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EASD
Kongressnews
Mortalität nach Myokardinfarkt bleibt für
Patienten mit Typ-1-Diabetes hoch
Aus früheren Studien weiss man, dass Diabetespatienten
nach einem Myokardinfarkt eine schlechtere Prognose auf-
weisen als Patienten ohne Diabetes. Eine schwedische Regis-
terstudie mit Daten von 48 321 Patienten mit Typ-2-Diabetes,
2257 mit Typ-1-Diabetes und 243 170 ohne Diabetes zeigte
nun, dass die Mortalität von Diabetespatienten nach dem
ersten Herzinfarkt im Allgemeinen rückläufig ist. Als Grund
nennen die Autoren die besser gewordene Versorgung. Trotz-
dem gilt der Rückgang nur für Patienten mit Typ-2-Diabetes
und für jene ohne Diabetes. Während die jährliche Gesamt-
mortalitätsrate bei Patienten ohne Diabetes und mit Typ-2-Di-
abetes zwischen 2006 und 2020 signifikant sank (–1,9 bzw.
–1,3% pro Jahr), gab es bei Typ-1-Diabetikern nämlich keine
Veränderung. Als möglichen Grund für den Unterschied ver-
muten die Autoren die in der Regel längere Krankheitsdauer
bei Typ-1-Diabetes und die damit verbundene längere Expo-
sition von erhöhten HbA1c-Spiegeln.
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Quelle: Weden L et al.: Trends in survival after first myocardial infarction in people with diabetes. Abstract 169. Presented at EASD 2023, Hamburg.
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Grösseres Amputationsrisiko für männliche und
geschiedene Diabetiker
Ergebnisse einer Beobachtungskohortenstudie (n = 66 565)
legen nahe, dass bei Menschen mit Diabetes eine Scheidung
mit einem um zwei Drittel höheren Risiko für eine Amputa-
tion der unteren Gliedmassen verbunden ist als eine Ehe,
ebenso männliches Geschlecht. Die schwedische Register-
studie untersuchte, welche demografischen, sozioökonomi-
schen, medizinischen und Lebensstil-Risikofaktoren bei mit
Diabetes neu diagnostizierten (98% Typ 2) Patienten im
Verlauf von 4 Jahren Follow-up-Zeit mit einer Amputation
der unteren Gliedmassen einhergehen. Es zeigte sich, dass
eine Scheidung im Vergleich zu einer Ehe mit einem 67 Pro-
zent höheren Risiko verbunden war. Männliche Diabetiker
hatten ein 57 Prozent höheres Risiko als Frauen. Als Grund
vermuten die Autoren eine verminderte Selbstpflege und
schlechtere Essgewohnheiten bei geschiedenen Alleinleben-
den. Speziell bei Männern hänge dies häufig mit einer stärke-
ren sozialen Isolation zusammen, die sich sekundär durch
eine geringe körperliche Aktivität bemerkbar mache. Als
weitere Risikofaktoren erwiesen sich eine Insulintherapie
und Tabakrauchen.
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Quelle: Jansson SPO et al.: Exploring potential risk factors for lower limb amputation in people with diabetes: an observational cohort study of 66,565 individuals with diabetes in Sweden. Abstract 216. Presented at EASD 2023, Hamburg.
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Ist eine metabolisch gesunde Adipositas möglich?
Etwa 15 bis 20 Prozent der Menschen mit Adipositas haben keine der metabolischen Komplikationen wie beispielsweise erhöhter Blutzucker, Dyslipidämie, Hypertonie, Typ-2-Diabetes oder kardiovaskuläre Erkrankungen. Das ist bei adipösen Frauen häufiger der Fall (7–28%) als bei adipösen Männern (2–19%). Entscheidend für eine metabolisch gesunde Adipositas (metabolic healthy obesity, MHO) ist nicht der Bodymass-Index, sondern die Grösse der Adipozyten, wie Prof. Matthias Blüher, Universität Leipzig und Helmholtz-Zentrum München, am EASD-Kongress ausführte. Sind die Adipozyten normal gross, ist das Risiko für Adipositaskomplikationen gering. Sind sie dagegen vergrössert und das Fettgewebe entzündet, kommt es eher zu einer Insulinresistenz und damit zu metabolischen Komplikationen. Zudem erkranken Adipöse, bei denen das Fett in der Bauchgegend und in den inneren Organen gespeichert ist (z. B. in der Leber), viel eher an Typ-2-Diabetes als jene mit einer über den ganzen Körper gleichmässigen Fettverteilung. Eine Dysfunktion des Fettgewebes kann zu Gewebeschäden, Fibrose, Sekretion proinflammatorischer und adipogener Moleküle führen, was Endorganschäden Vorschub leistet. So können beispielsweise Adipokine direkt auf Zellen des vaskulären Systems wirken und zu Atherosklerose führen. Trotzdem besteht für Patienten mit sogenannt gesunder Adipositas gegenüber nicht Adipösen immer noch ein um 50 Prozent erhöhtes Risiko für eine koronare Herzkrankheit. Ein Gewichtsverlust sei demnach auch für sie angezeigt, so Blüher. vh
Quelle: «Metabolically healthy obesity: fact or fiction?». Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD), 2. bis 6. Oktober 2023, in Hamburg.
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Sudden-death-Risiko bei bestimmten
Medikamenten erhöht
Patienten mit Typ-2-Diabetes ohne kardiovaskuläre Erkran-
kung haben bei Einnahme von Antipsychotika ein fast 3-mal so
hohes Risiko für plötzlichen Herzstillstand (SCA) und ein fast
doppelt so hohes Risiko unter Antibiotika, insbesondere Ma-
kroliden und Fluorchinolonen. Diesen Medikamenten ist ge-
meinsam, dass sie das QTc-Intervall verlängern. Eine weitere
Substanz, die bei diesen Patienten mit einem Anstieg von SCA
in Verbindung gebracht wurde, ist Domperidon. Das geht aus
einer Fall-Kontrollstudie mit Daten aus dem niederländischen
ARREST-Register für ausserklinische Reanimationsversuche
von Typ-2-Diabetes-Patienten durch Rettungsdienste hervor.
Dabei wurden Daten von 815 Fällen und 3696 Kontrollen mit
und ohne kardiovaskuläre Erkrankung analysiert. Während
bei Diabetespatienten mit kardiovaskulärer Erkrankung die
Erhöhung des SCD-Risikos durch Albuminurie und Herzinsuf-
fizienz zustande kommt, sind bei Diabetespatienten ohne kar-
diovaskuläre Erkrankung gemäss den Autoren QTc-verlän-
gernde Medikamente der grösste SCD-Risikofaktor.
vh
Quelle: Harms PP et al.: Association of clinical characteristics with sudden cardiac arrest in people with type 2 diabetes with and without CVD: a longitudinal case-control study on primary care data. Abstract 172. Presented at EASD 2023, Hamburg.
CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Dezember 2023
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