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UEG-Week
Funktionelle Dyspepsie
Wie soll man am besten praktisch vorgehen?
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Bei der Therapie der funktionellen Dyspepsie gibt es viele Möglichkeiten. Lebensstilmodifikation, Diät und Pharmakotherapie gehören zu den ersten Massnahmen, bevor differenzialdiagnostisch weiter abgeklärt wird. Womit eine Therapie begonnen werden soll und was danach folgt, erläuterte PD Dr. Jutta Keller, Israelitisches Krankenhaus, Hamburg (D), am Jahreskongress der United European Gastroenterology Week in Wien.
Jutta Keller
Dyspepsie ist ein häufiges Problem in der klinischen Praxis. Nur bei einem Viertel der Patienten finden sich organische Ursachen. Können organische Ursachen endoskopisch, sonografisch, mit Basislabor inklusive Bestimmung der Transglutaminase-Antikörper zur Suche einer möglichen Zöliakie ausgeschlossen werden, liegt eine funktionelle Dyspepsie vor. In der Behandlung der funktionellen Dyspepsie empfiehlt die Expertin als ersten Therapieschritt allgemeine Lebensstilmodifikationen wie zum Beispiel die Einnahme von kleinen und fettarmen Mahlzeiten. Sie sind für diese Patienten besser verträglich. Ihnen bekannte Trigger sollten sie vermeiden, ebenso Kaffee. Dieser sei zwar gut für die Leber, aber schlecht für einen empfindlichen Magen, so die Referentin. Eine Untersuchung mit 1241 Medizinstudenten zeigte nämlich, dass bei jenen, die an einer bisher undiagnostizierten Dyspepsie litten (46%), Kaffee, Schlafprobleme und Depression in direktem Zusammenhang standen (1). Je nach Patient ist eine FODMAP-Diät (FODMAP: fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole) eine Option, vor allem wenn ein postprandiales Distress-Syndrom (PDS) vorliegt. Dieses äussert sich durch die Hauptsymptome Völlegefühl und vorzeitige Sättigung. Eine glutenfreie Diät kann ebenso versucht werden, sie schliesst FODMAP-haltige Nahrungsmittel teilweise ebenso aus. Weitere restriktivere
KURZ & BÜNDIG
� Bei funktioneller Dyspepsie sind Lebensstilmodifikationen, Diät, H.-pylori-Eradikation, Säurehemmung und Phytotherapie valable Optionen.
� Bei therapierefraktären Patienten folgt eine differenzialdiagnostische Abklärung.
� Als weitere therapeutische Optionen gelten Prokinetika, restriktive Diäten, Psychotherapie und Antidepressiva.
Diäten sind 6-Food-Eliminationsdiät, mit der herausgefunden werden kann, welche Nahrungsmittel Unverträglichkeiten auslösen. Das Vermeiden von individuellen Allergenen aufgrund von Ergebnissen einer konfokalen Laserendomikroskopie ist eine weitere Möglichkeit für die zielgenauere Auslassung von unverträglichen Lebensmitteln. Diese kann aber nicht überall durchgeführt werden.
Helicobacter pylori testen
Bringen Lebensstilmodifikationen und allgemeine diätetische Massnahmen keine Linderung, folgt als nächster Schritt die Abklärung einer möglichen Besiedelung mit Helicobacter (H.) pylori. Bei einem positiven Test sollte eine Eradikation erfolgen. Die Evidenz hinsichtlich eines therapeutischen Effekts bei Dyspepsie sei jedoch limitiert, so Keller. Die Number Needed to Treat (NNT) ist gemäss einer Metaanalyse (NNT = 14) zwar hoch, allerdings kann der Effekt auch erst Monate später eintreten, dieser war nur in Langzeitstudien > 12 Monate signifikant (2). Patienten mit einer H.-pyloriassoziierten Dyspepsie haben ihr Leiden damit überwunden, bei den übrigen ist die Eradikation jedoch nicht vergebens, denn sie dient ausserdem der Prävention von Magenkarzinomen.
Säurehemmer und Phytopharmaka
Bei Patienten, die entweder H.-pylori-negativ sind oder bei denen die Eradikation zu keiner Symptomlinderung geführt hat, besteht die nächste Stufe aus der Anwendung von pharmakologischen Massnahmen. Ein systematischer Review mit Metaanalyse über 71 Studien (n = 19 243) zur medikamentösen Therapie ergab, dass eine Säureblockade mit Protonenpumpenhemmern und H2-Blockern dosisunabhängig effektiv ist (NNT = 11) (3). Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von Phytotherapeutika, die gemäss einer Metaanalyse eine Symptomlinderung bei funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen bringen, vor allem bei PDS (postprandial distress-Syndrom) und EPS (epigastric pain syndrome). Dazu eigneten sich Menthacarin, eine Mischung aus Pfefferminz- und Kümmelöl (Carmethin®), STW-5 (Iberogast®), Artischockenblätterextrakt, Kurkuma und Capsaicin, so Keller. Menthacarin wirkte in
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einer 4-wöchigen, doppelblind randomisierten Studie bei Patienten mit PDS und EPS nach 2 und nach 4 Wochen signifikant stärker symptomlindernd als Plazebo. Anhand der gemessenen Scores besserten sich die Schmerzen mehr als doppelt so stark als unter Plazebo, das Unwohlsein besserte sich nahezu 3-fach (4).
Praktisches Vorgehen
Womit soll die Therapie begonnen werden? Bei Patienten mit EPS startet die Expertin die Therapie mit Protonenpumpenhemmern, bei Patienten mit PDS dagegen mit Phytotherapeutika wie Pfefferminzöl/Kümmelöl oder STW-5, mit Wechsel bei jeweils ungenügender Wirkung. Bei Vorliegen einer verzögerten Magenentleerung kommt es zum Einsatz von Prokinetika wie beispielsweise Prucaloprid bei Verstopfungsproblematik. Wenn der Patient davon profitiert, ist es auch möglich, das Prokinetikum bis zu 2 Jahre zu verabreichen. Der Einsatz von Diäten ist ein weiterer wichtiger Pfeiler der Therapie.
Weitere Therapieoptionen
Bringen diese Massnahmen nicht die gewünschte Linderung, sollten weitere Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden, wie zum Beispiel eine Gastroparese. Als weitere therapeutische Optionen können restriktive Diäten, Simethicon bei einer Blähungsproblematik im Oberbauch, Psychotherapie, Antidepressiva und Akupunktur versucht werden. Letztere bewirkt gemäss einer Metaanalyse mit 24 randomisiert kontrollierten Studien mit gesamthaft 3097 Patienten eine signifikante Symptomlinderung sowie eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität (5). Die meisten Studien seien allerdings in Asien durchgeführt worden, sodass ein Populationsbias nicht ausgeschlossen werden könne, so Keller, doch ein Versuch sei diese Therapiemassnahme allemal wert. Eine weitere Option ist die Hypnose, die bei Reizdarmsyndrom als Therapieform gut etabliert ist. Zur funktionellen Dys-
pepsie gibt es 4 randomisiert kontrollierte Studien, die einen
positiven Effekt zeigen (5). Eine davon erbrachte auch in der
Langzeitbehandlung einen anhaltenden Effekt, was zusätz-
lich zu einem markanten Rückgang beim Medikamentenver-
brauch geführt hat (6). Bei therapierefraktären Fällen besteht
weiter die Möglichkeit einer Verabreichung von Antidepres-
siva. Diese seien allerdings bei funktioneller Dyspepsie nicht
so wirksam wie beim Reizdarmsyndrom. Ein Versuch könnte
sich aber lohnen. Das trizyklische Amitriptylin könne bei EPS
in einer Dosis bis 50 mg eine Wirkung entfalten, Escitalo-
pram funktioniere dagegen nicht. Beim Einsatz von Mirtaza-
pin (15 mg) müsse daran gedacht werden, dass es zu Ge-
wichtsverlust kommen könne, was bei nicht übergewichtigen
Patienten problematisch werden könne.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Dyspepsia management». United European Gastroenterology Week (UEGW), 9. bis 11. Oktober 2022, in Wien.
Referenzen: 1. Talledo-Ulfe L et al.: Factors associated with uninvestigated dyspepsia in
students at 4 Latin American schools of medicine: A multicenter study. Factores asociados a dispepsia no investigada en estudiantes de 4 facultades de medicina de Latinoamérica: estudio multicéntrico. Rev Gastroenterol Mex (Engl Ed). 2018;83(3):215-222. 2. Ford AC et al.: Efficacy of Helicobacter pylori eradication therapy for functional dyspepsia: updated systematic review and meta-analysis. Gut. 2022;gutjnl-2021-326583. 3. Ford AC et al.: Systematic review and network meta-analysis: efficacy of drugs for functional dyspepsia. Aliment Pharmacol Ther. 2021;53(1):8-21. 4. Rich G et al.: A randomized placebo-controlled trial on the effects of Menthacarin, a proprietary peppermint- and caraway-oil-preparation, on symptoms and quality of life in patients with functional dyspepsia. Neurogastroenterol Motil. 2017;29(11):10.1111/nmo.13132. 5. Zhou W et al.: Efficacy and safety of acupuncture for the treatment of functional dyspepsia: meta-analysis. J Altern Complement Med. 2016;22(5):380-389. 6. Popa SL et al.: The efficacy of hypnotherapy in the treatment of functional dyspepsia. Am J Ther. 2019;26(6):e704-e713.
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