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Schweres Asthma
Biologika können auch die Lebensqualität verbessern
Die Behandlung des schweren Asthmas revolutionierte sich mit der Entwicklung der Biologika grundsätzlich. «Bei adäquater Therapie können sogar Sportler schweres Asthma im Griff behalten; bei inadäquater Therapie kann man daran sterben», sagte Prof. Ian M. Adcock, National Health and Lung Institute, Imperial College London, am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie (SSP) in Basel. Welche Biologika sich für welchen Asthmatypus eignen.
Schweres Asthma erfordert eine Behandlung mit hoch dosierten inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und wenn nötig eine zusätzliche systemische Kortikosteroidtherapie, um einem unkontrollierten Stadium mit schwerer Symptomkontrolle, häufigen und schweren Exazerbationen und einem eingeschränkter Luftfluss (airflow limitation, FEV1 < 80%) vorzubeugen (1). Dabei präsentiert sich nicht jede Asthmaerkrankung gleich. Manche sind allergisch bedingt, andere Patienten leiden unter hohen Eosinophilen, entzündlichem Geschehen und Exazerbationen. Vor 20 Jahren zeigte eine erste doppelblind randomisierte und plazebokontrollierte Studie mit einem humanisierten monoklonalen Interleukin-5-Antikörper zwar eine Senkung der Eosinophilen über 16 Wochen nach einer einmaligen Gabe. Doch auf die Allergenprovokation und die Hyperreagibilität der Luftwege hatte der Antikörper keinen Einfluss (2), was zum weiteren Verständnis der Rolle von erhöhten Eosinophilen bei Asthma beitrug. Eosinophile führen zu subepithelialer Fibrose, Verdickung und zu Entzündung, was letztlich in einer Atemwegsobstruktion resultiert. Eine hohe Eosinophilenzahl steigert die Exazerbationshäufigkeit bis zur lebensbedrohlichen respiratorischen Insuffizienz. Ein Wert > 150 Zellen/µl sei ein Hinweis auf ein schweres eosinophiles Asthma, so der britische Referent Adcock.
Exazerbationsrate gesenkt, Lungenfunktion besser
Bei Patienten, die trotz hoch dosierter und/oder oraler Kortikosteroidtherapie häufig exazerbieren, können Biologika die Exazerbationsrate senken und die Lungenfunktion verbessern und damit auch die asthmabedingte Lebensqualität, so Adcock. Der IL-5-Antikörper Mepolizumab lieferte diesen Beweis in einer randomisierten Doppelblindstudie mit Patienten mit häufig rezidivierenden Asthmaexazerbationen und eosinophiler Entzündung trotz hoher ICS-Dosen. Im Vergleich zu Plazebo waren die Attacken nach 32 Wochen unter Mepolizumab um 53 Prozent signifikant gesunken. Auch das forcierte Einsekundenvolumen (FEV1) verbesserte sich im Vergleich zu Plazebo um 98 ml signifikant (4). Benralizumab, ein IL-5Rα-Antikörper, wurde in der grossen (n = 1795) Vorher-Nachher-Real-World-Kohortenstudie ZEPHYR-2 mit verschiedenen Patientengruppen, nach Eosinophilenzahl unterteilt (< 150, ≥ 150, 150–< 300, < 300, und ≥ 300 Zellen/µl), untersucht. Darunter befanden sich sowohl biologikanaive als auch solche, die zuvor bereits mit Biologika behandelt waren. Die Patienten, die mindestens 2 Exazerbationen in den 12 vorangegangenen Monaten erlitten hatten, erhielten während 24 Monaten Benralizumab. Bei allen Patienten sank die Exazerbationsrate mit der Benralizumabtherapie, auch bei jenen, die von einem anderen Biologikum auf Benralizumab umgestiegen waren (4).
KURZ & BÜNDIG
� Biologika senken die Exazerbationshäufigkeit bei schwerem Asthma.
� Biologika reduzieren den Verbrauch an oralen Kortikosteroiden.
� Biologika verbessern zudem die Lungenfunktion und damit auch die Lebensqualität.
Remission und Phänotyp
Wie anhaltend der Effekt der Antikörpertherapie mit Mepolizumab ist, wurde bei Patienten mit schwerem eosinophilen Asthma in einer Post-hoc-Analyse der retrospektiven Real-World-Beobachtungsstudie REDES untersucht. In dieser Studie erhielten die Patienten ein Jahr lang Mepolizumab. Als Remission galt die Freiheit von oralen Kortikosteroiden (OCS), von Exazerbationen, ein ACT-(asthma control test-) Score ≥ 20 und ein FEV1 > 80%. 37 Prozent der Patienten erfüllten jeweils 3 und 30 Prozent alle 4 Kriterien. Am häu-
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Tabelle:
Behandlungsmöglichkeiten bei unkontrolliertem, mittelschwer bis schwerem Asthma
Allergisches eosinophiles Asthma Allergisches Asthma Eosinophiles Asthma und allergisches oder nicht allergisches, mit für Anti-IgE-Therapie zu hohem IgE OCS-abhängiges Asthma
Quelle: I. Adcock, SGP 2023
Anti-IgE (Omalizumab) Anti-IL-5, Anti-IL-5Rα (Mepolizumab, Benralizumab) Anti-IL-4/IL-13 (Dupilumab) Anti-IgE Anti-IL-5, Anti-IL-5Rα Anti-IL-4/IL-13 Anti-IL-4/IL-13
figsten konnten die OCS-Freiheit und der ACT-Score ≥ 20 erreicht werden. Jene Patienten, die alle vier Kriterien erfüllen konnten, wiesen verglichen mit denen, die keine Remission erreichten, bei Studieneinschluss eine höhere Eosinophilenzahl, bessere ACT-Scores und eine bessere Lungenfunktion, eine tiefere OCS-Erhaltungsdosis und leicht weniger Exazerbationen auf (5). Bei welchen klinischen Phänotypen sich Omalizumab oder Mepolizumab besser eignet, war Fragestellung einer weiteren Real-World-Kohortenstudie mit biologikanaiven Patienten mit schwerem Asthma. Von den 478 Patienten erhielten 105 Omalizumab, 62 Mepolizumab und 178 keine Biologika. Verglichen mit der Gruppe ohne Biologika, waren die Patienten unter Omalizumab jünger, hatten eine frühere Asthmadiagnose und litten vermehrt an Rhinitis. Dagegen waren die Patienten unter Mepolizumab mehrheitlich ältere Männer mit einer späten Asthmadiagnose und vermehrt Polyposis, aber ohne Atemstörungen. Beide Biologikatherapien reduzierten Exazerbationen, Notfallbehandlungen, OCS-Erhaltungsdosis und verbesserten sich im ACQ6-Score (Asthma Control Questionnaire). Patienten mit tieferem ACQ6-Score zu Studienbeginn sprachen auf Mepolizumab an (p = 0,007), Patienten mit mehr Exazerbationen auf Omalizumab (p = 0,24). Patienten, die dagegen auf keine Therapie ansprachen,
zeigten signifikant mehr Psychopathologien und eine subjek-
tiv schwerer empfundene Erkrankung (6).
Bei unkontrolliertem Asthma stehen weitere Antikörper wie
Omalizumab (Anti-IgE), Dupilumab (Anti-IL-4/13) und das
kürzlich zugelassene Tezepelumab (Anti-TSLP) zur Verfü-
gung.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Severe asthma – what have we achieved?». Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie, 21. bis 23. Juni 2023 in Basel.
Referenzen: 1. Chung KF et al.: International ERS/ATS guidelines on definition, evalua-
tion and treatment of severe asthma. Eur Respir J. 2014;43(2):343-373. 2. Leckie MJ et al.: Effects of an interleukin-5 blocking monoclonal antibody
on eosinophils, airway hyper-responsiveness, and the late asthmatic response. Lancet. 2000;356(9248):2144-2148. 3. Ortega HG et al.: Mepolizumab treatment in patients with severe eosinophilic asthma. N Engl J Med. 2014;371(13):1198-1207. 4. Carstens D et al.: Real-world effectiveness study of benralizumab for severe eosinophilic asthma: ZEPHYR 2. J Allergy Clin Immunol Pract. 2023;11(7):2150-2161.e4. 5. Pavord I et al.: Remission outcomes in severe eosinophilic asthma with mepolizumab therapy: Analysis of the REDES study. Front Immunol. 2023;14:1150162. 6. Fong WCG et al.: Real-world omalizumab and mepolizumab treated difficult asthma phenotypes and their clinical outcomes. Clin Exp Allergy. 2021;51(8):1019-1032.
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