Transkript
UEG-Week
Morbus Crohn
Neues zur Antikörpertherapie
Ustekinumab, ein humaner monoklonaler Antikörper gegen die Zytokine Interleukin-12 (IL-12) und Interleukin-23 (IL-23), hat sich auch in der Therapie des Morbus Crohn als wirksam und sicher erwiesen. Aktuelle Daten zeigen unter anderen, dass Ustekinumab bei Crohn-Patienten kaum immunogen ist und nur wenige Patienten Anti-Drug-Antikörper entwickeln.
Ustekinumab wurde in der Indikation Morbus Crohn in der multizentrischen, randomisierten, aktiv kontrollierten und verblindeten Parallelgruppenstudie SEAVUE mit Adalimumab verglichen. Die Studie zeigte in einer Population biologikanaiver Patienten mit moderater bis schwerer Erkrankung (CDAI ≥ 220/≤ 450) keine statistisch signifikanten Unterschiede hinsichtlich des primären Endpunkts klinische Remission zu Woche 52. Dieser wurde im Ustekinumab-Arm von 65 Prozent der Patienten erreicht, im Vergleich zu 61 Prozent im Adalimumab-Arm. Auch im Hinblick auf zahlreiche sekundäre Endpunkte inklusive endoskopischer Remission wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden (1). Die Biologika wurden in beiden Armen als Monotherapie gegeben, und es bestand keine Möglichkeit zur Dosisanpassung. Die Dosierungen betrugen für Ustekinumab ~ 6 mg/kg i.v. als Induktion, gefolgt von 90 mg s.c. alle 8 Wochen, für Adalimumab waren es 160/80 mg s.c. in den Wochen 1 und 2, gefolgt von 40 mg s.c. alle 2 Wochen. Damit bietet die SEAVUE-Studie einen idealen Rahmen für Untersuchungen zur Pharmakokinetik und Immunogenität von Ustekinumab. Ergebnisse wurden nun im Rahmen der UEG-Week von Prof. Silvio Danese präsentiert. Bestimmt wurden die Serumtalspiegel im Steady State aus Proben, die jeweils vor der Medikamentenapplikation bis Woche 48 entnommen wurden. Zudem wurden Antikörper gegen die Biologika (antidrug antibodies) gemessen. Die Wirkstoffspiegel und Antikörpertiter wurden mit klinischen und endoskopischen Endpunkten in Verbindung gesetzt. Dabei zeigte sich eine schwache Assoziation zwischen den Wirkstoffspiegeln und den klinischen Endpunkten sowie eine deutlichere Korrelation mit endoskopischen Endpunkten. Ebenso wurde eine starke Assoziation hoher Wirkstoffspiegel mit tiefer Remission (CDAI < 150) gefunden. Adalimumab erwies sich im Vergleich zu Ustekinumab als deutlich immunogener. Zu Woche 52 wurden bei 74,4 Prozent der Adalimumab- und bei 2,1 Prozent der Ustekinumab-Patienten Anti-Drug-Antikörper nachgewiesen. Dabei stieg der Anteil der Patienten mit hohem Anti-Adalimumab-Antikörper-Titer über den Verlauf der Studie von 14,7 auf 20,1 Prozent. Anti-Adalimumab-Antikörper waren dosisabhängig mit niedrigen Adalimumab-Spiegeln assoziiert. Die Zahl der Patienten mit AntiUstekinumab-Antikörpern war zu niedrig, um eine Korrelation mit den Ustekinumab-Spiegeln nachzuweisen. Allerdings weisen die Autoren darauf hin, dass die höhere Immu- nogenität von Adalimumab offenbar keinen Effekt auf die klinische Wirksamkeit über 1 Jahr habe. Ob die Unterschiede im Auftreten von Anti-Drug-Antikörpern das längerfristige Ansprechen auf Ustekinumab oder Adalimumab beeinflusst, müsste in Studien mit längerer Laufzeit untersucht werden (2). In der Phase-IIIb-Studie STARDUST wurde unter Einsatz von Ustekinumab eine andere Fragestellung untersucht, nämlich diejenige einer Treat-to-Target-(T2T-)Strategie bei Morbus Crohn auf Basis früher endoskopischer Untersuchungen im Vergleich zu einem Standard-of-Care-(SoC-)Regime. Die STARDUST-Studie zeigte in der Auswertung zu Woche 48 eine numerische, nicht jedoch eine signifikante Überlegenheit der T2T-Strategie. Die Autoren betonten das ausgezeichnete Ansprechen auf Ustekinumab in beiden Armen (3). Im Rahmen der UEG-Week präsentierte Prof. Laurent Peyrin-Biroulet vom Universitätsspital Nancy in Frankreich nun die Ergebnisse der Verlängerungsstudie von STARDUST mit Daten von bis zu 104 Wochen. Von den 366 Patienten, die die randomisierte Phase der Studie abschlossen, nahmen 323 an der Verlängerungsstudie teil. Bei etwas mehr als einem Drittel wurden im Verlauf dieser Verlängerung Dosisanpassungen vorgenommen, wobei klinische Parameter und Biomarker ausschlaggebend waren. Die Auswertung zu Woche 104 ergab, dass die grosse Mehrheit der Patienten, die zu Beginn der Extensionsstudie ein Ansprechen oder eine Remission zeigten, sich auch zu Woche 104 in diesem Zustand befanden (4). s Reno Barth Quelle: United European Gastroenterology Week (UEG-Week), 3. bis 5. Oktober 2021, virtuell. Referenzen: 1. Irving PM et al.: OP02 Ustekinumab versus adalimumab for in- duction and maintenance therapy in Moderate-to-Severe Crohn’s Disease: The SEAVUE study. Journal of Crohn’s and Colitis, Volume 15, Issue Supplement_1, May 2021, Pages S001–S002 2. Danese S et al.: The pharmacokinetics and immunogenicity of Ustekinumab and Adalimumab in patients with moderate-to-severe Crohn’s disease: results from the SEAVUE study. LB 15, presented at UEG Week 2021, virtual. 3. Danese S et al.: Clinical and endoscopic response to treat-to-target versus standard of care in Crohn’s disease patients treated with ustekinumab: Week 48 results of the STARDUST trial. United European Gastroenterol J. 2020;8:1264-1265 (Abstract LB11). 4. Lahaye M et al.: Clinical and endoscopic outcomes with Ustekinumab in patients with Crohn’s disease: results from the longterm extension period of the STARDUST trial. LB 14, presented at UEG Week 2021, virtual. 6 CongressSelection Gastroenterologie | Januar 2022