Transkript
EASD
Diabetische Fussulzera
Bestechend einfache Ideen zur schnelleren Fussulkusheilung
Gemäss einer Schätzung der NICE-Guidance entwickeln etwa 10 Prozent der Patienten mit Diabetes irgendwann ein Fussulkus (1). Ein solches kann zu Komplikationen wie beispielsweise Sepsis, Amputation und zum Tod führen. Am Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Stockholm wurden eine einfache chirurgische Methode und eine vielversprechende konservative Methode vorgestellt, wie man in Zukunft die Ulkusheilung beschleunigen könnte.
Bei einer schwer heilenden Wunde wie einem Fussulkus sei der Gedanke naheliegend, dass mit einem frühzeitigen chirurgischen Eingriff zur Druckentlastung auf das Ulkus die Heilung beschleunigt und damit die Komplikationsrate verringert werden könnte, erklärt Adrian Heald, Salford Royal Hospital, Salford (UK). Ob sich eine derartige proaktive Intervention auszahlt, war Fragestellung seiner Studie, die er am EASD-Kongress präsentierte. An der Studie nahmen 22 Patienten mit diabetischen, nicht infizierten Fussulzera teil. Den Patienten (n = 12) mit Zehenspitzenulzera wurden in Lokalanästhesie mit Tenotomie die Flexorsehnen relaxiert. Bei 10 Patienten mit Fusssohlenulzera am Vorderfuss wurde in wacher Bauchlage (prone awake) die Achillessehne verlängert, was zu einem Plattfussgang führt und damit zu einer Druckentlastung. Die Nachbeobachtungszeit betrug 12 Monate, und als primärer Endpunkt galt die Ulkusheilungsrate. Als Kontrolle diente eine Gruppe von 15 gematchten Patienten, die eine konservative Standardbehandlung erhalten hatten. Nach Studienende zeigte sich Folgendes: In der Chirurgiegruppe waren innerhalb der 12 Monate alle Ulzera abgeheilt, die durchschnittliche Heilungszeit betrug 3,3 bis 4,5 Wochen. In der Kontrollgruppe war das Ulkus nur bei einem Drittel (36%) abgeheilt, mit einer durchschnittlichen Heilungszeit von 20 Wochen. Zu Rezidiven kam es nach der Zehentenotomie bei keinem der Patienten, nach Achillessehnenverlängerung bei 1 Teilnehmer (10%), unter konservativer Behandlung dagegen bei 10 Teilnehmern (66%). Die Amputationsrate lag in der Chirurgiegruppe bei 10 Prozent (n = 2), in der Kontrollgruppe bei 46 Prozent (n = 7), gestorben ist in der Chirurgiegruppe niemand, in der Kontrollgruppe dagegen 6 Teilnehmer. In dieser Studie wurden auch die Kosten verglichen: Diese waren in der Chirurgiegruppe mit etwa 600 bis 1380 Euro (Tenotomie bzw. Achillessehnenverlängerung) markant tiefer als in der Kontrollgruppe mit konservativer Therapie (ca. 11 280 Euro).
lol wird bis anhin als Infusion zur schnellen Senkung der
Ventrikelfrequenz und von supraventrikulären Tachykardien
während Operationen angewendet. Hintergrund der Idee für
die topische Anwendung war die Annahme, dass die Induk-
tion von Stickstoffmonoxid zu einer Fibroblastenmigration
und zur Mobilisierung endothelialer Vorläuferzellen führt
und damit die Wundheilung bei Diabetes beschleunigt wird.
Nach ermutigenden Ergebnissen in den Phase-I- und -II-Stu-
dien erhielten in der multizentrischen Phase-III-Studie 176
durchschnittlich 56-jährige Patienten mit Typ-2-Diabetes
und einem diabetischen Fussulkus randomisiert während
12 Wochen eine Behandlung mit entweder Esmololhydro-
chlorid-Gel plus Standardtherapie oder Standardtherapie
allein oder Trägersubstanz plus Standardtherapie. Anschlies-
send wurden die Teilnehmer für weitere 12 Wochen nachbe-
obachtet. Als primärer Endpunkt galt die Ulkusabheilung
nach 12 Wochen respektive die vollständige Reepithelialisie-
rung ohne Drainage oder Verband.
Nach 12 Wochen zeigte sich, dass im Esmololarm im Ver-
gleich zur alleinigen Standardtherapie signifikant mehr Pati-
enten einen Ulkusverschluss aufwiesen (60 vs. 41%), was
sich bis Studienende noch erhöhte (77 vs. 55%). Dies unab-
hängig von Parametern, die die Wundheilung verzögern kön-
nen, wie zum Beispiel Ulkusdauer, Body-Mass-Index, hoher
HbA1c-Wert und Hämoglobinspiegel < 11g/dl. Ausserdem bildeten sich die Exsudate in der Verumgruppe signifikant schneller zurück. Zwischen Behandlungsende (Woche 12) und Studienende (Woche 14) reduzierte sich die Ulkusfläche um weitere 60 Prozent (vs. 2,7% unter Standardtherapie), was gemäss Studienleiter Prof. Ashu Rastoghi, Endokrinologie, PGIMER, Candigarh (India), auf einen «Legacy-Effekt» von Esmolol hindeuten könnte. Schwere Nebenwirkungen traten in der Esmololgruppe selte- ner auf als in den Kontrollen und standen in keinem Zusam- menhang mit dem topischen Betablocker. s Betablocker aufs Bein Falls die chirurgische Intervention nicht infrage kommt, kann mit einer neuartigen konservativen Methode der Erfolg der Standardtherapie verbessert werden. Eine am EASD-Kongress vorgestellte Phase-III-Studie benutzte dazu den Betablocker Esmolol in einer topischen Gelformulierung. Esmo- Valérie Herzog Quelle: «Walking with diabetes». Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD), 19. bis 23. September 2022 in Stockholm. 32 CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Dezember 2022 Referenz: 1. NICE Clinical Guideline 19: Diabetic foot problems – prevention and management. https://www.nice.org.uk/guidance/ng19/ evidence/full-guideline--august-2015-pdf-15672915543. Letzter Zugriff: 9.11.22. EASD CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Dezember 2022 33