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EULAR
Psoriasisarthritis
Erhöhtes Risiko für Gefässentzündungen
Rheumatische Erkrankungen gehen häufig mit multiplen Entzündungen einher. Auf dem EULAR-Kongress in Mailand wurde nun – neben einer Reihe weiterer interessanter Studien zur Psoriasisarthritis (PsA) – eine Untersuchung vorgestellt, nach der bei PsA-Patienten auch die grossen Gefässe entzündlich betroffen sein können.
Patienten mit Psoriasisarthritis (PsA) haben wie Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wahrscheinlich aufgrund der chronischen Entzündung im Körper. In einer auf dem diesjährigen Kongress der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) in Mailand vorgestellten Studie wurde nun untersucht, inwieweit die Gefässe von PsA-Patienten von solchen Entzündungen betroffen sind (1). Die niederländischen Wissenschaftler verglichen 75 Patienten mit aktiver peripherer Arthritis und mindestens zwei geschwollenen peripheren Gelenken mit einer Gruppe von 40 Kontrollpatienten mit einem Melanom ohne Metastasen. Ihre Aorten wurden mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) bzw. Computertomographie (CT) vermessen. Die «Targetto-Background Ratio» (TBR) der PsA-Patienten war im Vergleich zu den Kontrollpersonen erhöht (primärer Endpunkt). So betrug die mittlere TBR für die gesamte Aorta der PsA-Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe 1,53 ± 0,15 bzw. 1,42 ± 0,13; p < 0,001. Die Unterschiede blieben auch nach Adjustierung für Alter, Geschlecht, BMI und mittleren arteriellen Druck bestehen. Die Ergebnisse unterstützen die Ansicht, dass die Entzündungsaktivität bei Patienten mit PsA auch verschiedene Bereiche der Aorta und damit das kardiovaskuläre System betrifft, so die Autoren. Hinweise auf den zukünftigen Verlauf der PsA Der röntgenologische Verlauf bei PsA-Patienten kann sehr unterschiedlich sein. Niederländische Wissenschaftler wollten in einer Realworld-Kohortenstudie mit 358 PsA-Patienten herausfinden, welche radiologischen Faktoren bei früher PsA in einem Zeitraum von zwei Jahren für eine rasche Progression sprechen (2). Es zeigte sich, dass zum Zeitpunkt der Diagnose (Baseline) ein höheres Alter, geschwollene Gelenke, eine erosive Erkrankung, ein höherer Gelenkspaltverschmälerungs-Score («joint space narrowing»-score; JSN) sowie CRP-Werte > 1 mg/dl eine solche Progression wahrscheinlicher machen. Nicht wenige Patienten mit Psoriasis (PsO) entwickeln im Laufe ihres Lebens eine PsA. Welche Kriterien sind wichtig, um einen solchen Verlauf vorherzusagen beziehungsweise wie sollte darauf reagiert werden? Dieser Frage ging eine
grosse multidisziplinäre Task Force der EULAR nach (3). Die Wissenschaftler einigten sich auf 10 konkrete Punkte: 1. Eine Arthralgie bei PsO-Patienten sollte als Risikofaktor
für eine spätere PsA-Progression angesehen werden. 2. PsO-Patienten sollten regelmässig nach Gelenk- und Seh-
nenschmerzen sowie Funktionseinschränkungen befragt und gegebenenfalls an einen Rheumatologen überwiesen werden. 3. Bei PsO-Patienten können bildgebende Verfahren helfen, mögliche Risikofaktoren (insbesondere synovial-enthesale Abnormalitäten) zu identifizieren. 4. Auch wenn keine muskuloskelettalen Symptome vorliegen, sollte auf solche Anomalien geachtet werden, um eine inadäquate Behandlung zu vermeiden. 5. Die Kombination von muskuloskelettalen Symptomen und PsO-Abnormitäten in der Bildgebung sollte als Kriterium für präventive Massnahmen zur Verhinderung einer zukünftigen PsA angesehen werden. 6. Bei Patienten mit PsO und klinisch manifester Synovitis sollte eine PsA angenommen werden, wenn alternative Diagnosen ausgeschlossen wurden. 7. Bei Patienten mit PsO, die eine systemische Behandlung benötigen, sollte das Risiko eines Übergangs in eine PsA bei der Wahl der Behandlung berücksichtigt werden. 8. PsO-Patienten mit Adipositas, Nagelbefall und/oder ausgedehnter Psoriasis sollten langfristig als Patienten mit erhöhtem Risiko für PsA angesehen werden. 9. PsO-Patienten sollten über das Risiko der Entwicklung einer PsA aufgeklärt werden. Sie sollten aufgefordert werden, über ihre Symptome zu berichten, um die frühe Detektion einer PsA zu erleichtern. 10.B ei PsO-Patienten sollten in regelmässigen Abständen die Risikofaktoren für die mögliche Entwicklung einer PsA bewertet werden.
Nagelbeteiligung: Ixekizumab im Vorteil
Bei Patienten mit Psoriasisarthritis liegt die Prävalenz einer Nagelbeteiligung zwischen 41 und 93 Prozent. Diese Nagelentzündungen wiederum sind mit Entzündungen des benachbarten distalen Interphalangealgelenks (DIP) assoziiert. In einer neuen Analyse der SPIRITH2H-Studie wurde der Ef-
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fekt des IL-17A-Inhibitors Ixekizumab (IXE) und des TNFHemmers Adalimumab (ADA) auf diese beiden Komorbiditäten bei 354 entsprechend doppelt betroffenen PsA-Patienten untersucht (IXE, n = 186; ADA, n = 168) (4). Die Teilnehmer hatten im Nail Psoriasis Severity Index (NAPSI) einen Gesamtwert > 0 und eine DIP-Beteiligung mit geschwollenen Gelenken oder hoher Schmerzempfindlichkeit. Nach 24 Wochen Therapie hatten signifikant weniger Patienten unter Ixekizumab eine Nagelbeteiligung (NAPSIScore: > 0; p < 0,05) und numerisch weniger entzündete Interphalangealgelenke als unter ADA. Auch die Schmerzempfindlichkeit der Gelenke war unter Ixekizumab numerisch geringer. Bimekizumab wirksam nach Versagen der TNF-Therapie Zu der inzwischen recht breiten Palette an Wirkstoffen zur Behandlung der Psoriasisarthritis wird in naher Zukunft der monoklonale Antikörper Bimekizumab (BKZ) hinzukommen. Dabei handelt es sich um einen dualen Interleukin-17(IL17-)Hemmer, der sowohl IL-17A als auch IL-17F hemmt. In Mailand wurde eine britisch-niederländisch-amerikanische Phase-III-Studie mit etwa 400 Patienten vorgestellt, die an PsA litten und mindestens eine fehlgeschlagene Behandlung mit einem TNF-Inhibitor hinter sich hatten (5). Sie erhielten alle 4 Wochen subkutan Bimekizumab (160 mg) oder Plazebo. Nach 16 Wochen erreichten signifikant mehr Teilnehmer unter BKZ den zusammengesetzten Endpunkt aus verschiedenen PsA- und Psoriasis-Indizes/Scores als unter Plazebo. Eine «minimale und sehr geringe Krankheitsaktivität» (MDA) zeigten nach 16 Wochen 16,6 Prozent der Teilnehmer unter Plazebo und 44,2 Prozent unter BKZ. Nach 52 Wochen erreichte fast die Hälfte der mit BKZ behandelten Patienten (47,2%) eine MDA. Nachdem auch die PlazeboPatienten nach 16 Wochen auf BKZ umgestellt worden waren, erreichte etwa ein Drittel (33,1%) nach 52 Wochen eine MDA. Ebenfalls in Mailand wurde eine sehr umfangreiche Sicherheitsanalyse mit über 4000 Patienten und knapp 10 000 Patientenjahren zum IL-23-Inhibitor Guselkumab vorgestellt (6). Grundlage waren die 11 wichtigsten plazebokontrollierten Studien der klinischen Phasen II und III quer durch die Psoriasis und Psoriasisarthritis. Die gepoolten Sicherheitsdaten waren in der Guselkumab- und in der Plazebogruppe sehr ähnlich, was schwerwiegende Nebenwirkungen, Nebenwirkungen, die zum Therapieabbruch führten oder Infektionen betraf. Die Raten schwerer Infektionen waren – wie die der schweren Nebenwirkungen insgesamt – sehr niedrig und für Guselkumab und Plazebo vergleichbar. Damit stellte die IL-23-Inhibiton quer durch diese breite Studienpopulation ein sicheres Wirkprinzip dar. Sicherheitsanalyse von Upadacitinib Wie sicher ein Wirkstoff ist, zeigt sich erst in der Langzeit- anwendung. Auf dem EULAR wurden jetzt die 5-Jahres- Daten zum Einsatz des JAK-Inhibitors Upadacitinib (UPA) bei PsA, ankylosierender Spondylitis (AS) und nicht radio- graphischer axialer Spondyloarthritis (nr-axSpA) vorgestellt (7). Für die Studie wurden die Daten von 5 PsA-Studien (davon eine Vergleichsstudie mit Adalimumab; ADA), 2 AS-Studien und 1 Studie zur nr-axSpA mit insgesamt 1789 Patienten und 3690 Patientenjahren ausgewertet. Es zeigte sich, dass die Gesamtrate an Nebenwirkungen und die Rate an schwerwiegenden Nebenwirkungen bei PsA-Patienten am höchsten war und auch bei UPA (15 mg) etwas höher als bei ADA, aber etwa gleich bei AS und nr-axSpA. Bei PsA-Patien- ten wurden unter UPA im Vergleich zu ADA höhere Raten von schweren Infektionen, Herpes zoster, Lymphopenie und nicht melanotischem Hautkrebs beobachtet. Die Anzahl der Therapieabbrüche aufgrund unerwünschter Nebenwir- kungen war bei allen Entitäten ähnlich. Die Inzidenz von Malignomen (ohne nicht melanotischen Hautkrebs), MACE und VTE war bei Patienten mit PsA unter UPA 15 mg und ADA ähnlich. Die Mortalitätsraten (standardisierte Mortali- tätsraten; SMR) waren bei PsA-Patienten vergleichbar mit denen der Allgemeinbevölkerung (ohne COVID 19). Abgese- hen von den beobachteten Unterschieden, so die Autoren um Gerd Burmester von der Charité Berlin, zeige UPA 15 mg ein insgesamt konsistentes Sicherheitsprofil ohne neu auftre- tende Sicherheitssignale. s Klaus Duffner Quelle: 23. Europäischer Kongress für Rheumatologie (EULAR), 31.5.23 – 3.6.23 in Mailand Referenzen: 1. Kleinrensink NJ et al.: Ann Rheum Dis 2023;82(1):16. EULAR 2023, OP0026. 2. Koc GH et al.: Ann Rheum Dis 2023;82(1):44. EULAR 2023, OP0065. 3. Zabotti A et al.: Ann Rheum Dis 2023;82(1):42. EULAR 2023, OP0062. 4. Mcgonagle D et al.: Ann Rheum Dis 2023:82(1):1124. EULAR 2023, POS1526. 5. Coates L et al.: Ann Rheum Dis 2023;82(1):1775. EULAR 2023, AB1099. 6. Coates L et al.: Ann Rheum Dis 2023;82(1):1134. EULAR 2023, POS1538. 7. Burmester GR: Ann Rheum Dis 2023; 82(1):607. EULAR 2023, POS0657. CongressSelection Rheumatologie | August 2023 19