Transkript
EADV 2022
Aktinische Keratosen
Kann die Therapie invasive Karzinome verhindern?
4 Jahre nach Behandlung aktinischer Keratosen mit 4 verschiedenen feldgerichteten Therapien entwickelten 3,7 Prozent der Patienten ein Plattenepithelkarzinom im behandelten Hautareal. Das geringste Karzinomrisiko wurde nach Behandlung mit 5-Fluorouracil festgestellt. Das ergab die Langzeit-Nachbeobachtung von Patienten, die an einer direkten Therapievergleichsstudie teilgenommen hatten. Darüber berichtete Prof. Klara Mosterd aus Maastricht (NL) am hybriden EADV-Kongress 2022.
Vor 3 Jahren publizierte die Arbeitsgruppe der Referentin eine viel beachtete direkte Vergleichsstudie der 4 in den Niederlanden am häufigsten verwendeten Therapien aktinischer Keratosen. Als primäres Erfolgskriterium wurde eine Reduktion von ≥ 75 Prozent bei der Anzahl aktinischer Keratosen 1 Jahr nach der Behandlung gefordert. An der Therapievergleichsstudie beteiligten sich 624 Patienten mit mehr als 5 aktinischen Keratosen in einem Feld von 25 bis 100 cm2 an Kopf und Hals. Zur Studie wurden Patienten mit aktinischen Keratosen aller Olsen-Grade (I bis III) zugelassen. Nach Evaluation des Behandlungserfolgs war im Rahmen der Studie eine benötigte Zweitbehandlung möglich. 1 Jahr nach der Behandlung wurden grosse Unterschiede bei der Wirksamkeit der Therapien festgestellt. Erreicht wurde das primäre Erfolgskriterium mit 5-Fluorouracil-Creme (5%, 2 × täglich) bei 74,7 Prozent, mit Imiquimod-Creme (5%, 3 × pro Woche) bei 53,9 Prozent, mit MAL-PDT (1 Sitzung) bei 37,7 Prozent und mit Ingenolmebutat (nicht mehr erhältlich) bei 28,9 Prozent. 5-Fluorouracil-Creme war allen anderen Therapien statistisch signifikant überlegen.
Karzinomrisiko 4 Jahre nach der Behandlung
Die Analyse der Progression zum kutanen Plattenepithelkarzinom im Langzeitverlauf stellte ein besonders wichtiges sekundäres Studienziel dar. Nach einem Follow-up von median 46 Monaten (39 bis 51 Monate) liegen jetzt Resultate vor, die zeigen, welcher Anteil der Patienten in den verschiedenen Behandlungsgruppen ein invasives Plattenepithelkarzinom der Haut entwickelte (1). Nach der Therapie mit 5-Fluorouracil kam es bei 2,2 Prozent zur Karzinomentwicklung, nach Ingenolmebutat bei 3 Prozent, nach MAL-PDT bei 3,6
Klinische Klassifikation aktinischer Keratosen nach Olsen
Grad I:
leichte, frühe aktinische Keratosen; die dünnen Läsionen lassen sich besser ertasten (minime Erhöhungen wie Sandpapier) als sehen
Grad II: mittelschwere, fortgeschrittenere aktinische Keratosen; die dickeren Läsionen sind gut sichtbar und tastbar
Grad III: schwere, lang bestehende aktinische Keratosen; die sehr dicken, verrukösen Hautwucherungen sind sehr gut sichtbar und tastbar
Prozent und nach Imiquimod bei 5,8 Prozent. Die numerische Überlegenheit von 5-Fluorouracil war wegen zu geringer Fallzahlen nicht statistisch signifikant. Insgesamt wurden 26 Plattenepithelkarzinome im behandelten Hautareal histologisch diagnostiziert. Als wichtigste Prädiktoren für den Übergang in ein invasives Karzinom wurden identifiziert: • klinischer Schweregrad der aktinischen Keratose (Olsen-
Grad, siehe Kasten) vor Behandlungsbeginn • erforderliche erneute Behandlungen nach der letzten, im
Rahmen der Studie durchgeführten Behandlung. Aus aktinischen Keratosen vom Olsen-Grad I (25 Patienten) war bei keinem Patienten ein invasives Plattenepithelkarzinom entstanden. Vorbestehende aktinische Keratosen vom OlsenGrad II (550 Patienten) wurden in 14 Fällen zu invasiven Karzinomen. Das höchste 4-Jahres-Risiko für Karzinomentwicklung lag bei 20,9 Prozent und betraf Patienten mit vorbestehenden aktinischen Keratosen vom Olsen-Grad III (49 Patienten, 4 Karzinomfälle). 3 der insgesamt 26 Karzinome entstanden an Hautstellen ohne vorbestehende aktinische Keratose. Bei 5 Fällen war nicht sicher, ob an der betreffenden Stelle eine aktinische Keratose vorhanden gewesen war. Mosterd empfahl, die Olsen-Klassifikation in der Praxis weiterhin zu verwenden, weil damit rasch und einfach eine Beurteilung des Schweregrads möglich sei. Wenn Patienten erneute Behandlungen benötigten, betrug ihr 4-Jahres-Risiko für Karzinomentwicklung 6,4 Prozent. Wenn sie auch noch zur Gruppe mit Olsen-Grad III gehörten, kletterte ihr Karzinomrisiko sogar auf 33,5 Prozent. Solche Patienten sollten besonders aufmerksam nachkontrolliert werden, so die Referentin. Bei einem Drittel der Patienten waren erneute Behandlungen erforderlich. Die Chancen, keine Behandlung mehr zu brauchen, waren in der Gruppe mit 5-Fluorouracil am grössten. In der Ingenolmebutat-Gruppe benötigten 53,1 Prozent weitere Behandlungen, in der MAL-PDTGruppe 42,7 Prozent, in der Imiquimod-Gruppe 34,5 Prozent und in der 5-Fluorouracil-Gruppe nur 23,3 Prozent. s
Alfred Lienhard
Quelle: Session D3T07.2 «Actinic Keratosis» beim 31. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 10. September 2022.
Referenz: 1. Ahmady S et al.: Risk of invasive cutaneous squamous cell carci-
noma after different treatments for actinic keratosis. JAMA Dermatol. 2022; 158: 634-640.
CongressSelection Dermatologie | Februar 2023
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