Transkript
Update Asthmatherapie
Bei schwerem Asthma Entzündungstyp bestimmen
Wenn die Asthmatherapie mit ICS/LABA trotz Dosiseskalation die Symptome nicht mehr ausreichend kontrolliert, können bei schwerem Asthma Biologika eingesetzt werden. Voraussetzung dafür seien eine Basisuntersuchung und die Bestimmung des Entzündungstyps, wie Dr. Christian Clarenbach, Pneumologie, Universitätsspital Zürich, am FOMF Pneumologie in Zürich ausführte.
Vor einiger Zeit ist es bezüglich der Bedarfstherapie bei Asthmapatienten zu einem Paradigmenwechsel gekommen. Die alleinige Benützung eines kurz wirksamen Betamimetikums (SABA) (z. B. Salbutamol/Ventolin®) ist von den GINAGuidelines nicht mehr empfohlen. Die SABA-Therapie galt während 50 Jahren als First-Line-Therapie bei leichtem Asthma. Ein SABA allein lindert zwar die Asthmasymptome kurzfristig, doch lässt die bronchodilatatorische Wirkung aufgrund einer Downregulation der Betarezeptoren mit der Zeit nach, die Hyperreagibilität kann zunehmen. Zudem hält ein SABA die allergische oder die eosinophile Atemwegsentzündung nicht auf. Aus diesen Gründen ist bereits bei mildem Asthma (Stufe 1 und 2) eine Kombination von inhalativem Kortikosteroid (ICS) und dem lang wirksamen Betamimetikum (LABA) Formoterol zur Bedarfstherapie empfohlen, um Exazerbationen zu verhindern. Dieselbe Kombination dient weiter zur Erhaltungstherapie (Stufe 3), bei zunehmender Schwere des Asthmas wird die antientzündliche Komponente erhöht (Stufe 4 und 5) (1). Kann mit der ICS/LABA-Kombination nach Dosiseskalation des ICS keine ausreichende Asthmakontrolle erreicht werden, ist die Zugabe eines lang wirksamen Antimuskarinikums (LAMA) oder eines Biologikums zu bevorzugen, alternativ auch systemische Kortikosteroide und Azithromycin als nächste Option (Stufe 5). Auf dieser Stufe empfehlen die
KURZ & BÜNDIG
� Zur Bedarfs- und Erhaltungstherapie bei Asthma mit ICS/ Formoterol behandeln.
� Die Dosis der antientzündlichen Komponente mit zunehmender Erkrankungsschwere erhöhen.
� Bei schwerem Asthma Phäno- bzw. Entzündungstyp bestimmen.
� Vor dem Einsatz von Biologika Basisabklärungen durchführen.
Guidelines eine Phänotypisierung, um eventuell eine spezifischere Behandlung anbieten zu können. Die Fragestellung dabei betrifft die Art der Entzündung, insbesondere ob eine T-Helferzellen-(Th-)2-induzierte Entzündung vorliegt. Ein Th2-high-Asthma, wozu das allergische und das eosinophile Asthma zählen, spricht auf inhalative Steroide besser an als ein Th2-low-Asthma (neutrophiles Asthma, Adipositas, Rauchen), und es stehen zugelassene Th2-gerichtete Biologika zur Verfügung (Tabelle), was bei Th2-low-Asthma noch nicht der Fall ist.
Allergischer Phänotyp
Auf eine allergische Genese weist ein rein saisonales oder ortsabhängiges Auftreten der Asthmasymptome hin, ebenso eine Beteiligung mehrerer Organe wie Nase, Augen und untere Atemwege. Liegen zusätzliche Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis wie beispielsweise eine atopische Dermatitis oder eine Nahrungsmittelallergie vor oder besteht eine positive Familienanamnese, ist das ebenfalls ein starker Hinweis auf einen allergischen Ursprung ebenso wie die Linderung der Symptome durch orale Antihistaminika. Prick-Tests helfen, die Allergene zu identifizieren. Zu den 3 häufigsten ganzjährigen Allergenen gehören Hausstaubmilben (Dermatophagoides pteronyssinus [d1]), Katzen(e1) und Hundeepithel (e5). Optional können noch Schimmelpilz (Alternaria alternata [m6]) oder die Hausstaubmilbe D. farinae (d2) abgeklärt werden, die mit der Hausstaubmilbe (d1) häufig Kreuzallergien induziert. Die 3 häufigsten saisonalen Allergene umfassen Birke (t3), das auch Erle und Hasel abdeckt, Esche (t15) (inkl. Ölbaum und Olivenpollen) sowie Lieschgras (g6) (inkl. Roggen). Im Tessin und in der Romandie kann optional noch auf Beifuss (w6) getestet werden.
Wann sollen Biologika eingesetzt werden?
Voraussetzung für eine Verabreichung von Biologika ist eine Basisuntersuchung (3). Diese umfasst die Bestätigung des schweren Asthmas nach Überprüfung der Adhärenz und der Inhalationstechnik, die Abklärung der Exazerbationshäufigkeit, die allergische Genese, Komorbiditäten und weitere Trigger wie Rauchen, Allergene und Aspirationen. Eine
2 CongressSelection Pneumologie Allergologie | August 2022
Tabelle:
Th2-gerichtete, zugelassene Biologika
Biologikum
Zielzytokin Indiziert bei
Dupilumab (Dupixent®) IL-4α
• atopische Dermatitis
IL-13α
• schweres Asthma
• chronische Rhinosinusitis
mit Nasenpolypen
Mepolizumab (Nucala®) IL-5
• eosinophiles Asthma
bronchiale
• chronische Rhinosinusitis
mit Nasenpolypen
• eosinophile Granulomatose
mit Polyangiitis
Reslizumab (Cinqaero®) IL-5
• eosinophiles Asthma bronchiale
Benralizumab (Fasenra®) IL-5α
• eosinophiles Asthma bronchiale
Omalizumab (Xolair®)
IgE
• allergisches Asthma bronchiale • Nasenpolypen • chronisch spontane Urtikaria
Abkürzungen: IL: Interleukin; IgE: Immunglobulin E Quelle: mod. nach (2)
Dosierung initial 600 mg s.c., dann 300 mg s.c. alle 2 Wochen
100 mg s.c. alle 4 Wochen
300 mg s.c. alle 4 Wochen
max. 3 mg/kg KG i.v. alle 4 Wochen 30 mg s.c. in Woche 0, 4, 8, dann alle 8 Wochen 75–600 mg s.c. alle 4 Wochen, adaptiert nach Körpergewicht und IgE 300 mg s.c. alle 4 Wochen
Abhängigkeit von systemischen Kortikosteroiden muss ebenfalls überprüft werden. Nach der Bestätigung des schweren Asthmas und der Behandlungsoptimierung empfiehlt es sich, zum Nachweis einer Th2-Komponente eine Bluteosinophilie (≥ 150/µl [1]) und das fraktionierte exhalierte Stickstoffmonoxid (FeNO) (≥ 20 ppb [1]) zu bestimmen. Bei Patienten unter einer Therapie mit einem systemischen Kortikosteroid muss dieses erst abgesetzt und die Bestimmungen 2 Wochen nach der letzten Dosis vorgenommen werden. Schliesslich ist eine Gewichtung der Komorbiditäten nach Schweregrad (wie z. B. schwere atopische Dermatitis, eosinophile Pneumonie, perenniale Allergie) vorzunehmen sowie die Lebensqualitätseinbusse zu berücksichtigen (3). Dass Biologika zu einem Rückgang der Exazerbationshäufigkeit führen können, zeigte eine amerikanische Real-WorldStudie mit 1884 Patienten mit schwerem Asthma. Die Studie lief zwischen Februar 2018 und Frebruar 2020. Die im Durchschnitt 54-jährigen und zu 60 Prozent weiblichen Patienten wurden entweder mit Biologika, systemischen Kortikosteroiden oder keiner von beiden Medikamentenklassen behandelt. Als definierte Endpunkte galten die jährliche Ex-
azerbationsrate und die Häufigkeit der asthmabedingten
Notfallstationsbesuche und der Hospitalisationen. Nach
Studienende zeigte sich, dass diese 3 Ereignisse in der Gruppe
mit Biologika am wenigsten vorkamen. Im Vergleich zu der
Phase vor dem Start mit Biologika sanken die jährlichen
Raten der Exazerbationen, Notfallstationsbesuche oder
Hospitalisierungen jeweils signifikant um 57, 53 und 59 Pro-
zent (4).
s
Valérie Herzog
Quelle: «Asthma bronchiale». FOMF Pneumologie Update Refresher, 7. Mai 2022, Zürich.
Referenzen: 1. GINA-Empfehlungen für Asthma 2022. https://ginasthma.org/ 2. Kühn M et al.: TH2-Immunantwort: Bedeutung und therapeuti-
sche Beeinflussung. Swiss Med Forum. 2021;21(1-2):13-17. 3. Buhl R et al.: Effective management of severe asthma with bio-
logic medications in adult patients: a Literature review and international expert opinion. J Allergy Clin Immunol Pract. 2022;10(2):422-432. doi:10.1016/j.jaip.2021.10.059. 4. Trevor J et al.: Severe asthma exacerbations in the United States: Incidence, characteristics, predictors, and effects of biologic treatments. Ann Allergy Asthma Immunol. 2021;127(5):579-587. e1. doi:10.1016/j.anai.2021.07.010.
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