Transkript
Gastroprotektion
Säureschutz gewusst wie
UEG-Week
Bei Indikationen, deren Therapie magenschädigend ist, beispielsweise bei einer kardiopräventiven Thromboseprophylaxe, ist es sinnvoll, eine begleitende Gastroprotektion zu installieren. Ein Magenschutz drängt sich ebenso bei gastroösophagealen Refluxkrankheiten auf. Kommen Protonenpumpenhemmer zum Einsatz, sollten Einnahmezeitpunkt sowie mögliche Interaktionen beachtet werden.
Bei Patienten unter kardiovaskulärer indizierter Thromboseprophylaxe ist ein Magenschutz zu erwägen. Denn beispielsweise bei einer Therapie mit Acetylsalicyläsure (ASS) ist die Blutungsinzidenz im oberen Gastrointestinaltrakt erhöht (1). Das gilt auch für Clopidogrel, Vitamin-K-Antagonisten (VKA) (2) sowie für direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) (3) und natürlich für Kombinationstherapien mit diesen Komponenten, erläuterte Prof. Jan Bornschein, Jon Radcliffe Hospital, Oxford University Hospitals, an der United European Gastroenterology Week in Wien. Schmerztherapien mit COX-2-Hemmern, von denen man anfänglich dachte, sie seien magenschonender als die übrigen NSAID, sind davon ebenfalls betroffen (4). Ein Einsatz von Protonenpumpenhemmern (PPI) bei Patienten unter einer niedrig dosierten ASS-Therapie ist daher naheliegend. Eine Studie hat gezeigt, dass Patienten mit peptischen Ulzera in der Vorgeschichte, die unter einer niedrig dosierten ASS-Therapie stehen, mit einer zusätzlichen Esomeprazoltherapie im Verlauf von 48 Wochen signifikant weniger Magengeschwüre entwickelten (5). Ein ähnlicher Effekt zeigte sich bei Patienten unter einer DOAK-Therapie mit zusätzlichem PPI bezüglich erosionsbedingter gastrointestinaler Blutungen. Mit dem PPI kam es zu weniger Hospitalisationen aufgrund von Magenblutungen als ohne PPI (6). Bei Patienten unter einem VKA (Warfarin) war die Reduktion mit vs. ohne PPI nicht signifikant, bei einer dualen Therapie mit VKA plus Plättchenhemmer jedoch schon (7), so Bornschein.
KURZ & BÜNDIG
� Eine gastroprotektive Therapie kann aufgrund von Nebenwirkungen anderer Therapien oder beispielsweise wegen einer Refluxkrankheit notwendig werden.
� Bei einer PPI-Therapie ist der Einnahmezeitpunkt für die Wirkung essenziell.
� Das Interaktionspotenzial muss berücksichtigt werden.
Interaktionspotenzial beachten
Bei einer PPI-Gabe zusammen mit Thromboseprophylaktika muss berücksichtigt werden, dass beide über das Zytochrom-P450-System metabolisiert werden. Ob die Interaktion klinisch relevant ist, ist ungewiss, doch sollte bei einer Kombination mit Clopidogrel als PPI ein schwacher CYP2C19-Inhibitor wie Pantoprazol gewählt werden. Eine Kombination von Clopidogrel mit Esomeprazol sollte dagegen vermieden werden, so Bornschein. Eine weitere Massnahme zur Reduktion dieser Interaktion sei die zeitversetzte Verabreichung (morgens/abends) der beiden Medikamente.
An Helicobacter-pylori-Infektion denken
Das Risiko für eine Magenblutung bei Einnahme von tief dosierter ASS oder von NSAID sei um den Faktor 3,6 bzw. 8 erhöht (8), wenn gleichzeitig eine Infektion mit Helicobacter (H.) pylori vorliege. Die Gabe von PPI verringere dieses Risiko, der Effekt einer Eradikation sei allerdings grösser (9), so Bornschein. Bei peptischen Ulzera in der Vorgeschichte sollte daher nach H. pylori gesucht und eradiziert werden, wenn eine antithrombotische Langzeittherapie mit Plättchenhemmern oder Antikoagulanzien geplant ist. Bei Patienten ohne frühere Magengeschwüre sei es weiter sinnvoll, bei vorliegenden Risikofaktoren wie Alter > 65 Jahre, Steroid- oder NSAIDGebrauch, dyspeptischen oder gastroösophagealen Beschwerden eine PPI-Therapie zu etablieren, wenn eine antithrombotische Therapie geplant sei (10), so der Rat des Referenten. Die Guidelines der europäischen Kardiologengesellschaft (ESC) gehen noch weiter, sie empfehlen bei einer dualen Plättchenhemmertherapie routinemässig eine Zusatztherapie mit PPI (11). Beruht die erhöhte Säureproduktion auf der Besiedelung mit H. pylori, ist die wirksamste Methode die Eliminierung des Bakteriums. Diese gelingt aber mit den gängigen Therapieregimes nicht immer und ist zudem sehr langwierig. Einfacher wäre eine Impfung gegen H. pylori. Bisher hätten aber die zahlreichen verschiedenen Impfstoffversuche zu keinem Erfolg geführt, berichtete Prof. Francis Mégraud. Einen möglichen Grund dafür ortet der Experte in der Tatsache, dass das Bakterium bereits im Körper ist und vom Immunsystem
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nicht als fremd erkannt und eliminiert wird. Etwas Hoffnung verbindet Mégraud mit der mRNA-Impfstofftechnologie, die aber noch nicht auf dieses Problem hin untersucht worden ist.
Medikamentöse Optionen
Wird eine PPI-Therapie als Magenschutz verordnet, sollte
auf den Einnahmezeitpunkt geachtet werden, damit die Säu-
reblockade erfolgen kann. PPI entfalten ihre Wirkung nur an
aktiven Protonenpumpen in den Belegzellen. Diese sind wäh-
rend des Essens aktiv. Eine Einnahme 30 Minuten vor dem
Essen stelle daher sicher, dass der Wirkstoff bereits im Plasma
sei, wenn die Protonenpumpen aktiv würden, erklärte Prof.
Prateek Sharma, VA Medical Center, Kansas City.
Ein anderer Weg zur Unterdrückung der Magensäuresekre-
tion aus den Belegzellen führt über die kaliumkompetitive
Säureblockade (potassium competitive acid blocker [PCAB]).
In verschiedenen Ländern sind Vertreter dieser neuen Klasse
(Prazane) bereits zugelassen (wie z. B. Vonoprazan, Revapra-
zan, Tegoprazan, Fexuprazan, Linaprazan). Sie wirken
schneller als PPI und müssen nicht 30 Minuten vor dem Essen
eingenommen werden, weil sie sowohl an aktiven als auch an
inaktiven Protonenpumpen binden und nicht durch Säure
aktiviert werden müssen. Vonaprazan (20 mg) beispielsweise
war in einer Phase-III-Studie dem PPI Lansoprazol (30 mg) in
einer 8-wöchigen Behandlung hinsichtlich Abheilung einer
erosiven Ösophagitis und der Erhaltung der Heilung nicht
unterlegen (12). Weitere Vergleichsstudien zwischen anderen
Prazanen und PPI zeigen ähnliche Ergebnisse.
Eine weitere Möglichkeit, die Säureproduktion zu verrin-
gern, ist die Auskleidung der Magenmukosa durch eine
Schutzschicht mit einem Alginat. In einer randomisiert kon-
trollierten Studie bei Refluxpatienten mit unzureichender
Symptomlinderung durch PPI erreichte zusätzlich verab-
reichtes Natriumalginat während 7 Tagen eine signifikant
stärkere Linderung von dyspeptischen Beschwerden als PPI
und Plazebo (13).
s
Valérie Herzog
Quelle: «Gastroprotection». United European Gastroenterology Week (UEGW), 9. bis 11. Oktober 2022, in Wien.
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