Transkript
ESC
Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie
VALOR-HCM zeigt Langzeitwirksamkeit von Mavacamten
Die Einnahme des Myosin-Inhibitors Mavacamten über 56 Wochen reduzierte bei Patienten mit symptomatischer hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie die Notwendigkeit für eine Septumreduktion signifikant, wie die am ESC-Kongress präsentierten Daten der offenen Verlängerung der VALORHCM-Studie zeigen.
Zwei Drittel der Patienten mit einer hypertrophen Kardiomyopathie leiden unter einer obstruktiven Form der Erkrankung. Die bis anhin in den Guidelines zur Therapie empfohlenen Medikamente waren nicht spezifisch dafür entwickelt und oft wird trotz maximaler medikamentöser Therapie im Verlauf der Erkrankung eine Septumreduktion (SRT) erforderlich, sei es chirurgisch oder via Alkoholablation. Dank einem Myosin-Inhibitor ist nun auch eine spezifische Behandlung möglich. Mit dem ersten Vertreter dieser Klasse, Mavacamten, konnte in den beiden Zulassungsstudien (EXPLORER HCM und VALOR HCM) die Notwendigkeit für eine SRT reduziert werden; ausserdem konnten die Obstruktion im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT), die Funktionsfähigkeit sowie die Lebensqualität verbessert werden (1, 2). Das hat in 5 Kontinenten zur Zulassung für die Behandlung erwachsener symptomatischer Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) geführt, wie Prof. Milind Desai, Cleveland Clinic, Ohio, im Rahmen des ESC-Kongress 2023 berichtete. In die plazebokontrollierte Phase-III-Studie VALOR-HCM wurden HOCM-Patienten eingeschlossen, bei denen trotz maximal verträglicher medikamentöser Therapie eine SRT indiziert war. Nach 16 Wochen erfüllten 17,9 Prozent der Patienten aus der Verum- und 76,8 Prozent aus der Plazebogruppe den primären Studienendpunkt (kombinierter Endpunkt aus Patientenentscheidung für eine SRT und der Eignung eines Patienten für diesen Eingriff gemäss der AHA/ ESC-Leitlinie von 2011) (2). Die Studie wurde fortgeführt und auch die Patienten der Plazebogruppe erhielten neu Mavacamten. Nach 32 Wochen war der Anteil der Patienten, die eine SRT durchführen lassen wollten oder die Einschlusskriterien dafür erfüllten, sowohl in der Gruppe, die von Beginn an Mavacamten erhalten hat, als auch in der Gruppe, die zunächst mit Plazebo behandelt worden war, noch einmal geringer (11 resp. 14%) (3).
Weiterhin geringerer Bedarf für eine Septumreduktion
Am ESC-Kongress präsentierte Desai nun die Ergebnisse der offenen Verlängerungsstudie. Auch nach 56 Wochen sprachen die Patienten immer noch gut auf Mavacamten an: Nurmehr 9 Prozent der Patienten, die seit Studienbeginn Mavacamten erhalten hatten (n = 56) und 19 Prozent der Patienten aus der vormaligen Plazebogruppe (n = 52) erfüllten die
Kriterien für eine SRT. Neun von zehn Patienten hätten sich gegen eine SRT entschieden, wie Desai berichtete.
Bessere NYHA-Klasse, höhere Lebensqualität
Die Verbesserungen bezogen sich dabei nicht nur auf den kombinierten primären Endpunkt. Auch bezüglich der NYHA-Klasse (NYHA: New York Heart Association) haben die Patienten beider Gruppen bis zur Woche 56 weiter profitiert: Unter denen, die von Anfang an mit Mavacamten behandelt wurden, verbesserte sich die NYHA-Klasse in 93 Prozent der Fälle um mindestens eine Klasse und bei 44 Prozent der Patienten um mindestens 2 Klassen. Unter denjenigen, die erst seit dem Crossover Mavacamten erhielten – mittlerweile also 40 Wochen lang – trat bei 73 Prozent eine Verbesserung um mindestens 1 Klasse und bei 35 Prozent eine Verbesserung um mindestens 2 Klassen ein, so Desai. Überdies wurde eine anhaltende Verbesserung des linksventrikulären Ausflusstrakts sowohl in Ruhe als auch beim Valsalva-Manöver sowie des NT-proBNP und des Troponins beobachtet. Dies schlug sich in einer anhaltenden Verbesserung der Lebensqualität und in einem verbesserten kardialen Remodelling nieder. Die Wirksamkeit war bei Männern und Frauen gleich gut.
Sicherheitsendpunkte
Ausserdem stellte der Experte ausgewählte Sicherheitsend-
punkte vor. Drei Viertel der Patienten (9 von 12) mit einer
LVEF < 50 Prozent konnten die Therapie mit Mavacamten nach einer vorübergehenden Unterbrechung in einer niedri- geren Dosierung wieder aufnehmen. Zu einem dauerhaften Absetzen kam es lediglich bei 3 Patienten der Crossover- Gruppe. Die Studie wurde zeitgleich im JAMA publiziert (4). Im begleitenden Editorial heisst es, das Sicherheitssignal einer potenziellen linksventrikulären Dysfunktion unterstrei- che die Notwendigkeit einer konservativen Medikamenten- titration und einer kontinuierlichen, aufmerksamen echo- kardiografischen Überwachung von Patienten, die mit kar- dialen Myosin-Inhibitoren behandelt werden. s Christine Mücke Quelle: ESC-Kongress 2023, Session «Late-breaking science on valve disease and hypertrophic cardiomyopathy», 29. August in Amsterdam. 12 CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Dezember 2023 Referenzen: 1. Olivotto I et al.: Mavacamten for treatment of symptomatic obstructive hypertrophic cardiomyopathy (EXPLORER-HCM): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet. 2020;396(10253):759769. 2. Desai M et al.: Myosin inhibition in patients with obstructive hypertrophic cardiomyopathy referred for septal reduction therapy. J Am Coll Cardiol 2022;80(2):95-108. 3. Desai M et al.: Dose-Blinded Myosin Inhibition in Patients With Obstructive Hypertrophic Cardiomyopathy Referred for Septal Reduction Therapy: Outcomes Through 32 Weeks. Circulation. 2023;147(1):850-863. 4. Desai M et al.: Mavacamten in Patients With Hypertrophic Cardiomyopathy Referred for Septal Reduction Week 56, Results From the VALOR-HCM Randomized Clinical Trial. JAMA Cardiol. 2023;Aug 28: e233342. Online ahead of print. ESC CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Dezember 2023 13