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EULAR
Rheumatoide Arthritis
Neue Studien zur JAK-Inhibition
Der Einsatz von Januskinase- (JAK-)Inhibitoren zur Behandlung einer rheumatoiden Arthritis ist zwar wirksam, er kann jedoch bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren mit einer erhöhten Inzidenz für bestimmte kardiovaskuläre Ereignisse und Tumorerkrankungen verbunden sein. Am EULAR-Kongress in Wien wurden dazu neue Studien vorgestellt.
In der internationalen Real-World-Studie UPHOLD wurden rund 1700 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis (RA) unter Bedingungen der täglichen Praxis mit dem JAK-Inhibitor (JAK-I) Upadacitinib behandelt (1). Dabei sollte geprüft werden, wie viele der Teilnehmer nach 6 Monaten Behandlung mit Upadacitinib eine DAS28-CRP-Remission erreichten und wie viele dieser Patienten die Remission bis Monat 12 aufrechterhielten. 48 Prozent der Patienten begannen eine Monotherapie mit 15 mg Upadacitinib, 52 Prozent erhielten eine Kombination aus Upadacitinib mit konventionellen Antirheumatika (DMARD). 64 Prozent der Patienten waren zuvor mit mindestens einem biologischen DMARD vergeblich behandelt worden. Rund 23 Prozent hatten die Therapie aufgrund mangelnder Wirksamkeit und 10 Prozent wegen unerwünschter Nebenwirkungen vorzeitig abgebrochen; insgesamt kamen 1074 Teilnehmer in die Auswertung. Von ihnen erreichten > 46 Prozent nach 6 Monaten eine Remission, die dann von > 79 Prozent bis zum Ende der Untersuchung nach 12 Monaten gehalten wurde. Es traten auch im Praxisalltag keine neuen Sicherheitssignale auf. Das Nutzen-Risiko-Profil bleibe für Upadacitinib auch in der täglichen Praxis vorteilhaft, so die Autoren.
KURZ & BÜNDIG
� 1. Nach 6 Monaten erreichten in der UPHOLD-Studie unter Upadacitinib > 46 Prozent der RA-Patienten eine Remission, die in > 79 Prozent der Fälle bis zum 12. Monat anhielt.
� 2. In der RA-BE-REAL-Beobachtungsstudie erlebten mehr Patienten in Remission eine signifikante Schmerzreduktion, vor allem unter Baricitinib.
� 3. Das Sicherheitsprofil von Filgotinib blieb in einer neuen Sicherheitsanalyse über einen längeren Zeitraum stabil, ohne neue signifikante Risiken.
� 4. Rauchen und kardiovaskuläre Vorerkrankungen erhöhen das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse unter JAK-Inhibitoren.
� 5. In einer spanischen Real-World-Studie erwiesen sich JAKInhibitoren als nützliche therapeutische Option, mit 75 Prozent der Patienten in Remission am Ende der Beobachtung.
Weniger Schmerzen durch Remission
Existiert ein Zusammenhang zwischen den von RA-Patienten berichteten Gelenkschmerzen und dem Erreichen einer Remission, respektive einer geringen Krankheitsaktivität? Dieser Frage ging eine internationale Arbeitsgruppe um Peter Taylor von der Oxford University, GB, nach. Schon in einer früheren Studie konnte er zeigen, dass Patienten unter dem selektiven JAK1/JAK2-Inhibitor Baricitinib eine signifikant stärkere und schnellere Schmerzreduktion aufwiesen als unter dem TNF-Inhibitor Adalimumab (2). Für die prospektive 3-jährige RA-BE-REAL-Beobachtungsstudie wurden 673 Teilnehmer mit moderater bis schwerer RA in zwei Kohorten eingeteilt und entweder mit Baricitinib (4 mg oder 2 mg), TNF-Inhibitoren oder Substanzen mit anderen Wirkmechanismen (inkl. anderer JAK-Inhibitoren) behandelt (3). Alle erhielten eine solche Therapie zum ersten Mal. Nach 3 Monaten hatten Patienten in Remission über alle 3 Versuchsgruppen hinweg eine Schmerzreduktion um mehr als 50 Prozent erreicht, Patienten ohne Remission litten dagegen immer noch unter deutlich stärkeren Schmerzen. Dabei zeigten sich leichte Unterschiede. So erreichten eine mehr als 70-prozentige Schmerzreduktion mehr der Patienten in Remission unter dem JAK1/2-Inhibitor (46%) als unter TNF-Inhibitoren (41%) oder Substanzen mit anderen Wirkmechanismen (39%), berichtete Taylor. Dagegen erreichten nur 9 Prozent (BARI und TNF-Inhibitoren) respektive 3 Prozent (andere Wirkmechanismen) der Patienten ohne Remission eine solch hohe Schmerzreduktion.
Sicherheitsanalyse zu Filgotinib
Zum JAK1-Inhibitor Filgotinib (FIL) wurde eine neue Sicherheitsanalyse vorgelegt. Die internationale Autorengruppe um K. L. Winthrop aus Portland/US untersuchte die Daten von 3691 Patienten und Patientinnen hinsichtlich des Auftretens spezieller unerwünschter Ereignisse, wie schwere kardiovaskuläre Ereignisse, venöse und arterielle Thromboembolien (VTE), Nicht-Melanom-Hautkrebs und Melanome, Herpes zoster, ernsthafte Infektionen und Tod (4). Die Teilnehmer litten unter moderater bis schwerer RA und waren im Median über 4,3 Jahre entweder mit 100 mg oder 200 mg Filgotinib behandelt worden. Die adjustierte Inzidenzrate (EAIR) der unerwünschten Ereignisse pro 100 Patientenjahre war vergleichbar mit der Rate früherer Analysen. Sie betrug für ernsthafte Infektionen 2,2/100 Patientenjahre (FIL 100
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mg) respektive 1,7/100 Patientenjahre (FIL 200 mg) und für Herpes zoster 1,1 (FIL 100mg) respektive 1,4 (FIL 200 mg). Damit blieb das Sicherheitsprofil auch über einen längeren Behandlungszeitraum stabil, so die Autoren.
Risikofaktoren für den Einsatz von JAK-Inhibitoren
Die kardiovaskuläre Sicherheit von JAK-Inhibitoren bleibt weiterhin ein viel diskutiertes Thema. In einer Übersichtsarbeit werteten australische Wissenschaftler deshalb 95 «relevante Publikationen» hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse aus (5). Die Autoren kamen zum Schluss, dass Faktoren wie Rauchen (respektive eine Raucherhistorie), fortgeschrittenes Alter und vergangene kardiovaskuläre Erkrankungen mit einem erhöhten Risiko für ein schweres kardiovaskuläres Ereignis assoziiert sind. Die JAK-Inhibitoren-Klasse, die Ethnie der Patienten, die Dosierung, Kombinationstherapien und die Art der rheumatoiden Erkrankung hingegen würden das kardiovaskuläre Risiko nicht erheblich erhöhen. Auch in einer beschreibenden spanischen Real-World-Studie ging es um die Sicherheit von JAK-Inhibitoren (6). Die 71 Teilnehmer litten an rheumatoider Arthritis (46,5%), Psoriasisarthritis (19,7%), axialer Spondyloarthritis (12,7%), seronegativer Arthritis (9,9%), enteropathischer Spondyloarthritis (2,8%), systemischem Lupus (2,8%) und anderen rheumatoiden Erkrankungen. Sie wurden durchschnittlich über 22 Monate mit Tofacitinib (38%), Upadacitinib (34%) oder Baricitinib (28%) behandelt. 86 Prozent von ihnen waren gegen Herpes zoster geimpft, 55 Prozent litten unter einer Dyslipidämie, 34 Prozent unter Hypertonie, 10 Prozent
unter einer kardiovaskulären Erkrankung und 42,3 Prozent
waren Raucher. Folgende unerwünschte Nebenwirkungen
respektive Ereignisse waren während der Behandlung auf-
getreten: Herpes zoster (1 Fall), ernsthafte Infektionen, ge-
nauer: SARS-CoV 2 (2 Fälle), Neoplasien (3 Fälle) und pul-
monale Thrombose (1 Fall). Mit Ausnahme eines Basalzell-
karzinoms unter Baricitinib traten alle Ereignisse unter der
Behandlung mit Tofacitinib (10 mg/Tag) auf, keines unter
Upadacitinib. Bei der letzten klinischen Visite vor Ende der
Beobachtung befanden sich 75 Prozent der Patienten in klini-
scher Remission. Von den ursprünglich 71 Teilnehmern
brach ein Viertel die JAK-I-Behandlung vorzeitig ab, vor
allem wegen eines primären oder sekundären Scheiterns der
Therapie, in einem Fall wegen eines thrombotischen Ereig-
nisses. Nach Meinung der Autoren zeigten sich die JAK-In-
hibitoren als nützliche therapeutische Option mit einem ad-
äquaten Sicherheitsprofil.
s
Klaus Duffner
Quelle: European Congress of Rheumatology (EULAR), vom 12. bis 15. Juni in Wien.
Referenzen: 1. Östör A et al.: Ann Rheum Dis 2024; 83 (1): 794. EULAR 2024: POS0653 2. Taylor PC et al.: J Clin Med, 2019. 8 (6). 3. Taylor PC et al.: Ann Rheum Dis 2024; 83(1): 193. EULAR 2024: OP0086 4. Winthrop KL et al.: Ann Rheum Dis 2024; 83(1): 454. EULAR 2024:
POS0051 5. Kwan A et al.: Ann Rheum Dis 2024; 83(1): 1344. EULAR 2024: AB0213 6. González I et al.: Ann Rheum Dis 2024; 83(1): 83: 1350. EULAR 2024:
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