Transkript
Anstrengungsinduzierte Bronchokonstriktion
Es muss nicht immer Asthma sein
EAACI
Durch körperliche Anstrengung ausgelöste Symptome von Bronchokonstriktion sind bei Asthmatikern meist ein Hinweis, dass die Asthmatherapie ungenügend ist. Nicht selten erleiden aber auch Nichtasthmatiker bei starker körperlicher Anstrengung vorübergehende Bronchospasmen. Darüber berichtete Prof. Matteo Bonini aus Rom (I) am hybriden EAACI-Kongress 2023.
Anstrengungsasthma (exercise-induced asthma, EIA) ist eine veraltete Krankheitsbezeichnung, die vor über 60 Jahren entstanden ist (Jones R et al. 1962). Aktuelle Leitlinien empfehlen, bei Patienten mit zugrundeliegendem klinischem Asthma und akuter Bronchokonstriktion bei körperlicher Anstrengung die Diagnose EIBa (exercise-induced bronchoconstriction with asthma) zu stellen. Körperliche Anstrengung kann als Trigger bei bis zu 90 Prozent der Asthmatiker, unabhängig von der ätiologischen Asthmaform, Symptome von bronchialer Obstruktion auslösen. Der Referent betonte, dass EIBa meist ein Zeichen für therapeutisch ungenügende Asthmakontrolle sei. Körperliche Anstrengung kann aber auch bei Personen ohne klinisches Asthma eine bronchiale Obstruktion auslösen (exercise-induced bronchoconstriction without asthma, EIBwa). Besonders betroffen sind Kinder, Athleten, Allergiker mit Rhinitis und Personen, die häufig respiratorische Infekte durchmachen.
Diagnostik der AnstrengungsBronchokonstriktion
Nach Literaturangaben beträgt die Prävalenz von EIB in der Allgemeinbevölkerung 5 bis 20 Prozent. Bei italienischen Spitzenathlethen, die an olympischen Sommer- und Winterspielen teilnahmen, fand die Arbeitsgruppe von Bonini für EIB eine Prävalenz von 8,1 Prozent. Mastzelldegranulation und Freisetzung von Mediatoren tragen zwar zur EIB bei, stellen aber nicht den Hauptmechanismus dar. 2 postulierte Mechanismen stehen im Vordergrund: ein thermaler Mechanismus (Abkühlung der Luftwege und Wiedererwärmung mit Hyperämie und Flüssigkeitsverschiebung) und ein osmotischer (Wasserverlust in den Luftwegen mit Hyperosmolarität und Freisetzung von Mediatoren). Möglicherweise spielen auch direkte schädigende Einflüsse auf das Bronchialepithel eine Rolle, wenn die trockene, kalte, nicht durch den Nasenfilter von Allergenen, Verschmutzungen und Irritanzien gereinigte Luft während der Anstrengung bei Mundatmung ohne Nasenpassage in die Lunge gelangt. Durch Schädigung der Barriere des Bronchialepithels könnten Entzündungsreaktionen ausgelöst werden. Auch häufige respiratorische Virusinfekte schädigen die Bronchialepithelbarriere. Von EIB betroffene Personen berichten über Husten, Dyspnoe, Ausser-Atem-Sein, pfeifende Atemgeräusche oder Engegefühl im Brustkorb. In der Regel entwickelt sich EIB innerhalb von 15 Minuten nach mindestens 5-minütigem aerobem Training von hoher Intensität. Innerhalb von 60 Minuten lässt die Bronchokonstriktion spontan wieder nach.
Um die EIB-Diagnose zuverlässig zu stellen, sind objektive Bronchoprovokationstests nötig, mit denen dynamische Veränderungen der Atemwegsfunktion nachweisbar sind. Ein Abfall des FEV1 von mindestens 10 Prozent nach 6 bis 8 Minuten auf dem Laufband oder Fahrradergometer bestätigt die Verdachtsdiagnose EIB (1). In einer aktuellen Studie erwies sich die FeNO-Messung (fraktioniertes ausgeatmetes Stickstoffmonoxid) bei Athleten als guter Prädiktor für eine bestehende EIB. Der positive prädiktive Wert eines FeNO-Resutats von mindestens 40 ppb (parts per billion) betrug 63 Prozent, die Spezifität 86 Prozent (2). Die Sensitivität von 37 Prozent liess allerdings zu wünschen übrig. Ein FeNO-Wert über 40 ppb sei nicht diagnostisch und könne die Lungenfunktionstestung mit Bronchoprovokation nicht ersetzen, so der Referent.
Prävention der Anstrengungs-
Bronchokonstriktion
Die Optimierung der Asthmatherapie gemäss den GINA-
Empfehlungen steht bei EIBa im Zentrum. Bei EIBwa werden
4 Gruppen von Medikamenten empfohlen. Die Dopingbe-
stimmungen müssen bei Athleten, die an Wettkämpfen teil-
nehmen, berücksichtigt werden. Am effektivsten wirken Be-
ta2-Agonisten. Kurz wirkende Beta2-Agonisten (SABA) wie
Salbutamol werden 15 Minuten vor der körperlichen An-
strengung inhaliert. Ihre Wirkung beginnt innerhalb von 5
bis 7 Minuten und dauert 2 bis 4 Stunden. Auch lang wir-
kende Beta2-Agonisten (LABA) wie Salmeterol kämen als
präventive Medikamente in Betracht, so Bonini. Mit SABA-
oder LABA-Inhalation vor der Anstrengung könne bei 68
Prozent der Betroffenen ein kompletter Schutz vor EIB
(FEV1-Abfall unter 10%) erreicht werden. Mastzellen-stabilisierende Medikamente sollen 15 Minuten und Leukotrien-
rezeptorblocker (z.B. Montelukast) 60 Minuten vor der An-
strengung angewendet werden. Bei Allergikern wird auch die
tägliche Einnahme von Antihistaminika empfohlen.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Junior Member Assembly Session JMA 2 «Is there a link between sports and respiratory diseases?» beim EAACI Hybrid Congress 2023 am 9. Juni 2023 in Hamburg und online.
Referenzen: 1. Bonini M et al.: Exercise-induced bronchoconstriction: new evidence in
pathogenesis, diagnosis and treatment. Asthma Res Pract. 2015;1:2. 2. Dickinson J et al.: Fractional exhaled nitric oxide in the assessment of
exercise-induced bronchoconstriction: A multicenter retrospective analysis of UK-based athletes. Scand J Med Sci Sports. 2023;33:1221-1230.
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