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EASD
COMBINE-III-Studie
Insulintherapie: wöchentlich versus täglich
Eine wöchentliche Insulininjektion, kombiniert mit einem GLP-1-Rezeptor-Agonisten könnte für Patienten mit Typ-2-Diabetes eine Alternative für täglich mehrmalige Basis-Bolus-Insulininjektionen und ebenso viele Blutzuckermessungen darstellen. Eine Vergleichsstudie dazu wurde am Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Madrid vorgestellt – mit erstaunlichen Resultaten.
Aufgrund des progressiven Charakters von Typ-2-Diabetes muss die Therapie im Verlauf der Erkrankung häufig intensiviert werden. Begonnen wird meist mit oralen Antidiabetika, um später zu wöchentlich injizierbaren GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) und schliesslich zu Basisinsulin oder sogar zu Bolusinsulin überzugehen. Ein Insulinregime wird jedoch oft als belastend empfunden, und komplexe Therapiepläne könnten die Adhärenz beeinflussen, erläuterte Dr. Liana Billings, University of Chicago Pritzker School of Medicine, Skokie (USA), die Problematik. Kombinationstherapien können deshalb helfen, Barrieren in der Behandlung von Typ-2-Diabetes abzubauen, dies mit weniger Injektionen, weniger Blutzuckermessungen und einer weniger komplexen Dosierung. Auch die Guidelines der EASD und der American Diabetes Association (ADA) (1, 2) unterstützen Kombinationstherapien, einerseits zur Bekämpfung des therapeutischen Nihilismus und andererseits zur Steigerung der Adhärenz, so Billings. Eine Kombination aus Basalinsulin und GLP-1-RA kann zu einer adäquaten Senkung des Blutzuckerspiegels führen, aber mit weniger Gewichtszunahme und geringeren Hypoglykämieraten als bei anderen intensivierten Insulinregimes. Basalinsulin und GLP-1-RA haben sich ergänzende Wirkmechanismen. Basalinsulin kontrolliert den nächtlichen Blutzucker, kann aber zu einer Gewichtszunahme und einem Hypoglykämierisiko führen. GLP-1-RA hingegen kontrollieren den postprandialen Blutzucker, fördern die Gewichtsabnahme und haben ein geringes Hypoglykämierisiko, können jedoch gastrointestinale Nebenwirkungen haben.
COMBINE-III-Studie: wöchentlich versus täglich
In der COMBINE-III-Studie wurde eine wöchentlich zu verabreichende Kombination von Insulin icodec und Semaglutid (IcoSema) als Alternative zur Basis-Bolus-Insulintherapie getestet, die 4 Injektionen pro Tag und genauso viele Blutzuckermessungen erfordert. An der Studie nahmen 679 durchschnittlich 60-jährige Patienten mit Typ-2-Diabetes teil. Ihr Body-Mass-Index lag bei durchschnittlich 30 kg/m2 (ca. 85 kgKG), der HbA1c-Wert zwischen 7 und 10% und ihr Basalinsulinbedarf zwischen 20 und 80 IE, im Durchschnitt bei 30 IE. Die Teilnehmer erhielten während 52 Wochen randomisiert entweder 1-mal wöchentlich IcoSema (350 IE/1 mg) oder täglich Insulin glargin plus 2 bis 4 Dosen pro Tag Insulin Aspart vor jeder Mahlzeit. Die Zieldosen wurden langsam auftitriert. Die ersten 8 und die letzten 4 Wochen der Studienlaufzeit wurde der Blutzucker verblindet mittels kontinuierlichen Glukosemonitorings (CGM) gemessen.
Als primärer Endpunkt war die Veränderung des HbA1cWerts definiert, als sekundäre Endpunkte galten unter anderem die Veränderung des Körpergewichts, die Anzahl schwerer Hypoglykämien, die «time in range» beziehungsweise der Zeitanteil im Zielbereich sowie der Insulinverbrauch.
Gute Blutzuckerkontrolle, weniger Gewicht
Die Ergebnisse zeigten in beiden Gruppen eine ähnliche Re-
duktion des HbA1c-Werts auf etwa 6,8%. Der wöchentliche Gesamtinsulinverbrauch war in der IcoSema-Gruppe um 270
Einheiten tiefer als in der Basis-Bolus-Gruppe. Des Weiteren
nahmen die Patienten in der IcoSema-Gruppe im Durch-
schnitt 3,5 kg ab, während jene der Basis-Bolus-Gruppe im
Durchschnitt 3 kg zunahmen. Die «time in range» war in
beiden Gruppen ähnlich (69 bzw. 66%), der Zeitanteil im
Hypoglykämiebereich war unter IcoSema in den mit CGM
gemessenen 4 letzten Studienwochen signifikant geringer
(0,2 vs. 0,48%). Zu Hypoglykämien mit einem Blutzucker-
wert < 3,9 mmol/l als Alarmwert kam es bei 36% in der IcoSema-Patienten, während es in der Basis-Bolus-Gruppe 92% waren. Schwere Hypoglykämien waren unter IcoSema ebenfalls seltener. Der Anteil Patienten, die einen HbA1c-Wert < 7% ohne Gewichtszunahme und ohne schwere Hypoglykämien erreich- ten, war in der IcoSema-Gruppe signifikant höher als in der Basis-Bolus-Gruppe (50,1 vs. 6%). Nebenwirkungen traten in der IcoSema-Gruppe erwartungsgemäss häufiger auf. Diese waren vorwiegend gastrointestinal und mild. Die Patientenzufriedenheit sei in der IcoSema-Gruppe signi- fikant höher, was vermutlich einer geringeren Anzahl von Injektionen und Fingerstichen (1460 vs. 52 pro Jahr) bei zu- verlässiger Wirkung geschuldet gewesen sei, so Billings. Abschliessend lasse sich sagen, dass die IcoSema-Therapie mit weniger Injektionen, weniger Blutzuckermessungen und besseren Ergebnissen in Bezug auf Gewicht, Hypoglykämie- risiko den Patienten bei ebenbürtiger Blutzuckerkontrolle eine deutliche Erleichterung biete. s Valérie Herzog Quellen: «Defining the needs for a weekly fixed ratio combination treatment in type 2 diabetes». Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD), 9. bis 13. September 2024 in Madrid. CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | November 2024 21 EASD Referenzen: 1. Davies MJ et al.: Management of hyperglycaemia in type 2 diabetes, 2022. A consensus report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetologia. 2022;65(12):1925-1966. doi:10.1007/s00125-022-05787-2. 2. American Diabetes Association Professional Practice Committee: 6. Glycemic goals and hypoglycemia: standards of care in diabetes 2024. Diabetes Care. 2024;47(Suppl 1):S111-S125. doi:10.2337/dc24-S006. 22 CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | November 2024