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ERS
Schweres eosinophiles Asthma bronchiale
Neue Biologika rücken Remission in Reichweite
Eine Reihe relativ neuer Biologika hat bei schwerem, eosinophilem Asthma Therapieerfolge ermöglicht, die noch vor Kurzem nicht oder allenfalls um den Preis einer hohen systemischen Steroidexposition erreicht werden konnten. Im Rahmen des ERS 2023 wurden zahlreiche Abstracts mit neuen Daten zu diesen Medikamenten sowie zu den pathophysiologischen Hintergründen des eosinophilen Asthmas präsentiert.
Etliche anlässlich des ERS 2023 vorgestellte Arbeiten beschäftigen sich mit der Frage, wie häufig unter Biologikatherapie eine Remission des Asthmas erreicht werden kann und ob es Prädiktoren für das Erreichen dieses Therapieziels gibt. Im klinischen Alltag werden die Eosinophilenzahl im Blut (BEC) sowie das fraktionierte exhalierte Stickstoffmonoxid (FeNO) als Biomarker eingesetzt, um Patienten mit einem eosinophilen Asthmaphänotyp zu identifizieren.
Neuer Prädiktor für das Erreichen einer Remission unter Biologika?
Eine internationale Gruppe stellte nun die Frage nach dem Stellenwert der submukosalen eosinophilen Granulozyten als Prädiktoren für das Erreichen einer Remission unter Biologikatherapie. Dazu wurden Patienten mit schwerem, unkontrolliertem Asthma rekrutiert, bei denen eine Therapie mit einem Biologikum begonnen werden sollte. Bei diesen Patienten wurden im Rahmen einer Bronchoskopie Proben aus dem respiratorischen Epithel entnommen und histopathologisch evaluiert. Dabei wurde die submukosale Eosinophilenzahl (SEC) bestimmt. Remission war definiert als das Fehlen von moderaten/schweren Exazerbationen, kein Gebrauch oraler Steroide, eine Verbesserung der FEV1 um mindestens 10 Prozent und/ oder 100 ml sowie ein Asthma-Control-Test über 19. Auf Basis von BEC und FeNO wurde ein T2-Score errechnet und sowohl mit der BEC als auch mit der Remissionswahrscheinlichkeit korreliert. Die Korrelation zwischen SEC und Remission wurde ebenfalls evaluiert. Von den 50 eingeschlossenen Patienten erreichten unter Therapie mit unterschiedlichen Biologika 23 (46%) eine klinische Remission. Das Erreichen einer Remission korrelierte signifikant sowohl mit einer höheren Zahl submukosaler Eosinophiler als auch mit BEC und FeNo. Dabei erwies sich die SEC im Vergleich sowohl zu BEC als auch zu FeNO als der aussagekräftigere Prädiktor (1). Dieser Befund könnte auch erklären, warum nicht alle Patienten mit schwerem Asthma auf Biologika ansprechen und sich ein kleiner Prozentsatz sogar als vollkommen therapieresistent erweist, obwohl die Voraussetzungen für die Indikation gemäss Zulassung erfüllt sind – also die Eosinophilenzahl im Blut relativ hoch ist. Welche Faktoren für ein unzureichendes Ansprechen auf eine Biologikatherapie verantwortlich sind, wurde in einer kleinen Studie mit Benralizumab, einem humanisierten monoklonalen Antikörper, der
spezifisch an die Alpha-Untereinheit des menschlichen Interleukin-5-Rezeptors (IL-5Rα) bindet, untersucht. Der IL-5Rezeptor wird spezifisch auf der Oberfläche von Eosinophilen und Basophilen exprimiert. Benralizumab ist angezeigt als Add-on-Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma, das trotz hochdosierter inhalativer Kortikosteroide plus lang wirksamer Betaagonisten unzureichend kontrolliert bleibt. In die nun präsentierte Studie wurden 20 Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma aufgenommen, die zuvor auf Mepolizumab oder Reslizumab nicht angesprochen hatten. Von diesen konnten 11 mit Benralizumab gut kontrolliert werden, 5 erreichten eine teilweise Kontrolle und 4 sprachen überhaupt nicht an.
Benralizumab: Was unterscheidet Responder und Non-Responder?
Bei allen Patienten, also auch bei den klinischen Non-Respondern, kam es zu einer Depletion der Eosinophilen. In der Folge wurde versucht, Faktoren zu identifizieren, die mit einem Nichtansprechen assoziiert sind. Dazu wurden bei 13 Patienten Computertomographien des Thorax durchgeführt, die tatsächlich bei den Non-Respondern mit höherer Wahrscheinlichkeit, aber nicht in allen Fällen, Mukuspfropfen (Mucus Plugging) fanden. Darüber hinaus zeigte die Analyse der Sputumzytokine Hinweise auf Non-T2-Marker bei Patienten mit schlechtem oder fehlendem Ansprechen. So korrelierten erhöhte IL-18- und reduzierte IL-15-Werte mit schlechtem Ansprechen und mit Asthmasymptomatik. Ebenso kam es unter der Therapie mit Benralizumab zu einer Abnahme von IL-13, während IL-6 und TNF-alpha anstiegen, was jedoch nicht mit Asthmasymptomen oder dem FeNO assoziiert war. Daraus schliessen die Autoren, dass trotz Depletion der Eosinophilen unter Therapie mit Benralizumab residuelle Symptome mit einer Aktivierung des Inflammasoms unter Umgehung von T2-Signalwegen (IL-18), reduzierter Aktvierung von NK-Zellen (IL-15) sowie einem Mukus-Plugging assoziiert sein können (2).
Hohe Eosinophilenzahl als Prädiktor von Remission
Die Zulassung von Benralizumab basiert auf den Phase-IIIStudien SIROCCO (SIR; 3) und CALIMA (CAL; 4), in die Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma eingeschlos-
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sen waren, die in den 12 Monaten vor Einschluss mindestens 2 Exazerbationen unter Therapie mit mittleren bis hohen ICS/LABA-Dosen durchgemacht hatten. Patienten aus SIR/ CAL wurden in die Verlängerungsstudie BORA aufgenommen, in der die längerfristige Wirksamkeit und Sicherheit von Benralizumab untersucht wurde (5). Dabei erwies sich Benralizumab nicht nur als wirksam, sondern rund ein Drittel der Patienten erreichte eine klinische Remission, wie Prof. Marek Lommatzsch von der Universitätsmedizin Rostock ausführte. Die Daten der BORA-Studie wurden nach 2 unterschiedlichen Definitionen von Remission ausgewertet, wobei sich nach beiden Definitionen erfreuliche Remissionsraten von jeweils rund einem Drittel ergaben. Unter weiterer Behandlung mit Benralizumab in der offenen Verlängerungsstudie nahm der Anteil der Patienten in Remission weiter zu. Von jenen Patienten, die am Ende der kontrollierten Studien nach der 4-Punkte-Definition in Remission waren, blieben 73 Prozent auch im zweiten Behandlungsjahr in Remission. Darüber hinaus erreichten 26 Prozent der Patienten, die am Ende der kontrollierten Studien nicht in Remission waren, im zweiten Behandlungsjahr erstmals eine Remission. Als Prädiktoren für eine Remission erwiesen sich die Eosinophilenzahl, eine bessere Asthmakontrolle und eine geringere Symptomatik bei Einschluss, nicht jedoch Exazerbationen, Nasenpolypen und das Alter bei Krankheitsbeginn (6).
Tezepelumab zeigt Wirkung über das Absetzen hinaus
Eine breitere Wirkung als die reinen Anti-T2-Therapien sollte der Anti-TSLP-Antikörper Tezepelumab entwickeln, der weiter upstream in die inflammatorische Kaskade des Asthma bronchiale eingreift. In der Phase-III-Studie NAVIGATOR wurde Tezepelumab in einer Population von Patienten mit schlecht kontrolliertem, schwerem Asthma im Vergleich zu Plazebo untersucht, wobei sowohl Patienten mit Bluteosinophilen von ≥ 300 Zellen/µl als auch mit weniger als 300 Zellen/µl eingeschlossen waren (7). In beiden Populationen erwies sich Tezepelumab im Vergleich zu Plazebo als signifikant wirksamer hinsichtlich einer Reduktion der Exazerbationen um mehr als 50 Prozent sowie einer Verbesserung der Lungenfunktion, gemessen an der forcierten Einsekundenkapazität (FEV1). Im Anschluss an die Studie NAVIGATOR hatten die Patienten die Möglichkeit, an der ebenfalls plazebokontrollierten Verlängerungsstudie DESTINATION teilzunehmen, in die auch Teilnehmer der Studie SOURCE aufgenommen wurden. Diese zeigte eine über 104 Wochen anhaltende Wirksamkeit im Sinne seltenerer Exazerbationen, verbesserter Lungenfunktion und Symptomkontrolle sowie einer Reduktion inflammatorischer Biomarker (8). Nach 104 Wochen wurde Tezepelumab abgesetzt. Im Rahmen des ERS 2023 wurde nun eine Auswertung der DESTINATION-Studie präsentiert, die der Frage nachging, wie sich Biomarker und Klinik nach dem Absetzen von Tezepelumab entwickeln. Um dies zu ermitteln, wurde Teilnehmern ein verlängertes Follow-up über weitere 36 Wochen angeboten. Endpunkte waren die Veränderung des Asthma Control Questionnaire (ACQ)-6 Scores, die Eosinophilenzahl im Blut, das FeNO sowie das FEV1 vor Bronchodilatation. Während des verlängerten Follow-ups verschlechterten
sich alle gemessenen Parameter. Allerdings wies Studienautor Prof. Christopher Brightling von der Universität Leicester darauf hin, dass dennoch alle Parameter am Ende des Followups besser waren als vor Beginn der Behandlung mit Tezepelumab (9). In weiteren Studien soll nun untersucht werden, ob es tatsächlich bei allen Patienten nach dem Absetzen von Tezepelumab zu einem neuerlichen Anstieg der Asthmaparameter kommt, oder ob Tezepelumab bei manchen Patienten eine krankheitsmodifizierende Wirkung hat.
Weniger Verschlechterung der Lungenfunktion
Daten aus den Studien der Phasen II und III zeigen, dass Tezepelumab im Vergleich zu Plazebo die Lungenfunktion vor Bronchodilatation verbessert, beziehungsweise Verschlechterungen verhindert. In einer gepoolten Analyse der Studien wurde untersucht, ob dieser Effekt von der Lungenfunktion vor Beginn der Behandlung mit Tezepelumab abhängt. Die Auswertung ergab, dass in den beiden Studien jeweils rund 85 Prozent der Population bei Einschluss in die Verum- und Plazebogruppen ein preBD ppFEV1 < 80 Prozent aufwiesen. In der Gruppe mit einem pre-BD ppFEV1 ≥ 80 Prozent bei Einschluss zeigten unter Tezepelumab nach einem Jahr Behandlung signifikant weniger Patienten eine Verschlechterung der Lungenfunktion. Während bei 29,0 Prozent der Patienten unter Plazebo das pre-BD ppFEV1 auf einen Wert < 80 Prozent abnahm, war dies in der Tezepelumabgruppe bei 19,8 Prozent der Fall (10). Studienautor Prof. Ian Pavord von der Universität Oxford betonte jedoch, dass sich im Schnitt das pre-BD ppFEV1 unter Tezepelumab auch in der Gruppe mit pre-BD ppFEV1 ≥ 80 Prozent verbesserte. s
Reno Barth
Quelle: ERS 2023, Session «Biological treatments for asthma: a new era in severe asthma management», am 10. September 2023 in Mailand.
Referenzen: 1. Shafiek H et al.: Bronchial submucosal eosinophils predict clinical remis-
sion better than blood eosinophils and FeNO in severe uncontrolled asthma treated with biological therapy. ERS 2023, Presentation ID 1413. 2. Mukherjee M et al.: Non-T2 cytokines post Benralizumab associate with residual symptoms. ERS 2023, Presentation ID 1414. 3. FitzGerald JM et al.: Benralizumab, an anti-interleukin-5 receptor α monoclonal antibody, as add-on treatment for patients with severe, uncontrolled, eosinophilic asthma (CALIMA): a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet. 2016;388(10056):2128-2141. 4. Busse WW et al.: Long-term safety and efficacy of benralizumab in patients with severe, uncontrolled asthma: 1-year results from the BORA phase 3 extension trial. Lancet Respir Med. 2019;7(1):46-59. 5. Bleecker ER et al.: Efficacy and safety of benralizumab for patients with severe asthma uncontrolled with high-dosage inhaled corticosteroids and long-acting β2-agonists (SIROCCO): a randomised, multicentre, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet. 2016;388(10056):2115-2127. 6. Lommatzsch M et al.: Durability of Benralizumab-induced remission in severe asthma: an analysis of the BORA study. ERS 2023, Presentation ID 1420. 7. Menzies-Gow A et al.: Tezepelumab in Adults and Adolescents with Severe, Uncontrolled Asthma. N Engl J Med. 2021;384(19):1800-1809. 8. Menzies-Gow A et al.: Long-term safety and efficacy of tezepelumab in people with severe, uncontrolled asthma (DESTINATION): a randomised, placebo-controlled extension study. Lancet Respir Med. 2023;11(5):425438. 9. Brightling C et al.: Biomarkers and clinical outcomes after cessation of tezepelumab after 2 years of treatment (DESTINATION)Biomarkers and clinical outcomes after cessation of tezepelumab after 2 years of treatment (DESTINATION). ERS 2023, Presentation ID 1415. 10. Pavord I et al.: Tezepelumab can restore normal lung function in patients with severe, uncontrolled asthma. ERS 2023, Presentation ID 1417.
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