Transkript
UEG-WEEK
Schmerzhafter Anus
Fissuren, Venenthrombosen, Hämorrhoiden
In der Proktologie gibt es vier Kardinalsymptome, die jede proktologische Erkrankung erklären: Schmerz, Blutung, Juckreiz und Protrusion. Durch die Kombination dieser vier Symptome, die gezielt abgefragt werden müssen, kann die Diagnose noch vor der Untersuchung gestellt werden, wie Prof. Dr. Dieter Hahnloser, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), Lausanne, am Jahreskongress der United European Gastroenterologists (UEG-Week) berichtete. Bei Anusschmerzen sind meist Fissuren, perianale Venenthrombosen oder Hämorrhoiden die Ursache. Der Experte erklärte, worauf in diesen Fällen zu achten ist.
Patienten mit Analfissuren klagen über anale Blutungen, Schmerzen beim Stuhlgang und Blut auf dem Toilettenpapier. Bei Fissuren sollten keine digital rektalen Untersuchungen vorgenommen werden, da sie schmerzhaft sind, so die Empfehlung von Prof. Hahnloser.
Personen mit einer Analfissur sind oft verstopft. Typischerweise haben sie Schmerzen beim Stuhlgang, die zwei bis drei Stunden anhalten, sowie Blut auf dem Toilettenpapier, selten im Toilettenbecken. Etwa 90% der Analfissuren liegen posterior, da der innere Schliessmuskel posterior am dicksten ist. Ähnlich wie beim Juckreiz entsteht ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss. Die Patienten haben ausserdem einen harten Stuhl. In der Folge kommt es zu einer starken schmerzhaften Dehnung des Anus.
Zu unterscheiden sind eine akute und eine chronische Fissur. Eine chronische Fissur hat vier mögliche Zeichen: Randwall, sichtbarer Schliessmuskel, hypertrophe Analpapille und Hautfalten (Marisken). Akute Fissuren heilen in etwa 80–90% der Fälle von selbst, unabhängig davon, welche Therapie gewählt wird. Zur Linderung der Schmerzen können unterstützend Ballaststoffe (mindestens 15 g pro Tag) verschrieben werden, um den Stuhl zu aufzuweichen. Auch Nitroglyzerin 0,2% kann Linderung verschaffen, doch sollte es weder direkt auf die Fissur appliziert werden noch zu tief, da ein Drittel der Patienten Kopfschmerzen davon bekommt, wie der Experte erläuterte. Bei Nifedipin 0,2% muss die kurze Halbwertszeit von 20 Minuten berücksichtigt werden. Die Applikation sollte vier- bis sechsmal täglich erfolgen. Botulinumtoxin-Injektionen sind ebenfalls möglich, 20–50 Einheiten auf beiden Seiten der Fissur. Als Nebenwirkung muss mit einer vorübergehenden Gasinkontinenz infolge Paralysierung des Sphinkters gerechnet werden. Sie halte etwa zwei bis drei Monate an – genügend Zeit, um die Fissur heilen zu lassen, so Prof. Hahnloser.Bei einer chronischen Fissur ist eine Operation der Goldstandard, Cremes helfen nicht, wie Prof. Hahnloser erklärte. Die laterale Sphinkterotomie zeigt die höchste Heilungsrate (> 95%), aber auch die höchste Inkontinenzrate für flüssigen Stuhl (21%), Gas (36%) und ein Risiko für harten Stuhl (5%) nach 10–20 Jahren. Eine Fissurektomie hat eine Heilungsrate von 80–93% bei einem Risiko für Gasinkontinenz von 5–7%, wie Prof. Hahnloser berichtete.
Perianale Venenthrombose In einem Fallbeispiel klagt ein 20-jähriger Mann über gelegentliche Blutungen, einen schmerzhaften Anus und einen schmerzhaften Knoten. Die Untersuchung ergibt eine perianale Venenthrombose, die chirurgisch einfach behandelt werden kann. Eine lokale Anästhesie an der Basis sei ausreichend, da die Innervation des Anus radial verlaufe, so Prof. Hahnloser. In der Folge werde ein kleines Stück Haut herausgeschnitten, die Öffnung mit einer Schere gespreizt und das Gerinnsel herausgedrückt. Durch Einlage einer Kompresse könnten erneute Blutungen verhindert werden. Meist bleibe ein Hautläppchen zurück, worauf man den Patienten hinweisen sollte.
Ausserhalb des Anus können auch prolabierende innere Hämorrhoiden sichtbar werden. Hämorrhoiden von Grad 1–3 sind nicht schmerzhaft, von Grad 4 dagegen schon. Die Schmerzen entstehen aufgrund des Ödems und der Nekrose. Neben Schmerzmitteln wie Paracetamol, nicht steroidalen Antiphlogistika oder LidocainCreme könne als erste Massnahme viel Kristallzucker auf den Prolaps gestreut werden, denn Zucker wirke osmotisch, so der Tipp des Experten. Nach 20 Minuten könne der Zucker weggewaschen und die Hämorrhoide reduziert werden. Wenn die Basistherapie fehlschlägt, kommt die Hämorrhoidektomie zum Einsatz.
Prävention von Anusschmerzen Nach erfolgter chirurgischer Therapie der Anusschmerz hervorrufenden Ursachen sei es wichtig, den Patienten eine präventive Strategie anzubieten, so Prof. Hahnloser. Eine Möglichkeit zur Prävention stellt dabei die Biofeedback-Therapie dar. Dabei erlernen die Patienten, wie ihr Lebensstil die Defäkation beeinflussen kann. Weiter lernen sie, ihre Ernährung anzupassen, regelmässig zu essen, genügend zu trinken, sich genügend zu bewegen, regelmässig zu stuhlen und in richtiger Haltung auf der Toilette zu sitzen. Sie erlernen ausserdem den korrekten Umgang mit oralen oder rektalen Laxanzien und Weichmachern.
Valérie Herzog
Quelle: «Painful Bum». Jahreskongress der United European Gastroenterologists (UEG-Week), 13. bis 15. Oktober 2024, in Wien
congressselection gastroenterologie | Februar 2025
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