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HAUT UND AUGE
Augenerkrankungen in der Dermatologie
von Marguerite Krasovec Rahmann
Viele Krankheiten und Syndrome zeigen
Als weitere okuläre Veränderungen, welche eine ato-
pische Dermatitis begleiten, können eine Konjunktivitis, ein
gleichzeitig einen Befall der Haut und des Keratokonus, eine Blepharitis, eine Auflösung der Retina
und eine Herpes-simplex-Keratitis auftreten.
Auges. Im Folgenden werden drei Themen Bei der Alopecia areata totalis (siehe Abbildung 1) kommt
eine posteriore Katarakt häufig vor. Beim Down-Syndrom
diskutiert: Katarakt und Dermatologie, aller- wird insbesondere die Alopecia areata häufiger beob-
achtet. Ab dem zehnten Lebensjahr kommen Linsenopazi-
gische Erkrankungen des Auges und entzünd- fizierungen in 12 bis 46 Prozent der Fälle vor. In Tabelle 1
sind mit Katarakt assoziierte Syndrome aufgeführt.
liche Dermatosen der Augenlider.
Medikamentöse Katarakt
Kortison
Die Katarakt ist eine wichtige Komplikation der systemi-
Katarakt
D ie syndermatotische Katarakt entspricht einer Assoziation zwischen einem dermatologischen Syndrom und einer Katarakt. Diese Assoziation
schen Kortikotherapie, kommt aber auch bei topischen Behandlungen vor. Die Katarakt entwickelt sich durchschnittlich ein Jahr nach einer systemischen Behandlung. Beim Erwachsenen besteht ein absolutes Risiko, wenn eine
ist nicht zufällig, da die Haut und die Linse einen gemein-
samen embryologischen Ursprung aus dem Ektoderm ver-
zeichnen. Je nach Lokalisation der Opazifizierung in der
Linse kann ein Rückschluss auf den Zeitpunkt der Schädi-
gung gezogen werden, die während der Embryonal-, der
Fötalzeit oder im Erwachsenenalter erfolgt sein kann. Letz-
teres führt zu einer posterioren Katarakt.
Relativ häufig kommt eine Katarakt bei atopischer
Dermatitis vor. Sie manifestiert sich 10 bis 15 Jahre nach
dem Auftreten der Dermatitis, ist inkonstant, bilateral und
korreliert nicht mit dem Schweregrad der Dermatitis. Eine
charakteristische Variante ist die anteriore subkapsuläre
Katarakt Vogt.
Die zur Behandlung verschriebenen Kortikosteroide
12 können die Katarakt unter Umständen verschlechtern. Abbildung 1: Alopecia areata totalis
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Tabelle 1:
Symptome mit Katarakt
q Rothmund-Thomson-Syndrom q Werner-Syndrom q Incontinentia pigmenti q Dyskeratosis follicularis Darier q Hidrotische und anhidrotische ektodermale Dysplasie q Ichtyosen
Tagesdosis von 15 mg während eines Jahres eingenommen wurde. Das Risiko, eine Katarakt zu entwickeln, ist proportional zur Dosis und zur Therapiedauer, wobei die Dosis eine ausschlaggebende Rolle spielt. Bei der Kortisonkatarakt handelt es sich um eine zuerst subkapsuläre posteriore dann subkapsuläre anteriore Katarakt, welche zu einer vollständigen Opazifizierung der Linse führt. Der Befall ist bilateral.
Bei der topischen Kortikosteroidtherapie befällt die Katarakt das behandelte Auge. Der Verlauf ist variabel: Die Katarakt kann nach einer bereits abgesetzten Kortisonkur auftreten, sich stabilisieren, verschlechtern oder – besonders nach einer Lokaltherapie – total abheilen. Krankheiten wie Asthma, rheumatoide Arthritis und Kollagenosen sind auch für den Dermatologen relevant, da sie wegen der Steroidtherapie häufiger mit einer Katarakt assoziiert sind.
Psoralene Die Sonnenexposition im Laufe des Lebens führt vermutlich zur Katarakt. Die UV-B-Strahlen werden durch die Kornea absorbiert. Die langwelligen UV-A-Strahlen penetrieren tiefer, bis zur Linse. Bei der PUVA-Therapie, bestehend aus der Einnahme von Psoralenen und anschliessender Bestrahlung mit UV-A-Licht, müssen die Augen gut geschützt werden.
Andere Medikamente Amiodaron, Antimalarika, Phenothiazin, Isotretinoin, Allopurinol und Hydantoine sind weitere Medikamente, die eine Katarakt begünstigen.
Allergien Allergien vom Soforttyp Die Allergien vom Soforttyp sind durch Aeroallergene bedingt. Die Konjunktiva ist oft das am stärksten betroffene Körperorgan, da es den Allergenen direkt ausgesetzt ist. Bei atopischer Diathese werden die allergische Konjunktivitis, die gigantopapilläre Konjunktivitis, die Keratoconjunctivitis vernalis und die atopische Keratokonjunktivitis beobachtet (siehe Tabelle 2). Die Symptome sind Juckreiz, Tränenfluss, Fremdkörpergefühl und Fotophobie. Objektiv besteht eine Rötung der Konjunktiva oder eine Chemose (Schwellung der Bindehaut).
Die häufige saisonale Form der allergischen Konjunktivitis wird durch Pollen ausgelöst, die perenniale durch Hausstaubmilben, Tierhaare oder Schimmelpilze. Fast immer sind die Schleimhäute des Respirationstraktes mitbeteiligt.
Die gigantopapilläre Konjunktivitis wird bei Kontaktlinsenträgern beobachtet, das auslösende Allergen sind Proteinablagerungen.
Die Keratokonjunktivitis vernalis kann eine schwere Manifestation der atopischen Krankheit des Auges darstellen und gefährdet die Sicht. Es ist ein Leiden des Kindes und des Jugendlichen, beginnt im Frühjahr und bessert im Winter.
Die atopische Keratokonjunktivitis ist der Keratoconjunctivitis vernalis des Erwachsenen ähnlich. Es ist eine seltene Erkrankung, die vorwiegend bei jungen Männern auftritt. Der Patient hat verdickte und chronisch entzündete Lidränder und oft Gesichtsekzeme. Durch das ständige Augenreiben wird die Hornhaut immer mehr in Mitleidenschaft gezogen und das Sehvermögen bedroht.
Tabelle 2:
Allergische Konjunktivitis
q Saisonale allergische Konjunktivitis q Perenniale allergische Konjunktivitis q Gigantopapilläre Konjunktivitis q Keratoconjunctivitis vernalis q Atopische Keratokonjunktivitis
Allergien vom Spättyp Bei den Kontaktekzemen der Augenlider kommen irritativtoxische oder allergische Faktoren in Frage. Zu den Ersteren zählen inadäquate, reizende Reinigungsprodukte und Kosmetika mit Milchsäure, Ethanol, Propylenglykol und wasserfeste Wimperntusche.
Beim allergischen Kontaktekzem lässt die Lokalisation des Ekzems (nur Augenlider, Gesicht, andere Körperpartien) einen Rückschluss auf das Allergen zu. Ein allergisches Kontaktekzem der Augenlider ist häufig von einem Ödem begleitet. Der simultane Befall der Konjunktiva und des Augenlides lässt an ein intraokulär appliziertes Allergen denken, der isolierte Befall des Augenlides an eine rein kutane Auftragung.
Als mögliche Allergene kommen auf das Gesicht und die Augen applizierte Kosmetika, Augentropfen, Kontaktlinsenprodukte, Nagellack (Acrylate) und Nickelsulfat in Frage.
Aerogen transportierte Allergene (air-borne Dermatitis) lösen ein symmetrisches, an unbedeckten Körperstellen auftretendes Ekzem aus, insbesondere an den oberen Augenlidern, und befallen auch die Konjunktiva. Beispiele dafür sind Zementekzeme wegen durch die Luft transportierter Chromatpartikel und Epoxyharzekzeme.
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Es müssen Epikutantests mit der Standardreihe, den Eigenproben des Patienten, der Konservierungsmittelreihe, allenfalls der Augenexternareihe und den Acrylaten durchgeführt werden. Für die Testung der Eigenproben empfiehlt sich ein Epikutantest mit vorherigem Abriss der Hornhaut mittels Klebeband.
Dermatosen der Augenlider Erythematöse oder erythemato-squamöse Veränderungen der Augenlider können alleine oder im Zusammenhang mit anderen spezifischeren Hautläsionen im Rahmen folgender Dermatosen beobachtet werden: atopische Dermatitis, Psoriasis, seborrhoische Dermatitis, Rosazea, Lupus erythematodes und andere Kollagenosen.
Die atopische Dermatitis ist leicht diagnostizierbar, wenn andere klassische Symptome vorhanden sind. Sie kann sich als isolierte Dermatitis des oberen Lides manifestieren.
Psoriasis vulgaris ist unschwer zu diagnostizieren, wenn andere Charakteristika bestehen (siehe Abbildung 2). An den Augenlidern manifestiert sie sich als scharf begrenzte bilaterale, erythematöse, symmetrische Plaques, wenig schuppend. Eine zusätzliche irritative oder allergische Kontaktdermatitis im Sinne eines Köbner-Phänomens kann vorliegen.
Die seborrhoische Dermatitis zeigt sich mit fettigen, gelblichen, gefelderten Schuppen an den Augenbrauen, nasolabial und auf der Kopfhaut. Gelegentlich wird auch ein Befall der Augenlider beobachtet.
Die Rosazea im Augenbereich tritt in zwei Formen auf, als eine relativ mild verlaufende, meist harmlose Blepharo-Konjunktivitis und seltener als Rosazea-Keratitis, mit Beteiligung der Hornhaut und Beeinträchtigung des Seh-
Abbildung 2: Psoriasis vulgaris
vermögens. Die Diagnose einer Augenrosazea bedarf der
Präsenz von Hautmanifestationen, weil die Augensym-
ptome nicht spezifisch sind. Die okuläre Rosazea kann in
20 Prozent der Fälle den Hautmanifestationen voraus-
gehen. Klinisch bestehen zentrofazial ein Erythem, Tele-
angiektasien, Papulopusteln und ein Rhinophym. Auf den
Augenlidern zeigt sich die Rosazea als chronische Ble-
pharitis mit Meibomianitis, Lidrandteleangiektasien und
rezidivierenden Chalazien.
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Korrespondenzadresse: Dr. med. Marguerite Krasovec Rahmann Fachärztin FMH Dermatologie und Venerologie Uitikonerstrasse 9 8952 Schlieren
Interessenkonflikte: keine
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