mail: hansjoachim.mansfeld@hgk.ch steroide, Leukotrienantagonisten). Weiterhin sind die inhalativen Kortikosteroide (ICS) erste Wahl einer Interessenkonflikte: keine antiinflammatorischen Dauertherapie. Voraussetzung zur Meidung beziehungsweise Minimierung potenzieller Nebenwirkungen ist eine initiale krankheits- Literatur: 1. Bauer C.P., von Verg A., Niggemann B. et al.: Primäre alimentäre Atopieprävention. Allergo J 2004; 13: 120–123. und altersabgestimmte Dosierung sowie in adäquaten 2. Berdel D., Gappa M.: Asthma bronchiale. In: Reinhardt D. (Hrsg.). Leitlinien Kinder- Abständen eine Neubeurteilung des langfristigen therapeutischen Vorgehens in Abhängigkeit des Krank- heilkunde und Jugendmedizin. München: Urban & Fischer, 2003. 3. Wahn U., von Mutius E.: Childhood risk factors for atopy and the importance of early intervention. J Allergy Clin Immunol 2001; 107: 657–674. 8 heitsverlaufs (3, 4). 4. Wildhaber J.: Asthmakontrolle bei Kindern. TMJ J 2007; 6: 19–24. medicos 2/2008